Veröffentlicht am 2014-05-29 In Jubiläum 2014

Hundert Jahre des Weges – ein Blick auf Schönstatt

SPANIEN, org. “In diesem Jubiläumsjahr geht es um einen Blick auf Schönstatt. Auf den Ursprung, auf die Quellen, die es aus der Tiefe der Seele Pater Kentenichs entstehen ließen und eine Frage, wie wir es heute unter uns leben.“ Mit diesen Worten leitet Pater Carlos Padilla, Leiter der Schönstatt-Bewegung in Spanien, eine Reflexion ein, die er auch schoenstatt.org zur Verbreitung angeboten hat; es geht ihm dabei um das Anliegen hinter dieser in Spanisch mittlerweise auch als Buch (und in Deutsch demnächst als E-Book) erschienenen Reflexion: „100 Jahren Schönstatt  sollte für uns eine Gelegenheit sein, dass jeder einzelne sich fragt: Wie ist das Schönstatt, das heute lebt? Vielleicht hat sich im Laufe der 100 Jahre Staub auf die alten Träume und Sehnsüchte gelegt. Ist das Schönstatt, das wir leben, jung? Ist es ein frohes Schönstatt, das alle Bereiche unseres Lebens durchdringt?“ Es sind Fragen in der Linie der Konferenz 2014, an der Pater Carlos Padilla teilgenommen hat und deren Botschaft, an die  nach fünf Jahren und mitten im Jubiläumsjahr noch einmal erinnert wird.

Hier die zentralen Themen, die Pater Carlos Padilla in seiner Reflexion anspricht:

Ausgangspunkt: Wie gründen wir Schönstatt nach einem Jahrhundert Geschichte neu?

“Wir möchten Schönstatt neu gründen nach dem Motto, das die Feier von 50 Jahren seiner Geschichte begleitete: Gründe neu, dem Ursprung treu. Wir möchten es tun, indem wir zum Ursprung zurückkehren, zum Beginn unserer Bündnisgeschichte, zu den Wurzeln, zum Grundlegenden, dem Einfachsten und Pursten, das im Kein des Anfangs war. Neu gründen, indem wir die Prinzipien, die Grundlagen, die das erste Bündnis haben entstehen lassen, anwenden.  Treu zu Pater Kentenich und dem, was Gott in ihm gewirkt hat.“

Erste Reflexion: Ein  Blick auf unseren Vater und Gründer

“Schönstatt ist ohne Pater Kentenich nicht zu verstehen. Und Schönstatt ist aus seinem Vater- und Prophetenherzen geboren. Ist gewachsen aus einer persönlichen Geschichte, entstanden in seiner Seele. Er hat am eigenen Fleisch erlebt, wie Maria fähig ist, zu heilen und einen neuen Menschen aus Lehm zu schaffen. Nicht nach irgendwelchen Rezepten oder einer programmierten Aszetik, sondern aus dem Leben jedes Einzelnen, aus der persönlichen Geschichte – so handelt Gott.“

Zweite Reflexion: ein Blick auf den an der Hand Gottes zurückgelegten Weg

“Gott hat seine Mängel genutzt. So ist er zum Herzen des Vaters gelangt. Seine Wunde war die Eingangstür. Er war allein, niemand beeinflusste seine Erziehung. Ohne Bindungen. Sehr intellektuell, und ohne seine Wunde wäre er vielleicht nie zu Maria gekommen. Gott formt jeden Einzelnen und mit jedem Einzelnen geht er einen persönlichen Weg. Das sagt viel darüber, wie Schönstatt ist. Von innen nach außen. Vom Leben zur Theorie. Gott und wir in Zusammenarbeit im Erlösungsplan. Unser Vater kam zum Liebesbündnis mit Maria durch diese Wunde, die seine Seele geprägt hatte, durch die Seele der Jungen, durch einen Posten als Spiritual, an den er durch Gottes Vorsehung gekommen war, durch viele geschlossene und einige offene Türen.“

Dritte Reflexion: Ein Blick auf unseren Heiligkeitsweg

“Das Menschliche, das Verbinden mit den Personen, mit denen wir unseren Weg gehen, sich berühren lassen und andere berühren, Leben teilen, Träume, Wunden – das ist Teil unserer Originalität. Es sind diese menschlichen Bindungen, die die Bindung an Gott sichern. Schönstatt neu gründen heißt lernen, uns in Freude und Freiheit zu binden. Besteht darin, das Menschliche nicht zu lassen, um das Göttliche zu suchen. Wir möchten uns binden und uns das Leben aus Liebe zerreißen lassen. Diese menschlichen Bindungen sind die Stufen, die uns Gott nahe bringen. Wir brauchen einander, wir gehen nicht getrennt voneinander, wir gehen als Familie zu Gott.“

Wir veröffentlichen hier die vollständige Reflexion im PDF-Format (zum leichteren Weitergeben und Ausdrucken) sowie direkt in Html.

Im  Patris-Verlag Chile erscheint die deutsche Fassung demnächst als E-Book für Kindle, iPhone/iPad u.ä.


