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Veröffentlicht am 2018-10-17 In Dilexit ecclesiam, Missbrauch

Als Kirche, die wir sind, tragen auch wir die Gnade in zerbrechlichen Gefäßen

Redaktionskolumne •

So heftig war es noch nie. Wenn wir die Twitter-Accounts und die sozialen Netzwerke von Schönstatt öffnen, stehen wir vor einer Welle enttäuschter, verletzter und hasserfüllter Kommentare über unsere Bewegung. Und das ist gut zu verstehen. Es sind Kommentare, wie man siejetzt  ständig auch über die Kirche findet – in den Medien, den sozialen Netzwerken und den Gesprächen unter Gläubigen und Nicht-Gläubigen. Die katholische Kirche steckt wieder einmal in einem Strudel von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs und des Missbrauchs von Macht und Gewissen.

Und auch unser Schönstatt hat es tief getroffen mit Fällen von Missbrauch und Vertuschung, im Fall von Francisco José Cox – aus der Gründergeneration Schönstatts in Chile, der Pater Kentenich erlebt und mit ihm gesprochen hat – mit so schwerwiegenden Taten, dass Papst Franziskus ihn am letzten Samstag aus dem Klerikerstand entlassen hat. Wir sind Kirche und wir teilen mit ihr die Momente von Licht und Schatten, und diesmal von wirklich tiefschwarzen Schatten.

„Ich bin entsetzt, angewidert von den Nachrichten, die aus Chile kommen, vor allem über Cox … Ekel, Ärger, viel Schmerz“. Ein WhatsApp-Nachricht von vielen an die Redaktion.

In und als Kirche, die schuldig und verwundet ist, müssen und wollen wir zuallererst nicht eigene Wunden lecken, sondern auf die Opfer schauen, auf die Opfer von Missbrauch, begangen durch Menschen, die wir wir das Liebesbündnis geschlossen haben.

Und dann auch auf die Opfer zweiten Grades schauen, auf die vielen Menschen, die in ihrem Vertrauen auf Schönstatt enttäuscht und betrogen wurden.

Und auch auf die vielen Schönstätter schauen, auf die vielen Schönstatt-Patres und Schönstatt-Priester, die ihr Leben geben für die anvertraute Mission, auf so viele schlichte Menschen, die Wege der Werktagsheiligkeit gehen, den Armen die Hand reichen, und die heute unter dem leiden, was man mit vollem Recht über Schönstätter weiß und sagt, die Verbrechen gegenüber den Schwächsten begangenen haben. Wir leiden.

Die Mitteilungen von P. Juan Pablo Catoggio, auf schoenstatt.org und in unzähligen Medien veröffentlicht, waren ein wichtiger Schritt. Wir stehen nicht außerhalb dessen, was die Kirche erlebt und erleidet. Und ganz sicher rennen wir noch dem hinterher, was etwa die Jesuiten bereits umgesetzt haben. Aber wir haben uns auf den Weg gemacht.

Mitten in Schmerz, Schrecken, Wut und Enttäuschung wissen wir: Schönstatt ist Teil des Dramas der Kirche, des Dramas von Chile, Boston, New York, Irland, Deutschland.

Und was nun?

Es ist nicht Magie

Es war vor wenigen Wochen. Eine Unterhaltung mit einem Schönstätter. Einem von denen, die bis dahin nicht wussten oder nicht wissen wollten, dass unter den Priestern, die Kinder und Jugendliche missbraucht haben, auch Schönstätter sind. Was ein Glück, dass unsere Kentenich-Pädagogik uns davor schützt und wir herausgehen können, um den anderen zu zeigen, wie man eine neue Kirche aufbauen kann… Nein. Die Kentenich-Pädagogik ist nichts Magisches, kein Automatismus. In mehreren Fällen hat sie nicht gegen Pädophilie und sexuellen Missbrauch geholfen und weit mehr Fällen nicht gegen gegen Macht- und Gewissensmissbrauch.

MIt Pater Kentenich gelebt zu haben, Mit ihm gesprochen zu haben, ist kein Zauberstab, der uns vor allem Bösen schützt und zu Heiligen macht, ohne etwas dafür zu tun. Nein.

Vielleicht war nie so sehr wir heute der Moment, um das „Nichts ohne uns“ in seiner ganzen Radikalität als conditio sine qua non  zu verstehen, damit Werktagsheiligkeit und das Gehen in den Spuren des Gründers, das Heiligtum und die Verkörperung des Charismas Pater Kentenichs möglich sind und richtig funktionieren.

Ehrliche Demut in allem

Noch ein zweiter Punkt, und der kann weh tun. Ein für allemal ist klar, dass die immer wieder zitierte Kentenich-Pädagogik und alles, was wir haben, wissen und verkündigen, uns nicht besser macht als andere.

Ein eigener Marientitel, der „niemals versagt“. Ein Gründer „klüger als ein Prophet“. Nur zwei Momente aus einem kurzen Text in der Zeitschrift „Vida Nueva“ im Zusammenhang mit den Feiern zum 50. Todestag von P. Kentenich. Das muss uns dazu bringen, über das Bild nachzudenken, das wir nach außen projizieren, kommentierte ein Freund, als er den leichten Sarkasmus des Textes bemerkte. Wirken wir nicht manchmal etwas arrogant, etwas besserwisserisch?

Der Missbrauchsskandal, den wir in Schönstatt erleben, der Missbrauch durch Priester unserer Bewegung, hat das Potential, uns den Weg zu einer neuen Demut zu weisen, die nicht mit einem Minderwertigkeitskomplex verwechselt werden darf. Es ist die Demut der demütigen Magd des Herrn, die von dem Großen singt, das Gott in ihrem Leben gewirkt hat, und die nie vergisst, dass sie Teil des schlichten pilgernden Gottesvolkes ist, in Solidarität und voller Bewunderung für das, was Gott in anderen wirkt. Und in uns.

 Wir sind Kirche und lieben die Kirche

Es ist nicht die Zeit, etwas in die Kirche zu „bringen“. War es nie. Wir können nichts hineinbringen in das, was wir sind, und wir sind Kirche. Bei den Feierlichkeiten am 15. September meinten viele, sie spürten, es sei nun Zeit, das „Dilexit Ecclesiam“ zu leben.

Es ist ein Moment zu verstehen, was am offensichtlichsten ist, aber manchmal nicht gesehen oder nicht kommuniziert wird: Wir sind Kirche. Wir sind Kirche mit Schatten und Licht der Kirche und nicht ausgenommen von dem, was Jesus sagte: Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.

Lieben wir unsere Kirche in diesen Momenten wie nie, unsere heilige Kirche der Sünder, unsere Kirche die uns liebt, uns erzieht und so Gott will heile von aller Arroganz, und die uns jene missionarische Demut schenken möge, die wir brauchen.

Ist es zu kühn, gerade jetzt an ein solidarisches Bündnis in und mit der Kirche zu denken?

Bitten wir um Vergebung, in der Kirche, als Kirche. Als Kirche, die wir sind, tragen auch wir die Gnade in zerbrechlichen Gefäßen (2. Korinther 4, 7).

 

P. José María García Sepúlveda, María Fischer

 

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