Schönstatt
Begegnungen am Ursprungsort



15. September - Todestag von Pater Kentenich
In seinem Herzen ein Feuer

Predigt von Pater Dr. Joachim Schmiedl
am 15.9.1999 in der Anbetungskirche Berg Schönstatt

Liebe Schönstattfamilie!

Anfang dieses Jahres durfte ich mit Präses Karl-Heinz Mengedodt und der inzwischen zur Dezernentin im Mainzer Ordinariat ernannten Gertrud Pollak eine Bildbiographie über unseren Vater und Gründer herausgegeben. Der Titel lautet: "In seinem Herzen ein Feuer". Wir haben lange darüber nachgedacht, was wohl das Besondere an seiner Persönlichkeit und Sendung sei. Und wir sind dann auf dieses Bild des Feuers gekommen.

  • Darin ist die Dynamik im Leben P. Kentenichs ausgedrückt. Er war jemand, der mit einer großen Begeisterung, bis zum Ende seines Lebens, für seine Sache und Sendung gelebt hat.
  • Darin ist die Innigkeit dieser Begeisterung eingefangen. Das Feuer brennt tief in ihm. Es gehört gewissermaßen zum Innersten seiner Persönlichkeit.
  • Darin ist auch die "Gefährlichkeit" seiner Person angesprochen: Feuer läßt sich nicht so leicht eingrenzen, es kann überspringen auf Andere. Feuer kann schnell einen Flächenbrand verursachen.

Die Menschen, die P. Kentenich gekannt haben, haben diese Erfahrung mit ihm gemacht. Ich gehöre nicht mehr zu ihnen, und ich denke, es wäre ein schlechtes Zeichen für die Schönstattfamilie, wenn heute, 31 Jahre nach dem Tod des Gründers, noch ein großer Teil der Mitglieder sagen könnte, daß sie den Gründer persönlich erlebt haben. Ich möchte deshalb mit Ihnen einige Gedanken teilen, ob und wie dieses Feuer des Gründers auch heute noch brennt und wie es gehen kann, dieses Feuer weiter zu entfachen.

1. Brennt das Feuer noch?

Um diese Frage zu beantworten, sind wir in diesem Jahr in einer außerordentlich günstigen Lage. Weltweit haben wir das Jubiläum des dritten Meilensteins der Schönstattgeschichte gefeiert. Eine Reihe von uns war in Südamerika gewesen und durfte in Bellavista miterleben, wie eine lebendige Schönstatt-Bewegung das Feuer des Gründers weitervermittelt hat. Was ich aus Berichten von Teilnehmern aufgenommen habe, zeigt: Sein Feuer brennt im Herzen des internationalen Schönstatt. Was P. Kentenichs selber vor 50 Jahren in Bellavista sagte, ist in einer doppelten Weise Realität geworden: Schönstatt ist von Deutschland nach Südamerika - und mittlerweile auch in die anderen Kontinente - übergesprungen; der Rückstrom hat bereits stattgefunden und wir werden mehr und mehr überholt. In Deutschland und Europa stehen wir nach wie vor, vielleicht sogar noch mehr als damals, vor einer Mauer, die wir nicht so leicht überwinden können. Diese selbstverständliche Religiosität fällt uns eben doch ziemlich schwer. Vielleicht kann das aber eine Folgerung aus den Jubiläumsfeierlichkeiten sein: Wenn irgendwo auf der Welt diese kindlich-naive Begeisterungsfähigkeit zu spüren ist, dann kann sie auch auf uns überspringen.

Dieses Feuer der Begeisterung brennt aber nicht nur durch das Jubiläum des 31. Mai 1949, sondern auch durch Menschen, die in den Fußstapfen P. Kentenichs ihre Form der Nachfolge Christi gefunden haben. In diesem Jahr erscheint das deutschsprachige Martyrologium für das Jahr 2000. Darin sind u.a. der selige Karl Leisner, Lotte Holubars und Maria Laufenberg, P. Franz Reinisch und P. Albert Eise aufgeführt - Blutzeugen des Nationalsozialismus aus unserer Familie. Daß uns in dem kürzlich eröffneten Seligsprechungsprozeß für Gerhard Hirschfelder noch jemand "zugewachsen" ist, dürfen wir dabei dankbar annehmen.

