Reflexion - Reflection - Reflexiσn
 published: 2006-02-17

Für Verliebte zwischen 18 und 80

Nicht nur am Valentinstag aktuell: Liebe bewahren in Enttäuschungen

Como mantener vivo el amor

How to keep alive our love

Wie Liebe lebendig bleibt…

Foto: POS Fischer © 2006

 

REFLEXION, Pater Elmar Busse. Im schwäbischen Salach gab es am vergangenen Sonntag – schon im Blick auf den heutigen St.Valentinstag – einen Abendgottesdienst für Verliebte zwischen 18 und 80. Eine Schönstatt-Familie, die dort mit diesem neuen Brauch angefangen hatte, erzählte mir auch von den begeisterten Echos, die beim anschließenden Empfang im Pfarrsaal die mitfeiernden Paare ihnen gegeben hätten. Auch in vielen anderen Pfarreien ist dieser neue Brauch eines Gottesdienstes für Verliebte eingeführt worden. Es stimmt schon, dass der Valentinstag als Tag für Verliebte von der Gärtnerbranche und inzwischen auch von der Süßwarenindustrie und den Parfüm- und Kosmetikherstellern über Jahre ins Bewusstsein gehämmert worden ist. Zwischen Weihnachten und dem Muttertag wollte man einfach noch einmal einen Absatzhöhepunkt herbeiführen.

Wenn man das weiß, dann hat man zwei Möglichkeiten: Man verweigert sich dieser Konsum-Manipulation und klärt über die Entstehungsgeschichte auf, oder man setzt sich an die Spitze der Entwicklung und überholt die Wirtschaft. Meine Sympathie gilt der zweiten Strategie. Und ich fühle mich damit durchaus in guter Gesellschaft. Der hl. Bonifatius nutzte die Attraktivität der heidnischen Kultstätten und errichtete genau dort seine christlichen Kapellen. Im römischen Reich griffen die Christen das Festdatum der Geburt des unbesiegbaren Sonnengottes, das Kaiser Aurelian 274 zur Festigung seines Reiches eingeführt hatte, auf, und legten auf dieses Datum die Feier der Geburt Jesu. In der Konkurrenz der Feste und attraktiven Orte haben unsere christlichen Vorfahren Kreativität und eine gute Portion christliches Selbstbewusstsein bewiesen. Als Christen sind wir in der Lage, einem Fest oder einem Ort noch einmal eine Tiefendimension zu verleihen, die der bisherige Anlass nicht bietet, und werden so zum Trendsetter. Missionarische Christen fühlen sich wohl in einem solchen Vorgehen. Wer sich dagegen auf die Verteidigung des Glaubens spezialisiert hat, wird nur wieder eine neue Front wahrnehmen, wo er gegen etwas kämpfen muss. – Ein mühsamer Weg, und die Verliererposition ist fast vorprogrammiert.

Diese Gedanken zum Thema, wie gehen wir Christen mit dem St. Valentinstag um, sind mehr als Vorbemerkung zu verstehen, wobei dieses Thema "vom Glaubensverteidiger zum Missionar" zur Zeit auch viele Pfarrgemeinderäte bewegt.

"Das kann uns nicht passieren! Wir lieben uns. Wir brauchen das nicht."

Doch ich möchte heute den Gedenktag des Martyrerbischofs Valentin, der im Jahre 273 gewaltsam gestorben ist, zum Anlass nehmen, einige gute Erfahrungen weiter zu geben, die mir Ehepaare erzählt haben. Wie gelingt es, einander wieder das Herz zu schenken und sich nicht mit Schokolade oder Parfüm frei zu kaufen? Wie wird Schokolade und Parfüm der stimmige sichtbare Ausdruck einer unsichtbaren seelischen Grundhaltung gegenüber dem Partner?

Wenn ich im Rahmen von Ehevorbereitungskursen oder Partnerschaftsseminaren über Konfliktmanagement rede, dann spüre ich manchmal seitens der Zuhörer einen Widerstand. So nach dem Motto: "Das kann uns nicht passieren! Wir lieben uns. Wir brauchen das nicht." Wenn ich dagegen Paare vor mir habe, die schon zwei Jahre verheiratet sind oder zusammenleben, dann habe ich ganz aufmerksame Zuhörer. Diese Paare spüren sehr deutlich, dass Liebe ein sehr verletzbares Gefühl ist, oder wie es in einem oberösterreichischen Volkslied heißt: "Die Liab ist so zoart wie an Seifenblasen." Die bange Frage lautet dann nicht: "Wollen wir uns lieben?", sondern: "Können wir uns noch oder wieder lieben?" Es ist also nicht zuerst eine Frage der Motivation sondern des Könnens. Oder wie es einmal ein Paar formuliert hat: "Führt das tägliche Zusammenleben und das tägliche Erleben der Schwächen und Grenzen des Partners nicht zwangläufig dazu, dass das Verliebtsein in Verachtung umschlägt? Und hat dieser Vorgang nicht die Gültigkeit eines Naturgesetzes – entgegen aller Sehnsüchte und romantischen Vorstellungen?

