Wolke on Zeugen

Veröffentlicht am 2023-07-02 In Schönstätter

Damit ihre Zeugnisse nicht verloren gehen

DEUTSCHLAND, Maria Fischer •

„Ihre Verbundenheit mit Schönstatt aufgreifend, möchte ich Sie, verbunden mit Maria Rast, auf Schönstätter Blut- und Glaubenszeugen aus der Zeit des Nationalsozialismus hinweisen, die dem Vergessen entrissen werden sollen“, schreibt Prälat Dr. Helmut Moll, Köln, genau am 95. Priesterweihetag eines dieser Blutzeugen, Märtyrer: Pater Franz Reinisch. —

Prälat Dr. Moll bittet in seinem Brief, dem er umfangreiches Dokumentationsmaterial beifügt, „diese Menschen durch Vorträge und Lesungen dem Vergessen zu entreißen. Wir tun das, was wir am besten können: einen Artikel schreiben und in mehrere Sprachen übersetzen – auch als Geburtstagsgeschenk für den in Euskirchen geborenen Dr. Helmut Moll, der am 2. Juli 2023 seinen 79. Geburtstag feiert.

Professor Dr. Helmut Moll ist der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für das Martyrologium des 20. Jahrhunderts, ein umfangreiches Verzeichnis der Lebensbilder deutscher und deutschstämmiger katholischer Märtyrer, die Moll in Zusammenarbeit mit Historikern und anderen Fachleuten aus den deutschen Diözesen und Ordensgemeinschaften zusammengestellt hat. Die siebte Auflage des Werkes hat er am 8. Mai 2019 Papst Franziskus persönlich überreicht.

Prälat Moll

Prälat Moll überreicht Papst Franziskuus die neueste Ausgabe des Martyrologiums | Quelle: Wikipedia

Zeugen für Christus

„Im Jahr 1999 erschien im Schöningh-Verlag das zweibändige Werk „Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts“ in erster Auflage“, schreibt Prälat Moll. „Papst Johannes Paul II. hatte die Kirche beauftragt, dafür Sorge zu tragen, dass die Zeugnisse derer, die in den Verfolgungen des 20. Jahrhunderts an ihrem Glauben festgehalten und dafür den Tod in Kauf genommen haben, nicht verloren gehen. Die Deutsche Bischofskonferenz beauftragte mich mit der Koordination und Herausgabe des Werkes. Rund 160 Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland haben die biographischen Artikel verfasst, die den vier Kategorien „Gewaltopfer des Nationalsozialismus (1), des Kommunismus (2), der Reinheitsmartyrien (3) und der Gewaltopfer in den Missionsgebieten (4)“ zugeordnet sind.

Die siebte, überarbeitete und aktualisierte Auflage wurde Mitte März 2019 ausgeliefert, die italienische Version von Edizioni Paoline in Mailand wurde am 20. März 2007 in Rom vorgestellt.

Eine „Wolke von Zeugen“ aus der Schönstatt-Bewegung und ihrer Umgebung

Dr. Moll zählt Personen auf, die einzeln fast alle schon einen oder mehrere Artikel auf schoenstatt.org erhalten haben. Zusammen werden sie hier zu einer „Wolke von Zeugen“ einer Christusnachfolge ohne Wenn und Aber.

