Schönstatt-Bewegung
31. Mai 1949 - 31. Mai 1999
50. Jubiläum des Dritten Meilensteines der Geschichte Schönstatts
Hintergrundmaterial



Ein Zwischenruf

zur Feier des 31. MAI
zwölf Thesen - vierzehn Texte


Berg Sion, 19. März 1999

Vorüberlegungen


Die Vorbereitung der Feier des 50sten Jahrestages des 31. Mai 1949 hat in vielen Kreisen ein neues Bemühen ausgelöst, die Vorgaben, die P. Kentenich durch sein Tun im Kontext des 31. Mai für Schönstatt setzte, zu studieren und die darin gegebenen Aufgaben für die Schönstatt- Familie heute zu ermitteln. Das Briefdokument des Generalpräsidiums vom 1. Mai 1998

  • Internationale Jubiläumsfeier,
  • 31. Mai 1949 1999 Bellavista/Chile
  • Unser Verständnis des 31. Mai 1949
  • Brief des Generalpräsidiums

nimmt darin einen besonderen Platz ein. Der Brief bescheidet sich als Zeugnis über einen gewachsenen Konsens innerhalb dieses Gremiums. Nicht weniger und nicht mehr! Es ist daher auch anzunehmen, daß UNSER VERSTÄNDNIS nicht das der 'Schönstattfamilie schlechthin' einvernehmend meint, sondern den damaligen Stand des Konsens innerhalb eines in der Diskussion sich erlebenden Gremiums.

Unter dieser Voraussetzung ist es hilfreich, daß das Dokument das Gespräch über den 31. Mai 1949 'nicht abschließen, sondern in weite Kreise unserer Familie tragen' will. Im Sinne dieses Gespräches soll auch dieser Zwischenruf verstanden werden und das klärende Gespräch mit voranbringen, das uns im Blick auf das kommende Jubiläum des 31. Mai 1949 noch oft beanspruchen wird.

Die Thesen erarbeitete eine internationale Gruppe von Schönstatt-Patres. Konkreter Ausgangspunkt bildeten die sieben Thesen in der Publikation DER 31. MAI 1949 - VORGABE UND AUFGABE von F.J. Brügger, Essen 31.5.1998. Durch die hier vorgelegten Thesen und ihre kompakten Formulierungen soll ein Durchblick erreicht werden, eine sachgerechte Klärung und Gewichtung innerhalb der Fülle von Anliegen und Gesichtspunkten, die den Reichtum des 31. Mai ausmachen. Es geht also weniger um persönliche Erbauung.

In den Thesen zeichnen sich als zentrale Vorgänge im 31. Mai 1949 die fachliche REFLEXION unserer gesamten schönstättischen pastoralen Erfahrung und der DIALOG darüber in die Kirche hinein ab, was dann wiederum auch starke vom Gründer einkalkulierte RÜCKWIRKUNGEN auf das Leben im Schönstattwerk selbst impliziert. Ein solches Verständnis des 31. Mai signalisiert für die Schönstattfamilie in naher Zukunft große gemeinsame Anstrengungen.

Das Ganze entbehrt nicht einer beachtlichen Dramatik: Eine Verweigerung vor den historischen Kernvorgängen des 31. Mai, ihr Verschweigen oder ihre Rückstufung auf bisher Formuliertes oder in konkreter pastoraler Arbeit Erreichtes birgt für Schönstatt die Gefahr der Isolierung und der Behinderung seines Beitrags für die nachkonziliare Kirche.

MARIA, DIE MUTTER DER KIRCHE, soll uns im Coenakulum von Bellavista Gottes Geist erbitten. Er kann die nötige innere Einheit unter uns und mutige Handlungsbereitschaft erwirken und zu einem fruchtbaren Dienst an der Kirche und unserer Schönstattfamilie beseelen.

