Veröffentlicht am 2014-07-12 In Leben im Bündnis

“Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Fußballspiel” – Ein Interview in Zeiten der WM

BOLIVIEN, Lizzie Loetz. Am vergangenen Sonntag, 29. Juni, Fest Peter und Paul, gab es im Heiligtum von Achumaní, La Paz,  bei der Sonntagsmesse eine besonders originelle und anregende Predigt. Pfarrer Josef Neuenhofer hatte ein Exklusiv-Interview mitgebracht, das zum Nachdenken anregte über die Leidenschaft für den Fußball, die laufende WM und wie man das alles auch auf das eigene Leben und unsere Schönstatt-Bewegung anwenden kann.

Sie wissen, so begann Pfr. Neuenhofer, dass die Reporter gerne in den Stadien ein paar bedeutende Persönlichkeiten interviewen, um deren Eindrücke und Kommentare zum Spiel oder zur WM an sich zu bekommen. Genau das habe ich vor ein paar Tagen auch gemacht. Ich bin – im Geiste, selbstverständlich – in den Himmel hinaufgestiegen, um dort die vier prominentesten Personen zu interviewen:  Gott Vater, unseren Herrn und Erlöser Jesus Christus, den Heiligen Geist, und die Allerseligste Jungfrau Maria. Ich zücke also das Mikrofon und will von ihnen wissen, was sie vom Fußball halten und über die WM in Brasilien sagen.

Gott Vater: Rund und bunt wie den Fußball der WM 2014 – so habe ich die Welt geschaffen

Ich gehe zunächst zu Gott Vater und bitte ihn um seine Meinung, und er antwortet: Mir gefällt der Fußball, wirklich, gefällt mir. Darum habe ich in der Stunde der Schöpfung diese Welt wie einen Fußball geschaffen, rund und bunt und wunderschön. Meine Schöpfungsidee war, dass die Menschen und die Nationen ein großes Team seien, das unter der Regel der Liebe spielt, die Eigenarten und Talente jeder Nation und jeder Person achtet und schätzt. Die Bibel nennt mich zu Recht den Gott des Lebens und Freund der Menschen. Ich liebe meine ganze Schöpfung, und vor allem die Menschen, meine Kinder. Ich möchte ihr Glück und ich freue mich, wenn sie spielen, sich freuen und feiern. Die Fußball-Weltmeisterschaft ist eine großartige Gelegenheit, Respekt und Ehrfurcht zu zeigen, Sprachbarrieren zu überwinden, Kultur- und Landesgrenzen zu sprengen. Trotz der Wettkämpfe im Stadion können sie ein Beitrag sein zum Aufbau einer friedlicheren und brüderlicheren Gesellschaft. Das ist mein Wunsch für die Organisatoren, die Spieler und alle Zuschauer. Aus der Ewigkeit bin ich der begleitende und barmherzige Schiedsrichter dieser WM.

Jesus Christus: Mit dreißig fing ich an, mein Team zu bilden – übrig blieben 11

Als zweites ging ich zu Jesus und bat ihn um seinen Kommentar. Unser Erlöser sagte mir: Viele werden es jetzt nicht glauben, aber ich bin ein Fußballfan. Schön als Kind habe ich in Nazareth mit meinen Freunden Fußball gespielt. Natürlich nicht mit einem modernen Markenfußball von Joma oder Adidas… Aber meine Mutter Maria hat mir einen aus ein paar Stoffstücken selbstgemachten Fußball geschenkt, gefüllt mit Sägemehl aus der Werkstatt meines Vaters Josef. Und dieser Fußball hat mich glücklich gemacht und mich lange begleitet!

