Veröffentlicht am 2020-02-09 In Laien und Familie

Unsere aktive und unaufdringliche Präsenz ist von wesentlicher Bedeutung

Interview mit Bárbara de Franceschi und Eduardo Aymerich, Familienbund Spanien •

„Papst Franziskus schlägt vor, dass Ehepaare die Ehevorbereitungskurse geben“, so titelte ACIprensa den Bericht über die Rede von Papst Franziskus am 25. Januar im Vatikan zur Eröffnung des Gerichtsjahres des Tribunals der römischen Rota, und das riecht doch irgendwie nach Sensation. Was? Das, was wir in Schönstatt schon seit Jahren machen? Die Ansprache enthält weit mehr als nur diesen Vorschlag, mehr als nur diese Herausforderung, und als wir uns (virtuell) rund um den Tisch darüber austauschten und uns die Köpfe heiß diskutierten, entstand die Idee, einige Schönstatt-Paare zu interviewen, die mit befreundeten Paaren, der Ehevorbereitungs- oder Familienpastoral der Pfarreien oder einfach mit Familien arbeiten. —

Angefangen haben wir mit Bárbara de Franceschi und Eduardo Aymerich aus dem Familienbund von Spanien, die in vielfältiger Weise mit Familien arbeiten.

Papst Franziskus hat (in seiner Ansprache an die römische Rota) erneut die Bedeutung der „Pastoralarbeit im Katechumenat vor und nach der Eheschließung“ betont. Dabei fordert er, dass Ehepaare diese Aufgabe übernehmen. Wie ist Ihre Erfahrung? Ist die Verantwortung der Ehepaare für die Ehevorbereitung in Ihrem Umfeld eher etwas Gewöhnliches oder noch etwas Einzigartiges oder Ungewöhnliches?

Die Familienpastoral ist etwas, das in unserem Schönstatt-Umfeld und konkreter im Familienbund üblich ist. Das ist etwas, das wir sehr stark im Auge haben, und wir sind immer bereit, unsere Erfahrung und Ausbildung anzubieten, wo immer wir gerufen werden.

Wie reagieren Brautpaare oder junge Ehepaare auf die Begleitung eines oder mehrerer Ehepaare in der (vor-)ehelichen Seelsorge?

Die Brautpaare und Eheleute sind für diesen Dienst in der Regel sehr dankbar, vor allem wenn er auf kreative Weise und mit Themen, die sie wirklich interessieren, durchgeführt wird, und die Tatsache, dass die Themen oder die Begleitung von Ehepaaren gegeben werden, ermöglicht es, eine realere Erfahrung zu vermitteln, als wenn ein Priester oder ein Ordensmann dies tun würde.

In seiner Ansprache an die römische Rota sagt der Heilige Vater, ausgehend vom Beispiel des Ehepaares Priscilla und Aquila, die Ehepaare,  „die der Heilige Geist gewiss auch weiterhin beseelt, müssen bereit sein, »aus sich selbst herauszukommen und sich gegenüber den anderen zu öffnen, die Nähe zu leben, den Stil des Zusammenlebens, der jede zwischenmenschliche Beziehung in eine Erfahrung von Brüderlichkeit verwandelt«.“Wie wird diese Haltung in der apostolischen Arbeit, die Sie als Ehepaar leisten, erlebt und gelebt?

Wir Paare, die Christus und Maria im Mittelpunkt unseres Lebens haben, haben zuallererst den Reichtum und das Glück erfahren, das dies für die Familie bedeutet. Wenn so etwas passiert, will man es nicht für sich behalten und sucht nach Mitteln, um es mit anderen zu teilen, entweder durch lebendige Zeugnisse, da wo wir uns befinden, am Arbeitsplatz, im eigenen Heim, wo man Freunde einlädt und über diese Themen spricht, und darüber hinaus, indem man Zeit und Raum öffnet, um die erhaltene Ausbildung weiterzugeben und dabei zu helfen, gesunde Familien in einer Gesellschaft zu gründen, die sie so sehr braucht, in Pfarreien, Schulen, Bildungszentren oder von Du zu Du mit begleitungsbedürftigen Paaren.