Wenn dieses Paar mit seinen Befürchtungen recht hätte, dann dürfte man niemandem raten zu heiraten. Dann wäre Liebe nur in einer Fernbeziehung lebbar: In Briefen und Telefonaten kann man dann tolle Liebeserklärungen abgeben, aber die kleinen Entscheidungen und Konflikte des Alltags, die an der Liebe nagen, bewältigt dann jeder allein in seiner Singlewohnung. Und wenn man sich am Wochenende trifft, dann ist die Wiedersehensfreude der Glanz, der die Stunden des Beisammenseins überstrahlt.

Nun ist aber die Familie, also die klassische Form, dass Vater, Mutter und Kinder in einer Wohnung zusammen leben, durchaus kein Auslaufmodell, wie uns manche Journalisten einreden wollen. Über 80% der Kinder unter 16 Jahren leben bei ihren leiblichen Eltern. Was macht also die Ehe und Familie zum erfolgreichen Lebensmodell? Was machen die, die auch nach Jahrzehnten miteinander glücklich sind, anders als die, die in diesem Lebensentwurf scheitern? Einige Erfolgsfaktoren möchte ich aufzeigen:

An Enttäuschungen wachsen

Die richtige Verarbeitung von Enttäuschungen ist ein Königsweg für eine dauerhafte Ehe.

Da wir nicht der liebe Gott sind, sonder nur Geschöpfe und sogar erbsündlich angeschlagene Geschöpfe, sind wir begrenzt und unerlöst. Das führt zwangsläufig dazu, dass wir uns gegenseitig enttäuschen. Aber auch die Enttäuschungen an uns selber können für beide zur unwahrscheinlichen klimatischen Belastung werden, wenn sie immer wieder thematisiert werden. Wie gehen wir mit Enttäuschungen um, damit wir an ihnen wachsen und nicht durch sie zu Zynikern werden?

Ich darf etwas weiter ausholen: Am Anfang einer Freundschaft steht die Begeisterung über die Stärken des Partners, seine Schönheit, seine Kraft, seine Ausstrahlung, seine Schlagfertigkeit, seine Zuverlässigkeit, seine Geduld, seine Kinderliebe. Wir beobachten beim Anderen einen Wert und unser Herz reagiert auf diese Beobachtung mit Zustimmung, mit Begeisterung, mit Freude. Der berühmte Funken springt über. Wir verlieben uns. Verliebt sein ist eine Reaktion des Herzens auf einen menschlichen Wert im Gegenüber, ja, manchmal auf eine ganzes Bündel von beobachteten Werten. Und das ist eine ganz gesunde Reaktion. Eine Ehe kann man nicht auf Mitleid aufbauen. Das trägt nicht ein Leben lang. Diese Reaktion des Herzens auf die Vorzüge des Partners ist – erschrecken Sie nicht – eine ichsüchtige Liebe: "Ich will dich haben, weil ich mich nach Dir und deinen Werten sehne. Ich fühle mich durch dich bereichert." – Noch einmal: dieses Verhalten ist ganz gesund und normal. Aber es reicht nicht aus, um dauerhaft miteinander leben zu können. In der Freundschaft und erst recht in der Ehe kommt es darauf an, dass die reagierende Liebe ergänzt wird durch die investierende Liebe.

"Ich liebe dich – einfach so.
Ich liebe dich, weil du ein Mensch bist.
Ich liebe dich, weil du ein Abbild Gottes bist.
Ich liebe dich, weil auch Christus dich liebt.
Ich liebe dich, weil ich die Liebe, mit der Gott mich liebt, weitergeben möchte.
Ich liebe Dich, nicht weil du es verdient hättest, sondern weil du es jetzt am meisten brauchst."

