Veröffentlicht am 2013-11-16 In Leben im Bündnis

Assisi von A… bis Z

ITALIEN, Federico Bäuml. Von Assisi zu erzählen wird Jahr für Jahr schwieriger; und doch würde ein ganzes Buch nicht reichen, um die Erfahrungen zu beschreiben. Was man freilich tun kann ist, zu versuchen, davon zu erzählen, was die Wallfahrt der römischen Universitäten nach Assisi zu einem Tag gemacht hat, der anders ist als die anderen. Da braucht man dann nicht unbedingt davon berichten, wie der Tagesablauf vonstattenging, der mehr oder weniger jedes Jahr derselbe ist. Vielmehr lassen sich die Erfahrungen berichten, die dieser mystische Ort uns jedes Mal neu gibt und schenkt.

Wie ein Regenbogen

Versuchen wir einmal, von Assisi wie von einem Spiel zu erzählen: Wir bitten dabei jeden, seiner Erfahrung ein Wort zuzuordnen, das mit einer anderen Farbe geschrieben ist, und bringen so ein Alphabet zustande, das wie ein Regenbogen aussieht. So wie der Regenbogen, den wir vom Bus aus beobachten konnten, als wir Rom hinter uns ließen, wo es gerade regnete.

Im Grunde genommen ist Assisi ein Regenbogen, wo sich viele ganz unterschiedliche Farben mischen und ein einziges, gigantisches Bild ergeben.

Genau mit diesem A wie Arcobaleno (Regenbogen), das auch das A von Assisi ist, können wir unser Erzähl-Spiel beginnen, wenn wir nicht mit dem A wie Amicizia (Freundschaft) oder dem A von Allegria (Fröhlichkeit) beginnen müssten, die uns untereinander verbinden und unsere Gemeinschaft charakterisieren. (Und schon sind wir mitten drin im Spiel. A wie Autobus …)

B wie die wunderschöne Basilika San Francesco, eines der Kunstwerke, um die uns die ganze Welt beneidet. Aber auch B wie Buoni (die Guten) gegen die Schlechten, die zwei Mannschaften, die sich, wie es die Tradition will, jedes Jahr im Omnibus messen beim Liederwettbewerb „canzone interrotta“ (mit einer besonderen Auszeichnung für den Kapitän der Mannschaft der Guten).

C wie Cappelania (Kaplanei, Hochschulgemeinde), wie Camminare (Wandern), wie Cantare (Singen – und es stimmt wirklich: wer singt, betet doppelt!), aber auch C wie Communione (Kommunion) und Condivisione (miteinander Teilen). C wie Chiara (Klara), Patronin von Assisi.

D wie San Damiano, wo wir nach vielen Jahren endlich die Kirche zu sehen bekamen und uns Zeit nehmen konnten zum Beten angesichts eines atemberaubenden Panoramas (vielen Dank noch einmal, dass es mit dem Bus von oben herunter ging). D wie Durcheinander, unser Markenzeichen, das sich auf E von Enthusiasmus reimt, der uns, wenn wir unter uns sind, nie fehlt.

F wie Franziskus

Und dann F wie Fest und nach Assisi zu gehen ist wirklich ein Fest. F wie Fackel oder wie die unendlichen Files mit all den Fotos, die wir geschossen haben. Und nicht zuletzt F wie Franziskus. Denn nach Assisi zu fahren bedeutet, zu Franziskus nach Hause zu kommen, an seinen Plätzen zu leben, seine Gegenwart einzuatmen.

G wie Gruppe, unsere Kraft, und wie Gioventù (Jugend), unser größter Reichtum. G wie Gnade, denn jedes Mal, wenn wir von Assisi wieder nach Hause kommen ist genau dieses Wort, was uns am häufigsten einfällt, um unser Befinden zu beschreiben. G … wie Giurcap (Hochschulgemeinde an unserer juristischen Fakultät).

I wie Ich, denn unter den großen Geschenken, die dieser Tag uns macht, ist auch, dass wir uns Zeit nehmen für uns selber, auf uns achten, uns sortieren, uns aufs Wesentliche neu ausrichten.