Das Zuhause ist der beste Ort, um den Glauben, die Freude, ihn zu leben, und die Freude, ihn zu teilen, aufzunehmen und weiterzugeben.

„Die Kirche ist gesandt, das Evangelium auf die Straßen zu tragen und menschliche und existentielle Randgebiete zu erreichen. Sie lässt uns an die neutestamentlichen Eheleute Aquila und Priscilla denken“, sagt Franziskus den Bischöfen und Priestern. Aus Ihrer Erfahrung: Warum und wie können Paare das Evangelium besser auf die Straße bringen als andere? Warum und wie erreichen Ehepaare die menschlichen Peripherien besser?

Jeder Mensch, unabhängig von Rasse und Zustand, ist ein Kind Gottes und bedarf der Liebe, die durch uns kommt. Die Ehe an sich ist bereits eine Gemeinschaft, und indem sie sich öffnet und hinausgeht, tut sie nichts anderes, als diese Gemeinschaft für andere zu öffnen und sie an ihrer Liebe und ihrem gegenseitigen Reichtum teilhaben zu lassen, den sie anderen geben will. Natürlich müssen wir an die Peripherie gehen und den Sündern zur Seite stehen, denn erstens werden wir an diesem Ufer Christus finden, der gekommen ist, um die Bedürftigen zu retten, und zweitens muss die Verkündigung der Liebe und Rettung Gottes alle erreichen: die Armen, diejenigen, die auf den Straßen sind, diejenigen, die krank sind, diejenigen, die die Richtung und den Sinn ihres Lebens verloren haben, diejenigen, die glauben, dass ihre Ehe zu Ende geht, diejenigen, die glauben, dass sie sich selbst versorgen können, weil sie alles haben außer Gott, diejenigen, die eine immense Einsamkeit der Seele spüren, und diejenigen, die uns helfen werden, die Einfachheit der menschlichen Seele wiederzuerlangen. Die Ehe ist der beste Ausdruck der Heiligsten Dreifaltigkeit, in der der Vater, der Sohn und der Heilige Geist zusammenleben, und der Kirche, der Braut Christi.

Ehepaare in Bewegung „ist es, was unserer Pfarrgemeinden bräuchten, vor allem in den städtischen Gebieten, in denen der Pfarrer und seine Mitarbeiter im geistlichen Amt nie die Zeit und die Kraft haben werden, Gläubige zu erreichen, die sich zwar als Christen bezeichnen, aber den Sakramenten fernbleiben und Christus nicht kennen oder fast nicht kennen“, sagt Franziskus. Was sind Ihre Erfahrungen in diesem Bereich?

Die Pfarrei ist das gemeinsame Haus, auch wenn unsere Nahrung und Ausbildung aus Bewegungen und Charismen der Kirche stammt, die einen Schatz in unserem Leben darstellen. Doch wo das Leben geschmiedet wird, ist in der Pfarrei, und wir können nicht von dort abwesend sein, denn das, was wir erhalten haben, müssen wir mit vielen auf einfache Weise teilen, ohne zu versuchen, sie zu uns zu bringen, sondern indem wir zu unseren Brüdern und Schwestern in der Pfarrei gehen. Der Pfarrer braucht Menschen, die ausgebildet und fähig sind, sich zu integrieren und gleichzeitig ihren Reichtum zu geben. Die Begleitung der Paare zum eigenen Pfarrer ist ebenfalls grundlegend. Wie Priscilla und Aquila müssen wir ein Ort der Rast für den Pfarrer und andere sein.

Welcher andere Aspekt der Rede lässt Sie über ihre Arbeit nachdenken, im Sinne von Bestätigung oder Herausforderung?

