Veröffentlicht am 2014-06-14 In Themen - Meinungen

Achtung – den 18. Oktober 1914 nicht ent-inkarnieren

MIT WENIGEN WORTEN, P. Joaquín Alliende Luco. 1934: Die Marienschwestern erbitten von unserem Vater und Gründer die Erlaubnis, den Anbetungszweig zu gründen. Große Überraschung: seine erste Reaktion ist negativ. Er bringt einen entscheidenden Grund vor. ‚Wegen seines Charismas konzentriert Schönstatt sich auf die Anbetung des „Gottes des Lebens“, des Gottes der Geschichte. Andere mögen um den Gott der Altäre kreisen. Natürlich ist es ein und derselbe Gott und Herr.‘ Doch Pater Kentenich bevorzugt die existentielle Begegnung mit diesem Gott, der sich im Geschehen zeichnet, in der konkreten Biographie der Getauften.

Der Gott der Bibel ist ein Du, das in das Reale einbricht, es bewegt und geradezu physisch in eine neue Richtung drängt. Die Kirche untersucht in Lourdes beispielsweise die physischen Wunder. Die Inkarnation des Wortes ist alles andere als abstrakt (Marias Mutterleib begann sich vielleicht schon beim Besuch bei Elisabeth zu wölben).

Vom Sonntag, dem 18. Oktober 1914 lassen wir nicht ein einziges Detail beiseite. Nichts ist belanglos. Alles spricht. David Perera bat mich eindringlich, den kompletten Text des Gründungsvortrages zu lesen. Danach habe ich Sätze, die in Vergessenheit geraten waren, mit rot unterstrichen. Das Geschichtliche, das greifbar Geschichtliche, wird zu einer deutlichen Sprache des lebendigen Gottes, mit Geographie, Kalender, Stunde und Minute.

Das heutige Gebäude der Theologischen Hochschule der Pallottiner war damals in ein Militärlazarett umgewandelt worden. Der vollständige Text erzählt vom schrecklichen Leid einer Mutter, die dort ihren verwundeten Sohn besuchte. Der Redner des 18. Oktober 1914 vermittelt den Schmerz mit bohrenden Worten. Und unsere Gründungsurkunde bekommt immer mehr rote Unterstreichungen. Über mehr als ein halbes Jahrhundert hin haben wir Verankerungen in der Geschichte übersprungen. Das hat uns ärmer gemacht. Der Text ist dadurch etwas ätherischer, etwas abstrakter geworden. Unbeabsichtigt haben wir etwas von seiner beredten und wertvollen Geschichtlichkeit ent-inkarniert und damit ent-marianisiert. In den tiefen Begegnungen mit dem lebendigen Gott gibt es keine überflüssigen Details. Weil sie auch menschlich sind, geschichtlich sind. Alles ist Manna für die Zukunft.

Original: Spanisch. Übersetzung: Maria Fischer, schoenstatt.org

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