Mit dreißig Jahren habe ich angefangen, mein Team aufzubauen. Die Apostel. Am Anfang waren es 12, aber einer musste vorzeitig vom Feld wegen einer roten Karte. Also blieben 11, die Zahl, die heute jede Fußballmannschaft hat. Ich war ihr Trainer, und jeder der Apostel hatte seinen Platz auf dem Feld und seine spezifische Aufgabe. Die meisten spielten im Mittelfeld. Petrus, sehr gut, aber etwas langsam, war in der Verteidigung, zusammen mit Jakobus, einem sehr konservativen Spieler, der kaum Tore schießen würde. Johannes war der jüngste im Team. Er konnte rennen wie keiner! Er und später Paulus waren Stürmer und haben von dieser Position aus sehr viele Tore geschossen! Paulus war der Spielmacher auf dem Feld, immer in Bewegung und darauf aus, die Verteidigungslinien mit seinen langen, wuchtigen Pässen zu durchbrechen. Als Torwart hatte ich Thomas, den „Ungläubigen“, eingesetzt. Er war ziemlich kritisch und realistisch. Er hatte seine Hand in mein Herz gelegt, und darum war sie besonders gesegnet und fähig. Petrus habe ich zum Kapitän gemacht, um die Mannschaft zu einen, zu führen und sie vor anderen zu vertreten. Darum nennt das Neue Testament ihn immer als erstes. – Es war nicht einfach, diese Mannschaft zu trainieren. Sie mussten ihren Egoismus überwinden und ihren Individualismus, denn Tore schießen und ein Spiel gewinnen geht nur, wenn 11 Spieler gemeinsam spielen, als gute Kameraden und solidarische Freunde. – Und noch etwas: Ich habe meine Apostel gelehrt, nicht nur zu gewinnen, sondern auch verlieren zu können. Denn beides gehört zum menschlichen Leben. Darum habe ich sie mit Optimismus erfüllt und habe sie an den letzten Sieg glauben gelehrt.

Verstehst du jetzt, lieber Josef, sagte Jesus, dass mir Fußball gefällt und ich Sportfan bin? Wenn ich heute noch einmal auf der Erde das Wort Gottes verkündigen würde, dann würde ich eines meiner Gleichnisse beginnen: „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Fußballspiel…“

Heiliger Geist: Am Ende der Spiele des Lebens für die Himmels-Meisterschaft qualifiziert sein

Auch den Heiligen Geist treffe ich an. Er freut sich, als ich mit dem Mikrofon komme und gibt folgenden Kommentar: Als erstes muss ich eine Kritik loswerden. Die WM soll ein Spiel sein, aber nicht ein Krieg zwischen zwei feindlichen Mannschaften, mit Verletzungen und Opfern. Der Verlust eines Fußballspiels ist keine nationale Katastrophe, und der Wert einer Mannschaft besteht auch nicht darin, ob sie gewinnt oder verliert. Auch gefällt mir die Kommerzialisierung des Sportes nicht und der Kauf und Verkauf von Spielern zu astronomischen Summen.

Das Positive am Sport und am Fußball sehe ich darin, dass die Menschen auf dem Feld eine Lebensschule entdecken. Da können sie Haltungen und Werte lernen wie Treue, sauberes Spiel, Ausdauer, Freundschaft, Teilen, Solidarität und Respekt vor dem Gegner. All diese Tugenden kommen zusammen im Liebesgebot. Jesus hat dieses Liebesgebot als die einzige große Regel für das Spiel des menschlichen Lebens eingeführt. Um diese Regel zu beherrschen, muss man trainieren, wie die Fußballspieler, und das jeden Tag und immer wieder. Wer diese Regel der Liebe übt und beherrscht, der schießt jeden Tag Tore in den Augen Gottes und wird sich beim Jüngsten Gericht, dem letzten Spiel seines Lebens, qualifizieren für die Himmels-Meisterschaft.

Die Gottesmutter Maria: Wenn die großen und mächtigen Favoriten gegen die Kleinen verlieren

Und zum Schluss interviewte ich die Jungfrau Maria. Sie antwortete auf meine Fragen so: Ich muss dich enttäuschen, Pfarrer, und zugeben, dass Fußball jetzt nicht mein allergrößtes Interesse ist. Hin und wieder schaue ich aber zusammen mit meinem Göttlichen Sohn ein Spiel an. Was mich aber freut und sehr glücklich macht und vor allem bei dieser WM in Brasilien, das ist, wenn die großen und mächtigen Favoriten gegen die Kleinen verlieren, so wie David den Riesen Goliath bezwungen hat. Da denke ich an Spanien, an Italien, England, Russland und Portugal. Da habe ich gelächelt und mein Lieblingslied gesungen: „Die Mächtigen stürzt er vom Thron und er erhöht die Niedrigen.“ Ich danke Gott, dass dieses Lied, das ich meiner Base Elisabeth bei meinem Besuch bei ihr zu Hause gewidmet hatte, nicht nur ein schöner Traum ist, sondern eine Realität, die wir immer wieder einmal in unserem Leben beobachten können. Ich möchte all den Kleinen und Unbekannten  gratulieren, und wünsche ihnen, dass diese unerwarteten Ergebnisse bei der WM ihnen Mut und Vertrauen geben.