Im Allgemeinen ist die Rede selbst bereits ein Aufruf an uns als Ehepaare, einen Ehrenplatz in der Kirche einzunehmen, was den Dienst betrifft. Unsere aktive und unaufdringeliche Präsenz ist von grundlegender Bedeutung, wo immer wir uns befinden.

 


Ansprache von Papst Franziskus,  25. 01.2020

Herr Dekan,

sehr geehrte Prälaten-Auditoren,

liebe Beamte der Römischen Rota!

Ich freue mich, heute anlässlich der Eröffnung des neuen Gerichtsjahrs dieses Gerichtshofes mit euch zusammenzutreffen. Seiner Exzellenz, dem Dekan, gilt mein aufrichtiger Dank für die an mich gerichteten edlen Worte und für die weisen methodologischen Vorschläge, die er formuliert hat.

Ich möchte an die Katechese der General­audienz von Mittwoch, 13. November 2019, anknüpfen und euch heute eine weitere Reflexion über die herausragende Rolle der Eheleute Aquila und Priscilla als Vorbilder des Ehelebens unterbreiten. Denn um Jesus nachzufolgen, muss das der Kirche drei Voraussetzungen erfüllen, die vom göttlichen Meister selbst bestätigt wurden: auf dem Weg sein, Bereitschaft und Entschlossenheit (vgl. Angelus, 30. Juni 2019). Die Kirche ist von ihrem Wesen her in Bewegung, sie bleibt nicht ruhig in ihrer Umzäunung, sie öffnet sich zu den weitesten Horizonten. Die Kirche ist gesandt, das Evangelium auf die Straßen zu tragen und menschliche und existentielle Randgebiete zu erreichen. Sie lässt uns an die neutestamentlichen Eheleute Aquila und Priscilla denken.

Der Heilige Geist hat dem Apostel [Paulus] dieses wunderbare Beispiel eines Ehepaares, das auf dem Weg ist, zur Seite gestellt. Tatsächlich stehen sie sowohl in der Apostelgeschichte als auch in der Beschreibung des Paulus nie still, sondern sind immer in Bewegung. Und wir fragen uns, wieso dieses vorbildliche Ehepaar, das auf dem Weg ist, in der Pastoral der Kirche viele Jahrhunderte lang keine eigene Identität als evangelisierendes Ehepaar hatte. Das ist es, was unserer Pfarrgemeinden bräuchten, vor allem in den städtischen Gebieten, in denen der Pfarrer und seine Mitarbeiter im geistlichen Amt nie die Zeit und die Kraft haben werden, Gläubige zu erreichen, die sich zwar als Christen bezeichnen, aber den Sakramenten fernbleiben und Christus nicht kennen oder fast nicht kennen.

Das Bild dieser heiligen Eheleute, die in Bewegung sind, damit man Christus kennenlernt, ist daher überraschend modern. Sie haben evangelisiert und waren Lehrmeister der Leidenschaft für den Herrn und für das Evangelium: einer Leidenschaft des Herzens, die zu konkreten Gesten des Nahseins, der Nähe zu den notleidenden Brüdern und Schwestern, der Annahme und der Fürsorge wird.

Im Vorwort zur Reform des Eheprozesses habe ich zwei kostbare Perlen hervorgehoben: Nähe und Unentgeltlichkeit. Das darf man nicht vergessen. Der heilige Paulus fand in diesen Eheleuten den Weg, den Fernstehenden nahe zu sein, und er liebte sie und lebte über ein Jahr bei ihnen in Korinth, weil sie als Eheleute Lehrmeis­ter der Unentgeltlichkeit waren. Oft spüre ich die Angst vor dem Urteil Gottes, das wir hinsichtlich dieser beiden Dinge empfangen werden. Bin ich beim Urteilen dem Herzen der Menschen nahe gewesen? Habe ich beim Urteilen das Herz gegenüber der Unentgeltlichkeit geöffnet, oder war ich von kommerziellen Interessen vereinnahmt? Das Urteil Gottes darüber wird sehr hart sein.

