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Veröffentlicht am 2022-02-16 In Themen - Meinungen

Danke Frau Oelschner!

Elke Karmann, Deutschland •

Als ich Ihren Artikel „Ich will alles …“  las, dachte ich: Wie schön, dass da jemand schreibt, was auch vielen von uns Schönstättern und Schönstätterinnen auf den Nägeln brennt. Auch ich habe den Synodalen Weg und die dazu ausgearbeiteten Dokumente vor allem in Bezug auf Frauen interessiert mitverfolgt und die meisten Diskussionen und Abstimmungen der dritten Vollversammlung des synodalen Wegs – dank Internet – mitverfolgen können. Als Schönstätterin hat mich besonders gefreut, dass Bischof Gerber (Mitglied des Instituts der Schönstatt-Diözesanpriester) im Synodalforum 3 „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ ist und dort auch schönstättisches Denken mit einbringen kann. —

Geschwisterliches Miteinander, wie es der synodale Weg anstrebt, haben wir als geistiges Erbe und Auftrag unseres Gründers bekommen. Ich durfte dieses geschwisterliche, wertschätzende Miteinander und die konstruktive Kooperation auf Augenhöhe im Miteinander der unterschiedlichen Gliederungen und auch sehr schön in der Zusammenarbeit von Schönstattpriestern und Laien erleben und darüber hinaus im Miteinanderprozess der geistlichen Gemeinschaften.

Meine persönliche Erfahrung

Ich habe mich entschieden, aus meinem Leben zu erzählen, warum mich dieses Thema so berührt: Als Kind durfte ich schon mit knapp 4 Jahren zur Frühkommunion gehen und wollte schon früh Messdienerin und Pfarrerin werden. Meine Liebe zu Jesus war sehr groß, und ich wollte Gottes Liebe vielen Menschen erfahrbar machen. Dass nur Jungen dieser Weg offensteht, fand ich ungerecht – und ich wollte daraufhin lieber ein Junge sein.

Aber ich akzeptierte irgendwann, dass diese Sehnsucht in mir, Pfarrerin zu werden, nicht erfüllt werden kann.

Als Kind in der Pfarrei engagiert

In der Pfarrgemeinde übernahm ich schon früh – angeregt durch meine Erfahrungen bei den Familientagungen in Schönstatt – Mitverantwortung. Ich bekam mit 9 Jahren schon die musikalische Gestaltung der Schülermessen mit modernen Kindern- und Jugendliedern übertragen. Mit 11 Jahren ernannte mich der Pfarrer zur Gruppenführerin für 20 Kinder im Alter von 9-10 Jahren. Auch da fand ich Hilfe und Unterstützung in der Schönstatt- Mädchenjugend. So wuchs ich mit den mir übertragenen Aufgaben immer tiefer in Schönstatt und auch in die Pfarrgemeinde hinein.

… und ich vergaß meinen ursprünglichen Wunsch

In der Schönstatt-Mädchenjugend hörten wir im Führungskreis (damaliger Schwarzhornkreis) einen Vortrag über das Priestertum, und warum es nicht für uns Frauen geöffnet werden könnte. Das Handeln Jesu beim Abendmahl, die Repräsentanz Christi durch einen Mann und die vorgetragenen eschatologische Begründungen halfen mir dann zu akzeptieren, warum uns Frauen die Dienste und Ämter in der Kirche nicht zugänglich sind. Ich vergaß dann auch meinen ursprünglichen Wunsch und brachte mich auf unterschiedliche Art und Aufgaben in der Kirche und in Schönstatt ein.

Dann kamen der Synodale Weg, Maria 2.0 und Katharina Ganz

Durch die Beschäftigung mit dem Synodalen Weg und auch mit „Maria 2.0“ kam ich wieder mit dem Thema „Frauen und ihre Berufungen in der Kirche“ in Kontakt. Aber erst durch den Austausch mit einer Bekannten und vor allem durch das Lesen ihres Buches „Frauen stören – und ohne sie hat Kirche keine Zukunft“ (von Katharina Ganz)  wurde mir meine Sehnsucht aus Kindertagen wieder bewusst.

Überzeugt, dass Gottes Geist auch im Zeitgeist wirkt

So lange wie Frauen nicht in alle wichtigen Lebensvollzüge der Kirche miteinbezogen werden, atmet die Kirche quasi nur mit einer Lunge, da sie die in ihr liegenden Charismen nicht nutzt. Die Kirche kann nicht ihre ganze Strahlkraft entfalten und wird auf Dauer kränkeln. Wir können als Christen nur glaubwürdig bleiben, wenn wir keine Angst vor Veränderungen haben und gläubig überzeugt sind, dass Gottes Geist auch im Zeitgeist wirkt.