Beim Gedanken an diese 100 Jahre der Geschichte des Liebesbündnisses kommt einem die grundlegende Frage: Wie gründen wir Schönstatt nach einem Jahrhundert seiner Geschichte neu? Wir möchten Schönstatt neu gründen nach dem Motto, das die Feier von 50 Jahren seiner Geschichte begleitete: Gründe neu, dem Ursprung treu. Wir möchten es tun, indem wir zum Ursprung zurückkehren, zum Beginn unserer Bündnisgeschichte, zu den Wurzeln, zum Grundlegenden, dem Einfachsten und Pursten, das im Keim des Anfangs war. Neu gründen, indem wir die Prinzipien, die Grundlagen, die das erste Bündnis haben entstehen lassen, anwenden. Treu zu Pater Kentenich und dem, was Gott in ihm gewirkt hat. Darum möchte ich, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, einige Intuitionen, Gedankenwege, offene Fragen ansprechen, einen Blick werfen auf das Leben, der uns erlaubt, darüber nachzudenken, was es für jeden von uns konkret bedeutet, dass Schönstatt hundert Jahre seiner Geschichte vollendet.

Papst Franziskus hat als Bischof Bergoglio zu den Bewegungen gesagt:

„Wie traurig ist es doch, wenn eine Bewegung krank wird und anstatt Hirten des Volkes zu sein, zu Haarstylisten von ein paar Lieblingsschäfchen werden und ihre Treffen damit verbringen, ihre eigene Seele zu bepinseln! Wie viele Seelenbepinseler gibt es wohl? Ich weiß nicht, hoffentlich nicht zu viele. Aber wie viel Schaden richten die an, die in der Nabelschau leben und nicht hinausgehen, um missionarisch zu sein! Sie gehen nicht hinaus, um das Erbe weiterzugeben, das sie unentgeltlich empfangen haben, aus reiner Gnade Christi, aus reiner Liebe des Vaters in der Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Vorsicht! Vorsicht mit den Eliten! Die Eliten schließen sich in einer Seifenblase ein, verlieren den missionarischen Horizont, verlieren Stoßkraft, verlieren den Mut. Die Einrichtungen und Bewegungen müssen das Erbe weitergeben. Ihr fragt mich: „Padre, wo?“ Auf der Straße, auf der Straße. Dort, wo sich das Leben unserer Stadt entscheidet. Dort, wo die ewige Erlösung der Männer und Frauen entschieden wird. Dort, wo die Werte auf dem Spiel stehen. Dort wo viele Kinder von klein auf anfangen können, falsche Wege zu gehen, die sie für den Rest ihres Lebens unglücklich machen. Die Straße ist der theologische Ort der Bewegungen und Einrichtungen. Dort müssen sie sich opfern, das geschenkte Geschenk schenken, das Erbe weitergeben, das sie unentgeltlich erhalten haben. Als Bischof bitte ich euch: Hütet das Erbe nicht in der Vitrine eurer Besucherausstellung. Tragt es auf die Straße, sucht missionarische Horizonte, setzt euch jeden Tag voll ein, damit dieses Erbe, das wir so unentgeltlich empfangen haben, Ferment dieser Stadt wird.“ (29.5.1999, Buenos Aires)

Diese von Papst Franziskus vor geraumer Zeit gesagten Worte haben heute eine besondere Kraft. Ja, wir möchten unser Charisma aus der Vitrine holen, wir wollen nicht Stylisten einiger weniger Eliteschafe werden, das ist nicht unsere Mission! Wir wollen uns schulen, um herauszugehen und weiterzugeben, was wir empfangen haben. Wir möchten die Türen öffnen und der Kirche, der Welt dieses Erbe anbieten, das wir umsonst empfangen haben. Wir sind tief dankbar für unsere Geschichte, für all das Leben, das aus der Quelle des Heiligtums geströmt ist. Wir staunen immer neu. Gott ist treu, Maria ist immer treu. Wir haben viele Gaben und Geschenke erhalten und sind froh.

100 Jahren Schönstatt sollte für uns eine Gelegenheit sein, dass jeder einzelne sich fragt: Wie ist das Schönstatt, das heute lebt? Vielleicht hat sich im Laufe der 100 Jahre Staub auf die alten Träume und Sehnsüchte gelegt. Ist das Schönstatt, das wir leben, jung? Ist es ein frohes Schönstatt, das alle Bereiche unseres Lebens durchdringt? Leben wir die Radikalität des Bündnisses bis in die letzten Konsequenzen? Sind wir treue Jünger in allem, was Pater Kentenich uns als Erbe hinterlassen hat? Diese Überlegung hat mir geholfen, zum Ursprung zurückzukehren, mich in meiner Liebe zu Schönstatt zu erneuern, nicht in den Strukturen und Formen hängen zu bleiben. Pater Kentenich wollte eine internationale Bewegung gründen. Er hat einfach Ja gesagt zu Gott und Maria, und alles andere wurde ihm hinzugegeben. So ist das Leben in Gott; wenn wir ihm alles geben, ohne uns zurückzuhalten, gibt Gott uns Unerwartetes.