Zu diesen Märtyrern unserer Bewegung kommen die Schönstätter hinzu, deren Heiligkeit von der Kirche untersucht wird:

  • Joao Pozzobon, der große Apostel der Pilgernden Gottesmutter in Brasilien - ein Zeuge für die Notwendigkeit einer strategischen Planung im Apostolat;
  • Mario Hiriart, Ingenieur und Marienbruder - ein Zeuge für reflektiertes gelebtes Christentum im Beruf;
  • Schwester M. Emilie, im Leiden gereifte Provinzoberin unserer Marienschwestern - eine Zeugin dafür, wie man physische und pyschische Krankheit im totalen Vertrauen auf die Vorsehung Gottes in den Griff bekommen kann.

Diese Persönlichkeiten unserer Bewegung mit ihren je unterschiedlichen Akzenten zeigen, daß das Feuer des Gründers nicht erloschen ist. Und sie weisen darauf hin, daß eine Voraussetzung für das Weiterbrennen ist, sich mit ihm und seiner Sendung zu verbünden. Auch das ist in diesem Jahr geschehen. Das Liebesbündnis mit der Dreimal wunderbaren Mutter hat für die ganze Schönstatt-Familie einen neuen Akzent bekommen. Es hat sich ausgeweitet zu einem Liebesbündnis mit dem Vater und Gründer, mit seiner prophetischen Sendung.

Im Kontext des 31. Mai 1949 war es für P. Kentenich ein ganz wichtiges Anliegen, religiöse Sprechweise zu individualisieren und zu personalisieren. Was in einer Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen möglich ist und auch geschieht, das müsse auch in religiösen Beziehungen erlaubt sein. So kämpfte er für eine persönlich gefärbte, psychologisch abgestützte Sprechweise. Er schrieb dazu:

"Die unio mystica zwischen Christus und seinen Gliedern, die keine Parallele kennt, aber auch gleichzeitig das geheimnisvolle seelische Ineinander zwischen Christus und den Seinen. Damit ist eindeutig der Ansatzpunkt gegeben, von dem aus ein Vergleich zwischen dem seelischen Ineinander, das zwischen Christus und den Seinen obwaltet, und jeder anderen edlen, inneren Gemeinschaft nicht nur möglich, sondern auch überaus erstrebenswert ist. Wem es ernst zu tun ist, den bolschewistischen Zeitgeist bis in alle Schlupfwinkel zu verfolgen, der ergreift mit großer Hingabe jede Gelegenheit, um das Profane mit dem Sakralen zu verbinden. Zieht er sich deswegen Vorwürfe zu, so tröstet er sich mit dem hl. Franz von Sales, den man wegen seiner modernen, zu weltlichen Sprache maßregelte. Es stimmt endlich nicht ganz, wenn man meint, per ipsum et cum ipso et in ipso sei bisher eindeutig und ausschließlich für das Verhältnis zwischen Christus und seinen Gliedern gebraucht worden. Der Psychologe hält das schon von vornherein für unwahrscheinlich, weil der Lebensvorgang des seelischen Ineinander in Literatur und Leben in ähnlicher Form ungezählt viele Male wiederkehrt." (EP 49, 193)

Daß sich dieser "Lebensvorgang des seelischen Ineinander" mittlerweile in der Schönstatt-Bewegung in bezug auf eine besondere personale Verbundenheit mit dem Gründer in vielfacher Weise wiederholt hat, darf als ein gutes Zeichen gebucht werden. Es zeigt, daß das Feuer in seinem Herzen sich auch in die Herzen vieler Schönstätter ausgebreitet hat.

