Schönstatt - Begegnungen

Der Fränkische Kraftwerksverbund: Vernetzung der Marienwallfahrtsorte

Statement von Pfr. Josef Treutlein, Würzburg, Oktoberwoche 2001

Pfr. Josef Treutlein, Würzburg, Institut der Schönstatt-Priester
Foto: Brehm, POS © 2001
DOKUMENTATION

Bei der letzten Oktoberwoche sind mir fünf Dinge in die Seele gefallen, vor allem die Jahresparole:

  1. das wachsende Miteinander der Geistlichen Gemeinschaften
  2. das meditative Nachkosten des Hl. Jahres in Rom und in Schönstatt, besonders der 25. März und der 8. Oktober: Am Fest der Verkündigung des Herrn war der Hl. Vater in Nazareth, und hat in Verbindung mit allen großen Marienheiligtümern der Welt an diesem Tag das Geheimnis der Menschwerdung Gottes im Schoß der Jungfrau Maria gefeiert.
  3. Am Rosenkranzfest vertraute der Papst mit 1500 Bischöfen aus der ganzen Welt in einer großartigen abendlichen Lichtfeier auf dem Petersplatz das neue Jahrtausend der Gottesmutter an.
  4. die Vernetzung aller Schönstattheiligtümer am 22. Oktober
  5. das Buch "Mit Maria ins neue Jahrtausend" mit den ausgewählten Kentenich-Texten zur Sendung der Gottesmutter.
  6. die neue Jahresparole: "Vom Heiligtum aus – ein Netz der Liebe."

Diese 5 Dinge verdichteten sich in mir zu einem einzigen Impuls:

Was der Papst am 8. 120. 2000 in Rom getan hat, müßte die Basis auf möglichst breiter Ebene mitvollziehen. Zu diesem Zweck müßten sich die vielen fränkischen Marienwallfahrtsorte vernetzen. Und die Initiative müßte von den Geistlichen Gemeinschaften kommen. Also fange ich, für diese Idee Verbündete zu suchen.

Mit diesem Impuls fuhr ich von der Oktoberwoche heim nach Würzburg. Erste vorfühlende Gespräche zeigten mir: die Türen sind offen. Der Weihbischof – mein früherer Religionslehrer – war begeistert und sagte Unterstützung zu, falls so etwas zustande käme. Der Diözesanfamilienrat sah darin ein lohnendes Apostolatsprojekt auf sich zukommen, und bald hatten alle Schönstattgliederungen ihr Mittun zugesagt. Dann traten wir an die einzelnen Geistlichen Gemeinschaften heran: Würdet Ihr bei so etwas mitziehen? Die Reaktionen waren positiv – von vorsichtiger bis hin zu begeisterter Zustimmung. Ich stellte die Idee dem Bischof vor. "Eine gute Sache! Probiert es!"

Ich fragte den Seelsorgeamtsleiter, ob das Ordinariat uns Amtshilfe geben würde – durch Veröffentlichung im Diözesanblatt, durch Mithilfe des diözesanen Medienreferates und durch die Übernahme der anfallenden Kosten. Auch seine Reaktion war positiv: Wenn von der Basis gute Ideen kommen, unterstützen wir das!"

Jetzt hatte ich zwar Verbündete. Aber die Hauptarbeit kam erst noch. Es mußten ja die zuständigen Wallfahrtspfarrämter bzw. Klöster gewonnen werden. Also : Wer spricht welchen Pfarrer an? Einige einflußreiche Leute aus unseren Gliederungen teilten sich mit mir diese Arbeit auf. Ich nahm das Buch "Die marianischen Wallfahrten in der Diözese Würzburg" zur Hand. Dort sind über 45 Mariengnadenorte aufgeführt. Franken ist altes Marienland. Die Franken gehen gern auf Wallfahrt. In vielen Einzelgesprächen konnte ein Wallfahrtsort nach dem anderen für die Idee gewonnen werden. Ich hatte gedacht: Wenn 20 Wallfahrtsorte mitmachen, ist es viel. Im April hatten schon 27 zugesagt. Im Mai, zur Drucklegung der Plakate und Handzettel war klar: Die Feier wird an 43 Marienwallfahrtsorten stattfinden, und zwar am Sonntag, 7. Oktober. Das ist das Rosenkranzfest und genau ein Jahr nach dem Marienweihegebet des Papstes.

