Veröffentlicht am 2020-07-02 In Kentenich

Und jetzt? Veröffentlichungen beschuldigen P. Kentenich des Machtmissbrauchs

Redaktion schoenstatt.org •

„Ich denke, es wird viel Objektivität von uns verlangt werden“, mit diesen Worten markiert Bischof Francisco Pistilli von Encarnación eine Spur für das Thema dieser Tage. Die Tagespost, eine traditionell katholische Zeitung, hat heute, am 2. Juli 2020, einen Artikel der Historikerin Alexandra von Teuffenbach, Rom, zu Dokumenten aus den vatikanischen Archiven aus der Zeit Pius XII. veröffentlicht, die seit März im Rahmen der Initiative von Papst Franziskus für mehr Transparenz in der Kirche für jedermann zugänglich sind. Diese Dokumente enthalten Schriften der Visitatoren des Institut der Marienschwestern, Weihbischof Stein und Pater sebastian Tromp SJ, sowie mehrere ausführliche Briefe von mehreren Marienschwestern an den Visitator und andere vatikanische Stellen, in denen Marienschwestern Pater Kentenich des Macht- und Gewissensmissbrauchs und in einem Fall auch des sexuellen Missbrauchs beschuldigen.—

Gestern bereits wurde in deutschen und römischen Medien (Webseite von Sandro Magister, mit dem die Autorin bereits vor einiger Zeit Kontakt aufgenommen hatte) sowie in mehreren großen spanisch- und englischsprachigen Medien eine „Vorab-Information“ veröffentlicht, heute dann der Artikel selbst auf Seite 16 der „Tagespost“. Was der Artikel vermittelt, ist die Sicht des Visitators, aus seiner Kenntnis, Position und Verpflichtung heraus, diese Anschuldigungen und Zweifel am Verhalten Pater Kentenichs in Bezug auf Autorität, Macht, Einfluss und Gewissensfreiheit zu untersuchen. Die Autorin macht sich diese Sichtweise zu eigen und stellt sie der Biographie Pater Kentenichs auf der offiziellen Seite des Seligsprechungsprozesses und auf Wikipedia gegenüber. Jene Vorwürfe, die sowohl bei der Visitation selbst als auch bei der Entscheidung, Pater Kentenich von den Schwestern und später vom Schönstattwerk zu trennen, eine Rolle spielten, waren seit dieser Zeit sowohl außerhalb Schönstatts als auch innerhalb bekannt und waren, wie es in der Erklärung des Generalpräsidiums heißt, Teil der Untersuchungen im Seligsprechungsprozess Pater Kentenichs.

Und jetzt? Mut zum Licht

Bischof Francisco Pistilli von Encarnación, Paraguay, Mitglied des Institutes der Schönstatt-Patres, schrieb gestern abend:

„Ich glaube, dass uns viel Objektivität abverlangt werden wird. In gewisser Weise wird unser Gründer auf die Probe gestellt. Wir vertrauen darauf, dass er die Prüfung bestehen wird, aber er muss in der Lage sein, sich unparteiisch auf diese Weise zu zeigen.  Ich bin überzeugt, dass es nicht darum geht, in die Defensive zu gehen, sondern im Licht ermutigt zu werden. Es kann schmerzhaft sein, es wird sicher schmerzhaft sein. Es werden Fragen auftauchen, vielleicht von uns selbst. Es ist an der Zeit, ohne Angst und ohne die Notwendigkeit, einen perfekten Gründer zu zeichnen, Antworten zu suchen und zu verstehen. Seine Heiligkeit wird, wenn die Kirche diese bestätigt, nicht die eines Menschen sein, der immer alle Antworten hatte und nie riskierte, über das Konventionelle hinauszugehen. Wir nennen ihn einen Propheten, konfrontieren wir ihn noch einmal mit dem Schicksal des Propheten.

Es gibt schwierige Bereiche: Wie kann man urteilen, wie kann man aufklären? Das ist eine Herausforderung. Machtmissbrauch ist ein Thema, das sich entwickelt hat, möglicherweise seit der Zeit des Exils. Die Kirche selbst hat es noch nicht ganz verstanden. Bei Pater Pio war es eine Frage in seinem Prozess. Er hat die Probe bestanden. Ein Pflästerchen draufkleben ist nicht immer die beste Option. Besonders in Zeiten wie diesen. Ohne Wissen zu sprechen ist auch nicht gut. Wie viel wissen wir wirklich? Können wir tiefer in das eindringen, was das alles bedeutet? Ohne Schleier, aber mit Objektivität. Ich glaube gerne, dass wir das können. Gott ist Licht, und diejenigen, die ihm folgen, müssen in seinem Licht gesehen werden (vgl. 1 Joh 1, 5f)“.

Eine prophetische Antwort?

„Lasst uns nicht aus den Schützengräben heraus reagieren. Sie sind dort unten, und sie sind sehr dunkel. Wir brauchen Licht“, so ein Kommentar von Prof. Ignacio Serrano del Pozo, Chile, in einem Austausch zwischen chilenischen Schönstättern gestern Abend.

Den Artikel nicht als Angriff betrachten und in Verteidigung gehen. Sondern ausgehen von der Frage: Und jetzt, was?

Ignacio Serrano und viele andere erinnern daran, dass wir in einer Zeit leben, in der Transparenz ein viel größeres Gewicht hat als früher, und dass dieser sicher harte Schlag vielleicht dazu beiträgt, einen Prozess hin zu mehr Transparenz innerhalb Schönstatts voranzutreiben. Verschweigen und Geheimniskrämerei dienen niemandem, am wenigsten Pater Kentenich. Die Wahrheit macht uns frei.

„Ich fände es wichtig, dass Schönstatt-intern jetzt unbedingt sehr proaktiv informiert und auch dokumentiert wird, damit die Dinge erklärt oder widerlegt oder ins rechte Licht gerückt werden.  Auf jeden Fall sollte man aktiv informieren und Geschichte aufarbeiten, die Teile, die vielleicht noch fehlen, oder besser erklärt werden sollten“, so Ulrich Grauert, Schweiz, um nur eine Stimme zu zitieren.

Bettina Betzner, Deutschland, zitierte in diesem Zusammenhang gestern Abend die Predigt von Papst Franziskus vom 29. Juni, in der er  zur Einheit und zur Prophetie aufruft. Weniger „der Welt“ die Schuld für das zu geben, was uns passiert, oder in unseren eigenen Reihen nach „schuldigen Feinden“ zu suchen, sondern uns vom Herrn provozieren zu lassen, zuverlässige Zeugen desjenigen zu sein, dem wir vertrauen. Mit konkretem Zeugnis und Tun.

 

20200701 Generalpräsidium Stellungnahme (pdf)

 

 

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