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 published: 2006-10-21

Die Liebe Christi drängt uns... zu den Menschen

Diakonisches Engagement in der Schönstattbewegung am Beispiel der Schönstätter Diakonengemeinschaft und ehrenamtlichen Engagements von Schönstätterinnen in Zufluchtshaus und Trauerbegleitung

 

Berichte über Diakonisches Engagement in der Schönstattbewegung

 

Annemarie Lanzke, Gifhorn: Einsatz im Zufluchtshaus

 
 

Ursula Wolf, Oberhausen: Trauernde begleiten

 
 

Diakon Bernhard Brantzen, Giessen: das Engagement der Schönstatt-Diakonen-Gemeinschaft

 
 

Diakon Bernhard Lippold, Erfurt: Wallfahrt im Elisabeth-Jahr 2007

 
 

Die Einladung zur Wallfahrt auf die Wartburg bei Erfurt wurde an alle ausgesprochen

 

Fotos: POS Brehm © 2006

 

SCHÖNSTATT, mkf. "Die wunderbare Verschmelzung der Liebe Gottes und der Liebe zum Nächsten... lässt Steppen erblühen, in der wir uns oftmals vorfinden". Was Benedikt der XVI. in Deus caritas est sagt, findet in der Schönstatt-Bewegung Widerhall, trifft auf gelebtes Leben, und es tut gut, von diesem Leben zu hören: dass eine Frau aus dem Mütterbund ein Zufluchtshaus für Frauen initiiert, ist im lateinamerikanischen Schönstatt selbstverständlich und gehört dazu, ist einer von vielen Ausdrucksformen der sozialen Verpflichtung ím Liebesbündnis. Nicht das allerdings ist die Nachricht des Tages, sondern: Im deutschen Schönstatt gibt es das auch. Und da gibt es sogar eine Gemeinschaft, die der Ständigen Diakone, die der schönstättischen Sozialverantwortung explizit einen Raum geben.

Eines der wenigen Zufluchtshäuser in kirchlicher Trägerschaft steht in Gifhorn in der Diözese Hildesheim. Es geht zurück auf eine Initiative von Annemarie Lanzke. Sie ist im Vorstand des dortigen Caritasverbandes – und im Mütterbund. Zusammen mit Frauen aus der Schönstatt-Bewegung Frauen und Mütter ist sie ehrenamtlich in der Wochenend-Rufbereitschaft dieses Zufluchtshauses tätig. Das Erlebnis mit einer türkischen Bekannten, die in Deutschland aufgewachsen und geprägt zwangsverheiratet wurde und dann vor Gewalt und Erniedrigung floh und Zuflucht suchte, ist zu einer Art persönlichen Initialzündung geworden. Doch es war die Motiviation aus dem Liebesbündnis, so Annemarie Lanzke, die sie antrieb, den schwierigen Weg zu gehen, ein Zufluchtshaus in kirchlicher Trägerschaft gegen alle Bedenken anzuregen, seine Verwirklichung zu betreiben, vor dem Landtag um Zuschüsse zu werben und selbst ehrenamtlich dort tätig zu werden. "Warum machen Sie eigentlich diesen Dienst?", fragt eine der misshandelten Frauen, die Frau Lanzke das Herz ausgeschüttet hat. Warum eigentlich? Warum sich am Wochenende stundenlang befassen mit verprügelten Frauen, mit traumatisierten Kindern, mit psychisch gestörten, ritzenden jungen Menschen, warum sich von in ihrer Verletztheit aggressiv und ausfällig werdenden Frauen anblaffen lassen, warum mitten in der Nacht den Jugendamtsleiter anrufen und einen Heimplatz für einen Säugling suchen? Weil das Liebesbündnis dazu drängt, weil Schönstatt das Land ist, "wo gütige Hände lindern Qualen". Zufluchtshaus, so die Moderatorin Heidi Schaum, das habe auch etwas zu tun mit der Wallfahrtsgnade der Beheimatung. Die Frauen, die ins Zufluchtshaus kommen, werden vermutlich nie in ihrem Leben ein Heiligtum betreten. Doch die Hände der Gottesmutter reichen bis ins Zufluchtshaus Gifhorn.

