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Veröffentlicht am 2019-07-14 In Projekte, Schönstatt im Herausgehen, Werke der Barmherzigkeit

Schönstatt-Jugend auf Straßenmission in São Paulo

BRASILIEN, Gustavo Vitalino via www.jumasbrasil.com.br

Mit 19 Teilnehmern aus der Schönstatt-Mannesjugend (JUMAS) fand zum zweiten Mal eine Straßenmission in Sao Paulo statt.—

Wer kann sich in der alltäglichen Hektik der Stadt São Paulo vorstellen, dass einige Jugendliche auf ein freies Wochenende mit Familie oder Party verzichten, um sich mit Menschen zu treffen, die auf der Straße leben? Genau dies traf auf 19 Mitglieder der JUMAS zu, die sich, begleitet von ihren geistlichen Leitern P. Ailton Brito und P. Afonso Wosny am letzten Maiwochenende mit Obdachlosen trafen. Diese zweite Straßenmission der JUMAS Sao Paulo wurde in Partnerschaft mit der Mission Belém durchgeführt, die schon lange in diesem Feld arbeitet.

Das Projekt

„Mission Belém“ wurde im Jahr 2005 durch P. Giampietro Carraro und Sr. Cacilda da Silva Leste in den Stil gestoßen. Die Erfahrung, auf die Straße zu gehen und eine familienhafte Atmosphäre zu schaffen, ist kaum möglich ist, ohne diese Menschen anzusehen und anzuhören. Lediglich eine Essensration zu verteilen reicht nicht. Deshalb unterhält diese Mission auch Auffangheime, die mit Hilfe des Staats São Paulo ca. 2.200 Menschen von der Straße geholt haben.

Der Seminarist Daniel erzählt, warum er sich entschloss, Missionar der  Mission Belém  zu werden: “Bevor ich hier mitmachte, habe ich mich schon an anderen religiösen Gruppen beteiligt und apostolische Erfahrung in der Kirche gehabt. Dann habe ich an einer Belém-Mission in Cracolândia (so wird ein Bezirk genannt, in dem sehr viel Crack gehandelt und konsumiert wird) und empfand dabei im Herzen den Wunsch, mit Armen zu arbeiten. Dort sprach Jesus durch diese Menschen auf der Straße sehr deutlich zu mir. Ich erlebte sie mitten in ihrem Elend und ich dachte und fragte mich, wo ich leben möchte. Als ich nach Hause zurückkam, spürte ich einen starken Ruf Jesu, einen Platz bei den Armen einzunehmen. Nach diesem Ruf engagierte ich mich bei der Mission Belém und ich bin nun seit 6 Jahren Missionar.”

JUMAS in Mission

Nach einer kurzen Aussendung im Sionsheiligtum vonJaraguá gingen wir zum Gebäude der Belém-Mission, die sich in der Nähe des Hauptbahnhofs befindet. Dort erhielten wir die ersten Hinweise, wie man sich verhält oder mit den Brüdern auf der Straße spricht, sowie einige Zeugnisse von Leuten, die aufgenommen wurden und jetzt der Mission helfen. Am ersten Tag unserer Mission waren wir auf dem Platz der Kathedrale, wo wir mit einigen Leuten sprachen, die die Mission Belém schon kannten. Zur Zeit des Abendessen gab es eine unangenehme Überraschung: Es wurde uns mitgeteilt, dass wir keinerlei Geld ausgeben durften. So waren wir gezwungen, unser Essen von jemandem auf der Straße oder in irgendwelchen Geschäften zu erbitten. Im Moment ein kleiner Schock. Es verletzt den Stolz. Letztlich aber erlebten wir uns in Gesellschaft mit vielen Brüdern, die Tag für Tag auf solche Weise für ihr Überleben sorgen müssen.