K wie Kinder, denn ein Stück Schokolade im Rucksack zu finden ist viel angenehmer als um 6 Uhr früh aufstehen, und wie Karaoke, denn ein Lied, in der Gruppe falsch gesungen, kann viel lustiger sein als ein Konzert.

L wie Leggero (unbeschwert), wie dieses Gefühl der Liberazione (Befreiung), die man nicht beschreiben kann, ohne dass man sie erfahren hat. L wie Loslassen, denn jeder von uns ist in Assisi etwas losgeworden, was ihn belastet hat.

M wie heilige Messe, denn so viel wir auf der Wallfahrt auch Spaß haben oder Lärm machen und unbeschwert sind, der zentrale Moment, der Motor ist immer die Begegnung mit Jesus – noch viel mehr, wenn diese Begegnung stattfindet in einem Rahmen, wie ihn die Basilika Santa Maria degli Angeli und darin Porziuncola abgeben. Und wenn Tausende Herzen in die gleiche Richtung schlagen, wird alles noch einmal schöner.

Z wie Zaino (Rucksack)

N wie Noi (wir). (Und wie Nonna (Oma), denn keiner, der schon mal in Assisi war, hat nicht zumindest einmal eine Karte mit dem Heiligen Franziskus gekauft, um sie seiner Oma mitzubringen).

O wie Oase – danke für das Erlebnis, in einem Eckchen des Paradieses gewesen zu sein.

Da haben wir schon P wie Paradies, das so viel bedeutet wie das P in Pace (Friede), der so geliebt wird von unserem Papst (da haben wir ja noch ein Wort mit P, wobei wir dabei nicht vergessen, dass er Franziskus heißt – und das ist kein bloßer Zufall). Und vielleicht ist es genau dieser Friede, für den wir laut Franziskus Werkzeuge sein sollen, und der uns vor einem anderen, gefürchteten Wort bewahrt hat, nämlich P wie Pioggia (Regen), der uns auf wunderbare Weise und entgegen allen Vorhersagen verschont hat.

Q wie Quotidiano (Alltag), um uns daran zu erinnern, dass die Herausforderung von Assisi nicht dann beginnt, wenn wir uns in Assisi aufhalten, sondern wenn wir von Assisi heimkehren in unser alltägliches Leben.

R wie Ritardo (Verspätung), chronisch und unvermeidlich, was uns aber nicht davon abgehalten hat, uns noch den Rosengarten anzusehen, in den sich der heilige Franziskus hinein geworfen hat.

Und jetzt haben wir noch die Worte mit S: Serenità (Unbeschwertheit), Sorriso (Lachen), Salita (Aufstieg – in Assisi geht es immer bergauf, bergab), und Santità (Heiligkeit) wie die Heiligkeit von Klara und Franziskus und diejenige, zu der wir alle berufen sind.

T wie Tramonto, der Sonnenuntergang, den wir vom Platz Santa Chiara beobachtet haben. Und wie das Tau, das uns daran erinnert wie wichtig im Leben es ist, bescheiden zu bleiben und, um ein Wort von Pater Kentenich zu gebrauchen, wie unsere Größe gerade darin besteht, dass wir klein sind.

U wie Unità (Einheit), die uns auf dieser Reise (Viaggo) begleitet hat (und schon sind wir beim V), bei der das Ziel wichtig ist, aber noch wichtiger, auf welche Art und Weise wir die Reise leben.

Und schließlich das Z wie Zaino (Rucksack), aus dem wir hervorholen ein paar der Gedanken und Sorgen, der Absichten und Sicherheiten um Platz zu machen für all diese Worte (vielleicht auch noch einige mit h, j, w, x, und y), all diese Bilder, die Farben und Erinnerungen, die wir mitgenommen haben.

Der Heilige Franziskus hat uns gelehrt, dass wir geben sollen, was wir empfangen haben – und jedes Jahr, wenn wir wieder losziehen, um ihn zu treffen, erinnert er uns daran.

 

 

Original: Italienisch. Übersetzung: D. Stefano Mueller, Rom, Italien

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