  • Pfarrer Alfons Mersmann, 1945 im KZ Buchenwald gestorben, konnte von den „wunderbaren Erscheinungen der Gottesmutter in Fatima“ berichten.
  • Der selige Münsteraner Neupriester Karl Leisner (* 1915) lebte aus einer tiefen Marienfrömmigkeit. Auf einer Reise nach Freiburg vertraute er in der Gnadenkapelle von Schönstatt der Dreimal Wunderbaren Mutter von Schönstatt seine Anliegen und seine Berufung an. In der Karwoche 1933 nahm er an Exerzitien in Schönstatt teil. Nach einem Aufenthalt im Konzentrationslager Dachau starb er 1945 im Sanatorium Planegg bei München. Der Heiligsprechungsprozess wurde 2007 eröffnet (vgl. Band I, S. 523-529).
  • Zwei Mitglieder der Schönstätter Frauengemeinschaft: Charlotte Holubars, 1883 in Striegau/Niederschlesien geboren, wurde Volksschullehrerin in Heusweiler bei Saarbrücken, wo sie in lebendiger Erinnerung ist. Während eines Ferienaufenthaltes in Frankenstein (Schlesien) begegnete sie Pater Joseph Kentenich, dessen Spiritualität sie anzog. In Schönstatt schloss sie 1929 das Liebesbündnis. 1937 übersiedelte sie nach Schönstatt. Als bei einer Hausdurchsuchung Schriften Pater Kentenichs gefunden wurden, kam sie ins Gefängnis nach Koblenz und von dort ins Konzentrationslager Ravensbrück, wo sie am 9. November 1944 starb (vgl. Band II, S. 1084-1087).
  • Zur Gemeinschaft der Frauen von Schönstatt gehört auch die Mittelschullehrerin Maria Laufenberg (* 1910) aus Lothringen. Sie lernte 1935 die Schönstattbewegung kennen, der sie sich bald anschloss. Vier Jahre später schloss sie in Schönstatt ihr Liebesbündnis. Da sie sich für die Bekenntnisschule einsetzte, geriet sie bald ins Abseits, musste zur Kur und blieb krank. Sie starb am 7. März 1944 im Kreuser-Stift in Mechernich (Eifel) (vgl. Band II, S. 1087-1090).
  • Im KZ Dachau schlossen sich der selige Kaplan Alois Andritzki, Student in Paderborn (vgl. Band I, S. 190-192), und der selige Kaplan Gerhard Hirschfelder (vgl. Band I, S. 842-844) der Schönstatt-Priestergruppe an.
  • Der Paderborner Diözesanpriester Heinrich König (* 1900 Frankfurt) fand sein persönliches Ideal in der Gottesmutter. „De Maria nunquam satis“ wurde 1927 zu seinem Wahlspruch. Im August 1927 stellte er sich in der Paderborner Gnadenkapelle in den Dienst Mariens. Wegen seiner antinationalsozialistischen Haltung geriet der junge Kaplan bald in die Fänge der Geheimen Staatspolizei. Bald wurde er in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert, wo er am 24. Juni 1942 umkam (vgl. Band I, S. 574-577).
  • Der österreichische Pallottinerpater Franz Reinisch aus Vorarlberg sah in der Marianischen Bewegung „eine neue Blütezeit der Kirche“ heraufziehen. Er verweigerte am 15. April 1942 in Bad Kissingen (Diözese Würzburg) den Fahneneid, wurde daraufhin verhaftet und über Würzburg nach Berlin gebracht, wo er am 7. Juli 1942 zum Tode verurteilt wurde. Das Bistum Trier hat am 28. Mai 2013 das Seligsprechungsverfahren eröffnet, das am 28. Juni 2019 auf Diözesanebene abgeschlossen wurde (vgl. Band II, S. 1014-1018).
  • Ein „feuriger Marienapostel“ wollte auch der Pallottinerpater Albert Eise (*1896) aus Oeffingen bei Stuttgart sein, der 1936 Redakteur der Zeitschrift „Königin der Apostel“ wurde. Er lebte zeitweise in Freising. 1941 in Koblenz verhaftet, kam er ins KZ Dachau, wo er am 3. September 1942 starb (vgl. Band II, S. 999-1002).
  • Auch die Pallottiner P. Dr. Max Joseph Größer aus Hannover (vgl. Band II, S. 1002-1004), der sel. Richard Henkes aus Ruppach (Westerwald) (vgl. Band II, S. 1005-1007), der am 15. September 2019 (in meiner Gegenwart) im Limburger Dom seliggesprochen wurde, Br. Johannes Leodegar Kremer aus Mannheim (vgl. Band II, S. 1010-1013). Band II, S. 1010-1012), Franz Xaver Maier aus dem Landkreis Straubing (Bistum Regensburg) (vgl. Band II, S. 1012f.) und Br. Eduard Ossowski aus Westpreußen (vgl. Band II, S. 1013f.).
  • Pfarrer Franz Fränznick (Erzbistum Freiburg) war durch seine „glühende Marienverehrung“ der Schönstattbewegung nähergekommen. Er starb am 27. Januar 1944 im Konzentrationslager Dachau (vgl. Band I, S. 257-260).
  • Pallottinerbruder Paul Krawczewicz (* 1907 Bochum) wurde 1944 bei der Betreuung von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern in Stuttgart verhaftet und kam über das Gestapo-Gefängnis Brauweiler bei Köln in das KZ Buchenwald, wo er am 11. März 1945 im Außenlager Ohrdruf starb. Seit 2003 läuft der Seligsprechungsprozess für ihn (vgl. Band II, S. 1008-1010).

