Veröffentlicht am 2014-03-01 In Urheiligtum

„Dass das Urheiligtum frei atmen kann“

mda. „Ich muss zugeben, ich bin einfach nur glücklich“, so eine junge Frau aus Ecuador. „Für das Jubiläum ist es einfach gut, dass die riesigen, dunklen Bäume beim Urheiligtum gefällt werden konnten.“ Mehr Licht, mehr Sonne, freier Blick. Aus dem Friedhofskapellchen, versteckt hinter hohen Lebensbäumen – den typischen Friedhofsbäumen in Deutschland – wurde vor 100 Jahren das Urheiligtum, Mitte der weltweiten Schönstatt-Bewegung und Gnadenort für viele. An der Schwelle zum Jubiläum von 100 Jahren Liebesbündnis mit dem riesigen Geschenk des Urheiligtums an die Schönstatt-Bewegung durch die Gemeinschaft der Pallottiner, wird diese Wandlung auch in der äußeren Gestaltung rund ums Urheiligtum langsam sichtbar. „Wie oft haben wir vor Jahren hier gestanden und gebetet, dass das Urheiligtum einen weiten Raum bekommt, dass es frei atmen kann. Ich habe nicht gedacht, das einmal mit eigenen zu Augen zu sehen“, schreibt jemand voller Freude über die neue Weite und Helle.

Anfang der Woche wurden die beiden großen Thujas am oberen Ende des Pilgerplatzes gefällt.  Pater Michael M. Marmann, Rektor des Urheiligtums, schrieb dazu an die Gemeinschaften am Ort Schönstatt: „Die Untersuchung dieser beiden Bäume hat ergeben, dass sie ihr Leben gelebt haben, die Kanalisation zerstören, anderes Wachstum behindern, weil sie Luft und Licht wegnehmen und mittlerweile eine überproportionale Dominanz haben. Darum hat uns die Verbandsgemeinde Vallendar sofort auf unsere Anfrage hin am 11. Februar die Ausnahmegenehmigung erteilt, die beiden großen Thujas am Urheiligtum zu fällen. Dies muss vor dem 1. März geschehen und ist mit der Auflage verbunden, ab September Bäume auf demselben Gelände zu pflanzen.“

Veränderungen und Erneuerungen

Veränderungen und Erneuerungen begeistern die einen und erschrecken andere. Vertrautes, Gewohntes, Bekanntes zu haben und zu behalten gibt Sicherheit. Erneuerungen, Veränderungen bringen Gewohntes und Gesichertes ins Wanken. Nicht jeder wagt, in die Hand zu nehmen, woran man sich die Finger verbrennen kann. So ist die Entscheidung des Rektors und des Verwaltungsrates des Urheiligtums mutig und „jubiläumswürdig“. Und sicher, es wird neue Postkarten brauchen, und über die Foto-Datenbank der Bilder vom Urheiligtum auf www.schoenstatt.org/media muss man jetzt wohl „historisch“ schreiben.

Schönstatt feiert hundert Jahre Liebesbündnis mit der Dynamik der Erneuerung, des missionarischen Schrittes in ein neues Jahrhundert, in eine neue Weite apostolischer Verantwortung, will, wie Papst Franziskus wünscht, die heutige Welt und die Menschen in ihrer realen Lebenswirklichkeit umarmen (und nicht alte Bäume).

Das geschieht nicht dadurch, dass ein paar Bäume gefällt werden. Aber die neue „Luftigkeit“ am Urheiligtum kann ein Zeichen dafür sein. Auch wenn eine gewisse Wehmut mit hineinschwingt.

Ein Baum der Schönstattgeschichte

Alicja Kostka (Schönstatt-Frauenbund) hat ihre spontanen Gedanken in einer Meditation festgehalten:

Ich durfte beobachten, wie die alte große Thuja beim Urheiligtum gefällt wurde. Mit der modernen Technik eine runde Stunde. Viele Jahrzehnte so rasch.

Wahrscheinlich kurz nach dem Krieg wurde der Baum gepflanzt.

Kahle Stämme, dicke Äste, lebendige Zeugen zahlreicher Ereignisse rund um das kleine Heiligtum… Ein Baum, der sicher das Exil erlebt hat und auf die Rückkehr Pater Kentenichs wartete. Er wuchs. Hat er in sich das Erwarten, die Unsicherheit und Angst gespeichert? Und gleichzeitig das feste Vertrauen und Aufbruch immer neu? Die Zeiten wiederholen sich in zyklischen Kreisen. Eine Erwartung? Unsicherheit und Hoffnung?

Ein Baum der Schönstattgeschichte, an dem viele Äste der Strömungen gewachsen sind. Wie viele Strömungen in dieser Zeit …

Sie haben die Größe des Baumes gebildet.

Wie viele Menschen haben ihren Platz an diesem Baum gefunden … Ihr Leben.

Ein Lieblingsbild Pater Kentenichs: Jede Gemeinschaft – auch die Kirche: ein Baum, an dem ein jeder ein Nest finden kann. Ein passendes Nest für sich. Um wachsen zu können.

Und nun: Platz für neue Bäume, Platz für Erwartung und Pflege, für Hoffnung und neue Nester, für neue Menschen. Menschen, die diesen Platz suchen, die geführt werden. Die kommen.

Und doch gehört alles Gott …  Er hat uns eingepflanzt, seinen kleinen Baum: Schönstatt, seinen kleinen Baum: Mich…

Und er will uns zurück haben, wenn die Zeit soweit ist. Er weiß es, wann. Zweig für Zweig, Ereignisse unseres Lebens, Wachstumsringe der Lebensgeschichte. Irgendwann geht es an die Substanz: der Stamm … immer tiefer, das Holz wehrt sich, die Säge kämpft mit den Fasern  des Holzes. Die Säger kämpfen sich tapfer durch. Sie müssen ihre Aufgabe pünktlich erfüllen. Die Zeit ist bestimmt.

Ein reifer Baum, der nun abgesägt wird. Auch ein Bild für das Leid in unserem Leben: Gott schneidet die Äste ab, es will alles zurück in seine Hände. Alles gehört ihm: jeder Ast unserer Geschichte. Mit Liebe empfangen. Zurück in seine Hände.

Bis er uns ganz hat, ganz für sich. Im Staub, von dem er uns entworfen hat, gemischt mit der Gnade seiner Liebe.

Die Stäubchen des Sägemehls tanzen ganz locker ihren letzten Tanz, von oberen Stöcken des Stammes, von den Strahlen der Sonne gefangen.

Das Leben wird weiter gehen. Es geht weiter.“

Und es wird weiter. Viel weiter. „Und vielleicht noch darüber hinaus.“

Was wir dem Urheiligtum wünschen

Wir wünschen dem Urheiligtum eine Reihe schöner neuer Bäume. Und wir wünschen ihm Luft, Licht, Weite, Helle.

Und vor allem: Menschen, viele Menschen, die sich wie die Sodalen vor 100 Jahren der Gottesmutter mit ihrem ganzen Leben als neue Gründergeneration, als Gestalter einer Bündniskultur zur Verfügung stellen, damit sie von diesem Ort aus wirken kann, immer weiter, viel weiter … für die sich erneuernde Kirche der Ära Franziskus.


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