Erste Reflexion: Ein Blick auf unseren Vater und Gründer

Schönstatt ist ohne Pater Kentenich nicht zu verstehen. Und Schönstatt ist aus seinem Vater- und Prophetenherzen geboren. Ist gewachsen aus einer persönlichen Geschichte, entstanden in seiner Seele. Er hat am eigenen Fleisch erlebt, wie Maria fähig ist, zu heilen und aus dem Töpferton einen neuen Menschen zu gestalten. Nicht nach irgendwelchen Rezepten oder einer programmierten Aszetik, sondern aus dem Leben jedes Einzelnen, aus der persönlichen Geschichte – so handelt Gott. So hat er es mit Pater Kentenich gemacht und so hat alles angefangen.

Gott bricht in die Geschichte ein und bedient sich eines Lieblingswerkzeuges, eines Mannes mit Fähigkeiten und Mängeln. Eines wahren Gottesmannes, der Christus liebt, der für Maria glüht. Eines Mannes, der schon von der Wiege an verwundet ist. Die heilende Kraft der Liebe heilte ihn letztendlich. Aber seine Wunde war immer eine Lebensquelle und ein Weg zur Heiligkeit. Ursache seines Leides und Grund der Hoffnung. Wie wichtig unsere Wunden sind! Er war das Kind einer alleinerziehenden Mutter. Sein Vater hat ihn nie angenommen. Mathias Josef Koep hat ihn nie als seinen Sohn anerkannt und auch seine Mutter nie geheiratet. So fühlte Josef sich von Kindheit an abgelehnt; das ist die Erfahrung so vieler Menschen in diesem Leben. In vielen Fällen die von Kindern mit lebenden Vätern, die sich nie von ihnen geliebt fühlten. Pater Kentenich erfuhr diese Ablehnung, Verlassenheit und Einsamkeit. Die Jahre der Einsamkeit in einem Waisenhaus zeichneten ihn für immer. Seine Ehre, sein Ansehen, sei Name … alles in Zweifel gezogen. Die Einsamkeit eines sehr rationalen Mannes, ohne Beziehungen, in sich verschlossen, mit einem hinter einer Mauer eingeschlossen Herzen. Oft geht das Herz einen anderen Weg, und der Kopf will die Gründe verstehen. In ihm nahm die Trennung zwischen Glauben und Leben, zwischen Idee und Herzen, zwischen Träumen und der leibhaftigen Wirklichkeit überdeutlich und klar Gestalt an.

Ein ferner Gott, ein ent-inkarnierter Gott, ein dem Menschen ferner Gott. Eine Vorstellung von Gott, die nicht alle Fasern des Herzens durchdringen konnte. Pater Kentenich war fähig, bis zum Rand des Abgrunds gehen, zum Rand des Wahnsinns. Er kam bis an die äußerste Grenze, und dort hielt Gott ihn an. Wo beginnt die Veränderung? Der Bruch und die Ganzheit?

Die Wunde und das Leben, das aus der gleichen Wunde hervorbricht? Diese Wunde, aus der die Hoffnung hervorkommt. Die Wunde, die so viel Leid verursacht hat und bei der manchmal die Versuchung aufkommt, sie zu bedecken, zu verstecken, zu leugnen. Pater Kentenich bestätigte, dass niemand, kein Mensch, je einen Einfluss auf seine eigene Erziehung während seiner Kindheit und Jugend gehabt hat. Das ist eine harte Behauptung. Das Herz versteht, wie tief die Wunde in seiner Seele ist. Niemand, nur Maria, nur die Jungfrau hatte von jener ersten Weihe an Einfluss auf ihn. Das ist eine schreckliche Behauptung, hart, ergreifend. Welch innere Einsamkeit! Und er stürzte nicht in Verzweiflung, obwohl er, wie er selbst bekennt, an dem Punkt war wahnsinnig zu werden. Wie ähnlich dem heutigen Menschen! Wie aktuell seine Wunde! Ein Mensch ohne Wurzeln, der seinen Glauben nicht leibhaftig, nicht verkörpert sieht, der Gott in seinem eigenen Leben nicht sieht. Ein Mensch, allein, mit seinem Leid, verschlossen, gefangen in seiner Verlassenheit. Ein verwundeter Mensch und in sich selbst gespalten.

