Veröffentlicht am 2014-05-18 In Leben im Bündnis

Mitten hinein ins Herz der Kirche

ROMA, mda. Die Szene hat etwas von Kirchplatz einer neuen, geschwisterlichen, solidarischen, österlichen, bewegten Kirche: Sechs junge Männer, die in zwei oder drei Jahren zum Priester geweiht werden, unterhalten sich lachend und wild gestikulierend mit jungen Ehepaaren und ein paar Senioren in einer abenteuerlichen Mischung aus Italienisch, Spanisch, Händen und Füßen; Gitarrenklänge mischen sich mit Kinderlachen vom Spielplatz und dem großen Rasenplatz, ein paar Männer diskutieren über die Chancen Deutschlands bei der Fußballweltmeisterschaft, ein Grüppchen neben ihnen redet über Gott und die Welt und Papst Franziskus, und ein Mann telefoniert seelenruhig auf der Gartenbank neben einer Bronzestatue dessen, der vor hundert Jahren angefangen hat, von einer Kirche zu träumen, in der Freiheit und Freude, Dynamik und Begeisterung leben und in der Menschen einander begegnen als Volk und Familie Gottes auf der Pilgerschaft mit dem, der, wie Papst Franziskus genau an diesem 10. Mai  den Mitgliedern der Säkularinstitute Italiens als Mission ans Herz gelegt hat, den Weg „nicht nur des Hinausgehens, sondern des Mitten-Hineingehens“ gewählt hat, „dorthin, wo alles sich entscheidet: in die Politik, in die Wirtschaft, in die Erziehung, die Familie… dorthin!“

Die Rede ist von „unser aller Heiligtum“ in Rom, vom Centro Internazionale di Schoenstatt Belmonte, nach der Samstagsmesse am 10. Mai.

Sechs Studenten der Schönstatt-Patres aus Chile, Argentinien, Uruguay, Brasilien und Paraguay sind zusammen mit Pater Patricio Moore, seit Anfang Mai in der Casa dell‘-Alleanza in Rom eingezogen, um mitzuarbeiten für die internationalen Jubiläumsfeiern der Schönstatt-Bewegung in Rom, deren Höhepunkt die Audienz mit Papst Franziskus am Samstag, 25. Oktober 2014, ist – denn der Schritt hinein ins zweite Jahrhundert Schönstatts soll in Rom, im Herzen der Kirche, geschehen, in deren Dienst Pater Kentenich von Anfang an stehen wollte. Dafür ist Schönstatt da.

Ein Stück Weltkirche im Heiligtum

Der Rektor des Heiligtums, Don Stefano Müller, aus Deutschland, und Pater Patricio Moore aus Chile konzelebrieren die Samstagsmesse, die schon lange zu einem Treffpunkt der Familie geworden ist, die sich um „unser aller Heiligtum“ bildet. Eine Marienschwester aus Brasilien begleitet mit der Gitarre die schwungvollen italienischen Osterlieder, ein Voluntär aus Deutschland hält dabei die Notenblätter. Irgendwann geht ihre Gitarre weiter an Diego, einen der Patres-Studenten, der das Heilig und später das Lied zur Kommunion in Spanisch anstimmt. Als Don Stefano, der zu Beginn der Messe die Patres-Studenten begrüßt und zum Vorstellen nach vorne gebeten hatte, am Schluss der Messe auf die Ereignisse der kommenden Woche hier am Heiligtum hinweist, macht eine Frau freudestrahlend darauf aufmerksam, dass nicht nur Europa und Lateinamerika vertreten sind: in der ersten Bank knien Besucher aus Australien, die Schönstatt vom Heiligtum in Sidney kennen!

Im Altarraum stehen der große Krug aus Deutschland und der kleine Krug aus Costa Rica nebeneinander. Die älteste und einer der jüngsten Schönstattfamilien der Welt: hier finden sie einander, wie sich hier Mitglieder der verschiedenen Schönstattgemeinschaften zusammen mit Missionaren der Pilgernden Gottesmutter und Pilgern aus den umliegenden Pfarreien finden.

„Eigentlich hätten wir doch dorthin gehen sollen“

Am Sonntag nach dem Regina Coeli auf dem Petersplatz sieht jemand aus dem Team von Belmonte mitten im Menschengedränge ein Bild der Pilgernden Gottesmutter, gekrönt mit einem Rosenkranz. „Schönstatt? Sind Sie aus der Kampagne der Pilgernden Gottesmutter? Aus Paraguay?“ – Die Frage in Spanisch bringt den Menschenstrom kurzfristig zum Stoppen, weil sich vier Personen begrüßen, als seien sie Freunde seit dem Kindergarten. „Wir sind aus dem Mütterbund in Argentinien, waren im Heiligen Land und in Schönstatt und jetzt in Rom, heute Nachmittag geht unser Flugzeug.“ – Und nein, Zeit zum Besuch des Heiligtums hatten sie keine, das Programm in Rom war so dicht … Ein paar Worte hin und her, dann gehen die beiden Argentinierinnen ihres Weges, die beiden von Belmonte Richtung Auto. Auf einmal zupft die Missionarin mit der Pilgernden Gottesmutter im Arm am Ärmel: „Welchen Bus müssen wir denn nehmen, um nach Belmonte zu kommen? Eigentlich hätten wir doch das Heiligtum besuchen müssen … Es ist doch unser aller Heiligtum.“ Die Zeit reicht nicht mehr bis zum Abflug, aber eine Sehnsucht ist wach geworden.

100 Pilger aus Brasilien

Am Montag kommen Claudia Echenique aus Argentinien und ihre Mutter nach Belmonte; sie haben eine Reise ins Heilige Land, nach Assisi und Rom gemacht und kehren am Mittwoch zurück nach Argentinien.  „Warum willst du denn eine Stunde mit dem Bus hinausfahren und dafür die Führung im Petersdom verpassen?“, hatte die Mutter ihre Tochter gefragt. Sie ist schon nach einer Stunde auf dem Gelände überzeugt, dass sie beide die richtige Entscheidung getroffen haben: „Es waren so viele intensive Eindrücke auf dieser Reise, und abends war man einfach nur todmüde vom vielen Laufen… Was tut es gut, hier einfach durchzuatmen, das Grün und die Weite zu genießen und nachzudenken“, sagt sie, während ihre Tochter mit Videokamera und Stativ beschäftigt ist. Sie dreht hier Aufnahmen für ein Video über dieses Heiligtum und Schönstattzentrum, das die weltweite Schönstatt-Bewegung ihrem Vater und Gründer zum 80. Geburtstag geschenkt hat – ein Geschenk, das mit der Einweihung des Heiligtums vor zehn Jahren anfanghaft und mit der Fertigstellung der Casa Pater Kentenich im kommenden Jahr endlich eingelöst wird.

Zwei Tage danach kommen etwa 100 Pilger aus Brasilien nach der Audienz zum Heiligtum – zum Beten, zum Nachkosten, und um diesen Ort kennen zu lernen, an dem es ein Heiligtum gibt, zu dessen Einweihung Menschen aus allen Kontinenten gefüllte Krüge aus ihren Heiligtümern mitgebracht haben, Krüge gefüllt mit Gaben der Liebe zur Kirche – zu der Kirche, die Pater Kentenich vor 100 Jahren nicht nur erträumt, sondern begonnen hat zu gestalten, und deren Konturen Franziskus in jeder seiner Predigten, in jeder Geste, in jedem Tun tiefer prägt.

In diesem Heiligtum wird seine in dieser Woche beginnende Wallfahrt ins Heilige Land intensiv begleitet, das ist sicher.


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