Veröffentlicht am 2011-11-05 In Jubiläum 2014

Am 12. November geht es nach Österreich

Agathe Hug. „Alles Walzer“ – mit diesen Worten wird in jedem Jahr der Wiener Opernball eröffnet. Wien, die Hauptstadt von Österreich, einem Binnenland in Europa, über die Jahrhunderte Spielball und Zankapfel der umliegenden Staaten, zeitweise aber auch europäische Machtzentrale weil Sitz des Kaiserhauses, das je nachdem mal nur über Österreich, mal über Österreich und Deutschland zusammen, über Österreich und Ungarn oder auch mal über Teile von Norditalien herrschte – das Land des Walzers, das Land von Mozart und Strauss, das Land der Alpen mit einem wunderbaren alpenländischen Brauchtum, das Land einer vom Kaisertum und vom Hoch-Adel geprägten Kultur, was bis heute seine Spuren im Alltag hinterlässt, obwohl es den Adel eigentlich seit 1919 nicht mehr gibt.

Am 3. April 1919 wurden „der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge, sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Beruf oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge deutschösterreichischer Staatsbürger“ aufgehoben. Die Führung von Adelsbezeichnungen, Titeln und Würden wurde unter Strafe gestellt. Das 1920 beschlossene und in novellierter Form auch heute gültige österreichische Bundes-Verfassungsgesetz stellt in Art. 7 fest: „Alle Bundesbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen.“ Ein wunderbares Land, in dem „man“ traditionell katholisch ist.

Adel – ein Lebensgefühl

Adeliges und ständisches Lebensgefühl prägen bis heute mehr oder weniger bewusst in vielen Bereichen österreichisches Brauchtum und Leben. Als im Juli 2011 der letzte Sohn des letzten regierenden Kaisers von Österreich, Otto von Habsburg starb, folgte das Beerdigungsritual in seinen Grundzügen dem alten, überkommenen Ritus zur Beerdigung eines Mitglieds des Kaiserhauses. Otto von Habsburg wurde als zukünftiger österreichischer Kaiser geboren und starb nach österreichischem Recht als Otto Habsburg, Bürger des Landes Österreich. Von 1916 bis 1918 war er Kronprinz und hieß mit vollem Titel „Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit Franz Joseph Otto Robert Maria Anton Karl Max Heinrich Sixtus Xaver Felix Renatus Ludwig Gaetan Pius Ignatius, Kaiserlicher Prinz, Erzherzog von Österreich, Königlicher Prinz von Ungarn“. Requiem und Beerdigung wurden über Fernsehen in alle Welt übertragen. Zuerst das Requiem im Wiener Stephansdom, dann ein langer, langer Beerdigungszug quer durch die Stadt mit präzise vorgeschriebener Aufstellung: Erst die Familie – vorneweg der älteste Sohn mit seiner Familie, dann der jüngere Sohn mit Familie, dann erst die Töchter mit ihren Familien. Danach die Mitglieder des Wiener Hochadels, dann diese und jene Gruppierung in ihrer Abfolge wie in den letzten Jahrhunderten. Hier war sie plötzlich wieder: Die hierarchische Ständegliederung, wie sie sich über viele Jahrhunderte der österreichischen Monarchie herausgebildet hat.

Ein sehr beeindruckendes Ritual schloss die öffentlichen Beisetzungsfeierlichkeiten ab, und zwar der Anklopfritus am Kapuzinerkloster in Wien, dem eigentlichen Beisetzungsort. In der Zeremonie wird deutlich, dass im Tode wirklich alle Menschen gleich sind und weltliche Titel und Ehrungen vor Gott keine Bedeutung mehr haben. Vor Gott zählt einzig der Mensch in seinem Glauben und seinen Werken, die er in seinem Leben erbracht hat.