Wie und wann begann seine Wunde zu heilen? Die Weihe eines neunjährigen Kindes an Maria ist der Schlüssel. Der Augenblick der Übergabe durch Katharina ist der erste sich öffnende Spalt. Wir verdanken es ihr, dass Maria Josefs Erziehung ernstgenommen hat. Es ist ein Akt, der fast unbemerkt hatte geschehen können, verborgen und im Lauf der Jahre in seinem Gedächtnis zugedeckt. So begann Schönstatt in seinem eigenen Herzen. Das erste Bündnis drückte voller Zaghaftigkeit, angsterfüllt, beinahe ohne es zu wissen … seine eigene Mutter, Katharina Kentenich, aus. Sie vollzog es in großer Traurigkeit und Stille, gebrochen vom Leid, Ohnmacht, an der Tür eines Waisenhauses. Diese einfache und tapfere Frau machte den ersten Schritt, ohne es zu wissen. Sie zog sich zurück, sie stand beiseite und ließ Maria den ersten Rang einnehmen. Sie, die ihren Sohn so sehr liebte und fähig war, so viele Dinge für ihn aufzugeben, wurde das erste Glied in einer langen Kette. Katharina liebte Maria und vertraute auf sie. Sicherlich hatte sie dem kleinen Josef schon das Antlitz Mariens gezeigt und von sehr frühem Alter an auf sie hingewiesen als seine Mutter. In dem Augenblick fühlte sie sich trostlos, völlig unfähig weiterhin täglich für Josef zu sorgen. So fängt Schönstatt an, mit dem Verzicht einer Mutter, an die wir selten denken und der wir selten danken. Es gibt heute so viele Mütter, die darauf verzichten, bei ihren Kindern zu sein, so dass sie in Spanien leben können und genug Geld für ihre zukünftige Ausbildung verdienen. Ich denke an so viele eingewanderte Mütter, die ihre Kinder in ihren Heimatländern zurückgelassen haben, weil sie sie hier weder unterstützen noch für sie sorgen können. Der Verzicht erzeugt Leben, wenn er auch viel Leid für beide Seiten mit sich bringen mag. Manchmal denken wir, dass es nicht so ist, dass Verzicht nur Leid ist, Mangel, ein Verlust, und Mangel an Fülle, der keinen Sinn hat. In Gottes Plan wir alles klar, auch wenn es auf Erden schwierig sein mag, seine Wünsche zu verstehen. Verzicht ist eine Quelle des Lebens im Herzen Gottes, Marias Verzicht, für Jesus zu sorgen, Jesu Verzicht am Kreuz um der Rettung der Menschen willen. Der Verzicht so vieler Heiliger durch die ganze Kirchengeschichte hindurch. Es ist der Verzicht, der im Herzen Gottes geschieht, mit Demut, in Gehorsam, der Leben gibt und fruchtbar wird. Josef Kentenich empfängt Leben von einer Mutter, die fähig ist, aus Liebe zu verzichten. Sie empfängt Leben durch denselben Verzicht. Katharina verzichtet auf sich, auf ihre Pläne, und ihren eigenen Weg zum Glück, zur Selbstverwirklichung als Person. Die Selbstverwirklichung, die heute der ganzen Welt heilig zu sein scheint. Heute suchen so viele Menschen sich selbst, versuchen sich selbst zu erfüllen, den besten Platz zur Entfaltung ihrer Talente und Fähigkeiten zu finden. Sie jammern, wenn sie nicht die Arbeit ihres Lebens finden, oder das Haus, oder das Land, wenn ihre Träume sich nicht erfüllen und sie nicht verstehen, dass Verzicht ein Wert sein kann. Zweifellos ist Katharina, eine Frau, genauso verwundet und abgelehnt durch den Vater ihres Sohnes, fähig, aus Liebe zu verzichten, sich selbst an den zweiten Platz zu stellen. Sie ist eine starke Frau, die lernt in Einsamkeit zu leben, damit ihr Sohn eine Ausbildung haben und seinen Weg gehen kann. Sie übergibt, was sie am meisten liebt und lernt so im Stillen zu lieben, in Einsamkeit, oft aus der Ferne. Sie lernt auf den Knien zu erziehen, wie so viele andere Mütter, wenn sie sich in der Stunde der Erziehung ihrer Kinder hilflos fühlen.

Wir tauchen tief ein in die Wunde der Liebe von Pater Kentenich. Von diesem Augenblick an kümmerte Maria sich um diese tiefe Wunde. Katharina sorgt auch dafür durch ihren Verzicht, aus der Nähe. Schönstatt wird geboren aus der Demut eines Verzichtes, aus der Stille eines Verzichtes, aus der Nichtbeachtung dieser Frau, die einem armen Kind namens Josef Kentenich das Leben gab. Schönstatt beginnt in der Einsamkeit des Verzichtens auf das, was man am meisten liebt, mit einem Sinn. Schönstatt beginnt mit einem Verzicht und mit einem Akt der vertrauensvollen Übergabe an Maria. Katharina vertraut ihren Sohn Josef Maria an. Sie besiegelt das erste Bündnis und Maria nimmt diesen Herzensaustausch an. Sie legt das Geschick eines verlassenen Kindes in ihre mächtigen Mutterhände. Katharina wusste nicht, was sie tun konnte, und sie vertraute auf Maria. Sie gibt sich auf. Sie legt sein Leben in ihre Hände, und sie vertraut blind, dass alles gut ausgehen wird. Und so ist es. Wenn Josef zurückschaut, sieht er in dem Akt dieser Weihe das erste Bündnis. Er sieht in dieser vertrauensvollen Übergabe den Anfang von allem. Dort wurde er für immer ein Kind Mariens. Fast unbewusst. Sehr schlicht und sehr einfach. Doch dieses erste Bündnis veränderte sein Leben für immer.

Ich glaube, Schönstatt lädt uns in dieser Zeit, in der wir feiern und danken, ein, uns aus dem Zentrum herauszunehmen.