So hat es uns Pater Kentenich gelehrt „das Ohr am Herzen Gottes und die Hand am Pulsschlag der Zeit“. Nicht alles, was Tradition ist, ist auch wert in der jeweiligen Zeit tradiert zu werden. Schließlich standen auch lange Zeit z.B. alle landessprachlichen Übersetzungen der Heiligen Schrift auf dem Index der katholischen Kirche. „Wer ein Buch las, das auf der „schwarzen Liste“ stand, verfiel der Strafe der Exkommunikation und riskierte damit sein ewiges Seelenheil“, erklärt Hubert Wolf, Professor für Kirchengeschichte, in seinem Buch „Index – der Vatikan und die verbotenen Bücher“ (S.7f). Wir lachen heute nur noch darüber und können nicht nachvollziehen, dass auf dem Index selbst der „Knigge“, „Onkel Toms Hütte“ und Werke von Karl May standen, und selbst 1954 war noch Immanuel Kant mit „Kritik der reinen Vernunft“ auf der schwarzen Liste.

Oder denken wir nur an das dunkle Kapitel des kulturellen Genozids, der über Jahrzehnte durch Umerziehungsschulen an den Kindern der kanadischen First Nations (und nicht nur dort) in dem (hoffentlich) guten Glauben begangen wurde, die „Wilden“ zu missionieren, ihnen mit völlig entwürdigenden Methoden ihre „heidnische und teuflische“ Kultur auszutreiben und sie zu christianisieren. Erst in den 1990-er Jahren wurden die letzten katholischen Zwangsschulen auch in Kanada geschlossen. 2022 können wir uns kaum noch vorstellen, dass dieses himmelschreiende Unrecht – entgegen aller seit Jahrzehnten vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und des vorherrschenden Common sense über die Menschenwürde – erst 1990 ein Ende hatte und so lange von Kirche und Gesellschaft in Kanada beibehalten wurde.

Als Kirche sind wir laut Lumen Gentium ein ständig pilgerndes Gottesvolk, immer auf dem Weg, immer aufgerufen, uns zu erneuern. Als Schönstatt-Bewegung versuchen wir, den Gott des Lebens durch seine Spuren in den jeweiligen Zeit- und Seelenstimmen zu erkennen.

Ein Klima der Hoffnung des Vertrauens wiederherstellen

Ja, es lohnt sich als Schönstattbewegung und als Einzelne, Papst Franziskus bei seinem Erneuerungsprozess der Kirche zu unterstützen und mit ihm hinzuschauen, welche alten Zöpfe mit der Zeit ruhig abgeschnitten werden dürfen und wie sich Christus eine Kirche vorstellt, die im 21. Jahrhundert nach dem Wunsch von ihm „viel dazu beitragen kann, ein Klima der Hoffnung und des Vertrauens wiederherzustellen, als Zeichen eines neuen Aufbruchs, dessen Dringlichkeit wir alle spüren“ (Brief zum Jubiläum 2025).

Ich verpflichte mich…

Einen ersten, aber wichtigen Schritt, an dem wir uns alle beteiligen können, sehe ich in der Frankfurter Erklärung, die nach der 3. Vollversammlung des synodalen Weges entstand und die von vielen Synodalen unter anderem auch vom Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, unterzeichnet wurde. Wir alle sind eingeladen, uns dieser Erklärung durch unsere Unterschrift mit anzuschließen. Anders als andere Petitionen enthält sie eine Selbstverpflichtung. Das finde ich besonders sympathisch und überzeugend. Es reicht nicht nur, darauf zu warten, dass andere etwas tun. Ich bin gefragt, durch meine Unterschrift und zugleich verpflichte ich mich durch geschwisterliches, wertschätzendes Miteinander synodale Kirche zu leben, wenn es in der Erklärung heißt:

„Wir nehmen den Geist synodaler Beratungen und Entscheidungen als eine Inspiration wahr, neue Wege zu finden, um den Menschen unserer Zeit den Gott des Lebens nahe zu bringen.

Deshalb verpflichten wir uns, an den Orten, an die uns Gott stellt, entschieden für eine Kirche einzutreten, die Synodalität lebt.“

Ich will alles – oder vielleicht doch lieber nur etwas?

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