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 published: 2003-02-04

Das Hohelied auf die Würde des Menschen

Feier des 100. Geburtstags von Pater Franz Reinisch (1903 ­ 1942) in Schönstatt

 
Centenario del Padre Franz Reinisch, Schoenstatt, Introducción: P. José Danko
Centenary of Fr. Franz Reinsich in Schoenstatt, introduction: Fr. Joseph Danko
Hunderster Geburtstag von P. Franz Reinisch in Schönstatt, Einführung: P. Josef Danko
 
 
Auditorio en el hall de la universidad de los Palottinos
Audience in the hall of the Theological College
Publikum in der Aula der Theologischen Hochschule
 
 
Tres Provinciales: P. Heinrich Walter ISch, P. Norbert Hannappel SAC (Limburg), P. Fritz Kretz SAC (Friedberg)
Three provincials: Fr. Heinrich Walter ISch, Fr. Norbert Hannappel SAC (Limburg), Fr. Fritz Kretz SAC (Friedberg)
Drei Provinziale: P. Heinrich Walter ISch, P. Norbert Hannappel SAC (Limburg), P. Fritz Kretz SAC (Friedberg)
 
 
P. Dr. Adalbert W. Kordas OFMConv.
Fr. Dr. Adalbert W. Kordas OFMConv.
P. Dr. Adalbert W. Kordas OFMConv.
 
 
Presentación: la espiritualidad del Padre Franz Reinisch
Presentation: the spirituality of Fr. Franz Reinisch
Präsentation: Die Spiritualität von P. Franz Reinisch
 
 
P. Heinrich Walter: sermón
Fr. Heinrich Walter: sermon
P. Heinrich Walter: Predigt
 
 
P. Fritz Kretz charlanda en honor del P. Reinisch
Fr. Fritz Kretz speaking in honor of Fr. Reinisch
P. Fritz Kretz: Würdigung von P. Reinisch
 
 
P. Dr. Werner Weicht, postulación
Fr. Dr. Werner Weicht, Postulator
P. Dr. Werner Weicht, Postulator
 
 
Ursula Kowalski, Secretariado del P. Reinisch
Ursula Kowalski, Fr. Reinisch Secretariat
Ursula Kowalski, P. Reinisch-Sekretariat
Fotos: POS, Brehm © 2003
 
 
Santuario Original con tumba del P Reinisch
Original Shrine with the tomb of Fr. Reinisch
Urheiligtum mit dem Grab von Pater Reinisch
 
 
Tumba del Padre Reinisch con flores
Tomb of Father Reinisch with flowers
Grab von Pater Reinisch mit frischen Blumen
 
Fotos: POS, Fischer © 2003  
 
Nuevo libro sobre el Padre Reinisch; autor: P. Heribert Niederschlag SAC
Brand new book about the decision of Father Reinisch, author: Fr. Heribert Niederschlag SAC
Druckfrisches Buch über die Gewissensentscheidung von P. Reinisch, von P. Dr. Heribert Niederschlag SAC, Patris Verlag Schönstatt, ISBN 3-87620-252-3
 
Pater Franz Reinisch
Fotos: Archiv © 2003

SCHOENSTATT, mkf. Was wird aus diesem Kind werden? Was sich die Leute bei der Geburt Johannes des Täufers gedacht haben, steht über der Geburt eines jeden Menschenkindes: die Frage nach der urpersönlichen Berufung, dem urpersönlichen Weg, dem urpersönlichen Ja, das Spuren zieht in die Lebensgeschichte von Menschen, von vielen Menschen vielleicht, von Kirche und Welt. Ein einziger katholischer Priester verweigerte den Fahneneid auf Adolf Hitler und wurde 39jährig am 21. August 1942 im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Am 1. Februar 2003 versammelten sich Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus in der Hochschule der Pallottiner in Schönstatt, um an seinem 100. Geburtstag zu fragen: Aus welcher Spiritualität hat er gelebt, dieser Pater Franz Reinisch, der am 1. Februar 1903 in Feldkirch­Levis in Österreich geboren wurde?