Katharinas Verzicht lässt uns an uns selbst die Frage stellen, ob wir fähig sind zu verzichten, uns selbst in die zweite Reihe zu stellen, uns zu freuen, weil andere ihren Weg machen können und ihren Weg zum Glück finden, während wir verborgen in der zweiten Reihe bleiben. Maria tritt als Modell auf, nicht nur als ein Weg. Sie stellte sich selbst in die zweite Reihe und nahm die Rolle der Dienerin an, um Seinem Wort Leben zu geben: „Mir geschehe nach deinem Wort.“ Sie zog sich zurück, sie ließ Jesus Fleisch werden in ihrem Leben und ihren Weg für immer verändern, ihr Geschick, die Richtung ihrer Schritte, ihre eigenen Lebenspläne. Es geht darum, fähig zu sein, uns selbst zu verleugnen, um fähig zu sein, andere zu bestätigen. Wenn ich über Schönstatt nachdenke, denke ich, dass es immer auf diese Weise neu entstehen sollte. Aus der Demut des Verzichtes. Diese Maxime ist entscheidend dafür, dass Schönstatt sich in unseren Herzen erneuert. Wie, wenn wir nicht danach streben, anderen Leben zu geben? Wenn wir den ersten Platz lieben und Macht suchen, sind wir diesem Anfang nicht treu. Wenn wir beachtet werden wollen und geschätzt wegen unseres Einsatzes, verstehen wir nicht, wie die erste Schönstatt-Saat ausgesät wurde. Wir fallen so leicht in die Versuchung der Ämter und Posten, des Erfolgs und der Leistung. Schönstatt bietet sich an, dass jeder sich als Gründer fühlen kann und glaubt, dass alles mit ihm neu beginnt. Wir alle laufen Gefahr, Katharina Kentenich zu vergessen. „Ohne Kelter wird kein Wein“, betete Pater Kentenich. „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein“, sagt uns Jesus. Uns selbst zu verleugnen macht nur Sinn, wenn es dazu dient, dass andere das Leben in Fülle haben. Das ist der Sinn allen Verzichtes. Ein Tod, der Leben gibt. Damit andere mehr Leben haben, ein wahres und erfülltes Leben. Unser Weg der Fülle führt durch den Weg der Fülle derer, die wir lieben. Schätzen wir den Verzicht? Verstehen wir, dass er eine Quelle des Lebens und der Fruchtbarkeit sein kann? Worauf verzichten wir aus Liebe?

Ehrlich gesagt: Wenn ich an unseren Gründer denke, denke ich, was für ein Glück haben wir doch. Wir haben einen verwundeten Gründer. Er ist nicht perfekt. Er kommt nicht aus einer idealen Familie, wie vielleicht einige Heilige und wie wir es vielleicht lieber gehabt hätten. Er hatte keine Familie mit einem Vater und einer Mutter, die einander liebten und mit Vorzeigekindern, die einander so gern haben. Er war ein Mensch ohne Wurzeln, ohne starke menschliche Beziehungen, ohne Familienerlebnisse, an die man sich gern erinnert, ohne Geschwister. Er hatte keine schönen Erinnerungen an seine Kindheit, weder Fotos noch Orte voller Fantasie. Es gab, das schon, viel Einsamkeit, Härte, Strenge, Genügsamkeit und Armut. Pater Kentenich hatte eine tiefe Wunde der Lieblosigkeit und Einsamkeit, so wie die unseren immer sind. Bis dahin, dass es ihm selbst schwer war, über diesen Punkt zu sprechen, und das bis zum Ende seines Lebens. Bis dahin, dass es in Schönstatt jahrzehntelang ein Tabu-Thema war. Bis dahin, dass es eine tiefe Wunde, eine tiefgreifende Wunde, eine einschränkende Schwäche war.

In Wirklichkeit machte sie ihn ungeeignet für das Selbstverständlichste eines Menschen, nämlich in Beziehungen zu stehen und Bindungen zu schaffen. Außerdem blieb er gezeichnet durch eine Epoche, in der persönliche Beziehungen verpönt waren. Eine Wunde, die ihn zu einem solchen Fehlen innerer Einheit führte, dass er sagte, er habe irgendwann am Rand des Wahnsinns gestanden, in dieser Trennung zwischen Glauben und Leben, zwischen dem allmächtigen Gott und dem leibhaftigen Gott seines Herzens, der etwas mit ihm zu tun hatte, zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen, zwischen Idee und Leben. Wenn wir in diesem Moment, vor 1912, daran gedacht hätten, eine geeignete Person zu suchen für die Gründung einer Bewegung mit den Charakteristiken Schönstatts, dann hätten wir ganz sicherlich niemals Pater Kentenich gewählt. Tatsächlich war die erste Abstimmung über seine Zulassung zur Diakonenweihe negativ, weil sie Pater Kentenich innerlich nicht kannten. Gott gewährte ihm, dass er in der zweiten Abstimmungsrunde angenommen wurde. Gott wählte Pater Kentenich, so dass durch ihn eine Bewegung entstehen würde, die helfen und Antwort geben würde auf viele der Wunden, die er selbst hatte, eine Bewegung der Bindungen, eine Heimat, wo man Wurzeln schlagen kann. So viele Dinge fehlten ihm, und genau dafür benutzte Gott ihn. Warum hob er die Wunde so sehr hervor? Weil Gott uns in unserer Wunde benutzt, nicht trotz der Wunde.

