Veröffentlicht am 2014-09-28 In Franziskus - Botschaft

„Albanien ist heute nicht nur ein Beispiel für das Auferstehen einer verfolgten Kirche, sondern für das friedliche Miteinander der Religionen“

VATIKAN, VIS/mda. Papst Franziskus hat die Katechese in der Audienz am Mittwoch, 24. September, dazu genutzt, den Gläubigen auf dem Petersplatz von seiner Reise nach Albanien zu erzählen – auch dies schon eine Tradition bei diesem Papst, bei dem Kommunikation im Dienst der Liebe an der ganz konkreten Kirche, dem ganz konkreten Menschen steht, der auf diese Weise Anschluss erhalten soll an die Lebens- und Gnadenströme in der Kirche. Es sei wichtig gewesen, dieses Volk zu ermutigen, den Weg friedlichen Zusammenlebens unter den verschiedenen Völkern weiterzugehen. „Was die verschiedenen religiösen Ausdrucksweisen verbindet“, so Papst Franziskus, ist in Wirklichkeit der Weg des Lebens, der gute Wille, dem anderen gut zu sein und gut zu tun, ohne die eigene Identität dabei zu verleugnen oder zu verkleinern.“

Hier der vollständige Text der Katechese:

 

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Heute möchte ich über meine am vergangenen Sonntag nach Albanien unternommene apostolische Reise sprechen. Ich tue dies vor allem aus Dankbarkeit Gott gegenüber, der mir diesen Besuch ermöglicht hat, im Rahmen dessen ich diesem Volk auch physisch und greifbar meine Nähe und jene der gesamten Kirche erweisen konnte. Außerdem möchte ich den albanischen Bischöfen, den Priestern und Ordensleiten für ihr großes Engagement erneut meine brüderliche Wertschätzung entgegenbringen. Ebenso danke ich den Obrigkeiten, die mich mit großer Herzlichkeit aufgenommen haben, sowie jenen, die zur Verwirklichung des Besuches beigetragen haben.

Diese Reise entsprang meinem Wunsch, mich in ein Land zu begeben, das nach einer langen Zeit der Unterdrückung durch ein atheistisches und unmenschliches Regime eine Erfahrung des friedlichen Zusammenlebens zwischen den verschiedenen religiösen Komponenten erlebt. Es erschien mir wichtig, das Land zu einer beständigen Fortsetzung dieses Weges zu ermutigen sowie dazu, allen sich daraus ergebenden Entwicklungen zugunsten des Allgemeinwohles weiter nachzugehen. Aus diesem Grund bildete den Mittelpunkt der Reise ein interreligiöses Treffen, bei dem ich mit großer Freude feststellen konnte, dass die friedliche und fruchtbringende Zusammenarbeit zwischen Menschen und Gemeinschaften, die unterschiedlichen Religionen angehören ,,nicht nur wünschenswert, sondern auch tatsächlich möglich und praktizierbar ist. Sie praktizieren! Es handelt sich um einen authentischen und fruchtbringenden Dialog, der sich dem Relativismus entzieht und die Identität eines jeden berücksichtigt. So ist die Gemeinsamkeit der verschiedenen Formen des religiösen Ausdrucks der Weg des Lebens, der gute Wille, dem Nächsten Gutes zu tun, ohne die eigene Identität zu verleugnen oder herabzusetzen.

Die Begegnung mit den Priestern, den Personen des geweihten Lebens, den Seminaristen und Laienbewegungen stellte eine Gelegenheit dar, in Dankbarkeit und mit besonderer Bewegung der zahlreichen Märtyrer des Glaubens zu gedenken. In der Anwesenheit einiger älterer Menschen, die die schrecklichen Verfolgungen am eigenen Leib erfahren haben, fand der Glaube vieler heroischer Zeugen der Vergangenheit einen Nachhall. Diese sind Christus mit äußerster Konsequenz nachgefolgt. Gerade aus der innigen Einheit mit Jesus, aus der Liebesbeziehung zu ihm, schöpften diese Märtyrer – wie alle Märtyrer – die Kraft zur Bewältigung der schmerzhaften Geschehnisse, die sie zum Märtyrertum bewogen. Ebenso wie in der Vergangenheit beruht auch heute die Kraft der Kirche nicht so sehr in ihren organisatorischen Fähigkeiten oder auf ihren Einrichtungen, wenngleich diese notwendig sind: In ihnen findet die Kirche nicht ihre Kraft. Unsere Kraft ist die Liebe Christi! Diese Kraft stützt uns in den schwierigen Momenten und inspiriert unser heutiges apostolisches Wirken, um allen Güte und Vergebung zu schenken und so die Barmherzigkeit Gottes zu bezeugen.