F. J. Brügger

Rückmeldungen und Stellungnahmen bitte über die e-mail Adresse: P.Bruegger@t-online.de


THESEN


Zum Verständnis vom 31. Mai

zwölf Thesen

1. Sendungspflicht Schönstatts - ad extra.

1.1. Die Sendung des Propheten des 31. Mai umfaßt die ganze Sendung Schönstatts,

1.2. Der Schritt im 31.5. 49 beruht auf einer Entscheidung unseres Vaters, das ganze Schönstatt ins Spiel zu bringen. Dies folgt für ihn aus der gläubigen Wahrnehmung, daß Gott Schönstatt bzgl. seines pastoralen Weges in eine prophetische Sendungspflicht für die Kirche genommen hat. Schönstatt soll in seinem Eigenleben nicht nur geduldet oder anerkannt werden. Es muß vielmehr darauf hinwirken, daß verantwortliche Kreise die Prinzipien seiner Pastoral und Pädagogik übernehmen und fruchtbar anwenden. Dies trieb unseren Vater an

1.3 Unser Vater ist zu der Überzeugung gelangt, daß der Lebensorganismus Schönstatt Modellcharakter hat. Für eine fruchtbare Rezeption seiner pastoralen Prinzipien muß auch Schönstatt selbst in seiner konkreten Ausprägung als Anwendung zukunftsträchtiger Pastoral anerkannt werden.

1.4. Der notwendige Dialog ad extra verlangt als Voraussetzung, daß der gesamte pastorale Weg Schönstatts in seinen Prinzipien reflexiv erfaßt und dargestellt wird. Unser Vater zielt dies im Kontext des 31. Mai unter der Perspektive des ORGANISMUSGEDANKENS an - und zwar

1.5 Das Zugehen auf die Kirche ist um der Sendung willen dringend notwendig. Dies erfordert zunächst, "Bundesgenossen" zu gewinnen, und somit etwas Anderes, als "nur apostolisch" tätig zu sein. Dies geschieht:

1.6. Die Visitation stellt innerhalb des Prozesses der Öffnung Schönstatts ad extra eine nicht beabsichtigte Zuspitzung und Herausforderung dar. Die Kritikpunkte im Visitationsbericht greift unserer Vater in seiner Antwort als Vorgabe für eine selektive Thematisierung pastoraler Prinzipien Schönstatts auf: der Prinzipien der Liebesbindung - der Freiheitspädagogik - der Kindlichkeit - des Gehorsams. Die Visitation bewirkt::

1.7. Auch wenn unser Vater am 31.5. unmittelbar kirchliche Autoritäten anspricht, ist die Zielrichtung seiner Öffnung Schönstatts ad extra auf die Kirche wie auf die Kultur gerichtet. Es ist Frage einer zukünftigen Taktik und des praktischen Vorsehungsglaubens zu entscheiden, wie und wann Bundesgenossen im kirchlichen bzw. kulturellen Bereich gesucht werden soll. Es gilt, durch die Kirche die Kultur zu beeinflussen, bzw. durch die Kultur, d.h. durch die weltlichen Sachbereiche Psychologie, Pädagogik, Soziologie .. die Kirche zu beeinflussen.

2. Entwicklung Schönstatts - ad intra.

2.1 Die reflexive Erfassung des pastoralen Weges Schönstatts und sein Dialog ad extra hat notwendige, vom Gründer einkalkulierte Rückwirkungen auf Schönstatt ad intra. Dies könnte bedeuten, daß man z.B.

2.2. Die Entwicklung Schönstatts seit 1949 verzeichnet in den nationalen Schönstattfamilien bzw. in den Bünden und Verbänden unterschiedliche Rezeptionen des 31.5.. Spirituelle und apostolische Intensivierungen sind zu beobachten. Was durch den 31.5.1949 für Schönstatt insgesamt speziell hinzukommen soll, nämlich sein pastorales Erbes reflexiv zu erfassen und in einen Dialog mit Verantwortungsträgern der Kirche zu vermitteln, das muß noch assimiliert, d.h. gezielt vorbereitet und koordiniert geleistet werden. Zur Einschätzung der Entwicklung seit 1949 kann festgehalten werden:

2.3. Der 31. Mai 1949 stellt heute je länger je dringlicher die Anforderung an die internationale Schönstattfamilie, ihre Pastoral gesamthaft zur Darstellung zu bringen und in einem gezielt gesuchten Dialog zu vertreten. Diese Anforderung anzunehmen, muß Mentalität zunächst einmal in den Priestergemeinschaften werden. Unser Arbeitsstil, Teambildung, die Reflexion unserer Pastoral und die Koordination von Initiativen zur Kontaktnahme zu kirchlichen Stellen muß sich davon mitbestimmen. In absehbarer Zeit könnte dies bedeuten:

2.4. Die geschichtliche Fügung, daß der Schritt vom 31.Mai von Südamerika aus geschehen sollte, verdeutlicht die Gesamtanlage der Schönstattfamilie in internationaler Multipolarität. Dies deutet der Gründer im Blick auf die Vision, daß Schönstatt zum Sammelpunkt verschiedener Träger von Erneuerungsbestrebungen in allen Ländern werden und so die Kirche in "eine neue Zeit" führen soll. Gleichzeitig sichert diese internationale Multipolarität für die Zukunft einen großen Reichtum schöpferischer Spannungen dadurch, daß

3. Profilierung des Propheten

3.1. In dem Prozeß, daß der Gründer bewußt auf die Kirche zugeht und den Dialog sucht, signalisiert der 31.Mai 1949 den Höhepunkt der Profilierung des Gründers als Prophet für die Kirche. Die konkreten Ereignisse um den 31. Mai demonstrieren zeichenhaft den Gründer der Schönstatt-Familie in Verbindung mit dem Heiligtum in Bellavista als ein prophetisches Charisma für die Kirche. Dies geschieht für P. Kentenich


Texte aus Dokumenten P. Josef Kentenichs


Die Texte werden jeweils in ihrer chronologischen Reihenfolge aufgeführt. Sie sind nicht Exklusiv und ließen sich leicht erweitern. Die Unterstreichungen wurden durch die Kommission vorgenommen.

1. Sendungspflicht Schönstatts - ad extra.

1.1. 01.10.48 Brief an P. Menningen

"Es kommt einmal die Zeit, wo erneut die Schuldfrage gestellt wird an den neuen Heimsuchungen, die über Europa hereinbrechen. Wir wollen Herz und Hände rein bewahren, weder peccata commissionis noch peccata omissionis uns zuschulden kommen lassen. Wer heute ein bewährtes Heilmittel gegen Zeitnöte und einen gesegneten Auf- und Ausbau der christlichen Welt- und Gesellschaftsordnung kennt und nicht den Mut hat, seine Überzeugung öffentlich zur Geltung zu bringen, wird sich später von schwerer Schuld nicht freisprechen können."

1.2. 09.11.48, Brief an die Artusrunde (auch für die Leitung der Schwestern)

"Die wichtigste Aufgabe liegt vorerst in der Klärung unseres Verhältnisses zum Episkopat. Ich habe Sie schon einmal bitten dürfen, bei der Diskussion nicht so sehr Schönstatt in den Vordergrund zu stellen, sondern mehr die Kirche. Der Schluß der Gründungsurkunde macht uns aufmerksam auf unsere Aufgabe im deutschen und europäischen Raum. Auseinandersetzung mit dem Episkopat darf sich bewußt werden, daß nunmehr die günstige Gelegenheit da ist, nach der Richtung vorzustoßen. Das Wort vom "Schatten des Heiligtums" hat sich in Beeinflussung der neuen Rechtsgesetzgebung in ungeahnter Weise erfüllt. Glückt es uns, den Episkopat aufmerksam zu machen auf unsere Erziehungsprinzipien und ihn dafür zu gewinnen, so ist das Wort in vertiefter Weise nach einer anderen Richtung wahr geworden."

1.3. 14.02.49 Brief an Msgr. Schmitz

"Vergelt's Gott für den Bericht und für alle kluge und umsichtige Sorge. Im Brief an P. Menningen habe ich auf einen Punkt aufmerksam gemacht, den Sie aber mehr als Frage auffassen mögen.
Ihr Bekenntnis und ihre Antworten bei fraglichen Punkten sind immer klar. Ob es nicht der Sache mehr dienen würde, wenn Sie alles mehr auf letzte Prinzipien zurückführen und ihre Bedeutung für die Gesamtkirche zeigten, um von da aus Licht fallen zu lassen auf unsere Schönstatt- Einrichtungen?"

1.4. 8.4.49 Brief an Weihbischof Stein

"Beim Zusammenbruch des Abendlandes sind Religion und Leben so innig miteinander verflochten wie Ursache und Wirkung. Nicht selten ist es recht schwer zu unterscheiden, ob die Religion die Kultur oder die Kultur das religiöse Leben und Streben innerlich angekränkelt hat. Der Kulturphilosoph kann sich jedoch nicht des Eindrucks erwehren, daß es an der Zeit ist, überall zum Letzten vorzustoßen und sich zu bemühen um eine Theologie, Philosophie, Psychologie, Pädagogik und Soziologie eines modernen christlichen Lebens. Das sind die Fragen, die ich gerne zur Diskussion stellen möchte.

