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Veröffentlicht am 2024-04-03 In Kentenich, Themen - Meinungen

Causa Kentenich – Gründe für ein Exil

Von  Matěj Pur, Schönstatt-Männerliga, Tschechien 

Vor einigen Jahren hat die italienische Theologin und Historikerin Dr. Alexandra von Teuffenbach der Welt eine Sicht vom Grund für das Exil Pater Kentenichs offenbart. Ganz Schönstatt protestierte gegen ihre Einseitigkeit, und alle wussten, dass es so schlimm nicht war.Vor einigen Monaten hat der chilenische Professor und Doktor der Philosophie, Ignacio Serrano del Pozo von der Universität Andrés Bello, eine Antwort gegeben, die in Teología y Vida 64/2 (2023), S. 195-221[1] veröffentlicht wurde. Es gibt danach in den Berichten des Visitators keinen Hinweis auf Missbrauch seitens Pater Kentenichs. Jedoch andere Anschuldigen des Visitators. —

Der Artikel von Serrano Del Pozo, der vom Expertengremium approbiert wurde, belegt: Die Berichte des Jesuiten-Visitators Sebastian Tromp zeigen, dass er nicht an der Reinheit und moralischen Integrität des Gründers zweifelte, auch nicht in Bezug auf den angeblichen sexuellen Missbrauch einer Schwester. Er zweifelte auch nicht an seinen guten Absichten und schrieb über seine hervorragenden intellektuellen Fähigkeiten, seinen apostolischen Geist und sein großes Herz. Aber er hatte ein Problem mit bestimmten Handlungen und Einstellungen, die seiner Meinung nach zu einer sektiererischen Atmosphäre in Schönstatt zu dieser Zeit (jetzt vielleicht nicht mehr) führten.

In der viel diskutierten Angelegenheit des Kindesexamens der Schönstätter Marienschwestern stellt er zum Beispiel fest, dass Pater Kentenich zwar überzeugt sei, nichts Falsches zu tun, aber die andere Seite, das heißt die Schwestern, oder seine Nachfolger würden diesen Akt vielleicht nicht so wahrnehmen. Laut Tromp ist die Tatsache, dass ein Priester sich privat mit einer zölibatären Frau trifft, allein an sich und im Sinne des damaligen Zeitgeistes höchst problematisch. Pater Kentenich  habe dies damit gerechtfertigt, dass er eine Methode der Sublimierung entdeckt hat, die gegen sexuelle Versuchungen immun ist. Tromp aber beschreibt dies als naiven Eigensinn des Gründers.

Noch schlimmer erscheint ihm die Position Pater Kentenichs als Bannerträger der Vaterschaft Gottes des Vaters, die Tromp völlig ablehnt. Er bittet Kentenich ausdrücklich, die verschiedenen Formulierungen so anzupassen, dass klar ist, auf welchen Vater sich das Gesagte jeweils  bezieht. Kentenich weigert sich, was aus heutiger Sicht zu Exzentrizitäten führte wie dem Gemälde von Irma Ulmer aus Uruguay, auf dem Gottvater deutlich die Züge von Pater Kentenich trägt. Die Marienschwestern verwendeten Sätze wie „Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe“ oder sehr häufig „durch ihn, mit ihm und in ihm“ als Paraphrase der Doxologie am Ende des Hochgebetes. Und bezogen sich dabei nach dem Zeugnis der Schwestern und Pallottiner auf Kentenich und nicht auf Gott.

Dieser Personenkult begann, so Tromp, der Verehrung Hitlers oder Mussolinis zu ähneln. Da helfe es auch nicht, darauf zu bestehen, dass Schönstatt das Lieblingswerk Gottes sei, oder vom Schatz des Schönstatt-Glaubens zu sprechen. Tromp sucht eine Erklärung in der Arroganz des Gründers, der sich für einen unfehlbaren Propheten hielt und nicht als stiller Held aus Dachau zurückkehrte, sondern als fanatischer Demagoge, der rechtzeitig korrigiert werden müsse.

Was dem Visitator auffiel: Pater Kentenich würde alle, die nicht seiner Meinung waren, beschuldigen, mit dem Virus des Mechanismus und des Bolschewismus infiziert zu sein. Serrano Del Pozo weist darauf hin, dass Pater Kentenich, mehr noch als die Suche nach der Wahrheit und das Ringen um sie, laut Tromp bestimmte „fixe Ideen“ habe. Allein in seiner ersten Antwort auf die bischöfliche Visitation erwähne Kentenich achtmal diese Vorwürfe des mechanistischen Denkens.

Tromp hätte, so Serrano Del Pozo, grundlegendere theologische Fragen stellen sollen, damit Kentenich erkenne, dass die Kirche, die Tromp verteidigte, eine Gemeinschaft mit Christus als Haupt sei, die sich im Papst und den Bischöfen unter seiner Autorität manifestiere. „Sie, Pater Kentenich, verhalten sich schlecht gegenüber den Bischöfen, die als Stellvertreter Christi die wichtigste Zweitursache in der Kirche sind. Deshalb denken Sie mechanisch und liefern das Volk dem Bolschewismus aus. Passen Sie auf, dass Sie nicht mit den gleichen Waffen geschlagen werden, mit denen Sie andere angreifen“, so habe Tromp sogar Kentenichs Vokabular der Zweitursachen und des mechanistischen Denkens genutzt.

Es ist, so das Fazit,  ein theologisches und kein moralisches oder pastorales Problem, weshalb das Dekret des Heiligen Offiziums Pater Kentenich in erster Linie auffordert, die Autorität der Kirche zu respektieren und keine verwirrenden Begriffe zu verwenden, die von jemandem als Trennung Schönstatts von Jesus und seiner Kirche verstanden werden könnten.

Eine unabhängige Expertenkommission sollte weitere Klärungen vornehmen. Aber laut dem Bistum Trier wird dieses keine einsetzen. Auch eine von Schönstatt eingesetzte Kommission  und ihre Schlussfolgerungen werden wohl nicht ausreichen, um den ausgesetzten Seligsprechungsprozess wiederr aufzugreifen. Aber darum geht es auch gar nicht in erster Linie.


Anmerkung der Redaktion: Matěj Pur hatte diesen Artikel ursprünglich für die Webseite der Schönstatt-Bewegung in Tschechien verfasst. Da er dort nicht veröffentlicht wurde, bot er ihn uns im November 2023 in Englisch an. Für die Veröffentlichung in Deutsch haben wir die wissenschaftliche Arbeit von Prof. Dr. Ignacio Serrano aus dem Spanischen ins Deutsche übersetzt und stellen diese hier erstmals zur Verfügung.
Die „Berichte der Bischöflichen und Apostolischen Visitationen 1949 – 1953“ stehen in Deutsch in der Reihe „Dokumente zur Geschichte der Schönstatt-Bewegung“, Patris-Verlag, zur Verfügung.

Prof. Dr. Ingacio Serrano: Gründe für ein Exil. Deutsche Übersetzung

 

Vollständiger Artikel von Ignacio Serrano del Pozo (Spanisch)

 


[1] SERRANO DEL POZO, IGNACIO. Las razones de un destierro: a propósito de las acusaciones de Alexandra von Teuffenbach contra el fundador de Schoenstatt. Teol. vida [en línea]. 2023, vol.64, n.2 [citado 2023-11-13], pp.195-221. Verfügbar in http://www.scielo.cl/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S0049-34492023000200195&lng=es&nrm=iso . ISSN 0049-3449. http://dx.doi.org/10.7764/tyv642.e3

Deutsche Fassung (pdf)

 

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