Veröffentlicht am 2013-02-24 In Leben im Bündnis

Benedikt XVI. hat mich gelehrt, dass das Christentum eine Gabe ist

PARAGUAY, Oscar Iván Saldivar. -“”Benedikt XVI. tritt von seinem Dienst als Bischof von Rom zurück …“ – „Bitte was???“ – Das war alles, was mir einfiel,  als ein Mitbruder mir die Nachricht sagte. Dann rannte ich los zum Internet, um mit eigenen Augen zu sehen, was passierte. Ich war geschockt … Das hatte ich nie erwartet, mir nie auch nur vorstellen können.

 

 

Sicher, der Heilige Vater hatte bei Gelegenheit gesagt, er würde, wenn er sich bewusst würde, dass er nicht mehr die Kräfte habe, die Kirche zu führen, von seinem Amt als Nachfolger des heiligen Petrus zurücktreten. Erwartet hatte ich das aber nie.

Ich bin immer noch unter dem Eindruck der Nachricht, zwischen Schock und Traurigkeit über diesen Abschied. Es ist ein Papst, der mich stark geprägt hat. Er ist praktisch seit meiner ganzen Vorbereitung auf das Priestertum (2005-2013) Bischof von Rom gewesen, mein Papst.

Gott ist Liebe

Persönlich habe ich ihn für mich entdeckt, als ich seine erste Enzyklika  Deus caritas est – Gott ist Liebe – gelesen habe und seine Botschaft zur Fastenzeit 2007: „Sie werden auf den schauen,  den sie durchbohrt haben“.

Wie sollte man je seine Worte über die Bedeutung des Christentums vergessen, über das, was der Anfang des Christseins in unserem Leben bedeutet?

„Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt. In seinem Evangelium hatte Johannes dieses Ereignis mit den folgenden Worten ausgedrückt: ,,So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt … das ewige Leben hat’’ (3, 16).[1]

Seine Worte haben meine eigene Erfahrung verbalisiert, meine eigene Suche, oder besser, wie Gott mich an jenem 18. Oktober 2000 in Tuparenda ergriffen hat, damals, als ich Schönstatt kennengelernt habe. „Die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person…“ Ja, es ist die Begegnung mit Jesus Christus, persongewordene Barmherzigkeit des Vaters, die den Horizont eines neuen Lebens eröffnet, den Horizont endloser Liebe.

Nach seiner ersten Enzyklika entdeckte ich mehrere seiner Schriften: Einführung ins Christentum, Osterweg, Jesus von Nazareth, und viele Predigten, Vorträge und Katechesen. Zweifellos, Benedikt XVI. ist der theologische Papst, der Papst der Vernunft und des Wortes. Und dennoch erinnert eben dieser Benedikt XVI. uns daran, dass der Mensch lernen kann, „das Wort zwischen den Worten“ zu entdecken, heißt, Jesus Christus, das Wort, das Fleisch geworden ist in unserer Mitte (siehe Joh 1,1.14).

Zwischen den Worten der Mensch

Und zwischen den Worten habe ich dann auch den Menschen entdeckt. Einen Menschen von beeindruckender geistiger Wachheit und einfacher, gelassener Weisheit. Seine Worte, die ich ebenso sehr wie seine Schriften genossen habe, sind die Worte eines gleichzeitig klaren wie herzlichen Menschen, gleichzeitig klug wie entschieden.

Und ich glaube fest, dass er in diesen Jahren Jesus vermittelt hat – mit seinen Worten und mit scheuen Gesten – ein Lächeln, ein Blick, ein Gruß mit der Hand -, und das geht nur, weil seine Worte und Gesten das vermitteln, was er im Herzen trägt, denn „ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil in seinem Herzen Gutes ist; und ein böser Mensch bringt Böses hervor, weil in seinem Herzen Böses ist. Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund“ (Lk 6,45).

Und das Herz spricht zum Herzen. Dieser alte Papst hat die Herzen vieler Menschen erreicht, auch der Jüngsten – wie sollte man nicht immer neu staunen über das Zeugnis der Jugendlichen, die mit ihm  beim Weltjugendtag 2011 in Cuatro Vientos waren!  Er ist auch zum Herzen des digitalen Menschen vorgedrungen und hat es gewagt, die Kirche und das Evangelium Jesu Christi auf Facebook, Youtube und Twitter zu bringen.

Und es ist gerade das Bewusstsein der Möglichkeiten und Herausforderungen der digitalen Ära – die Entfernungen und Zeiten schrumpfen lässt und eine beinahe unmittelbare Reaktion auf die Tagesereignisse fordert – die ihn in Demut und Klarheit sagen lässt:

„Die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen…“[2]

Zeichen der Zeit

Diese Geste, dieses Zeichen sprechen von einem Menschen, der im Heiligtum seines Gewissens und vor Gott sich müht, die Zeichen der Zeit zu erkennen, so wie Jesus Christus selbst (vgl. Lk 12,54-56) und das II. Vatikanische Konzil es verlangen.

Und schließlich lehrt Benedikt XVI. uns, dass die Kirche nicht unsere ist, sondern Kirche Jesu Christi. Und wenn die Kirche Jesu Christi in unseren Händen ist, dann deshalb, weil der Herr sie der Menschheit als kostbare Gabe anvertraut hat.

Die Berufung, die jeder von uns durch die Taufe erhalten hat, ist eine Gabe, und die Berufung, die jeder von uns in der Kirche lebt, sei es der bischöfliche oder priesterliche Dienst, sei es die Ehe als Berufung, sei es das geweihte Leben oder die Berufung des Laien, ist eine Gabe. Und es ist eine Gabe, die gelebt werden soll mit der ganzen Freude und Schönheit, die sie umfasst und mit der ganzen Ernsthaftigkeit der Mission, die uns anvertraut wurde.

Benedikt XVI. hat mich gelehrt, dass das Christentum eine Gabe ist – gegeben, um es mit Freude zu leben und zu teilen, und darum möchte ich heute meinen Dank an ihn ausdrücken mit diesen Worten, mit meinem Gebet  und mit meinem Versprechen, ihn und die Kirche Jesu Christi weiter zu lieben, und mit ihm und mit Christus die Menschen, die eine Heimat in dieser Gabe des Christseins suchen, aus ganzem Herzen und mit all meiner Kraft zu lieben.

Der Verfasser ist Student der Schönstatt-Patres.

 


[1] Benedikt XVI, Deus Caritas est, Nr. 1

[3] Benedikt XVI, Botschaft an das Kardinalskollegium vom 11.2.2013

Alle Beiträge zum Rücktritt Papst Benedikts XVI. in der Kategorie: Rom und Weltkirche

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