Zuerst nahmen wir die Abweisungen auf die leichte Schulter, aber in gewissen Momenten war es unvermeidlich, war es unangenehm. Wir bekamen automatisierte Absagen, ohne Blickkontakt, und wir dachten darüber nach, wie viele solcher oder ähnlicher Antworten diese Menschen auf der Straße täglich hören müssen.

Fernando Gabriel aus der JUMAS Campinas berichtet wie das NEIN ein ganz schweres Wort bei dieser Mission für ihn war: “Ich ging in eine Bar zu einem Bediensteten und fragte, ob er etwas für mich zu essen hätte. Er schickte mich zum Chef, der an der Kasse Geld zählte. So ging ich zu ihm und fragte, ob er nicht eine Essenportion oder etwas ähnlich hätte. Der Chef sah mich noch nicht mal an, geschweige denn unterbrach er seine Beschäftigung und antwortete: ‘Nein, für dich hab ich nichts!’ Es ist wirklich schmerzlich, ein Nein dieser Art zu hören, denn ich hatte lediglich Essen erbeten, das die menschliche Basis zum Überleben ist, und zwar an einem Platz, der voll von Lebensmitteln war. Und was noch mehr schmerzt als diese Gefühlslosigkeit, ist das Wissen, dass es Menschen gibt, die dieses Nein täglich erfahren; Menschen, die Essen suchen und viele Male dies gefühllose Nein hören, von Menschen, die nicht erkennen, dass da ein Mensch vor ihnen steht, der wirklich nichts zu essen hat.!

In der kältesten Nacht des Jahres

Von der Wettervorhersage wussten wir, dass die Nacht zum 25. die kälteste Nacht des Jahres werden würde. Weil wir dies wussten, boten wir der Gottesmutter direkt unsere Sorge für die Nacht auf der Straße fürs Gnadenkapital an. Vorm Schlafenlegen suchten wir deshalb sofort in etlichen Straßen Pappkartons, angefangen von Vale do Anhangabaú bis  25 de Março, um den Schlafplatz zu isolieren. Doch wir fanden nicht genug und mussten uns begnügen mit dem wenigen, was wir gefunden hatten. Es wurde tatsächlich eine sehr kalte Nacht. Aber die Müdigkeit vom Tag war so groß, dass wir sehr schnell in den Schlaf fielen.

Mission im „Crackland“

Nach dem Aufstehen am nächsten Tag hielten die Brüder der Belém-Mission ihre tägliche Gewissenserforschung und wir begleiteten sie. Nach dem Morgenkaffee gingen wir zu den Drogenabhängigen, wo die Situation die jungen Leute aus der Schönstatt-Bewegung schlicht überforderte. Sie erlebten einen Realitätsschock von etwas, was sie bisher nur im Fernsehen gesehen hatten, jetzt aber wurden sie direkt konfrontiert. Einige Personen liefen herum als seien sie Zombies, andere verkauften alles, um Geld für  ihre Sucht zu bekommen. Wie kann man mit Menschen in einer solchen Situation von Gott sprechen? Das war die Frage, die die meisten von uns intensiv beschäftigte. Vielleicht war das der wichtigste Moment der Mission, das Überlegen, wie wir hier missionarisch wirken können. Und am Ende des Tages waren wir, wie nach allen Missionen, selber auch missioniert.

Eine neue Sehweise

Als Einleitung zu unserer Mission lautete ein Wort, dass die Obdachlosen oft wie unsichtbar erscheinen, nicht wahrgenommen werden, dass unser Blick automatisch die Richtung ändert, sobald sie ins Blickfeld kommen. Nach unserem Einsatz und am Schlsss dieses außerordentlichen Wochenendes ist eines gewiss:  Eine alte Sehweise dieser 19 Jugendlichen im Alltag änderte sich gewaltig.

 

Foto:  JUMAS Sudeste/Missão Belém

Original: Portugiesisch. Übersetzung: Mechthild Jahn und Renate Dekker,  Bad Ems, Deutschland

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