Investierende Liebe üben

In manchen Märchen wird diese verwandelnde Kraft der Liebe in Symbolen zum Ausdruck gebracht. In dem Moment, wo eine Träne – aus Liebe vergossen – auf den Pelz des Ungeheuers trifft, verwandelt es sich in einen schönen Prinzen. In dem Moment, wo dem ekligen Frosch körperliche Nähe – "in deinem Bettchen schlafen" und das Zeichen der Liebe – der Kuss geschenkt wird, wird er verwandelt. Begnadete Erzieher wie ein Don Bosco oder ein Pater Kentenich haben oft genug den praktischen Beweis geliefert, dass investierende Liebe solche Wandlungswunder bewirken kann – unabhängig vom Altersunterschied oder Geschlecht. Natürlich ist die reagierende Liebe bequemer und sicherer. Es gehört schon eine Portion Mut dazu, jemanden auf Zukunft hin zu lieben. Diejenigen von Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, die einen Betrieb leiten, wissen es: Es gehört Mut dazu, in die Firma zu investieren, weil man am Anfang nicht weiß, ob sich die Investitionen rechnen. Aber wer nicht investiert, ist in seinen Produkten bald veraltet oder produziert zu teuer. Das übertriebene Sicherheitsbedürfnis gepaart mit Bequemlichkeit führen in den sicheren Ruin. Mut und Augenmaß für den Umfang der Investition sorgen dafür, dass man als Unternehmer mit diesem Risiko leben und vor allem auch schlafen kann. Nur so lässt sich die schwierige Durststrecke zwischen Schulden machen und noch nicht absehen, ob es sich rechnet, überstehen. Barmherzige oder investierende Liebe braucht diesen langen Atem. Deshalb spricht Paulus in seinem "Hohen Lied der Liebe" in 1Kor 13 auch davon, dass wahre Liebe langmütig ist. Es dauert oft eine Weile, ehe der Partner die unverdiente und geschenkte Liebe als solche überhaupt wahrnimmt und auch annehmen kann. Und dann dauert es noch eine Weile, bis durch die geschenkte Liebe sein Selbstwertgefühl so weit wiederhergestellt ist, dass er sich zutraut, aus seinen unerlösten Mustern und Verhaltensweisen auszubrechen.

"Du, Schatz, worunter soll ich das buchen, unter Spenden oder unter Weiterbildung?"

Ich finde es genial, wie ein Mann einmal auf die Schwäche seiner Frau reagiert hat. Sie hatte in einer Woche zwei Strafmandate der Polizei bezahlen müssen. Sie hatte sich selber darüber schon maßlos geärgert und sich Vorwürfe gemacht. Es war ihr so peinlich, dass sie ihrem Mann noch nichts gesagt hatte. Nun hatte zu allem Unglück der Mann vor kurzem seine neue Sympathie für ein Buchhaltungsprogramm entdeckt und wollte auch den eigenen Haushalt fachmännisch einbuchen. Da der Preis für Petersilie auf dem Markt weit unter den Kosten der Polizei lag, konnte die Frau ihre Ausgaben nicht vertuschen und legte die beiden Quittungen der Polizei unter die vielen anderen. Während er im Wohnzimmer am PC saß, hantierte sie nervös in der Küche. Plötzlich hörte sie seine humorvolle Stimme: "Du, Schatz, worunter soll ich das buchen, unter Spenden oder unter Weiterbildung?" Sie sprang ins Wohnzimmer und umarmte ihren Mann. Weil er das Missgeschick seiner Frau nicht ausnutzte sondern mit Humor sein Ja zu ihr elegant zum Ausdruck bringen konnte, konnte auch sie wieder Ja zu sich sagen.

In Tschechien hatte ein Junge ein Fahrrad geschenkt bekommen. Er wollte mit seinem Freund ins Schwimmbad. Seine Mutter meinte, sie sollten zu Fuß gehen, weil in letzter Zeit viele Fahrräder gestohlen worden waren. Nach einer längeren Diskussion fuhr der Junge mit seinem Freund doch mit dem neuen Rad ins Bad. 2 Stunden später kam ein Anruf vom Schwimmbad: Einer der Erziehungsberechtigten sollte ins Bad kommen, weil das Fahrrad gestohlen war. Der Vater ging zum Schwimmbad, erledigte die Formalitäten und kehrte mit dem Jungen nach Hause zurück. Noch bevor die Mutter etwas sagen konnte, zischte der Junge: "Sag kein Wort!" Das hieß, die Mutter hätte ihm gar keine schlimmeren Vorwürfe machen können als er sich selbst. Es sagt sich so leicht, über verschüttete Milch solle man nicht lange traurig sein. Aber es ist schwer, in einer Zeit, wo vieles bestens läuft und funktioniert, Ja zu etwas zu sagen, was eigentlich nicht sein dürfte.

Das Recht auf zwanzig Fimmel

Spüren wir, wie wichtig und zukunftseröffnend barmherzige Liebe ist? Barmherzige oder investierende Liebe ist die realistische Antwort auf die Tatsache, dass wir nur erbsündlich angeschlagene Geschöpfe sind. Pater Kentenich drückte es in seiner populären Sprechweise so aus: "Jeder hat das Recht auf 20 Fimmel. Die sollten wir uns selbst und gegenseitig zugestehen." Als ich diesen Satz von ihm das erste mal las, war ich sehr überrascht, weil er doch andererseits großen Wert auf Selbsterziehung und das Streben nach Heiligkeit legte. Als erfahrener Seelsorger wusste er einfach, dass manche seelische Verletzung oder Unterernährung trotz aller psychologisch gekonnten Selbsterziehung nicht von der Wurzel her geheilt, sondern nur in ihren zerstörerischen Auswirkungen gedämpft und gebremst werden konnte. Mancher Klotz am Bein bleibt einfach trotz aller Arbeit an sich selbst.

Wenn also die Grenze des Anderen für mich zum Wachstumsimpuls wird, in meiner Fähigkeit barmherzig lieben zu können, reifer zu werden. Dann verliert die Grenze des Anderen etwas von ihrer Bedrohlichkeit für mich. Das heißt aber nicht, dass es nicht mehr wehtun würde. Wir sollen ja auf unserer Seele keine Schwielen wachsen lassen und wir können unserer Seele auch keine Arbeitshandschuhe anziehen. Aber wir können mit aller Tapferkeit sagen: Das – oder genauer Dich halte ich aus! Deshalb beschreibt Paulus als weitere Eigenschaft einer reifen Liebe: Die Liebe erträgt alles. Ertragen heißt lateinisch tolerare. Bei Toleranz geht es also nicht darum, dass ich aus einer gewissen Distanz den anderen nach seiner Fasson selig werden lasse, sondern dass ich an seinen Grenzen mitleide, aber dieses Leid nicht zur Flucht führt, sondern zum tapferen Ertragen. Oder wie es Paulus an anderer Stelle ausdrückt: "Wer leidet unter seiner Schwachheit, ohne dass ich mit ihm leide?" (2 Kor 11,29)

"Wir haben uns noch nie so viel gestritten und noch nie so wenig verletzt wie im letzten Jahr."

Wollen wir also auf Dauer in einer Freundschaft oder Ehe glücklich werden, dann müssen wir bereit sein, den Preis dafür zu zahlen: Körperlich-seelische Nähe ist nur um den Preis der gegenseitigen Verletzung zu haben- in vielen Fällen gar nicht mal aus Bosheit des Anderen sondern aus Ungeschicklichkeit und der mangelnden Fähigkeit, gewisse Nebenwirkungen von eigenen Worten oder Verhalten auf den Partner vorher abschätzen zu können.

Natürlich gehört es zu einer guten ehe, dass beide lernen, rechtzeitig "Aua!" zu schreien. Aber Aua! – also "Du tust mir weh!" – ist etwas anderes als der Vorwurf: "Du bist so böse!" Glückliche Paare haben es im Laufe der Zeit gelernt, den Partner nicht auf die Anklagebank zu zwingen, sondern ihn an seine Seite zu ziehen, mit ihm gemeinsam auf das Problem zu schauen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, wie in Zukunft unnötige Verletzungen vermieden werden können.

Ich habe mich riesig gefreut, als bei der Eröffnungsrunde einer Familientagung ein Ehepaar, das schon im Vorjahr an einer solchen Mischung aus Seminar und Freizeit teilgenommen hatte, selbstbewusst meinte: "Wir haben uns noch nie so viel gestritten und noch nie so wenig verletzt wie im letzten Jahr." Wegen dieser guten Erfahrung waren sie wiedergekommen und wollten weiter an ihrer sozialen Kompetenz arbeiten.

Ich wage zu behaupten, dass viele junge Leute, die wirklich ein Leben lang mit ihrem Ehepartner durchs Leben gehen wollen, von ihren Herkunftsfamilien nicht das Können mitbringen, was notwendig wäre, um geschickt mit den Unfallschwerpunkten eines normalen Eheweges umgehen zu können. Da nutzt auch kein Appell an die Motivation, denn sie wollen ja. Da hilft vor allem die Vermittlung von praktischem Können durch gute und in diesem Sinne auch erfolgreiche Paare, die sich im Laufe ihres Lebens manche Strategie erarbeitet haben, um die Vergangenheit zu entgiften.

Nur wer verzeihen gelernt hat, ist ehefähig.