Die christlichen Eheleute sollten von Aquila und Priscilla lernen, wie man sich in Christus verlieben und den Familien nahe sein kann. Diese sind oft ohne das Licht des Glaubens, nicht aufgrund ihrer subjektiven Schuld, sondern weil sie bei unserer Pastoral am Rand zurückgelassen werden: eine elitäre Pastoral, die das Volk vergisst.

Wie sehr wünsche ich, dass diese Ansprache nicht nur eine Symphonie aus Worten bleiben, sondern zum einen die Hirten, die Bischöfe, die Pfarrer drängen möge, danach zu streben, Ehepaare als demütige und bereitwillige Missionare so zu lieben wie der Apostel Paulus es getan hat, um jene öffentlichen Plätze und Häuser unserer Metropolen zu erreichen, in die das Licht des Evangeliums und die Stimme Jesu nicht gelangen und nicht eindringen! Und zum anderen christliche Eheleute, die es wagen, den Schlaf abzuschütteln, wie Aquila und Priscilla es getan haben. Sie waren in der Lage, sicher nicht autonom, aber gewiss voll Mut zu handeln, so dass sie sogar die Hirten aus der Trägheit und aus dem Schlaf geweckt haben, die vielleicht zu unbeweglich oder von der Philosophie des kleinen Kreises der Perfekten blockiert waren. Der Herr ist gekommen, um die Sünder zu suchen, nicht die Perfekten.

Der heilige Paul VI. sagte in der Enzyklika Ecclesiam suam: »Noch bevor man spricht, muss man auf die Stimme, ja sogar auf das Herz des Menschen hören; man muss ihn verstehen und soweit möglich achten und, wo er es verdient, ihm auch willfährig sein« (Nr. 90). Auf das Herz des Menschen hören.

Es geht um das, was ich den italienischen Bischöfen ans Herz gelegt habe: »Hört auf die Herde, […] um den Menschen nahe sein zu können. Achtet darauf, ihre Sprache zu erlernen, euch jedem liebevoll zu nähern, bei den Menschen zu sein in den Nächten ihrer Einsamkeit, ihrer Unruhe und ihres Scheiterns« (Ansprache an die 66. Generalversammlung der Italienischen Bischofskonferenz, 19. Mai 2014).

Wir müssen uns bewusst sein, dass nicht die Hirten mit ihrem Unternehmungsgeist – wenngleich in guter Absicht – die heiligen christlichen Ehepaare erfinden. Diese sind das Werk das Heiligen Geistes, der immer der Protagonist der Sendung ist, und sie sind in unseren Ortsgemeinden bereits anwesend. Es ist unsere Aufgabe als Hirten, sie zu erleuchten, ihnen Sichtbarkeit zu verleihen, sie zu Quellen einer neuen Fähigkeit zu machen, die christliche Ehe zu leben; und auch, sie zu schützen, damit sie nicht den Ideologien verfallen. Diese Ehepaare, die der Heilige Geist gewiss auch weiterhin beseelt, müssen bereit sein, »aus sich selbst herauszukommen und sich gegenüber den anderen zu öffnen, die Nähe zu leben, den Stil des Zusammenlebens, der jede zwischenmenschliche Beziehung in eine Erfahrung von Brüderlichkeit verwandelt« (Generalaudienz, 16. Oktober 2019). Denken wir an die Pastoralarbeit im Katechumenat vor und nach der Eheschließung: Diese Ehepaare sind es, die es durchführen und vorangehen müssen.

Wir müssen wachsam sein, damit sie nicht der Gefahr des Partikularismus unterliegen und sich entscheiden, in ausgewählten Gruppen zu leben. Vielmehr ist es notwendig, sich »gegenüber der Heilsuniversalität zu öffnen« (ebd.). Denn auch wenn wir Gott dankbar sind für das Vorhandensein von Bewegungen und Vereinigungen in der Kirche, die die Unterweisung christlicher Eheleute nicht vernachlässigen, so muss man dennoch mit Nachdruck sagen, dass die Pfarrgemeinde an sich der kirchliche Ort der Verkündigung und des Zeugnisses ist; denn in diesem territorialen Umfeld leben bereits christliche Eheleute, die würdig sind, Licht zu spenden, und die aktive Zeugen der ehelichen und familiären Schönheit und Liebe sein können (vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Amoris laetitia, 126-130).