Mit einem selten schönen blauen Winterhimmel und leichter Schneedecke begann der Februar in Schönstatt; auf dem Grab von Pater Reinisch hinter dem Urheiligtum stand ein großer Strauß mit frischen Blumen, ungeachtet der Minusgrade. Immer wieder standen an diesem 1. Februar kleinere Gruppen am Grab des Pallottinerpaters und Schönstattapostels Franz Reinisch. "Mein Lebensopfer soll ein Hohelied werden auf die Würde des Menschen: Innere Freiheit, ausreifend bis zur Freiheit der Kinder Gottes...", so hatte er am 5.Juli 1942 im Gefängnis in sein Tagebuch geschrieben. Aus welcher Spiritualität lebte Franz Reinisch? Unter dieser Frage stand die Gedenkfeier in Schönstatt, gemeinsam ausgerichtet vom Provinzialat der Pallottiner in Friedberg und der Schönstattbewegung.

"Pater Reinisch bringt uns zusammen"

Mit großer Freude begrüßte Pater Josef Danko SAC, Friedberg, um 14.00 Uhr die aus ganz Deutschland und darüber hinaus zur Festfeier angereisten Gäste: den Provinzial der Friedberger Provinz, Pater Fritz Krezs, den Provinzial der Limburger Provinz, P. Norbert Hannappel, und den Provinzial der Schönstatt­Patres, Pater Heinrich Walter. "Pater Reinisch bringt uns zusammen", meinte er. Von der Schönstattbewegung waren Monsignore Dr. Peter Wolf, Generalrektor des Schönstatt­Instituts Diözesanpriester, Pfr. Oskar Bühler, Rektor des Priesterhauses Berg Moriah, Sr. M. Adelindis Pospischil, Leiterin der Schönstatt­Wallfahrt, sowie einige Mitglieder verschiedener Gemeinschaften gekommen. Plakate in allen Häusern Schönstatts und intensive Hinweise in der Presse hatten auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht; die Beteiligung vom Ort Schönstatt und Vallendar war dennoch eher gering. Dafür konnte Pater Danko unter den etwa 150 Teilnehmern um so mehr pallottinische Mitbrüder "bis aus dem bayrischen Wald begrüßen"; besonders erwähnte er den Postulator der Causa Reinisch, Pater Dr. Werner Weicht, P. Peter Hinzen, Rektor in Freising, den Postulator im Seligsprechungsprozess für Pater Henkes, Pater Probst. Vertreter von Studentenverbindungen, denen Pater Reinisch angehört hatte, der Bundestagsabgeordneten für Koblenz, Dr. Fuchs, und Anna­Maria Briese als Vertretung der CDU Vallendar, sowie mehrere Vertreter der Presse, gaben der von Fr. Jörg Gattwinkel musikalisch umrahmten Hundertjahrfeier einen über Schönstatt und Pallottiner hinausgreifenden Rahmen. An mehreren Orten Deutschlands und in Österreich fanden am selben Tag Gedenkfeiern statt, so in Untermerzbach, wo Pater Reinisch sein Noviziat verbrachte ­ dort sprach P. Heribert Niederschlag, Autor des soeben erschienenen Buches "Propehtischer Protest. Der Entscheidungsweg von P. Franz Reinisch"­, in Feldkirch, Österreich, in Bad Kissingen, wo er verhaftet wurde, und in Oberkirch.

Das geistliche Leben von Pater Franz Reinisch: Aus welcher Spiritualität hat er gelebt?

Eigens aus seinem Einsatzgebiet in Usbekistan angereist war Pater Dr. Wojiech Kordas OFMConv., dessen im vergangenen Jahr erschienene Dissertation "Mut zum Widerstand. Die Verweigerung des Fahneneids von Pater Franz Reinisch als prophetischer Protest" (Pallottinische Studien zu Kirche und Welt, Bd. 4, St. Ottilien 2002) sich mit den Dimensionen der Gewissensentscheidung Pater Reinischs auseinandersetzt. In seinem Vortrag zum 100. Geburtstag Pater Reinischs ging er auf der Grundlage intensiven Quellenstudiums der Frage nach, aus welcher Spiritualität Franz Reinisch gelebt hat und suchte der spirituellen Entwicklung eines Mannes auf die Spur zu kommen, der auch heute noch Ausstrahlung hat.

Dabei unterschied Kordas fünf Wachstumsringe, die sich zeitlich mit der Prägung in Kindheit und Elternhaus, der Schul­ , Studien­ und Noviziatszeit, der Zeit in und mit Schönstatt und seiner Entscheidung zur Verweigerung des Fahneneides, dem Reifen in der Haft und schließlich dem letzten Aufstrahlen in seinem Erbe finden.

Akribisch genau zeichnete Pater Kordas unter dem Titel "Die Spiritualität der kleinen frommen Akte" die spirituelle Grundprägung des jungen Franz Reinisch in seiner gesunden, tiefreligiösen Familie nach, wobei die marianische Frömmigkeit der Eltern eine besondere Rolle spielte. In den zahlreichen Ortswechseln seiner Kindheit bleibt die Beziehung zu Maria und das Pilgern zu ihren Gnadenbildern ein Ruhepunkt.