Ursula Wolf aus dem Schönstatt-Mütterbund ist durch den Tod ihres Mannes bei einem Arbeitsunfall zum Einsatz in der Trauerbegleitung gekommen. Nach einer entsprechenden Ausbildung begleitet sie nun Menschen, die mit ihrer Trauer um einen geliebten Verstorbenen allein nicht zurecht kommen. "Unsere Gesellschaft kann mit Trauer schwer umgehen", weiß Frau Wolf. Trauern sollte man wenn eben möglich nicht zu laut, nicht zu lange, nicht zu heftig. Wenig Verständnis, so erzählt sie, findet die junge türkische Mutter, deren Mann im Urlaub am Herzinfarkt gestorben ist und deren vier Kinder zu viele Tränen vergießen, oder die über Achtzigjährige, die den Tod ihres Mannes nicht verkraftet. Oft äußert sich Trauer nicht in Tränen, sondern in Wut und Verbitterung – damit umzugehen, fällt noch schwerer. Neben der Trauerbegleitung im Hausgespräch gibt es ein Cafe für Trauernde, wo vielleicht noch mehr Zuhören, noch mehr Einfühlen gefragt sind: mit dem Trauernden aushalten, da sein, mittragen. "Unser Vater und Gründer ist mir ein großes Vorbild in der Trauerarbeit", sagt Frau Wolf. Er konnte zuhören, er hat sich auch noch nach langer Zeit an einen Menschen und dessen Leid erinnert, er hatte das Charisma, Leid der anderen mitzutragen: Teilhabe am Charisma des Gründers ganz konkret im Begleiten von Trauernden.

Die Schönstätter Diakonengemeinschaft

Bernhard Lippold und Bernhard Brantzen stellten anschließend die Schönstätter Diakonengemeinschaft vor und manche Vorstellungen über dieselbe auf den Kopf. "Das sind ja nicht irgendwie Edel-Messdiener", sagt ziemlich perplex eine Teilnehmerin der Oktoberwoche. "Die haben sich ja ein Feld genommen, wo bei uns sonst nicht viel drüber geredet wird, den Dienst an den Armen... ganz wie in der Bibel...". Es geht den Ständigen Diakonen in der Schönstatt-Bewegung um die Ausprägung des diakonischen Menschen marianischer Prägung – des Menschen, der sich berühren lässt von Neuer Armut, der sich hineingibt in die Lebenswirklichkeiten der Menschen auf dem untersten sozialen Niveau, der hineinschaut und sich berühren lässt von der Parallelwelt in den Plattenbau-Siedlungen östlicher wie westlicher Bauart.

Der diakonisch lebende Mensch marianischer Prägung, so das Leitbild der Schönstätter Diakonengemeinschaft,

  1. ist Anwalt der Notleidenden und Ausgegrenzten und lebt mit ihnen solidarisch, in dem er bereit ist, die gleichen Demütigungen und Ausgrenzungen wie die der Armen zu tragen
  2. wendet sich den Notleidenden und Ausgegrenzten zu, die niemand mehr berühren möchte und macht damit ihre Würde erlebbar
  3. sucht mit den Menschen nach ihren verborgenen Kraftquellen und begleitet und ermutigt sie, damit sie immer mehr das entfalten können, was Gott in ihnen grundgelegt hat
  4. lässt sich auf die Lebenssituation der Menschen ein, weil nur so die lebensspendende Kraft des Evangeliums spürbar wird
  5. deutet die Nähe Gottes vom Leben rer und ebnet dadurch den Menschen den Weg zu den Geheimnissen Gottes
  6. akzeptiert, dass Gott Menschen in und mit ihren Grenzen zur Vollendung führen will
  7. übt seine Aufgabe in dem Rahmen und mit den Möglichkeiten aus, die einerseits seine Begabung andererseits die Gegebenheiten von Familie, Beruf und Ortskirche zulassen
  8. ist verbindende Brücke zwischen Altar und unterschiedlichen Lebensräumen, um den Menschen den Weg zur Gemeinde und der Gemeinde den Weg zu den Menschen in ihrenLebenswelten zu ermöglichen
  9. ist getragen vom Gebet
  10. nimmt verantwortlich die ureigenste Sendung der Diakonie der Kirche wahr.