Nur wer sich die Mühe macht, aus der reagierenden Liebe in die investierende = barmherzige Liebe hineinzuwachsen, kann es neben einem Sünder und mit sich selbst aushalten.

Nur wer es lernt, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und dann in Freiheit entscheiden kann, ob er um die Erfüllung kämpft oder bewusst darauf verzichtet, verfällt nicht ins Selbstmitleid.

Nur wer bereit ist, auf den geheimen Gewinn, der mit der Opferrolle verbunden ist, zu verzichten, wird der Versuchung widerstehen, den anderen auf der Anklagebank festzunageln. Das heißt nicht, dass man in der Partnerschaft auf moralische Beurteilung des Verhaltens des Partners verzichten muss. Sünde bleibt Sünde, und böse ist böse und muss auch so genannt werden dürfen. Aber Schuld kann nicht wegdiskutiert oder wegerklärt sondern nur vergeben werden.

In all den bisher beschriebenen Punkten klang ja mit, dass die zukunftseröffnende Lösung für Probleme in der Grundeinstellung liegt: "Wie Gott mir, so ich dir" und nicht: "Wie du mir, so ich dir!" Ich möchte gegen Ende meiner Ausführungen aber noch auf eine Besonderheit hinweisen. Während das bisher Gesagte sowohl für Freundschaften, für Eltern-Kind-Beziehungen und alle dauerhaften Nah-Beziehungen gilt, so hat Christus der ehelichen Gemeinschaft von Mann und Frau die Würde des Sakramentes verliehen. Ich wünsche mir, dass viele junge Paare den Mehrwert des Ehesakramentes entdecken. Es geht ja nicht nur um eine besonders feierliche Form der Eheschließung mit Glocken und Orgel in einem feierlichen, nicht alltäglichen Raum. Sondern beim Ehesakrament geht es darum, dass Christus beiden Brautleuten verspricht: "Ich will mich genau so um das Gelingen Eurer Beziehung kümmern wie Ihr. Ich habe Euch füreinander bestimmt und berufen, dass Ihr füreinander meine barmherzige göttliche Liebe sichtbar und erlebbar werden lasst. Und ich werde Euch meine göttliche Liebeskraft vor allem dann spüren lassen, wenn Ihr an Eure Grenze kommt und das Ertragen- und Verzeihenkönnen als menschliche Überforderung empfindet. Ja, das ist oft eine Überforderung – menschlich gesehen. Und deshalb dürft ihr meine göttliche Gnade abrufen. Ihr habt mit der Eheschließung einen Liebesanspruch darauf, dass ich Euch unterstütze."

Austauschen über das gemeinsam Erlebte

So kann sich auch in den kritischen Momenten der Ehe bewahrheiten, dass die Bruchstelle in der Natur zur Einbruchstelle der Gnade wird. Aber nicht nur im Grenzbereich unserer Belastbarkeit, sondern auch im gut laufenden harmonischen Ehealltag, wo wir das Eigene und das Göttliche gar nicht so voneinander abgrenzen können, sondern es unbemerkte Synergie-Effekte gibt, ist Christus mit seiner erlösenden Gnade am Werk. Es tut der Vitalität einer Ehe gut, wenn beide täglich miteinander persönlich und für den Anderen hörbar beten, wenn sich beide beim Verabschieden segnen, wenn beide am Abend gemeinsam nachkosten, wo ihnen Gottes zuvorkommende zärtliche Liebe heute begegnet ist und wenn es in der Wohnung einen heiligen Bezirk, ein Hausheiligtum, einen Herrgottswinkel gibt, wo durch sichtbare Symbole der Nähe und des Interesses Gottes der Kontakt mit ihm leichter fällt.

Viele Ehepaare haben auch sehr gute Erfahrungen damit gemacht, dass sie sich einen Abend in der Woche für die gegenseitige Beziehungspflege reservieren und über die vergangenen Tage miteinander sich austauschen. Auch wenn zwei Dasselbe erleben, erlebt jeder doch etwas anderes, und es ist manchmal durchaus überraschend zu erfahren, was dem Anderen aufgefallen ist und wichtig wurde. Diese 1,5 Stunden gemeinsamen Gesprächs und Gebetes sind keine verlorene Zeit, auch wenn Anderes oft lauter schreit und sich dreist in den Vordergrund drängt. Paare, die sich regelmäßig dieses Geschenk des gemeinsamen Gesprächs machen, sparen viel Zeit, die man sonst bräuchte, um Missverständnisse auszuräumen oder um im akuten Ernstfall Hau-ruck-Lösungen zu finden.


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