Veröffentlicht am 2012-05-02 In Urheiligtum

Das Urheiligtum im Mai

Agathe Hug. Der Monat Mai ist der Monat der Geschenke. Ein großes Geschenk ist die Rückkehr Pater Kentenichs am 20. Mai 1945 aus Dachau zum Heiligtum. Aber auch umgekehrt ist der Marienmonat Mai der Monat der Geschenke an die Gottesmutter.

 

 

 

 

20. Mai 1947

Frauen von Schönstatt stiften als Krönungsgeschenk einen neuen Lichtrahmen aus Edelmetall mit Edelsteinen.

31. Mai 1948

Die Frauenliga schenkt als Krönungsgabe einen neuen Tabernakel. Die fünf Silberplatten der Tabernakel-Innenflächen werden ein Jahr später am 31.05.1949 hinzugefügt.

Und natürlich: Maiblüten und Gnadenkapital

12. Mai 1915

In einem Brief an Josef Fischer gebraucht P. Kentenich zum ersten Mal das Wort „Gnadenkapital“.

Er schreibt: „Wir aber freuen uns über unser Kapellchen und fühlen uns dort heimischer als je. Hier sollten auch Sie zu Hause sein. Von dem Gnadenkapital, das wir im Mai hier zusammengetragen, bekommen Sie auch selbstverständlich eine große Anzahl Zinsen, vorausgesetzt, dass Sie etwas zum Kapital beitragen in Ihrer Weise. Sie verstehen mich …“

Dabei ist interessant, dass der Begriff des Gnadenkapitals nach dem Zeugnis von Pater Menningen über ein Gespräch mit Pater Kentenich entstand und in Gebrauch kam, ohne dass die Nutzer die Gründungsurkunde vom 18. Oktober 1914 kannten oder im Blick hatten. Wir betrachten es heute als selbstverständlich, dass man die Gründungsurkunde kennt, dass man den Zusammenhang von Gründungsurkunde und Gnadenkapital herstellen kann. Aber wir befinden uns im Mai 1915, also gerade mal 7 Monate nach dem Oktober 1914. Der Vortrag, der später Gründungsurkunde genannt wurde, war nicht allen bekannt. Er war nicht als Broschüre gedruckt und für alle zugänglich – und er stand nicht im Internet und wurde per Email weitergegeben.

Bericht von P. Menningen über den Begriff „Gnadenkapital“
„Pater Eise, Max Brunner, Albert Langner, Pater Wilwers und andere sind die Vertreter der sodalizischen Marienverehrung geworden, aber nicht der Gründungsurkunde vom 18.10.1914. Das Geheimnis der Gründungsurkunde ist erst aufgebrochen in der Seele von Josef Engling, und zwar durch die Beiträge zum Gnadenkapital der Mater ter admirabilis, damit das Kapellchen ein Heiligtum werde.

Wir haben den Herrn Pater gefragt: „Wie ist denn das Wort ‚Gnadenkapital’ zustande gekommen? Hatten Sie damals die Gründungsurkunde vor Augen, als Sie das Wort ‚Gnadenkapital’ im Brief an Fischer erwähnten?“

Die Antwort von Pater Kentenich: „Nein! Eher war die Grignion’sche Andacht eine Hinführung zu dem Gnadenkapital, denn die Grignion’sche Andacht hatte damals die Herzen erobert, und da sammelt man die Verdienste, um sie der Gottesmutter anzubieten und zu geben für andere. Also diese Andacht war eher eine Anregung für die Idee des Gnadenkapitals.“

Die nächste Frage lautete: „Wie ist der Ausdruck ‚Gnadenkapital’ aufgekommen? Wie sind Sie draufgekommen?“

Seine Antwort: „Das weiß man nachträglich nicht mehr. Der Ausdruck ist auch nur beiläufig in dem Brief an Fischer erwähnt. Die einzige Vermutung ist diese mit der Grignion’schen Marienverehrung.“

Eine weitere Frage, die ich dem Herrn Pater stellte: „Wie konnte der Josef Engling im Juli 1915 bei der Vorbereitung der Ferien die Losung ausgeben: Tagesordnung während der Ferien als Beitrag zum Gnadenkapital der Mater ter admirabilis, damit sie die Gottesmutter bewege, vom Kapellchen Besitz zu ergreifen, dann wird daraus ein Gnadenort?“

Die Antwort: „An ein bestimmtes Ereignis habe ich keine Erinnerung, weder daß in einem Vortrag etwas Derartiges gesagt worden wäre; ich habe auch keine Erinnerung, daß von mir in einem Vortrag die Idee des Gnadenkapitals als Anregung gegeben worden wäre. – Das kann nur so gewesen sein, daß in einer Unterredung mit dem Josef Engling die Idee beiläufig ausgesprochen wurde, und zwar im Zusammenhang mit der Grignion’schen Marienverehrung. Das ist dann in der Seele des Josef Engling haften geblieben und hat sich in ihm zu der besagten Übung verdichtet.“

Josef Engling hat also daraus sozusagen ein System gemacht: Die Geistliche Tagesordnung als Beiträge zum Gnadenkapital, die wir hinübertragen ins Heiligtum.