Inzwischen hatten sich die Vertreter der Geistlichen Gemeinschaften zweimal (bei mir im Pfarrhaus) getroffen. Ich spürte: Leute aus der Fokolarbewegung, von Sant´ Egidio, Emmanuel, und von der Charismatischen Erneuerung konnten sich die Idee so sehr zu eigen machen, dass sie aktiv mit einbezogen werden wollten. Andere – z.B. die Gemeinschaft Charles de Foucauld, GCL und Marriage Encounter, Cursillo und Fatima-Apostolat wollten die Sache durch gute Werbung unterstützen.

Im Vorbereitungskreis wurde auch das Motto geboren, unter dem die Feier stattfinden sollte: "Maria – Lichtblick für die Zukunft". Wir legten fest, welche Gestaltungselemente die Feier haben könnte: Wortgottesdienst mit Ansprache, Rosenkranzgebet, Lichterprozession und Weihegebet vor dem Gnadenbild. Wir sammelten Ideen für die Gestaltung von Plakaten, Handzetteln, Gebetsbildchen und Handreichungen für Wallfahrtsseelsorger, Vorbeter und Liturgiekreise. Wir überlegten Strategien für die Werbung, Plakatierung und Handzettelverteilung. Die einzelnen Geistlichen Gemeinschaften konnten sich einen oder mehrere Wallfahrtsorte aussuchen, wo sie schwerpunktmäßig die Gestaltung mit übernehmen wollten. Sant´ Egidio wollte zentral in der Würzburger Marienkapelle die Feier mitgestalten, die unser Bischof hielt. Die Fokolare luden ihre Leute ebenfalls dorthin ein. Die Charismatische Erneuerung machte sich vor allem für Maria Buchen im Spessart stark; die Gemeinschaft Emmanuel trat mit ihrem Chor, mit Vorbetern und mit ihrem Geistlichen Bundespräses aus Hildesheim in Retzbach am Main auf, wo unser Weihbischof die Predigt hielt. Der Geistliche Leiter unserer Cursillo-Bewegung, Domvikar Paul Weismantel, erstellte zusammen mit mir das Arbeitsheft mit den Handreichungen für die Feier.

Unsere Schönstatt-Gliederungen muß ich ganz besonders loben. Ausnahmslos alle beteiligten sich je nach ihren Möglichkeiten an insgesamt 18 Wallfahrtsorten – besonders die Mütter, die Familien, die Frauenliga, die Männer, die Jugend und nicht weniger als (sage und schreibe) 19 Priester aus Bund, Verband und Liga! Ich bin stolz auf meine Mitbrüder! Und wenn ich bedenke, dass mein Pfarrhaus für viele Wochen sozusagen Außenstelle des Medienreferates der Diözese war, und wenn ich zusammenzähle, wie viele Stunden meine Pfarrhausfrau allein durch Schreibarbeit, Botengänge und Telefonate in das Projekt investiert hat, dann muß ich sagen: Die Schönstätter Akademikerinnen-Liga, zu der Frau Shanel gehört, hat ebenfalls wesentlich mitgewirkt!

Durch die Ereignisse vom 11. September bekam die Feier noch einmal eine besondere Brisanz, und in der unmittelbaren Ankündigung konnten wir nun etwas sagen, was die Menschen aufhorchen ließ: Wir stellen dem Netzwerk des Terrors und des Hasses ein Netzwerk des Gebetes entgegen! Die Vernetzung aller fränkischen Marienwallfahrtsorte wurde nun mehr als wir voraussehen konnten, als das richtige, das positive Signal empfunden: "Netzwerk des Glaubens", "Netzwerk der Liebe", "Netzwerk fränkischer Frömmigkeit" – so stand zu lesen. Und wer konnte schließlich ahnen, dass am Abend des 7. Oktober der Krieg gegen Afghanistan begann? Genau zu der Zeit, als die Leute die Schreckensnachricht erfuhren, hieß es an 43 Wallfahrtsorten: "Maria – Lichtblick für die Zukunft". Besser hätte das Motto nicht passen können!