Den Blick schärfen für die Wirklichkeiten des Lebens

Beeindruckend sind die in der Schönstätter Diakonengemeinschaft besonders lebendig gewordenen Aussagen Pater Kentenichs zur sozialen Frage. Ein Beispiel: Wir Katholiken kommen aus anderen Kreisen. Wir sehen, so Pater Kentenich, "wie der katholische Mensch kraft seiner konservativen Einstellungen, wenn er sie nicht recht gebrauchen kann, mit der Zeit die Zeit nicht mehr verstehen lernt. Deshalb muss jeder, der von Hause aus sehr konservativ ist, den Blick schärfen für die Wirklichkeit des Lebens, sich orientieren an den Verhältnissen. Es ist immer dieselbe Lösung: metaphysische, klare, letzte Prinzipien haben. Wir müssen aber auch die Zeit sehen, die Schwierigkeiten des Lebens, die im öffentlichen Arbeiterleben vor sich gehen." - "Was werden wir antworten? Werden wir es machen wie seinerzeit der Priester, der Levit im Evangelium (Lk. 10,31 f)? Wir sehen die Arbeiter und gehen daran vorüber. Was werden wir tun? Wollen wir von oben herab auf die Arbeiter unten herunterdonnern und sie nieder schimpfen? So können wir sie nicht zu uns holen, nicht empor führen. So können wir sie nicht erlösen. Es bleibt da nur eines übrig, wir müssen uns tief hinabneigen zu den Arbeitermassen, zu den Arbeiterkindern. Wir müssen uns tief hinabneigen und heraushören, was in diesem Erlösungsschrei Gesundes steckt und diesen Erlösungsschrei dann beantworten." - "Denn unsere Erziehung ist die ursprüngliche, christliche, katholische (...). Liegt nicht die Weltrevolution so ganz im Blute der christlichen Erziehungsweisheit? Hören Sie bitte einmal, was der Heiland den Seinigen ins Stammbuch geschrieben hat, was dort als Erziehungszjel und Erziehungsweg angegeben worden ist: Gehet hinaus in alle Welt und lehret alle Völker und taufet sie. Oder denken Sie einmal an das große Reich-Gottes-Programm, wie es dargestellt ist in den acht Seligkeiten (vgl. Mt. 5,2-11) Wie klingt das? Ist das nicht eine Absage an die Gemächlichkeit? Verlangen sie nicht eine tief greifendere Persönlichkeits- und WeItrevolution? Unsere christliche Erziehung hätte also an sich diese Weltrevolution

im Sinne Gottes schon lange entscheiden müssen. Wo liegen die Verhältnisse tatsächlich? Leider Gottes sieht der Katholizismus, sieht das Christentum aus, als hätte es Angst vor der Berührung mit der Welt, als wollte es im Hintergrund in Gemächlichkeit und Ruhe ein stilles Dasein führen, sich nicht einmischen in die großen Kämpfe der heutigen Zeit, in die Kämpfe der Welt".

Doch, sagen die Schönstätter Diakone, die Kirche, Schönstatt, muss und kann sich einmischen auch und gerade in der Frage der sozialen Verantwortung.

Elisabeth-Wallfahrt 2007: Mit Elisabeth auf dem Weg zu den Ausgegrenzten

Aus diesem Anliegen ist ein Projekt entstanden, das Kreise ziehen wird: die Elisabeth-Wallfahrt 2007, im Jahr des 800. Geburtstags dieser mittelalterlichen sozialen Heiligen. Auf einem Wallfahrtsweg auf den Spuren der heiligen Elisabeth "von den Burgen und Besitzständen hin zu denen, die im Schatten leben", soll Sensibilität dafür wachsen, die gesellschaftlichen Ausgrenzungen von heute zu überschauen und vielleicht auch zu überwinden.

Schirmherr der Wallfahrt ist Bischof Dr. Joachim Wanke von Erfurt, auf dem Weg mitgehen werden der Ministerpräsident von Thüringen, Dieter Althaus, und der Ministerpräsident a.D. Dr. Bernhard Vogel.

Die Diakone laden die Schönstattfamilie zur Teilnahme ein am 28. Juli 2007 (oder auch am gesamten Wochenende im Schönstatt-Zentrum Friedrichroda), aber es geht um mehr:

"Schauen Sie sich in Vorbereitung zu diesem Wallfahrtswochenende in Ihrem Lebensumfeld um und entdecken Sie, wie nahe oder gern Ihnen die Ausgegrenzten sind. Vielleicht werden Sie dadurch einen Schritt weiter geführt."

Pater Lothar Penners bekräftigte am Schluss das Anliegen der Diakonengemeinschaft, die soziale Frage stärker in den Blick zu nehmen. Wenn die Erfahrungen aus den sozialen Projekten Schönstatts in Südamerika vor allem – wie Maria Ayuda in Chile, wie Dequeni in Paraguay, wie die Voluntarias de Maria, Apoyo Familiar, wie das Straßenkinderprojekt von Pfr. Cajade, das Sozialzentrum in Savoia und so viele andere – nach hier zurückfließen und anregen würden, dann könnte ein großer Reichtum der Weite erreicht werden.


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Last Update: 24.10.2006 Mail: Editor /Webmaster
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