Veröffentlicht am 2018-06-24 In Projekte, Werke der Barmherzigkeit

Statt „Schafe zu kämmen“, besuchen sie die Häftlinge im „Guten Hirten“

PARAGUAY, Cristina Velázquez •

Seit drei Jahren bereits lebt ein Team aus der Gemeinschaft der Berufstätigen Frauen „Kirche im Herausgehen“ durch den Besuch der Insassen des Frauengefängnisses „Buen Pastor“ (Guter Hirte) in Asunción. Schuld an diesem kühnen Herausgehen ist niemand anderes als Papst Franziskus.—

Heraus an die Peripherie – zehn Minuten vom Heiligtum entfernt

“Viele Male wurden wir gewarnt, dass solch ein Ort sehr gefährlich sei, aber wir haben nicht aufgehört.“
Das Team suchte im Jahr 2015 ein Apostolat, das richtig einschlagen würde. Noch immer hallten in ihnen die Worte von Papst Franziskus bei der Audienz für die Schönstattfamilie im Rom im Jubiläumsjahr 2014 nach, wo er Schönstatt empfohlen hatte, sich nicht damit zufrieden zu geben, „Schafe zu kämmen“, sondern herauszugehen und die verlorenen Schafe zu suchen, herauszugehen an die Peripherie.  So entstand die Idee, das Gefängnis zu besuchen, „einen so nahegelegenen Ort, keine zehn Minuten vom Heiligtum entfernt, aber so absolut vergessen…“

Wegen der restriktiven Besuchsvorschriften eines Gefängnisses mussten wir uns an die festen Besuchszeiten anpassen und geduldig in der Gefängniskapelle warten, bis die an einer Begegnung mit uns, der Gottesmutter und ihrem Sohn interessierten Frauen kamen.  Und das waren wenige, denn natürlich kannten die meisten von ihnen uns nicht und waren auch nicht in der Stimmung, in der Unsicherheit und Not ihrer Situation in dem überfüllten Gefängnis Gott zu suchen. Kurz danach wagten wir einen weiteren Schritt und wurden so zu der Gruppe, der als erster erlaubt wurde, bis in die Gefangenentrakte und sogar die Zellen zu gehen und so zur lebendigen Mission der Suche nach den Schafen von Papst Franziskus zu werden, jenen Schafen, die er auf seinem Brustkreuz hat. Dorthin brachten wir das Bild der Pilgernden Gottesmutter, und ja, manchmal erlebten wir da die Lustlosigkeit in Frauen, die sich auf ihren Matratzen räkelten und uns in Guarani sagten, wenn Gott sie finden wollte, würde er das auch ohne uns tun; und inmitten von sitzenden, liegenden und knieenden Frauen begannen wir den Rosenkranz zu beten, beteten aus dem Herzen, und spätestens bei den Bitten erlebten wir, wie auch das härteste Herz sich öffnete… Sie baten für das, wofür jede Frau bittet: für ihre Kinder, ihren Mann, ihre Eltern. Es traf uns ins Herz, wenn sie für ihren Lebenspartner oder ihr Kind beteten, die auch im Gefängnis waren oder gerade entlassen worden waren; diese Frauen beteten, dass sie nicht wieder rückfällig würden… Vielen von ihnen sind ihre Fehler bewusst, sind durch die Haft zu echter Reue gekommen. Und manche, die aus blanker Not Drogen gedealt und Lebensmittel gestohlen haben, sagen uns mit Tränen in den Augen: Wir wussten nicht, wie wir unsere Kinder sonst ernähren sollten, und jetzt…

Buen Pastor

Gefängnis „Buen Pastor“, Guter Hirte

Eucharistische Anbetung im Gefängnis

Pater Martín Gómez (neuer Leiter der Schönstatt-Bewegung in Paraguay) begleitete die Gruppe oft, und seine Anwesenheit wurde von allen sehr geschätzt. Die Berufstätigen Frauen initiierten auch Eucharistische Anbetung im Gefängnis; dazu starteten sie eine Fundraising-Aktion, um eine einfache Custodia zu kaufen, sodass der Eucharistische Heiland an diesem Ort, wo man ihn so dringend braucht, seine Wohnung aufschlagen konnte.

Ich erinnere mich vor allem an die Tauffeier im Gefängnistrakt „La Esperanza“. Dabei haben einige Frauen ihr Liebesbündnis als Missionarinnen der Kampagne der Pilgernden Gottesmutter geschlossen, und mehrere Kinder – denn in diesem Frauengefängnis bleiben auch die kleinen Kinder der Gefangenen – konnten das Sakrament der Taufe empfangen. Was für ein Moment! Wir haben uns um die Dekoration des Ortes gekümmert, wir haben einen Kuchen gebacken und mit ihnen die Freude über die Taufe ihrer Kinder gefeiert.  Ein unvergessliches Erlebnis, das, so bin ich überzeugt, das Leben dieser Kinder und ihrer Mütter verändert hat.  Im Gefängnis „Buen Pastor“ waren sieben Bilder der Pilgernden Gottesmutter unterwegs; jetzt sind es sechs, denn eine der Missionarinnen nahm ihr Bild bei der Entlassung aus der Haft mit, um die Gottesmutter zu Frauen zu bringen, die am Rande der Kriminalität leben.

Und sie beteten für uns!

Wir gingen mit reichlich Mut dieses Projekt an, und der Heilige Geist beschützte uns ganz offensichtlich, sodass uns nie etwas passiert ist. Viele Male hat man uns gewarnt, dass dieser Ort gefährlich sei, aber das hat uns nicht aufgehalten. Im Nachhinein denke ich, dass Maria selbst dieses Gefängnis erobern wollte und uns bis in den letzten Winkel geführt hat. So kamen wir sogar in den Trakt, in dem die Frauen mit gesundheitlichen Problemen sind. Gefangen und krank erleben sie sich von Gott und der Welt vergessen; manche erzählten uns, wie schwer es ist, dass sie keine Besuche bekämen, nur um danach sofort ihre Angehörigen in Schutz zu nehmen, die ja auch viel zu tun und keine Zeit hätten, um hierher zu kommen.

Die Frauen betrachteten das Bild der Gottesmutter, die sie besuchte, mit diesem Blick, den ich von den Wallfahrtsorten kenne, wenn die Menschen Schlange stehen, um die Gottesmutter in ihrem Gnadenbild zu grüßen, tief im Herzen bewegt und berührt. Der Abschied ist immer schwer, man kann spüren, dass sie nicht daran glauben, dass wir wiederkommen, dass auch wir sie vergessen werden, und dann machte es immer einen dicken Kloß im Hals, wenn sie sagten, sie würden für uns beten, würden Gott bitten, dass er uns in der Woche begleite, dass es uns gut gehe und ja, dass wir am folgenden Samstag wiederkommen könnten… Sie beteten für uns!

Man muss weitermachen, muss den suchen, der ganz allein ist

In diesen drei Jahren haben wir immer auch Dinge für die persönliche Hygiene mitgebracht und Kleidung, haben mitgearbeitet bei der Renovierung eines eingestürzten Daches, doch das wichtigste war einfach, dass wir da waren. Die Berufstätigen Frauen haben sich als echte Werkzeuge erlebt, gestärkt durch das, was sie gegeben und was sie empfangen haben. Man geht reich wieder aus dem Gefängnis heraus, schätzt das, was man hat, wieder mehr, vor allem die Freiheit und versucht in dieser Freiheit das Beste zu geben, um Herzen zu öffnen, dem anderen zu begegnen, sei es der Arbeitskollege, der Nachbar, ein Angehöriger, jemand, der vielleicht allein ist wie diese Frauen und auf einen Moment der Aufmerksamkeit, eine Umarmung, ein Gebet wartet.

Und die gute Nachricht ganz am Schluss. Eigentlich dauert ein Projekt drei Jahre. Doch die Berufstätigen Frauen haben beschlossen, dieses Apostolat weiterzuführen.

Quelle: Zeitschrift Tuparenda, Paraguay

Original: Spanisch. Übersetzung: M.Fischer, schoenstatt.org

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