So wie Katharinas Verzicht eine Lebensquelle war und unser Verzicht eine Lebensquelle ist, so kann auch unsere Wunde eine Lebensquelle sein, wie sie es bei Pater Kentenich war. Die Wunde der geöffneten Seite Christi ist eine Lebensquelle. Wenn wir unsere eigene Wunde akzeptieren und küssen, benutzt Gott sie und wird sie zu einer Lebensquelle. Hierdurch gibt es einen ersten Schlüssel zum Verständnis Schönstatts. Schönstatt ist aufgerufen, sich neu zu gründen aus dieser Realität, die mir sehr wichtig scheint. Gott verneint unsere Wunden nicht, wenn ER Leben geben will durch unser JA. Er baut nicht auf sündenfreie Seelen, außer bei Maria. Nein, Gott nimmt uns an, wie wir sind und schämt sich nicht wegen unserer Wunde. Im Gegenteil, ER macht Gebrauch davon. Wir denken oft, dass Gott nur unsere Stärken liebt und nur einen Vorteil hat aus dem, was wir gut hinbekommen, dank der Talente, die er uns gegeben hat. Wenn wir gut singen, will er uns gebrauchen, damit andere sich in ihn verlieben, dank unserer Stimme. Wenn wir Computer-Genies sind, will ER dieses sehr praktische Talent benutzen, um auf diese Art zu evangelisieren. Aber es ist für uns schwer zu verstehen, dass Gott unsere Grenzen zu nutzen wünscht, unsere Schwäche, die Wunde, die wir lieber vergessen möchten, um anderen Leben in Fülle zu geben.

Pater Kentenichs Einsamkeit, die in sich etwas Schreckliches ist, wird der Schlüssel zum Verstehen der Entstehung Schönstatts.

Gott benutzte seine Einsamkeit, um ihn zum Vater einer Familie zu machen. Er nutzte diese Stille, diese Tiefe seines inneren Lebens, diesen reichen Garten in der Tiefe, so dass dort ein neues Charisma fruchtbar werden konnte. Er nutzte den Ton seiner Geschichte, um ein Kunstwerk zu schaffen. Dass ihm der Vater gefehlt hatte, war wesentlich dafür, dass in ihm der Wunsch erwachte, das zu geben, was er nicht erhalten hatte, eine tiefgründige und authentische Vaterschaft. Die Wunde, der Bruch wurden zur Brücke, zu einem Heiligkeitsweg. Ich denke, Schönstatt wird in uns neu gegründet, wenn wir diese Wahrheit annehmen, dass Gott ohne unsere Wunde anderen kein Leben geben kann. Weil die Wunde eine Eintrittspforte wird, damit Gott eintreten kann und damit andere näher kommen können. Weil unsere Wunde uns einfacher und barmherziger macht und uns die Wirklichkeit aus der Position der Kleinheit und nicht des Stolzes beurteilen lässt. Wir sind richtig gut im Formulieren von Persönlichen Idealen, die nicht unsere sind, sondern aus dem Leben der Heiligen genommen sind oder entstanden, während wir ein Ideal anschauen, das so weit von uns entfernt ist, dass es vielleicht nie zu uns gehört. Ideale, die uns innerlich zerbrechen, weil sie uns dauernd an das Missverhältnis zwischen dem, was wir wünschen und dem was wir sind, erinnern. Gehen wir aus von unserer eigenen Wunde her, von unserem Leben, gerade so wie es ist, von unserer Kleinheit, die sich nach der Höhe sehnt. So hat Pater Kentenich es gemacht. Verstehen wir, dass von dieser Wunde, von der Tiefe unseres Leides her, von dieser Geschichte her, die uns so oft beschämt, Gott das wahre Meisterstück zu gestalten beginnt, das ER aus uns machen will. Diese Wunde, von der wir vielleicht nie öffentlich zu sprechen wagen – so wie es bei Pater Kentenich war – ist unsere Lebensquelle und unser Weg der Erlösung. Nehmen wir unsere Geschichte an, dann werden wir fähig, unser eigenes Fleisch zu lieben, mit dem Gott Wunder wirken will. Denken wir daran, dass es für Gott möglich ist, Unmögliches zu tun. Er kann ausgehend von unserer Armut alles gut machen. So machte es Gott mit Maria, von ihrer Kleinheit her. So hat er es immer wieder mit den Heiligen getan. So hat er es mit Pater Kentenich gemacht. Das zu leben wird uns dankbarer machen, menschlicher, einfacher, froher, weil wir uns gegenüber niemandem mehr zu verteidigen brauchen. In Schönstatt werten wir manchmal die Talente sehr hoch und konzentrieren uns auf die Fähigkeiten. Der gut redet, der ein wunderbares Leben führt, der unwahrscheinlich gut schreibt, der wunderbare Zeugnisse gibt, der wie die Engel singt, der ein guter Gruppenführer ist, der viele Bücher über Schönstatt gelesen hat und sie auszulegen weiß etc. Perfektion zieht uns an; da können wir nichts gegen tun. Attraktive Originalität scheint fruchtbarer zu sein, und wir achten den gering, der nicht so viel weiß, der nicht so heraus ragt, der nicht so viele Talente zu haben scheint, der unbeholfen ist, der sehr verwundet ist. Pater Kentenich hat sich in seinem Leben mit verwundeten Personen umgeben. Ich denke, neu zu gründen beginnt damit, offen zu sein, das Leben derer aufzubauen, die Gott uns anvertraut hat, mit den freien Ruderern, die wir haben, ohne nach der nicht existierenden Perfektion Ausschau zu halten. Es besteht darin, dass wir zufrieden sind mit dem Ton, auch wenn er nicht perfekt, rein und brillant ist. Wenn wir das nicht tun, sind wir dem Ursprung unserer heiligen Geschichte nicht treu. Suchen wir nicht so sehr nach Effizienz; setzen wir nicht voraus, dass alles gut ausgeht, dass wir perfekte Eventmanager sind. Wir wollen nicht selektiv sein und nur jene Elite suchen, die die Massen leiten kann. Denn das ist nicht der Weg, dem Jesus in seinem Leben gefolgt ist. Jesus umgab sich mit Sündern und Menschen, die abgelehnt waren, verwundet, krank. Wir träumen davon ein offenes und mitleidiges Herz zu haben wie das Herz Christi. Ein Herz, dass einen Menschen so anschaut, wie er von Jesus angeschaut wird, wie Maria auf ihn schaut, wie Pater Kentenich ihn angeschaut hat.