Während der Fahrt vom Flughafen zum Hauptplatz entlang der Hauptstraße Tiranas erblickte ich die Bilder von den vierzig während der kommunistischen Diktatur ermordeten Priestern, deren Seligsprechungsprozess eingeleitet worden ist. Diese gesellen sich zu den Hunderten von allein aufgrund ihres Glaubens an Gott ermordeten, gefolterten, inhaftierten und deportierten christlichen und muslimischen Geistlichen. In diesen dunklen Jahren wurden die Religionsfreiheit untergraben, der Glaube an Gott untersagt, Tausende von Kirchen und Moscheen zerstört, in Lager und Kinos umgewandelt, die die marxistische Ideologie propagierten, geistliche Werke verbrannt und den Eltern verboten, ihren Kindern die religiösen Namen ihrer Vorfahren zu geben. Die Erinnerung an diese dramatischen Ereignisse ist wesentlich für die Zukunft eines Volkes. Das Gedächtnis der Märtyrer, die im Glauben ausharrten, ist eine Garantie für das Schicksal Albaniens; denn ihr Blut wurde nicht umsonst vergossen, sondern ist ein Samen, der Früchte des Friedens und der brüderlichen Zusammenarbeit hervorbringen wird. So ist Albanien heute nicht nur ein Beispiel der Wiedergeburt der Kirche, sondern auch für die friedliche Zusammenarbeit zwischen den Religionen. Daher sind die Märtyrer keine Besiegten, sondern die Sieger: In ihrem heldenhaften Zeugnis leuchtet die Allmacht Gottes auf, der sein Volk stets tröstet, indem er neue Wege und Horizonte der Hoffnung weist.

Diese im Glauben an Christus und im Gedächtnis der Vergangenheit begründete Botschaft der Hoffnung widmete ich der gesamten Bevölkerung Albaniens, die ich an den Orten der Begegnung und der Feierlichkeiten sowie auf den Straßen von Tirana als begeistert und von Freude erfüllt erlebt habe. Ich habe alle dazu ermutigt, stets auf neue Energien vom auferstandenen Herrn zurückzugreifen, um evangelischer Sauerteig in der Gesellschaft zu sein und sich – wie schon jetzt – für karitative und erzieherische Tätigkeiten zu engagieren.

Erneut danke ich dem Herrn dafür, dass ich im Rahmen dieser Reise einem mutigen und starken Volk begegnen durfte, das sich vom Schmerz nicht beugen ließ. Den Brüdern und Schwestern Albaniens erneuere ich meine Einladung zum Mut für das Gute, um die Gegenwart und Zukunft ihres Landes und Europas zu errichten. Ich vertraue die Früchte meines Besuches der am gleichnamigen Heiligtum von Scutari verehrten Muttergottes vom Guten Rat an, auf dass sie den Weg dieses Märtyrer-Volkes führen möge. Möge es die harte Erfahrung der Vergangenheit immer mehr in der Öffnung auf die Brüder hin verwurzeln, besonders der Schwächeren, und immer mehr zu einem Akteur dieser im heutigen soziokulturellen Kontext so notwendigen Dynamik der Barmherzigkeit werden. Lasst uns alle zusammen dieses mutige, arbeitende Volk grüßen, das im Frieden nach Einheit trachtet.

Mein Gedanke geht nun an jene Länder Afrikas, die an den Folgen der Ebola-Epidemie leiden. Ich erweise den vielen von dieser schrecklichen Krankheit betroffenen Menschen meine Nähe. Ich rufe euch zum Gebet für sie auf und für jene, die auf so tragische Weise ihr Leben verloren haben. Meine Hoffnung ist, dass die notwendige Hilfe der internationalen Gemeinschaft zur Linderung des Leidens dieser Brüder und Schwestern nicht abreißt. Für diese Brüder und Schwestern beten wir zur Gottesmutter. [Ave Maria]

Alle Ansprachen der Albanienreise

 

Übersetzung nach Zenit

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