Die Resonanz war überwältigend. Etwa 14.000 Menschen haben an den Feiern teilgenommen. Das Wetter war bis in den Sonntag-Nachmittag regnerisch gewesen, aber der Abend war trocken und mild – genau richtig für die Lichterprozessionen. Von überallher erreichen mich seitdem Briefe, Mails, Zeitungsausschnitte und Telefonate mit Erzählungen und Echos. Unser Bischof hat in der völlig überfüllten Marienkapelle eine tolle Predigt über die himmlische Frau in der Apokalypse gehalten und war glücklich über die schöne Lichterprozession im Herzen der Stadt. Er hat sich persönlich bei mir bedankt und angeregt, wir sollten das irgendwie fortsetzen.

Der Weihbischof hat in Retzbach 500 Wallfahrer begeistert und sich bei den Emmanuel-Leuten bedankt, die dort mitgewirkt haben. Ich habe erfahren, dass an manchen Wallfahrtsorten auch viele Kinder, Jugendliche und junge Familien mitgefeiert haben. Die Frau eines Landrats hat eine evangelische Fürstin mitgebracht, die zutiefst gerührt war. An den meisten Wallfahrtorten hatten die Verantwortlichen nicht mit so vielen Menschen gerechnet.

Ich versuche abschließend eine vorläufige Auswertung des Projektes:

  1. Es gab zweifellos Pannen: die Arbeitshilfen und die Gebetsbildchen waren reichlich spät erst fertig, und die Auslieferung verzögerte sich.
  2. Öfter hörte man, viele Leute hätten nichts davon gewußt. Tatsache ist, dass die Plakate und Handzettel rechtzeitig in jedes Dekanat geliefert wurden und dass die Geistlichen Gemeinschaften zusätzlich – und das war das Neue! – Verteiler waren. Die Pressestelle des Ordinariats hatte rechtzeitig und sehr gut die Zeitungen und andere Medien beliefert. In vielen Zeitungen, im Sonntagsblatt der Diözese, im Radio, im Internet, in vielen Pfarrbriefen war die Marienfeier – teilweise sogar mehrfach – angekündigt. Im Amtsblatt der Diözese war die Feier zweimal angekündigt. Tatsache ist aber leider auch, dass viele, zu viele Pfarrer bzw. Pfarreiverantwortliche kein Wort dazu verlauten ließen, weder im Pfarrbrief, in der Gottesdienstordnung noch in den Vermeldungen. Ein Familienvater machte sich Luft: "Jede Kaffeefahrt vom Altenclub und jeden Mist vermelden sie am Sonntag, bloß so was nicht." Umso mehr darf man dankbar sein, dass trotzdem so viele Leute da waren.
    Wenn also die pfarramtliche Schiene nur ungenügend funktioniert hat, so war offensichtlich die andere Schiene entscheidend: die Werbung durch die Geistlichen Gemeinschaften. Das heißt im Klartext: Wir können von unten her etwas bewegen!
  3. Bei vielen Hauptamtlichen, Priestern wie Laien, geht die Klappe runter, wenn sie "Maria" oder "Papst" hören. So war es auch diesmal. Aber das normale "Volk", und zwar nicht nur die ältere Generation ist unvermindert ansprechbar für das Marianische, wenn es in einer guten Sprache und auf eine gemüthafte Art vermittelt wird, wenn eine Atmosphäre entsteht. So war es bei den Lichterprozessionen. Das Volk hat mit den Füßen abgestimmt und war begeistert. Ein Wallfahrtspater sagte angesichts der vielen Besucher: "Ich bin überwältigt."
  4. Die Diözesanleitung und viele Wallfahrtspfarrer freuten sich, dass diesmal das Marianische nicht aus der "Ecke rechtsaußen" kam, wo man schon seine Magenbeschwerden kriegen kann, wenn man auf die Bilder und Texte und deren zweifelhaften pseudomystischen Quellen schaut. Diesmal kam das Marianische von den neueren Geistlichen Gemeinschaften, die weithin anerkannt und deren Verantwortliche geachtet sind. Sehr oft hörte ich ausdrücklich Dank für die guten Texte, die auch über den Anlaß hinaus zu anderen Marienfeiern, Maiandachten, Rosenkranzandachten und Wallfahrten Verwendung finden können.
  1. Es gab ein paar wirklich gelungene "Synergie-Effekte", wo das Zusammenwirken von Geistlichen Gemeinschaften Wallfahrtsort und Dekanat geglückt ist. Wenn z. B.
    • ein ganzes Dekanat seine Dekanatswallfahrt eigens auf den Abend des 7. Oktober verlegte – das ist bei eingefahrenen Strukturen von Gremien gar nicht so leicht, aber ein junger Bundespriester brachte das fertig! Oder
    • wenn an manchen Wallfahrtsorten alle Pfarrer der umliegenden Gemeinden teilnahmen, oder
    • wenn, wie in Maria Buchen, das Wallfahrtswerk eng mit Schönstatt und der Charismatischen Erneuerung, aber auch mit dem zuständigen Dekan und dem Dekanatsjugendseelsorger zusammengearbeitet hat, so dass ganz viele jüngere Leute da waren, die gar nicht zum sonst gewohnten Wallfahrtspublikum gehören. Das scheint ein absolutes Highlight gewesen zu sein in Maria Buchen, mit mindestens 800 Leuten. Oder
    • wenn Pfarrer ihre Firmlinge oder ihre Grundschüler und die Kindergartenkinder mitgestalten ließen, oder
    • wenn in Würzburg der Bischof und die Innenstadtpfarreien zusammen mit Schönstatt und Sant´ Egidio zusammengearbeitet haben, so dass die Marienkapelle völlig überfüllt war.
  1. Schönstatt konnte andere Geistliche Gemeinschaften für die Gottesmutter begeistern. Ich bin bewegt, wenn ich die Echos der Verantwortlichen höre. Sie fühlen sich bestärkt.
  2. Nicht vergessen darf ich die Verbindung mit dem Hl. Vater. Sein Weihegebet für das neue Jahrtausend wurde gebetet und in hoher Auflagenzahl unter das Volk gebracht. Die meisten Leute hätten wohl nichts erfahren von seinen Anliegen, die er am 8. Oktober 2000 der Gottesmutter ans Herz legte. So aber kamen seine Anliegen und seine Marienliebe an die Basis, und wurden mit dem alten, kostbaren Erbe unseres fränkischen Landes, der Marienliebe und Wallfahrtstradition originell verknüpft. Es gibt wohl keine deutsche Landschaft, die ein so dichtes Netz an Marienheiligtümern hat wie Unterfranken. Dieses Netz kam am Beginn des neuen Jahrtausends neu zum Tragen.
  3. Unser Diözesanideal in Würzburg, an dem wir zur Zeit sehr intensiv arbeiten, lautet in seiner alten Fassung: "Vom Mitgründerheiligtum aus werde das Marianische Vaterreich in Franken". Der 7. Oktober war ein Beitrag dazu. Und die Jahresparole lautete: "Vom Heiligtum aus – ein Netz der Liebe". Selten hat uns eine Jahresparole so viel Freude gemacht.

Was eine Oktoberwoche doch alles bewirken kann!

Plakate und Materialien sind erhältlich bei Pfr. Josef Treutlein, J.M.Treutlein@t-online.de


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Last Update: 19.10.2001 17:57 Mail: Editor /Webmaster
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