Pater Kentenich kommt 1914 mit großer Tiefe zu diesem Liebesbündnis.

Das ist etwas sehr Schönes und ist ein Teil unseres Erbes, dass Gott in dieser Unzulänglichkeit seiner Geschichte Pater Kentenich etwas gab, das ein Schatz ist, und das ist die Tiefe seiner Seele. Pater Kentenich grub in seiner Seele, in seiner Einsamkeit. Manchmal hapert es uns daran. Über das tiefe Graben in seiner Seele, in seiner Einsamkeit, in seiner Verschlossenheit, innerhalb der ihn umgebenden Mauer, ließ er zu – in seiner Beziehung zu Maria – dass Schönstatt entstand. Schönstatt entstand in der Tiefe des Herzens des Vaters, bevor es für die Menschen auf die Welt kam. Schönstatt entsteht nicht durch große Veranstaltungen oder Aktivitäten. Im Gegenteil, es ist geboren in der Stille der Tiefe einer Seele, in der Tiefgründigkeit eines Herzens. Wenn Pater Kentenich an der Oberfläche geblieben wäre, hätte es keine ausreichende Tiefe gegeben, damit die Welt Schönstatts entstehen konnte. Es gibt Leute, die glauben zu Schönstatt zu gehören, nur weil sie zu Veranstaltungen gehen und an Aktivitäten teilnehmen. Aber das Schönstatt, das sie leben, ist oberflächlich und kann schnell verschwinden, wenn Rückschläge und Enttäuschungen aufkommen. Da ist keine Tiefe. Schönstatt hat nicht Wurzel geschlagen in der Tiefe des Herzens.

Wir sind Erben des Vaters in dem Maß, in dem Tiefe in unserer Seele ist, in dem Maß, in dem das Liebesbündnis bis in die letzte Faser unseres Herzens gedrungen ist. Die Welt Schönstatts entstand in dem inneren Ozean Pater Kentenichs, in dem inneren Garten. Dort ist es entstanden. Deshalb konnte er es dann herausnehmen, denn er hatte es schon in sich. Weil es in ihm schon stattgefunden hat, und später fügte er all das hinzu, was er schon erlebt hatte. Das erste Liebesbündnis hatte sich für ihn schon ereignet und war mit dem Lauf der Zeit gereift. In diesen schwierigen und harten Jahren seiner Jugend nahm Schönstatt in seinem Herzen Gestalt an, und das einzige was er später machte, war Kanäle zu finden für diese Quelle, die aus ihm heraustrat, die schon in ihm war. Maria heilte Pater Kentenichs Lieblosigkeit, und die Liebe, die aus der Heilung hervortrat, gab Leben für viele.

Seine Väterlichkeit und seine Mütterlichkeit. Schönstatt ist aus einer Vaterschaft geboren. Gott handelte durch seine Vaterschaft. Pater Kentenich begann etwas von innen herauszunehmen, das er nie zu haben gedacht hatte. Maria wandelte Pater Kentenichs Leben in eine Quelle des Lebens für andere. Ohne einen Vater gehabt zu haben, lernte er, Vater zu sein und gleichzeitig Mutter, als Gott ihm Kinder gab. Auf diese Weise wurde seine Wunde geheilt, indem er sich selbst gab, sich selbst hingab, für andere starb. Es war eine sehr menschliche und sehr nahe Vaterschaft. Wenn es irgendetwas gibt, was wir in Schönstatt brauchen, sind das Väter und Mütter, menschlich und nahe – Väter und Mütter, die uns leiten und in Gottes Herz versenken. Die Jungen fanden diese Sicherheit im Vater. Sie vertrauten Pater Kentenich, sie suchten ihn, sie bewunderten ihn, und sie liebten ihn. In ihm fanden sie einen Ort, wo sie Wurzeln schlagen konnten. Sie verwurzelten sich selbst in ihm mit allen Risiken, die Beziehungen immer haben – die Gefahr der Abhängigkeit, der Täuschung, der Exklusivität, und die Gefahr übermäßiger Bindung. Das machte nichts. Schönstatt entsteht durch ein Vertrauen, das durch tägliches Hingeben veredelt wird. Dadurch heilte er seine Verwaistheit, durch Vatersein. Dadurch, dass er anderen ein Zuhause gab, fand er ein Zuhause. Plötzlich wurde alles klar. Seine Wunde ließ ihn die Zerrissenheit im Menschen, in diesen einsamen und bedürftigen jungen Männern, wahrnehmen. Er war fähig, sich in den anderen hineinzuversetzen, zu verstehen, sich einzufühlen und zu wissen, wie viel Bedürfnis nach Verwurzelung im Menschen vorhanden ist. Er war fähig, jedem einzelnen das zu geben, was ihn gerettet hatte: das Antlitz Mariens. Aber es war die Verbundenheit mit seiner Person, die sie zu Maria führte – das menschliche Band, von dem Gott Gebrauch macht um sie zum Herzen Gottes zu führen: „Gott möchte uns mit menschlichen Banden binden. …. Mit menschlichen Banden möchte er den Menschen an sich ziehen. Deswegen sorgte er dafür, dass wir uns durch Kindesliebe, Elternliebe, bräutliche Liebe binden lassen dürfen. Aber er zieht das Band nach oben und hat keine Ruhe, bis alles an ihn gebunden ist.“.“ [1].

Bindungen heilen uns und verwurzeln uns in Gott. Obgleich sie uns manchmal erschrecken. Weil wir fürchten, sie könnten ungeordnet werden. Wer kann sagen, dass all seine Beziehungen und Bindungen vollkommen geordnet sind! Nur Maria. Der Rest von uns trägt die Wunde der Einsamkeit in der Seele. Und wir binden uns, um zu verstehen und zu lieben und immer höher zu steigen, zu Gott. Pater Kentenichs Väterlichkeit war auch Mütterlichkeit. Er war Vater und Mutter. Diese Jungen brauchten eine Mutter. Es genügte ihnen nicht, einen Vater zu haben, der ihnen zuhörte und ihnen weite Horizonte zeigte. Nein, sie brauchten eine Mutter, die sich fürsorglich um ihre grundlegendsten täglichen Bedürfnisse kümmerte, um das, was unentbehrlich war. Aus dem Grund sind wir auch aufgerufen, die Barmherzigkeit dieser Väterlichkeit und Mütterlichkeit unter den Menschen zu zeigen. Wir sind Kinder und Väter und Mütter. Das macht uns zu Brüdern und Schwestern, wahrhaftig. Es macht uns zur Familie. Heute gibt es viele Waisen mit lebenden Vätern und Müttern. Schönstatt neu zu gründen geht dadurch, dass wir lernen bessere Kinder und bessere Väter und Mütter zu sein.

Es geht dadurch, dass wir ein Zuhause sind, wo andere Wurzel schlagen können, mit dem Risiko, das sich für beide Partner stellt. Schönstatt ist dieses Zuhause, wo viele Wurzeln schlagen und eine übernatürliche Atmosphäre atmen möchten. Ein Ort ist kein Zuhause, wenn es dort keine Sorge um die persönlichen Bedürfnisse jeder Person gibt, wo wir nur angenommen sind, wenn wir nützlich sind und dann vergessen werden, wo wir mehr beachtet werden, wenn wir dienen, wo wir etwas einbringen. Schönstatt ist ein Zuhause, wenn wir wir selbst sein können, wo wir uns so zeigen können, wie wir auch außerhalb des Heiligtums sind, wenn wir nicht abgewiesen sind und nicht in Konkurrenz mit den anderen leben, uns dauernd vergleichen und verglichen werden. Schönstatt ist ein Zuhause, wenn jeder seinen Platz finden und sich geliebt fühlen kann ohne Ängste. Schönstatt ist ein Zuhause, wenn es da Mütter gibt, die umarmen, die persönlich für jeden einzelnen sorgen. Schönstatt ist seiner Sendung treu, wenn wir so erziehen, dass es Väter gibt, die den Weg zeigen und Sicherheit geben. Dadurch, und nur dadurch werden wir bessere Brüder und Schwestern. Wenn wir uns nur als Geschwister fühlen, sehen wir uns gleich an, und suchen bloß danach, der Erste zu sein, wir konkurrieren, wir möchten strahlen, Macht haben, Lieblinge sein, die Auserwählten, die am meisten Geliebten, die einzigen, die alles richtig machen. Wir konkurrieren um einen Platz, oft ohne uns dessen bewusst zu werden. Und auf diese Weise kann man nichts aufbauen. Wenn die Geschwister nicht lernen, Kinder und Väter und Mütter zu sein, werden sie nicht fähig sein als Brüder und Schwestern zu reifen. Sie werden sich nicht frei fühlen. Sie werden ihren Platz nicht finden. Sie werden nicht den Frieden dessen haben, der weiß, dass er gibt was er geben kann und nicht das, was er nicht hat.

 


[1] J. Kentenich, Kentenich Reader, Bd III, S. S. 128, Fußnote 54

 

-> Forstsetzung:  Zweite Reflexion – Ein Blick auf den zurückgelegten Weg

-> Fortsetzung: Dritte Reflexion – Ein Blick auf unseren Heiligkeitsweg


1 Responses

  1. tobola sagt:

    niech bedzie pochwalony Jezus Chrystus mam pytanie jak i kiedy moge obejrzec Msze Swieta z 05.07 2014 roku na ktorej bylo bardzo wspaniale ale pragnelabym obejrzec to Msze ponownie na ktorej bralo udziam polsko jezyczne pielgrzymki z roznych regionow niemiec Scczesc Boze

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