Und noch etwas: Mich freut es, wenn jeder Spieler auf dem Feld sich bis zum Äußersten anstrengt und Herz, Leib und Seele für den Sieg seiner Mannschaft gibt. Diese Trainings und dieser totale Einsatz für das Reich Gottes fehlen manchen Getauften. Das denke ich immer, wenn ich bei dieser WM ein Spiel anschaue.

Segne diese Weltmeisterschaft

Bei dieser einmaligen Messfeier hatte Pfr. Neuenhofer sich auch die Freiheit genommen, die Fürbitten und Gebete anzupassen. So betete er im Eingangsgebet:

Ewiger Vater! Wie schön ist ein Fußballspiel! Wenn die Spieler den Ball beherrschen, schnelle, genaue Pässe spielen, Pässe aufnehmen, zuspielen, kombinieren. Wir stellen uns vor, dass auch du im Himmel gern zuschaust, wie deine Geschöpfe hier auf der Erde spielen, weil du Freude hast an unserer Freude und unserem Glück. – Segne diese Weltmeisterschaft , dass sie beiträgt zu einem besseren Verständnis und einem Wachsen des Friedens unter den Menschen und Völkern. Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn…

Bei den Fürbitten hieß es:

  • Lass die Weltmeisterschaft und alle internationalen Sportereignisse ein Beitrag sein zu Annäherung und Verständnis unter den Völkern und Kulturen…
  • Motiviere die Spieler und die Fans in den Stadien und vor den Fernsehern, damit sie ein sauberes Spiel spielen und bewundern, und lass die Stadien nicht zu Feldern von Beleidigungen und Krieg werden.
  • Lehre uns in Würde zu gewinnen und zu verlieren, damit der Sieg uns nicht überheblich und die Niederlage uns nicht verzweifelt werden lässt, und segne vor allem die Kleinen und Übersehenen…
  • Erfülle uns mit deinem Geist und mache aus unserer sonntäglichen Gemeinschaft und unseren Familien eine Mannschaft, in der jeder nützlich ist zum Segen und Dienst aller…
  • Hilf uns, unseren Individualismus und Egoismus zu überwinden, damit wir die Schönheit und Effizienz der Zusammenarbeit entdecken…
  • Lass uns auf dem Spielfeld unseres Lebens trainieren und dort die Regel der Liebe praktizieren, damit wir am Ende unseres Lebens den Pokal des Himmels gewinnen…

Ewiger Vater, du bist auch ein Fußballfan

Im Gabengebet hieß es:

Heiliger Vater, nimm unser Opfer an in den Zeichen von Brot und Wein als Beweis unseres täglichen Trainings. Wir möchten unseren Egoismus überwinden und so in der Mannschaft deines Sohnes Jesus Christus spielen. Hilf uns, vor allem die goldene Regel der Liebe zu üben und lehre uns, als christliche Gemeinschaft zu leben, in der jeder seine besondere Gabe und sein einmaliges Talent im Dienst aller einsetzt – wie in einer Fußballmannschaft. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn…

Und im Schlussgebet hieß es:

Ewiger Vater, guter Vater. Wir sind überzeugt, dass auch Du ein Fußballfan bist. Du hast unsere Welt als Ball geschaffen  – rund und bunt. Du wolltest, dass wir Getaufte in der Mannschaft Jesu spielen und unter seiner Führung. Der Sieg ist nur dann unser, wenn wir zusammen spielen, einer für alle und alle für einen, wenn wir Fair Play machen, das saubere Spiel und der Regel der Liebe. Hilf uns, gute Spieler zu sein. Sei du unser barmherziger Schiedsrichter. Und wenn du das Spiel unseres Lebens abpfeifst, dann lass uns für die Meisterschaft im Himmel ausgewählt und aufgestellt sein. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

Alle, die bei dieser Messe dabei waren, hatten Freude und „Sportsgeist“. Und die Fußballspiele, in denen wir ein sauberes Spiel sehen, ein Spiel voller Solidarität und Freude, dabei zu sein, die haben wirklich etwas, können wirklich Gleichnis für den Alltag sein.

Original: Spanisch. Übersetzung: Maria Fischer, schoenstatt.org

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