In der Zeremonie steht der Zeremonienmeister außen an der verschlossenen Klostertüre und klopft im Namen des Verstorbenen dreimal an. Die Kapuzinergemeinschaft steht innen an der Türe und der für das Ritual zuständige Pater frägt: „Wer begehrt Einlass?“

Der Zeremonienmeister antwortet: „Otto von Österreich, einst Kronprinz von Österreich-Ungarn, königlicher Prinz von Ungarn und Böhmen, von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien, Großherzog von Toskana und Krakau, Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain und der Bukowina, Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren, Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara, gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol, von Kyburg, Görz und Gradisca, Fürst von Trient und Brixen, Markgraf von Ober- und Niederlausitz und in Istrien, Graf von Hohenems, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc., Herr von Triest, von Cattaro und auf der Windischen Mark, Großwojwode der Wojwodschaft Serbien. etc. etc.“

Und der Pater antwortete: „Wir kennen ihn nicht!“

Erneut klopft der Zeremonienmeister an und der Pater frägt: „Wer begehrt Einlass?“

Der Zeremonienmeister antwortete: „Dr. Otto von Habsburg, Präsident und Ehrenpräsident der Paneuropa-Union, Mitglied und Alterspräsident des Europäischen Parlamentes, Ehrendoktor zahlreicher Universitäten und Ehrenbürger vieler Gemeinden in Mitteleuropa, Mitglied ehrwürdiger Akademien und Institute, Träger hoher und höchster staatlicher und kirchlicher Auszeichnungen, Orden und Ehrungen, die ihm verliehen wurden in Anerkennung seines jahrzehntelangen Kampfes für die Freiheit der Völker, für Recht und Gerechtigkeit.“

Der Pater: „Wir kennen ihn nicht!“

Der Zeremonienmeister klopft erneut dreimal und der Pater frägt ein drittes Mal: „Wer begehrt Einlass?“

Und nun antwortet der Zeremonienmeister: „Otto – ein sterblicher, sündiger Mensch!“

Und der Pater antwortet: „So komme er herein!“ – und damit öffnen sich die Türen.

Der Österreichische Adel ist aus dem Lehnswesen des Mittelalters entstanden und war bis zum Ende der Habsburgermonarchie 1918/1919 von einer großen Vielfalt in der Rangordnung, der sprachlichen, ethnischen sowie religiösen Zugehörigkeit geprägt, die die europäische Vielfältigkeit der Doppelmonarchie widerspiegelte. Der Hochadel war auch als „Erste Gesellschaft“ bekannt, im Gegensatz zur „Zweiten Gesellschaft“.

Adel verpflichtet

Nobilitierte (also Geadelte) gehörten der „Zweiten Gesellschaft“ an, die weder zur Hocharistokratie (der „Ersten Gesellschaft“) noch zum „Volk“ gehörte. Es waren geadelte Wirtschaftstreibende, Beamte, Künstler, Offiziere und Angehörige der freien Berufe, die trotz erfolgter Nobilitation in ihrer Mentalität und in ihrem Sozialverhalten zumeist bürgerlich blieben: Die österreichische Zweite Gesellschaft bildete ab dem 18., vor allem aber ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, die Elite des aufsteigenden, teilweise liberalen Bürgertums. Im Jahr 1884 wurden diese Nobilitierungen, die quasi schon „fließbandmäßigen“ Charakter angenommen hatten, dadurch eingeschränkt, dass der Erwerb eines höheren Ordens nicht mehr mit dem Recht verbunden war, um Nobilitierung nachsuchen zu dürfen.

„Erste“ und „Zweite“ Gesellschaft hatten zwar gesellschaftliche Kontakte im Heer oder im Bereich der „Wohltätigkeit“. Aber das Konnubium war sehr eingeschränkt – nur vereinzelt gab es Geldheiraten von Aristokraten mit reichen Töchtern der Zweiten Gesellschaft.

Prinz Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen, Standesherr und preußischer General, beschreibt in seinen Memoiren die Kluft zwischen der altadeligen und der aufgestiegenen Kategorie innerhalb der „ersten Gesellschaft“ im weiteren Sinne:

„Dass die Wiener höchste Aristokratie sehr abgeschlossen war, erwähnte ich bereits. Wollten doch Schönburgs, Schwarzenbergs, Liechtensteins usw den Minister Bach nicht bei sich empfangen. Da nun aber eine Anzahl Familien […] sich bis in die leitenden Kreise hinaufgearbeitet hatten, und der Verkehr mit ihnen nicht zu vermeiden war, auch in Wien mehr geadelte Bankierfamilien lebten als in anderen Hauptstädten, die durch ein enormes Vermögen auch Einfluss hatten, so konnte man nicht umhin, auch diese Kreise zur ersten Gesellschaft zu rechnen, die sich aber danach in zwei Kategorien teilte. Diese beiden Kategorien verkehrten miteinander soweit, dass die Herren der ersten mit in die zweite gingen, die der zweiten in die erste hier und da eingeladen wurden. Niemals aber sah man eine Dame der ersten in der zweiten oder eine der zweiten in der ersten. Heiratete ein Herr aus der ersten eine Dame der zweiten, so fand seine Familie nicht Zutritt in der ersten. Am kaiserlichen Hofe soll […] bei den großen Hofbällen auch die zweite Kategorie geladen worden sein. Zu den kleineren sogenannten Kammerbällen hatte sie keinen Zutritt. Diese zwei Klassen in der ersten Gesellschaft waren gewiß eine nur Wien angehörige Erscheinung.“

Im Jahr 1918 wurden alle adeligen Namen abgeschafft. Sie behielten allerdings ihre Besitztümer, gingen ihren Standesbezügen weiter nach und vor allem wurden sie nicht liquidiert, wie zum Beispiel in der russischen Revolution das Zarenhaus. Die Mitglieder des ehemaligen (Wiener) Hochadels wissen ganz genau, wer in der Hierarchie der Gesellschaft wo steht und mit wem verwandt oder verschwägert ist. Eine Freundin von mir, von Haus aus Ungarin, hat in den Wiener Hochadel eingeheiratet. Im täglichen Leben geht sie als Frau XY ihrer Arbeit als Ärztin nach. Wir treffen uns öfter bei Fortbildungen und abends in der Kneipe kann sie als Freifrau von und zu, Herzogin von und Gräfin zu (ich kann den Titel wirklich nicht!) stundenlang über die Bezüge in der Wiener Hochadelsgesellschaft und darüber hinaus referieren.

Lebensstil

Ein anderes Thema, wenn man an Österreich denkt, ist das ausgeprägte alpenländische Brauchtum, das sich durch das Leben im Gebirge, in den Hochtälern, in der Abgeschiedenheit und der starken Abhängigkeit von der Natur herausgebildet hat. Es ist eine ganz eigene Kultur entstanden als Ausdruck des Glaubens und als Stütze für das tägliche, mitunter sehr harte und arme Leben.

Warum ich dies alles erzähle? Für mich ist es immer spannend zu beobachten, wie sehr sich Menschen mit einer Lebensphilosophie identifizieren können und sich diese Identifizierung hält, auch wenn sich die äußeren Lebensumstände verändern. Michael Hainisch, österreichischer Bundespräsident von 1920 bis 1928 erzählt in seinen Erinnerungen: Die Fürstin Fanny Starhemberg sagte: „Uns macht die Aufhebung des Adels nichts, wir bleiben mit oder ohne den Titel immer die Starhembergs.“

Den Rückschluss für uns als Schönstätter brauche ich jetzt nicht vorzukauen.

Es geht um Identifikation, um Lebensstil, um „einstehen für …“, egal ob ich es unter dem Gesichtspunkt des Hochadels oder von der alpenländischen Kultur her betrachte.

Leben wir also unseren Schönstatt-Adel sehr überzeugt. Wir haben eine Königin … – Und die zahlreichen Schönstätter in Österreich werden uns über das schönstättische Leben in diesem Land selbst berichten. Jedenfalls haben sie es versprochen. Sie haben auch bereits die Heilige Messe vorbereitet und damit sie dann auch wirklich dabei sein können, gibt es am 12. November 2011 um 7.15 Uhr eine Sonderübertragung der Heiligen Messe im Bündnis mit Österreich live über schoenstatt-tv.

Übrigens: ein bekannter Schönstätter mit zweitweise österreichischer Staatsbürgerschaft ist Dr. Friedrich Kühr. Vgl. hierzu www.friedrich-kuehr.de

Zu Schönstatt in Österreich: Mutter der ersten Generation

Info, Intentionen, Fürbitten der heiligen Messe am 12. November

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