Die apostolische Tätigkeit der Pfarrgemeinden in der Kirche wird also erleuchtet von der Gegenwart von Eheleuten wie denen des Neuen Testaments, die von Paulus und Lukas beschrieben werden: nie im Stillstand, immer in Bewegung, gewiss mit Kindern, wie es uns von der Ikonografie der Ostkirchen überliefert ist. Daher sollen die Hirten sich auch heute vom Heiligen Geist erleuchten lassen, damit diese Verkündigung des Heils verwirklicht wird durch oft schon bereite, aber noch nicht berufene Ehepaare. Es gibt sie.

Ja, die Kirche braucht heute Ehepaare in Bewegung, überall auf der Welt, aber im Geiste ausgehend von den Wurzeln der Kirche der ersten vier Jahrhunderte, also von den Katakomben, wie dies der heilige Paul VI. am Ende des Konzils tat, als er sich in die Domitilla-Katakombe begab. In dieser Katakombe sagte jener heilige Papst: »Hier versenkte das Christentum seine Wurzeln in der Armut, in der Verbannung durch die bestehenden Mächte, im Leiden ungerechter und blutiger Verfolgungen; hier war die Kirche bar jeder menschlichen Macht, sie war arm, sie war demütig, sie war fromm, sie war unterdrückt, sie war heroisch. Hier fand der Primat des Heiligen Geistes, von dem das Evangelium spricht, seine dunkle, fast mysteriöse, aber unbesiegbare Bestätigung, sein unvergleichliches Zeugnis, sein Martyrium« (Predigt, 12. September 1965).

Wenn der Heilige Geist im Kontext unserer Teilkirchen nicht angerufen wird und daher unbekannt und abwesend bleibt (vgl. Predigt in Santa Marta, 9. Mai 2016), dann fehlt uns jene Kraft, die die christlichen Eheleute zur Seele und Form der Evangelisierung macht. Konkret gesprochen: indem man die Pfarrgemeinde als juridisch-heilbringenden Raum lebt, weil sie »Haus unter den Häusern«, Familie aus Familien ist (vgl. Predigt in Albano, 21. September 2019); eine arme Kirche – also Pfarrgemeinde – für die Armen; eine Kette von Eheleuten, die begeistert und verliebt sind in ihren Glauben an den Auferstandenen, fähig zu einer neuen Revolution der Zärtlichkeit der Liebe, wie Aquila und Priscilla, die sich nie mit dem Erreichten zufriedengeben oder sich in sich selbst verschließen.

Man könnte meinen, dass diese heiligen Eheleute des Neuen Testaments keine Zeit hatten, müde zu sein. So werden sie in der Tat von Paulus und von Lukas beschrieben, für die sie fast unverzichtbare Gefährten waren – gerade weil sie nicht von Paulus berufen, sondern vom Geist Jesu erweckt waren. Das ist die Grundlage ihrer apos­tolischen Würde als christliche Eheleute. Der Heilige Geist hat sie erweckt. Denken wir daran, was passiert, wenn der Missionar an einen Ort kommt: Der Heilige Geist ist schon da und wartet auf ihn. Natürlich ist die Tatsache, dass in den vergangenen Jahrhunderten so lange über diese heiligen Gestalten der frühen Kirche geschwiegen wurde, ziemlich verwunderlich.