Maria als Zeichen der Hoffnung

Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen

Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen

Molls Buch „Martyrium und Wahrheit. Zeugen Christi im 20. Jahrhundert“ (Weilheim-Bierbronnen 2005; 7. Auflage 2020) enthält das ausführliche Kapitel „Trost in der Bedrängnis. Die Gottesmutter Maria als Zeichen der Hoffnung“ in der NS-Zeit, das die mit der Gottesmutter verbundenen Namen vertieft. Darin werden der selige Pfarrer Georg Häfner, die heilige Edith Stein, der selige P. Richard Henkes, Dr. Ruth Kantorowicz, P. Albert Eise SAC, der selige Karl Leisner, Pfarrer Karl Borromäus Kramer, Pfarrer Alfons Mersmann, P. Friedrich Lorenz und der Österreicher P. Franz Reinisch ausführlich dargestellt.

Im „kleinen“ Martyrologium: „Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen…“. Märtyrer des Erzbistums Köln aus der Zeit des Nationalsozialismus“ (Köln 1998; ²1999; ³2000; ISBN 3-931739-09-0; 102 Seiten) werden 33 Glaubenszeugen vorgestellt – darunter Sr. Teresia Benedicta a Cruce (Dr. Edith Stein) sowie Otto Gerig und Joseph Roth, die sich in der Haft zu Maria flüchteten.

Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen

21. Jahrhundert, fast zehn Jahre nach der Feier von 100 Jahren Liebesbündnis. Abgesehen von Schönstättern in Kuba, Venezuela oder Nicaragua riskiert keiner sein Leben, wenn er von Christus redet und aus christlicher Überzeugung handelt. Keine Chance also darauf, Zeugen Christi zu sein? Bleibt nur der Rekurs auf diejenigen, die unter einem Unrechtsregime Zeugnis gaben?

KZ, Folter, Gefängnis droht (kaum) einem, aber die Sache Jesu, die Sache Schönstatts erlebt eine im wahrsten Sinne „Heidenangst“ vor dem Zeugnis. Etwa jene unbestimmte Angst vor dem, „was die anderen von mir denken“, wenn ich etwas sage, anfrage, wenn ich Stellung beziehe. Sicher nicht das schwerwiegendste Beispiel: Was sollen die anderen von mir denken, wenn ich  einen Kommentar auf schoenstatt.org hinterlasse? Einen Artikel in meinen Netzwerken teile? Darüber rede? Gar ein Gespräch darüber anrege?

Als Kind und Jugendliche habe ich meine Eltern und Großeltern und ihre Generation gefragt: Warum habt ihr geschwiegen? Und den einen oder anderen habe ich fragen dürfen: Warum hast du geredet, warum hast du dein Leben riskiert? Diese sind bis heute meine Helden und mein Maßstab.

Angesichts eines Franz Reinisch, eines Heinrich König, eines Karl Leisner, einer Charlotte Holubars: Woher solche Angst vor dem persönlichen öffentlichen Zeugnis?

Komm, Heiliger Geist, und reiße die Mauern der Angst ein.

Wolke von Zeugen


Weitere Informationen zum Martyrologium des 20. Jahrhunderts online

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