Volk Gottes

Veröffentlicht am 2023-09-24 In Synodale Kirche

Die Gesamtheit der Gläubigen kann im Glauben nicht irren

SYNODE ZUR SYNODALITÄT, Maria Fischer •

„Was ist der Kern der (kleinen, aber lauten) Opposition gegen die Synode und den Papst? Wenn man über das Politische, Theologische und sogar Spirituelle hinausgeht, kommt man zu folgendem Ergebnis: ein Misstrauen gegenüber dem Heiligen Geist, der im Volk Gottes wirkt“, schreibt P. James Martin SJ, einer der Synodalen, Bestsellerautor, Redner und Mitarbeiter der Jesuitenzeitschrift „America“, einer der profiliertesten katholischen Publizisten der Vereinigten Staaten und darüber hinaus. Umstritten. Verbündeter von Papst Franziskus („das Herz eines Hirten“) und Mitdenker und Mitverbreiter seiner Botschaft der Erneuerung der Kirche in Synodalität als Struktur, Barmherzigkeit und Raum für alle (wirklich alle) als pastoralem Ansatz und Herausgehen an die Peripherien als Auftrag. —

Habt also keine Angst, ihr besorgten Festhalter und Verteidiger. Ihr Bischöfe, die ihr eure Diözesanen vor der Synode zu schützen müssen glaubt. Das heilige Volk Gottes als Gesamtheit kann nicht irren. Denn in ihm wirkt Gottes Heiliger Geist.

Eine einzelne Person, eine einzelne Gemeinschaft oder Gemeinde, eine Bewegung, eine Diözese, ein Land, ja. Die können danebenliegen. Das gesamte Volk Gottes, in dem der Heilige Geist wirkt, nicht. Martin bezieht sich in dieser durchaus provokanten Aussage auf Lumen gentium, Artikel 12:

Das heilige Gottesvolk nimmt auch teil an dem prophetischen Amt Christi, in der Verbreitung seines lebendigen Zeugnisses vor allem durch ein Leben in Glauben und Liebe, in der Darbringung des Lobesopfers an Gott als Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen (vgl. Hebr 13,15).
Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung von dem Heiligen haben (vgl. 1 Joh 2,20.27), kann im Glauben nicht irren.

Die Kirche als Volk Gottes verabschiedet sich von oben und unten

„Alle Macht dem Volke“ also? Dem vom Geist geführten heiligen Volk Gottes. Ja. Synodale Kirche? Genau deshalb. Doch das kollidiert krachend mit einem eigentlich vom II. Vatikanischen Konzil überholten Bild der Kirche, das sich hartnäckig in Köpfen und Herzen hält.

„Da war auf der einen Seite ein starres Herrentum, eine Hierarchie, die eine Verantwortungsfülle, eine Herrschaftsfülle in den Händen trug, und auf der anderen Seite ein Volk, das – ja, fast möchten wir sagen – schwindsüchtig war; es lebte vom Mangel an Verantwortung, vom Mangel an Mitverantwortung.
Also eine starke Gegensätzlichkeit! Dieses Antlitz ist der Kirche aufgeprägt worden im Frühchristentum durch den damals im römischen Volk herrschenden Patriarchalismus und später – seit Konstantin dem Großen – durch die staatsrechtliche Form und Formierung. Seit der Zeit ist in der Kirche diese starke Gegensätzlichkeit zwischen oben und unten.
Und demgegenüber weiß nunmehr diese Kirche sich selber zu sehen und zu verstehen unter einem einheitlichen Standpunkt: Sie sieht sich schlechthin als das Volk Gottes, als Volk Gottes, das eine einzige Linie kennt. Alle ohne Ausnahme treffen sich auf dieser einen einzigen Linie, ob es sich um die Hierarchie, ob es sich um den Papst oder um das Kirchenvolk handelt.
Was alle miteinander eint, ist eine gemeinsame Brüderlichkeit, die die Seelen ineinanderwachsen läßt. (…) Jeder hat an seinem Platz Verantwortung, jeder hat an seinem Platz aber auch Verantwortung für das Gesamtbild der Kirche.“

 

 

Das allerdings sagt nicht der so „liberale“ Jesuit James Martin. Und auch nicht Papst Franziskus. Das sagt ein gewisser Joseph Kentenich im Dezember 1965. Wer hat es gehört?

Der Papst der „Theologie des Volkes“

Damit ist Kentenich in unmittelbarer Nähe des Denkens von Papst Franziskus, des Papstes der Theologie des Gottesvolkes, der argentinischen Variante der Befreiungstheologie, begründet von Theologen wie Gera, Scannone und Tello.

In der Zeitschrift La Civiltà Cattolica erklärt er 2013:

Das Bild der Kirche, das mir gefällt, ist das des heiligen Volkes Gottes. Die Definition, die ich oft verwende, ist die des Konzilsdokumentes Lumen gentium in Nummer 12. Die Zugehörigkeit zu einem Volk hat einen großen theologischen Wert. Das Volk ist das Subjekt. Und die Kirche ist das Volk Gottes auf dem Weg in der Geschichte, mit seinen Freuden und Leiden. (…) Fühlen mit der Kirche bedeutet für mich, in dieser Kirche zu sein.
Und das Ganze der Gläubigen ist unfehlbar im Glauben. Es zeigt diese Unfehlbarkeit im Glauben durch den übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes Gottes auf dem Weg. So verstehe ich heute das Sentire cum ecclesia, von dem der heilige Ignatius spricht.
Wenn der Dialog der Gläubigen mit dem Bischof und dem Papst auf diesem Weg geht und loyal ist, dann hat er den Beistand des Heiligen Geistes. Es ist also kein Fühlen, das sich nur auf die Theologen bezieht.“

Keine Angst vor dem Heiligen Geist.

Fotos: © Bruno Seabra \ JMJ 2023

Foto: © Bruno Seabra \ JMJ 2023

Schlagworte: , , , , , , ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert