Veröffentlicht am 2014-03-29 In Schönstatt im Herausgehen

Kentenich kann´s

DEUTSCHLAND, Renate Immler. In Durach hört man derzeit überall das gleiche Wort: „Das hätten wir NIE für möglich gehalten.“ Die Rede ist von der Bürgermeisterwahl in Durach, und einem Wahlergebnis, das alle Erwartungen weit übertroffen hat. Es ist die Rede vom am Ort selbst völlig fremden Bürgermeisterkandidaten Gerhard Hock, der gegen den örtlichen Schulrektor (CSU) angetreten ist und im Wahlkampf sehr schlechte Voraussetzungen vorgefunden hat: Er konnte nicht mit „Einer von uns“ punkten, er erlebte rauen Gegenwind von vielen Seiten, wenn er Duracher Boden betrat und Wahlkampf machen wollte und er trat für Parteien an, die hier seit 30 Jahren in der Minderheit sind. Und es gab einige Leute, die überzeugt waren, er sei der richtige Mann für Durach, und die sich für ihn einsetzten – mit dem, was sie von Pater Kentenich gelernt hatten.

Die Situation war gründlich verfahren: Es gab heftige Streitereien unter den Anhängern der beiden Kandidaten unter anderem in den lokalen Vereinen,  und kaum einer traute sich mehr das Thema Wahl anzusprechen. Und weil niemand gern für Streitereien verantwortlich ist, wurde Gerhard Hock vorgeworfen, dass er den Ort spalten würde.

Der sympathische, kompetente und christliche Gerhard Hock hat dann einen richtig guten Wahlkampf im Sinne von „Selbstlos fremdem Leben dienen“ gemacht und auf seinen Wahlveranstaltungen viele Herzen gewonnen, aber die Mehrheit dieser Vorstadtgemeinde geht nicht auf Wahlveranstaltungen. Problematisch und kaum erreichbar waren auch die traditionellen CSU-Wähler. Von daher war sein Wahlsieg ziemlich fraglich.

Wahlkampftauglichkeit von Kentenich-Pädagogik

Es gibt Leute, die behaupten, dass die Kentenich-Pädagogik überall mit Erfolg angewandt werden kann, und genau das wollten Schönstätter im Wahlkampf von Durach auf die Probe stellen. Sie waren überzeugt, dass Gerhard Hock der ideale Bürgermeister für ihre Gemeinde sei und wollten ihm mit Kentenich-Knowhow helfen, die Wahl zu gewinnen – überzeugt, dass eine Entscheidung für das Wohl der Gemeinde mehr von ihnen verlangte als Beten und „Gut-Finden.“

Angefangen hat es mit verrückten Gedanken, einer wilden Sammlung von Ideen, die sich immer mehr konkretisierten. Die Zielgruppe waren Bürger, die mit den herkömmlichen Wahlveranstaltungen nicht erreicht werden konnten.

Kentenich-Prinzipien wurden ausgegraben und auf ihre Wahlkampftauglichkeit geprüft. Bewegungs-, bzw. Strömungsarbeit …, Leben entzündet sich am Leben … und eine gute Portion Naivität bzw. Kindlichkeit.

Die Preisfrage war: „Ist es möglich, die schon vorhandene Bewegung aufzugreifen, irgendwie sichtbar zu machen und zu verstärken, damit viele davon angesteckt werden?“

Und es wurden die beiden wesentliche Grundsätze von Strömungsarbeit nach Kentenich angewandt – schlicht und konsequent:

Erster Grundsatz: Nichts Neues bringen, sondern ausschließlich die vorhandenen Elemente des Wahlkampfes zu nutzen und die bestehende Bewegung verstärken.

Zweiter Grundsatz: Nicht organisieren, nicht selbst machen, sondern Leute begeistern und eine Bewegung, eine Strömung fördern.

Und wie nun genau?

Gerhard Hock hat in seinem Wahlkampf bereits mehrfach mit seinem Namen gespielt, z.B. Hock-Bierfest statt Bock-Bierfest. „Hocken“ ist Allgäuerisch und bedeutet „sitzen“, ein „Hock‘“ ist ein gemütliches Zusammensitzen. In seinem Wahlvideo sagte er als Busfahrer zu seinen Fahrgästen in oberbayrischem Dialekt: „I nimm euch alle mit“. Er hat Parkbänke gespendet, die „Hock-di-na“ Bank (Setz dich hin-Bank), und die Kandidatenvorstellung nannte er „Kandidaten-Hock“.

Es ging darum, die  positive Bewegung für Gerhard Hock aufzugreifen, öffentlich sichtbar zu machen und zu verstärken.

  • Als erstes wurden Fotos vonDuracher Bürgern gesammelt, die bereit waren, sich für ihn zu outen. Dann wurde eine Zug-Silhouette aus Holzplatten mit 6 Waggons gebaut. Die Dampflok ist die „Hock-Lok“. Aus den Waggons blicken Duracher Bürger in A3 Format, Aufschrift: „Mit Volldampf Richtung Rathaus!“ An den Zug wurde eine Erklärung zu dieser privaten Initiative angebracht, mit vollem Namen der privaten Initiatoren, wie sie es im Seminar für Öffentlichkeitsarbeit mit Frau Fischer gelernt hatten.
  • Das Wahlteam wollte diese Aktion zunächst unterbinden und meinte, sie sollten doch mithelfen, Plakate aufzuhängen. Aber Herr Hock hat nach einem Gespräch diese Aktion verstanden und angenommen. „Die Plakate haben wir dann trotzdem aufgehängt!“
  • Weil sehr viele Fotos kamen (112 Personen und 11 Firmenlogos), entstand noch ein „Hock-Bahnhof“, eine Nachbildung des Duracher Rathauses. Zug und Bahnhof wurden alle paar Tage in Durach versetzt, und es wurden die Hauptverkehrsstraßen in allen Ortsteilen „angefahren“!
  • Die Hock-Lok wurde schnell der Renner in Durach! Irgendwie machte das den Leuten Spaß, sie pilgerten regelrecht dort hin.
  • Über die Lok war dann plötzlich das Thema Wahl wieder im Gespräch, aber im Gegensatz zu vorher ganz locker und entspannt.
  • Die Hock-Wähler wussten auf einmal, dass sie viele sind. Und so bekannten sie sich in Gesprächen mutig zu ihrem Kandidaten.
  • Die Gemeindeverwaltung konnte nichts dagegen unternehmen, weil die Initiative sich auf Privatgrund bewegte und eine Bewegung im Volk entstanden ist, der sie nichts entgegensetzen können.
  • Die Allgäuer Zeitung hat einen Bericht mit Foto gebracht.
  • Außerdem wurden noch Autoplakate gedruckt. Herr Hock strahlte aus Auto- und Küchenfenstern sowie von privaten Gartenzäunen und Garagentoren. Immer standen Personen dahinter, die sich als Hock-Wähler outen.

Hier eine Rückmeldung von Herrn Hock:

„Vielen Dank für Ihren unermüdlichen Einsatz. Wie Sie bestimmt schon erfahren konnten, ist das anfangs sehr skeptische Wahlteam mittlerweile sehr überzeugt, dass mit Ihrer Aktion Wählerschichten angesprochen werden, die wir nicht erreichen können. Es ist deshalb ganz sicher im Interesse des Wahlteams, wenn die Lok nach Miesenbach weiterfährt.“

Sieg mit fast Zweidrittelmehrheit

Gerhard Hock hat dann mit 65,8 % gewonnen, während sein Gegner als Bürgermeisterkandidat vom Ort nur 34,2 % erhalten hat.

Unter den Hock-Unterstützern ist ein gutes Klima, eine herzliche Gemeinschaft entstanden, die eine gute Basis für die künftige Arbeit des Bürgermeisters bildet.

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