Veröffentlicht am 2012-03-28 In Leben im Bündnis

Spurensuche – ein geistlicher Weg

DEUTSCHLAND, Wolfgang Fella. Auch beim zweiten Vortragsabend wieder ein volles Haus auf der Würzburger Marienhöhe. Christiane und Johannes Roth, die Leiter der Schönstatt-Familienbewegung der Diözese konnten diesmal den Mainzer Professor Dr. Hubertus Brantzen begrüßen, der sich gemeinsam mit den über 50 Anwesenden aller Altersgruppen am Sonntagnachmittag auf Spurensuche machte.

 

 

Das „innere Pünktlein“

Als Einleitung wählte er eine Geschichte von Martin Buber. Darin wird beschrieben, um was es in unserem Leben geht, und dass es da eines inneren Pünktleins bedarf, um das – obwohl doch so klein – sich alles Wichtige dreht und ohne das etwas Entscheidendes im Leben fehlt. „Wie erkenne ich aber das eigene Pünktlein oder die eigene Identität?“, so die Eingangsfrage des Referenten, die er nachfolgend mit zahlreichen Beispielen anreicherte. Da sei zu allererst an Menschen zu denken, die Spuren hinterlassen haben im eigenen Leben. Professor Brantzen nannte in diesem Zusammenhang die Emmaus-Jünger, deren Geschichte ihn nun schon seit vielen Jahren begleiten würde. Aber auch schwierige Situationen dürften bei der Suche nicht ausgeklammert werden. Zeiten, in denen die eigenen Batterien leer sind, in denen wir taten- oder arbeitslos zuschauen müssen, oder in denen Beziehungen zerbrechen oder wir einen geliebten Menschen verlieren. Gerade für religiöse Menschen können dies auch Zeiten sein, in denen sie das Gefühl haben, dass ihr Gebet ins Leere gesprochen ist. Auch beim Blick auf unsere Gemeinden stelle sich immer mehr die Frage, wie es da um die Strahlkraft steht, die einen anziehen kann. Wie kann es also geschehen, dass wir uns von diesem Gott berühren lassen – wie können wir zu dieser Sehnsucht nach Gott gelangen, wie können wir die Sehnsucht wecken?

Das Herz gibt Antworten – nicht der Kopf

Jedenfalls nicht über den Kopf, so seine Feststellung, da dieser nicht in der Lage sei, Sehnsüchte zu wecken. Dann stellte der Referent Schritte vor, wie diese Spurensuche gelingen kann. Zunächst sei es hierbei wichtig, ins eigene Herz zu hören und sich zu fragen was die eigene Sehnsucht auslöst. Auf seine Frage, was das eigene Herz berührt, nannte er selbst den Tod des eigenen Vaters als Beispiel, bei dem für ihn der Himmel die Erde berührt hätte. Auch die Geburt der eigenen Kinder mitzuerleben seien solche Momente gewesen. Die Anwesenden wurden daraufhin gebeten sich selbst auf die Suche zu machen, nach den Momenten in den zurück liegenden Stunden, in denen Sehnsüchte geweckt wurden oder spürbar waren. Nach einem kurzen Austausch darüber meldete der Referent zurück, dass sich die Mienen der Besucher nach dieser gedanklichen Spurensuche und den Gesprächen darüber merklich aufgehellt hätten.

Glaube stirbt wenn er nur objektiv richtig sein soll

Im nächsten Schritt dann der Versuch, den Gott des Lebens in der Normalität des Alltags zu finden und mit dem Gott der Bibel zu verbinden. Dabei gilt es darauf Wert zu legen, auf den eigenen subjektiven Glauben zu vertrauen, statt darauf zu achten, dass Glaube immer objektiv richtig sein soll. Dass wir dabei im Leben leider zu oft nur an der Oberfläche hängen bleiben, versuchte Professor Brantzen mit einer Übung nachempfinden zu lassen. Reihum hieß es dabei auf bedruckte Papiere zu schauen und nach den „versteckten“ Motiven unter der Oberfläche Ausschau zu halten. „Gott will sich nicht über den Wolken offenbaren“, so der Referent am Schluss seines Vortrags. Da er voll in unserem Leben stehen würde, müsste man sich immer wieder fragen, wo Gott mit einem hin will, und wo er uns Türen öffnet.

Spurensuche auch auf der Baustelle

Die Verantwortlichen der Schönstattbewegung konnten im Anschluss an diese geistige Suche die anwesenden Besucher noch zu einer ganz konkrete Spurensuche einladen. Im völlig leer geräumten Kapellchen auf der Marienhöhe konnte man sich auf fußbodenlosem Untergrund über die bevorstehenden baulichen Veränderungen informieren und vom Schuttberg vor dem Kirchlein noch einen Erinnerungsstein aus dem heraus gerissenen Bodenbelag mitnehmen. Immerhin für Schönstätter historischer Boden, da hier Pater Kentenich bei seinem Besuch im Jahr 1966 geschritten ist.

Beim nächsten Vortrag in der Reihe wird es am 01.04.2012 darum gehen, wie sich Beruf und Familie gemeinsam gestalten lassen. Hierzu werden Melanie und Ulrich Grauert erwartet, die sich in der Familienarbeit in der Schweiz und in der Internationalen Kentenich-Akademie für Führungskräfte (IKAF) engagieren.

Am 22.04.2012 lautet die Frage dann: „Was sie schon immer über Schönstatt wissen wollten…“,  bei der Pater Dr. Michael Marmann zu Gast ist, der neue Rektor des Urheiligtums und  ein Zeitzeuge Pater Kentenichs. Anschließend gibt es unter dem Motto „Aus meiner Schatzkiste“ noch ein Konzert mit der Liedermacherin Gertraud Wackerbauer & Friends.

Kurz nachgefragt bei Professor Dr. Brantzen:

1)      Als Experte für Spurensucher – wann beginnt der Irrweg bei der Spurensuche?
Der Irrweg beginnt da, wo man sich ohne jeden Zweifel sicher ist, den richtigen Weg ein für alle Mal gefunden zu haben. Mir gefällt in dem Zusammenhang das Bild vom Labyrinth von Chartres. Man begibt sich immer mehr auf die Mitte zu und wenn man dann glaubt am Ziel zu sein, da führt der Weg wieder von der Mitte weg.

2)      Ein kurzer Einsteigertipp für die Spurensucher nach Gott?
Auf keinen Fall mit der Einstiegsfrage beginnen „Wo erlebe ich Gott im Alltag?“ Dann hebt das Ganze zu schnell ab. Stattdessen sich einfach auf die Suche begeben, wo wir unsere Sehnsucht im Alltag erleben.

3)      Seit wann gibt es diesen Begriff der Spurensuche als konkrete religiöse Handlungsform bzw. seit wann sind Sie an dem Thema dran?
Im Jahr 2000 gab es in Schönstatt einen Pastoralkongress, bei dem sich dieser Begriff bei der Frage herausgebildet hat, wie man den lebendigen Gott im Alltag finden kann.

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