Ich fordere die Mitbrüder im Bischofsamt und alle Hirten auf und ermutige sie, auf diese heiligen Eheleute der frühen Kirche als treue und leuchtende Gefährten der damaligen Hirten hinzuweisen; als Unterstützung in der heutigen Zeit und als Vorbild dafür, wie christliche Eheleute, junge und alte, mitwirken können, dass die christliche Ehe stets fruchtbar an Kindern in Christus wird. Wir müssen überzeugt, ich würde sogar sagen sicher sein, dass diese Ehepaare in der Kirche bereits ein Geschenk Gottes sind, und zwar nicht durch unser Verdienst, sondern aufgrund der Tatsache, dass sie Frucht des Wirkens des Heiligen Geistes sind, der die Kirche nie verlässt. Vielmehr erwartet der Heilige Geist den Eifer von Seiten der Hirten, damit das Licht nicht verlöscht, das diese Ehepaare in den Randgebieten der Welt verbreiten (vgl. Gaudium et spes, 4-10).

Der Geist möge uns deshalb erneuern, damit wir uns nicht mit einer Kirche der Wenigen abfinden, gleichsam als wolle man lieber isolierter Sauerteig bleiben, ohne jene Fähigkeit der Eheleute des Neuen Testaments, sich in Demut und im Gehorsam gegenüber dem Heiligen Geist zu mehren. Der Geist, der erleuchtet und in der Lage ist, all unser menschliches Wirken und auch unsere Armut heilbringend zu machen, ist in der Lage, all unser Wirken heilbringend zu machen; wobei wir auch weiterhin überzeugt sind, dass die Kirche nicht durch Proselytismus, sondern durch Anziehung wächst – das Zeugnis dieser Menschen ist anziehend – und immer und über­all das Siegel des Zeugnisses gewährleistet.

Von Aquila und Priscilla wissen wir nicht, ob sie als Märtyrer starben, aber gewiss sind sie für unsere heutigen Eheleute ein – zumindest geistliches – Zeichen des Martyriums, also Zeugen, die in der Lage sind, Sauerteig zu sein, der im Mehl aufgeht; Sauerteig in der Masse zu sein, der stirbt, um zur Masse zu werden (vgl. Ansprache an die Föderation Katholischer Familienverbände, 1. Juni 2017). Das ist heute überall möglich.

Liebe Richter der Römischen Rota, die Glaubensfinsternis oder die Glaubenswüste, die eure Entscheidungen seit bereits 20 Jahren als möglichen Kausalumstand der Nichtigkeit des Konsenses angeprangert haben, bieten mir, ebenso wie bereits meinem Vorgänger Benedikt XVI. (vgl. Ansprache zur Eröffnung des Gerichtsjahrs der Römischen Rota, 23. Januar 2015 und 22. Januar 2016; 22. Januar 2011; vgl. Art. 14 Ratio procedendi des Motu proprio Mitis Iudex Dominus Iesus) den Grund zu einer ernsthaften und dringenden Aufforderung an die Kinder der Kirche in der Zeit, in der wir leben, dass alle und jeder einzelne sich berufen fühlen möge, die Schönheit der christlichen Familie an die Zukunft weiterzugeben.

Die Kirche braucht »ubicumque terrarum« Ehepaare wie Aquila und Priscilla, die mit der Vollmacht der Taufe sprechen und leben, die »nicht darin besteht zu befehlen und sich Gehör zu verschaffen, sondern darin, konsequent zu sein, Zeugen zu sein und daher Weggefährten auf dem Weg des Herrn zu sein« (Predigt in Santa Marta, 14. Januar 2020).

Ich danke dem Herrn, dass er auch heute noch den Kindern der Kirche den Mut und das Licht schenkt, zu den Anfängen des Glaubens zurückzukehren und die Leidenschaft der Eheleute Aquila und Priscilla wiederzufinden. Mögen sie erkennbar sein in jeder Ehe, die in Christus Jesus geschlossen wurde.

Deutsche Übersetzung: Osservatore Romano.

 

Das Interview führte P. José María García Sepúlveda, Madrid, Spanien @schoenstatt.org

Foto: Caroline Brundle Bugge, iStock Getty Images ID 1162419784

 

Original: Spanisch. Übersetzung: Maria Fischer @schoenstatt.org

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