2. Wie kann das Feuer weiter entfacht werden?

Einen zweiten Gedankengang möchte ich mit Ihnen noch anschauen. Denn nicht nur der Bezug auf die Vergangenheit ist wichtig, sondern viel mehr die Frage, was wir tun können, um das Feuer aus dem Herzen des Gründers in unseren eigenen Herzen weiterbrennen zu lassen. Zwei Gesichtspunkte in dieser Hinsicht:

  • Wir dürfen uns nicht davon dispensieren, P. Kentenich besser kennenzulernen. Viele Gemeinschaften der Schönstatt-Bewegung haben das Brauchtum, regelmäßig die Schriften des Gründers zu studieren. Gerade Jüngeren fällt der Zugang dazu aber oft nicht leicht; der manchmal etwas altertümliche Wortschatz und die schwer lesbare gesprochene Sprache machen es schwer, einen einfachen und selbstverständlichen Zugang zu finden. Vaterstudium ist eine wie jedes Studium eine saure Sache. Aber ohne intensive Auseinandersetzung mit dem ganzen, nicht nur aphorismenartig auf kleine Häppchen reduzierten Gedankengut des Gründers können wir ihn nicht kreativ weitertragen.

Ich habe mehrfach eine gute Erfahrung machen dürfen, wenn ich mit Studierenden einige Tage lang einfach Kentenich gelesen habe. Dabei war uns immer wichtig, nicht nur auf einen einzelnen Text zu blicken und diesen zu verstehen, sondern ihn in Beziehung zu setzen mit anderen Aussagen sowie von dort aus Aktualisierungen für heute zu versuchen. Immer wieder durfte ich feststellen und erfahren, wie bereichernd ein gemeinsamer Blick auf P. Kentenich und die gemeinsame Lektüre seines Schrifttums ist - gerade auch für solche, denen eine "face to face"-Begegnung versagt geblieben ist.

  • Eine solche immer neu gewonnene und errungene Kenntnis seiner Person und seines Schrifttums setzt uns dann in den Stand, dem Anliegen gerecht zu werden, das P. Kentenich selbst vor 50 Jahren erreichen wollte. Es geht darum, aus Schönstatt kein Museum werden zu lassen, sondern aus dem lebendigen Dialog mit den Anliegen des Gründers kreative Kräfte in Kirche und Gesellschaft hineinfließen zu lassen. P. Kentenich schrieb damals an den Trierer Weihbischof Bernhard Stein:

"Es kam und kommt mir zunächst gar nicht auf Rechtfertigung Schönstatts an, sondern lediglich auf unsere Prinzipien und ihre Brauchbarkeit für die Gesamtkirche. [...] Seit meiner Gefangenschaft sehe ich stärker noch als früher Schönstatt im Dienst der Kirche. Glaube meine Aufgabe zunächst darin erblicken zu dürfen, Grundsätze und Methoden, die sich bei uns bewährt haben, in die Kirche hineinzuleiten. [...] Bei der Diskussion um Schönstatt habe ich meinen Mitarbeitern immer empfohlen, nicht Schönstatt rechtfertigen zu wollen, sondern die Prinzipien, die dort eine Inkarnation gefunden, klar heraus- und der Kirche zur Verfügung zu stellen." (Br 10. Mai 1949)

Darauf kommt es an: den Lebensvorgang Schönstatt, der ja immer auch eine Widerspiegelung des eigenen Lebensvorgangs ist, mit anderen Menschen teilen. Das Feuer im eigenen Herzen, das angesteckt ist vom Feuer im Herzen des Gründers, nicht nur zu hegen, sondern weiterzugeben.

All das ist ein Beitrag zu seiner Seligsprechung, die wir erhoffen und erwarten, für die wir tätig sind, die aber noch einige Zeit auf sich warten lassen wird.

Unser wichtigster Beitrag: wenn sein Feuer auf unsere Herzen und von uns auf andere überspringt!


Fortsetzung:



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Letzte Aktualisierung: 21.09.99, 20:11
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