So ist die Strömung der Beiträge zum Gnadenkapital entstanden; es war ein Aufbruch der Gründungsurkunde ohne den Namen, ohne den Vortrag vom 18. Oktober 1914 zu kennen. Dieser wurde ja erst später entdeckt, Josef Engling kannte ihn nicht …“

Der Begriff „Gnadenkapital“ wurde von Pater Kentenich nachweislich von niemand und nirgendwoher, auf alle Fälle nicht aus einer schriftlichen Quelle, übernommen. Pater Menningen schildert 1970 den Hergang.

In der kirchlichen Literatur wurde der Begriff ‚Gnadenkapital’ bisher nur an drei Stellen gefunden, nämlich bei Alfons von Liguori, Tanquerey und Scheeben; doch alle drei Fundorte waren Pater Kentenich nicht zugänglich (Alfons und Tanquerey in italienischer Sprache, Scheeben zeitlich viel später und von Pater Kentenich – nach seinem eigenen Zeugnis – damals nicht gelesen.)“

1915 – Die Pappschachtel auf dem Altar des Heiligtums
Mai 1915

Die Sodalen sammeln Maienblüten für die Gottesmutter und stellen zu diesem Zweck auf den Altar im Kapellchen eine Pappschachtel mit Vorsätzen.

Mai 1916

Maiblüten werden gesammelt.

Über das Sammeln von Maiblüten gibt es zwei Berichte. Sie sind nicht nur informativ, sondern auch köstlich nachzulesen. Das Sammeln der Maiblüten war nach dem Zeugnis wiederum von Pater Menningen der Vorläufer des Gnadenkapitals.

Wir haben zwei Berichte darüber, wie schon im Mai 1915 und auch danach auf dem Altar des Heiligtums eine Pappschachtel (bzw. zwei Pappschachteln) zu besonderem Zweck stand.

Der erste Bericht stammt aus Erzählungen von Pater Alex Menningen. Zur selben Zeit, als im Studienheim in Schönstatt aus dem Missionsverein für die älteren Schüler die Marianische Kongregation der Maior und aus dem Erziehungsverein der 3. Klasse die Marianische Kongregation der Minor entstand, gab es einen jüngeren Schüler der ersten Klasse, den Alex Menningen. Viel später wurde aus ihm der für Schönstatt so bedeutsame Pater Alex Menningen, einer der engsten Mitarbeiter von Pater Kentenich. Er zog im September 1913 in das Internat ein, und zwar in die erste Klasse; nur von Ferne konnte er beobachten, was die Älteren da alles taten mit ihren Vereinen.

Noch bevor der Erste Weltkrieg am 2. August 1914 ausgebrochen war, wurde alles ziemlich anders. Am 31. Juli 1914 schickte die Internatsleitung ihre Schüler nach Hause. Schon am 4. August wurde das Studienheim von der Militärregierung beschlagnahmt und zum Lazarett umgewandelt. So konnten nach den Sommerferien 1914 nicht mehr alle Schüler nach Schönstatt zurückkehren. Die untersten zwei Klassen mußten von Juli an unfreiwillig-freiwillig außergewöhnlich lange Ferien machen. In der öffentlichen Propaganda wurde ja die Erwartung ausgestreut, der begonnene Krieg sei in aller Kürze mit einem Sieg des deutschen Heeres beendet, und dann gehe das Leben weiter wie zuvor. Das trat jedoch in Wirklichkeit nicht ein. So entschied sich die Hausleitung, noch vor Kriegsende den Schulbetrieb wieder aufzunehmen. Die Oberklassen durften im Oktober zurückkehren; die Unterklassen erst am 11. November, und zwar nicht mehr nach Schönstatt, sondern in das alte Studienheim der Pallottiner in Ehrenbreitstein. Dort verbrachte der junge Alex mit anderen 60 Mitschülern den ersten Teil des zweiten Schuljahres, bis Ostern 1915.

Als Alex nach Ostern 1915 wieder nach Schönstatt zurückkehren durfte, wunderte er sich über das, was sich dort inzwischen verändert hatte. Später erzählte er immer wieder von seinen Beobachtungen.

Alex Menningen staunte über vieles, unter anderem auch über das Michaels- oder Kongregationskapellchen, das bei seiner Rückkehr nach Schönstatt von den älteren Schülern fleißig aufgesucht wurde. Besonders machte er eine wichtige Beobachtung, die er zum Beispiel 1970 erzählte.

Den zweiten Bericht haben wir aus den Erinnerungen von Alfons Weber. Alfons Weber wurde ebenfalls Pallottinerpater und war einen Großteil seines Lebens in Argentinien eingesetzt. In seinen Erinnerungen an die frühere Zeit erzählte er manches, und da taucht wieder jenes Schächtelchen auf, in welchem gleichsam Selbsterziehung, Marienverehrung und Gemeinschaftsarbeit der Marianischen Kongregation zusammenfließen.

Als er seine Erinnerungen niederschrieb, war er 68 Jahre alt. Dabei hatten sich ihm manche Einzelheiten offensichtlich gut eingeprägt, was ein Vergleich mit der Liste der Maienblüten zeigt, die allerdings erst ein Jahr später, also 1916 entstanden ist. Von ihr ist das Original über die Jahrzehnte hinweg (zuletzt im Archiv der Schönstattpatres) erhalten geblieben.

 

Quelle: www.urheiligtum.de – geschichtliche Forschungen von P. Heinrich Hug

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