Veröffentlicht am 2012-10-26 In Jubiläum 2014

Wer apostolisch etwas voranbringen will, muss sich auf einen selbstlosen Einsatz gefasst machen.

Mons. Dr. Peter Wolf. Mit der Vigilfeier zum 18. Oktober am Urheiligtum haben wir das Jahr der missionarischen Sendung eröffnet. Immer wieder wird uns auf dieser dritten Wegstrecke unseres Trienniums nach 2014 der Herr begegnen, der in seiner Sendung vor uns steht und uns einfordert. So geschieht es bereits im heutigen Sonntagsevangelium, dessen Schluss wir noch im Ohr haben: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45). Worte vom Kommen sind in der Bibel Ausdruck von Sendung.

Jesus steht vor uns als einer, der weiß, wozu er gekommen ist und wozu eben gerade nicht. „Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder!“ (Mk 9,13) Jesus ist einer, der um seine Sendung weiß und mit einem klaren Sendungsbewusstsein vor die Menschen hintritt, wie auch folgende Worte zeigen: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, wenn es schon brennen würde“ (Lk 12,49). Oder: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben (Joh 10,10). Jesus weiß um seine Sendung und ist uns allen voraus von seiner Sendung ergriffen.

Aus der Begegnung mit ihm sind Leute mit Sendung und Mission hervorgegangen. Zwei davon begegnen uns im heutigen Evangelium. Sie werden mit Namen genannt: Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus. Beide Namen kennen wir auch aus den Listen der Zwölf, die Jesus um sich sammelt und schon innerhalb seines öffentlichen Wirkens aussendet. Lukas nennt sie in seiner Apostelgeschichte mit dem Wort „Apostel“, was so viel heißt wie „Ausgesandte“. Sie sind Gesandte der ersten Stun­de, Leute der ersten Gründergeneration, an denen ganze künftige Generationen von Christen einmal sich orientieren und Maß nehmen sollen.

Aber noch sind sie nicht soweit, als Träger für eine große Sendung zu taugen. Noch sind sie von anderen Interessen erfüllt. Sie möchten es im Kreis um Jesus zu etwas bringen. Sie möchten die Plätze zu seiner Rechten und seiner Linken erhalten, wollen mehr gelten als die anderen. Wenn sie in ihren Interessen sich nicht noch mächtig ändern, wird er mit ihnen nicht viel anfangen können, wird ihre Mission scheitern. Es ist nicht das erste Mal, dass es gerade in diesem engsten Kreis Streit darum gegeben hat, wer denn unter ihnen der Größte sei. Es ist bereits die zweite Lerneinheit im Markusevangelium zu diesem Thema, und wir hatten diese Situation am Sonntag vor vier Wochen als Sonntagsevangelium.

Jesus hatte seine Jünger darauf vorbereiten wollen, dass er sterben und auferstehen werde. Statt mit ihm und untereinander über dieses gewichtige Thema  ins Gespräch zu kommen, be­ginnen sie sich zu streiten, wer unter ihnen der Größte sei. Jesus hatte sie danach zur Rede gestellt und nachgefragt, worüber sie unterwegs gesprochen hatten. Dann hatte er ein Kind in ihre Mitte gestellt und es umarmt. Versuchen Sie das einmal. Das geht nur, wenn er sich bückt und es in die Arme nimmt. Er hat ihnen vorgemacht, wie man klein werden muss und ihnen eine Verheißung mitgegeben: „Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf“ (Mk 9,37).

Diesmal versucht er es mit dem Gegenbild der Machthaber dieser Welt. Er setzt darauf, dass sie ein Abwehrgefühl in sich haben, ein gesundes Empfinden, das sie den Missbrauch der Macht durch die Mächtigen ablehnen lässt. „Bei Euch aber soll es nicht so sein“ (Mk 10,44). Und um zu verdeutlichen, was ihm für seinen Jüngerkreis vorschwebt, fügt er an: „Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein“ (Mk 10,44). Diese Lehrstunde wird eine Fortsetzung erfahren beim letzten Abendmahl. Auch dort streiten sie nochmals um Rang und Größe. Jesus hält ihnen entgegen: „Welcher von beiden ist größer, der bei Tisch sitzt oder wer bedient? Natürlich, der bei Tisch sitzt. Ich aber bin unter euch wie der, der bedient“ (Lk 22.27). Sendung in der Nachfolge Jesu wird zum Dienst, der Gesandte zu einem, der dient. Wer aber aus der Umgebung Jesu hat dieses Ziel überhaupt erreicht, wenn Jesus bei den Zwölf noch beim letzten Abendmahl mit seiner Erziehung nicht am Ende ist?

Unter dem Kreuz steht die, welche bereits in der Stunde ihrer Berufung sich eingelassen hat auf die Ebene der Dienerin. Maria antwortete auf die Ankündigung ihrer Sendung durch den Engel: „Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38). Selbstlos hat sie der Sendung ihres Sohnes gedient. Ihr Leben war mitbetroffen von seiner Erlösungsaufgabe. Er hat sie hineingezogen in sein Schicksal und seine Ablehnung und zuletzt in seinen Kreuzweg. Wer sich der Sendung Jesu verschreibt, wird hineingezogen in sein Schicksal, in eine unlösliche Einheit mit ihm, wie sie unser Kreuz der Einheit auf eindrückliche Weise ins Bild bringt. (…)

Alle die großen Worte wie Sendung und Mission wie Apostolat und missionarische Projekte leben aus der Nähe zu ihm, für die das Kreuz der Einheit steht.

Der Weg der Gesandten ist auch heute nicht die Straße des Erfolgs. Ihr Platz in dieser Welt ist nicht der unangefochtene Ehrenplatz zur Rechten und zur Linken. So war es auch im Leben unseres Vaters und Gründers. Es ist ein Weg, auf dem man lernen muss, dass es dem Knecht nicht besser geht, als seinem Herrn, auf dem man lernen muss, den Kelch mit ihn zu teilen. Der Weg des Apostels ist eben nicht der Aufstieg zu immer besseren Posten, zu immer höheren Einschaltquoten. Es ist die Karriereleiter nach unten. Wer apostolisch etwas voranbringen will, muss sich auf einen selbstlosen Einsatz gefasst machen. Wer etwas einbringen will in Kirche und Gesellschaft unserer Zeit, braucht eine unzerstörbare Hoffnung und Zuversicht, die selbst im Weizenkorn, das untergeht und stirbt, noch die Frucht erkennt, die wächst (vgl. Joh 12,24). Wir brauchen wie Jesus selbst den Glauben eines Sämanns (Mk 4,1-9), der weiß wie viel von seinem ausgestreuten Samen von den Menschen zertrampelt, von den Vögeln gefressen, vom Gestrüpp erstickt und von der Sonne verbrannt wird, und trotzdem auf hundertfältige Frucht hofft.

Ich wünsche uns allen ein Jahr voller Erfahrung im Einsatz für unsere Sendung und unsere Mission. Möge das Kreuz der Einheit uns das Jahr über begleiten und erinnern an das Geheimnis der Fruchtbarkeit und zum Kreuz unserer Sendung

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