Die Spiritualität des grenzenlosen Gottvertrauens

"Unbeweglich wie die Berge unserer Heimat ­ steh unser Glaube an Jesus Christus und Maria", derf Wahlspruch der Studenten­Verbindung "Leopoldina" wird Reinischs Leben bis in die letzte Stunde prägen; in der "Spiritualität des blühenden seelischen Frühlings" seiner Schul­ und Studienzeit nehmen, so Kordas, die dreißigtägigen Exerzitien in Grenzach­Wyhlen eine Schlüsselrolle ein, bei denen vermutlich sein Entschluss zum Priestertum reifte. Die Begegnung mit Pallottiner­Frater Richard Weickgenannt in Brixen wird entscheidend für seinen Weg zu den Pallottinern, bei denen er 1928, wenige Monate nach seiner Priesterweihe, das Noviziat beginnt. Bereits damals ist er, so zeigen Aufzeichnungen, mit der Spiritualität des Persönlichen Ideals in der Prägung durch P. Ferdinand Kastner SAC bekannt. Seine "Zigarettenkrise" im Noviziat, die ihn beinahe dazu bringt, mit einem Sprung über die zwei Meter hohe Mauer das Noviziat zu beenden. Es ist wohl eine Begegnung mit Maria an der Lourdesgrotte, die ihn nach dem ersten missglückten Sprung zum Bleiben bringt. Die Klarheit und Radikalität seiner Entscheidungen spiegelt sich auch in diesem "Abenteuer". 1933 entdeckt er die Zeitschrift Sal Terrae, die von der Schönstattbewegung vor allem für im pastoralen Dienst stehende Priester herausgegeben wird. Es ist sein erster Kontakt mit Schönstatt; "von da an hat er alles verschlungen, was von Schönstatt kam", erklärt Pater Kordas. Die spezifische Ausdrucksweise Schönstatts in der Diktion von Pater Kentenich lernt er erst bei ersten eigenen kurzen Schönstattaufenthalten kennen. Seine tiefere Beziehung zu Schönstatt wird gebahnt, so Kordas, durch die Weihe an die MTA, die bereits 1934 alle deutschsprachigen Pallottinerprovinzen vollzogen haben. Zentral wird dabei für Reinisch die Begegnung mit Pater Kentenich, die der Referent als "eine außergewöhnliche Glaubenserfahrung"; Pater Reinisch wächst hinein in die Spiritualität des unbegrenzten Gottvertrauens. Die Prägung durch Schönstatt ist die tiefste, die er erfährt: seine Gefängniszeit, so Kordas, hat er ganz aus der Spiritualität Schönstatts gelebt und gestaltet. Pater Kentenich ist der Einzige, der ihn in seiner Entscheidung, den Fahneneid zu verweigern (mit der Konsequenz des sicheren Todes) unterstützt; selbst Gefangener der Nationalsozialisten im Gestapo­Gefängnis Koblenz und danach im Konzentrationslager Dachau, führt er ihn auch noch 1942 in Briefen in die Tiefen der Inscriptio und die "Fruchtbarkeit des gefährlichen Lebens", in die Ganzhingabe und das "verklärte Opferleben". Pater Reinischs am 9. August verfasstes Sterbelied ­ "Du bist das große Zeichen, voll Licht im Sonnenglanz... Apostel lass mich werden, als Ritter stehen da, und sterbend will ich lächeln: O liebe MTA" ist eines der tiefsten Zeugnisse seiner Schönstattgebundenheit.

Die Spiritualität der schöpferischen apostolischen Liebe

"Paratum est cor meum", mein Herz ist bereit: wie ein roter Faden, so Kordas, durchzieht, auf der Grundlage der Bibel, der Inscriptio und Blankovollmacht und des Ringens um den "neuen Menschen", schöpferische apostolische Liebe die letzte Ausreifung Pater Reinischs. Als prophetischen Weckruf versteht er sein Sterben, aber auch als "Liebesopfer", aus dem Frucht werden soll. "Spiritualität der äußersten Transparenz" nannte der Referent das zur Botschaft gewordene Leben und Sterben Reinischs. Zum Abschluss nannte er einige aus etwa 100 Prinzipien, die er sich selbst aus den Gefängnisschriften Reinischs für sein eigenes Leben aufgestellt habe:

  • Sei nicht taubstumm gegenüber der Stimme des Gewissens
  • Treffe Gewissensentscheidungen für die Ewigkeit
  • Harre auf dem einmal eingeschlagenen Weg aus
  • Fühle dich persönlich verantwortlich für deine Sendung
  • Fordere mehr Spielraum für die Freiheit des Gewissens, wenn man dir Kompromisse aufdrängt
  • Sei bereit zum eindeutigen Ja oder Nein

Das Studium von Spiritualität und Gewissensweg Reinischs, so der Referent, sei noch lange nicht abgeschlossen. Immer wieder, so ergänzte auch Pater Josef Kordas, tauchten neue Zeugnisse auf ­ so wie eine gerade aufgefundene Durchschrift von Priesterexerzitien Pater Kentenichs mit dem Vermerk "Eigentum von Pater Reinisch". Was er darin an­ und unterstrichen habe, gebe sicher reichen Aufschluss.

Leuchtturm des Gewissens, Fels der Entschiedenheit

In einem Wortgottesdienstklang in der Hochschulkirche klang die Gedenkfeier zum 100. Geburtstag Pater Reinischs aus. In Gebet, Lied und Lesung ging es darum, die Botschaft für heute herauszulesen, den Zeugen des Glaubens und Gewissens sprechen zu lassen ins konkrete Hier und Jetzt. Ein Hohelied auf die Würde des Menschen, so Pater Heinrich Walter, Provinzial der Schönstattpatres, in seiner Ansprache, sei Reinischs Entscheidung und sein Sterben. Dass das deutsche Volk sich in weiten Teilen so Hitler zu Füßen geworfen habe, so Walter, hatte wohl auch mit einer gewissen Uniformität und Vermasstheit der Kirche zu tun. Menschliche Würde misst sich auch in der Möglichkeit und Wirklichkeit eigener Entscheidungen. Ins Heute gestellt: wer steht heute wie ein Franz Reinisch in prophetischem Protest auf gegen das Klonen von Menschen und Forschung an menschlichen Embryonen, um für die Würde dieser Menschen einzustehen?

Ein Leuchtturm des Gewissens sei Pater Reinisch, und auch heute brauchten wir solche Leuchttürme angesichts der "Alles kann Platz haben"­Mentalität, in der es schwer falle, Sicherheit zu finden über das, was Gott will. In aller Beliebigkeit und willkürlichen Verfügbarkeit gebe es aber bleibend diesen geheiligten Raum in jedem, der unantastbar sei. In Blick auf Pater Reinisch sei wohl hier seine Bindung an Maria zu verorten, die ihm auf dem "Gefahrenweg durch Einsamkeit und Leiden" (W. Willms, Wagnis und Liebe) Sicherheit gegeben habe. Eine Fackel des Glaubens sei Pater Reinisch; sein Sterbelied spreche von der erfahrenen Liebe Gottes, einer Grunderfahrung, die auch heute unbedingt wichtig sei. In der globalen Angebotsgesellschaft wird es schwer, eine Entscheidung zu treffen und vor allem dann auch dabei zu bleiben; ein Fels der Entschiedenheit wie Pater Reinisch stelle hier Richtmarken auf. An diesem 1. Februar, so Pater Walter, feierten wir einen Menschen, der nicht umsonst gelebt habe, der nicht umsonst gestorben sein, an dessen Erinnerung wir uns aufrichten könnten ­ so wie es die ostdeutsche Schönstatt­Mannesjugend in DDR­Zeiten vierzig Jahre hindurch Jahr um Jahr bei einem Aufenthalt in Brandenburg getan habe.

"Den Kopf hinhalten, wenn es um das Leben geht", unter dieses Wort stellte Pater Provinzial Fritz Kretz sein Grußwort. Pater Reinisch habe die Herausforderung an den Glauben an einen persönlichen Gott gemeistert und stelle uns vor die Herausforderung, uns zu fragen: Ist mein Glaube nur ein frommer Spruch oder wird es ernst, wenn es gilt, den Kopf hinzuhalten statt ihn feige einzuziehen? Als Provinzial der Augsburger Provinz, so schloss er, sei er froh, dass diese Gedenkfeier zusammen mit der Schönstatt stattfinde, denn diese Spiritualität habe Franz Reinischs Leben Richtung gegeben. Sein Leben und Sterben stelle uns alle vor die Frage: Lebst du wirklich, was du vorgibst zu leben?

DOKUMENTATION: Predigt von P. Heinrich Walter


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