Je mehr ich Religion und Kultur anderer Völker kennenlerne, je mehr ich unsere katholischen Kirchenlehrer miteinander vergleiche, um so bedeutungsvoller dünkt mich die ganze Problematik. Meine sogar, daß alle Erneuerungsbestrebungen unter Klerus und Volk nur dann einen gewissen Dauererfolg erwarten lassen, wenn die hier angeschnittenen Fragen neu überprüft, sachlich geklärt und auf das praktische Leben angewandt sind. Ich hoffe, daß unsere Hochschule in Schönstatt früher oder später wesentlich zur Lösung beiträgt. Freilich setzt das voraus, daß unsere Professoren sich wirklich bemühen, mit Wissenschaft auch Weisheit zu verbinden."

1.5. 10.05.49 Brief an Weihbischof Stein

"Aus mir wäre ich auf die Visitation nicht mehr zurückgekommen. Meine letzten Briefe hatten die Diskussion auf die von mir erstrebten Höhenlage geführt, auf der es sich nicht um Einzeldinge, sondern um Prinzipien handelt...

Am besten dürfte es sein, wenn ich versuche, im Anschluß an Ihren Brief Exzellenz den Schlüssel zum Verständnis meiner Handlungsweise zu geben. Wenn Exzellenz genauer zusehen, werden Sie bald finden, daß meine Briefe nicht primär an den Visitator, sondern an den Bischof geschrieben sind, der m.E. im Sinne Schönstatts für die Kirche eine Sendung hat. Die Visitation war für mich nur der Anlaß, nicht die Ursache für Herausstellung bestimmter Prinzipien. Wenn Sie es mir nicht übelnehmen, füge ich bei: Aus dieser Grundeinstellung heraus war für mich die Visitation lediglich ein Mittel zum besagten Zweck. Nicht mehr. Es kam und kommt mir zunächst gar nicht auf Rechtfertigung Schönstatts an, sondern lediglich auf unsere Prinzipien und ihre Brauchbarkeit für die Gesamtkirche. Darum habe ich das Resultat der Visitation nicht abgewartet, sondern sofort die Gelegenheit wahrgenommen, meine Aufgabe zu lösen...

Ich freue mich, es tun zu dürfen, teils weil das Wohl der Gesamtkirche in der heutigen bedrohten Lage mir sehr am Herzen liegt und ich der Meinung bin, daß unsere Auffassungen und Methoden der Kirche in dieser Situation dienen können, teils weil ich schon längst die Absicht hatte, die wesentlichen Prinzipien für die Leitung der Familie gedrängt niederzuschreiben und ihr Zwecks neuer Überprüfung und Entscheidung zur Verfügung zu stellen. Zu beidem gab sich jetzt willkommene Gelegenheit....

Ich glaubte es selber tun zu müssen, weil unter meinen Mitarbeitern keiner auf den angeregten Gebieten Fachmann ist.

Seit meiner Gefangenschaft sehe ich stärker noch als früher Schönstatt im Dienst der Kirche. Glaube meine Aufgabe zunächst darin erblicken zu dürfen, Grundsätze und Methoden, die sich bei uns bewährt haben, in die Kirche hineinzuleiten. Das war seither meine Hauptsorge. Die Sorge für Schönstatt und seine Rechtfertigung habe ich in ausgesprochener Weise der Gottesmutter überlassen.

Um eine ernste Diskussion in Gang zu bringen, wurde "Himmelwärts" veröffentlicht, das unsere Ziele und Prinzipien in denkbar schroffster Weise enthält. Es sollte die breiteste Öffentlichkeit auf uns aufmerksam machen, Widerspruch wecken und zum Studium und zur Auseinandersetzung anregen.

Bei der Diskussion um Schönstatt habe ich meinen Mitarbeitern immer empfohlen, nicht Schönstatt rechtfertigen zu wollen, sondern die Prinzipien, die dort eine Inkarnation gefunden, klar heraus- und der Kirche zur Verfügung zu stellen. So rücksichtslos wurde dieses Ziel von mir verfolgt, daß ich auch zur Zeit, als Schönstatt im Episkopat erneut - was ich selbst ersehnte - Gegenstand der Diskussion wurde, nicht aus meiner Reserve herauszubringen war. Von allen Seiten wurde mir geraten, - von unserem Generalat, von einflußreichen Prälaten und Exzellenzen in Rom, von befreundeten deutschen Bischöfen, von meinen geistreichsten und klügsten Mitarbeitern die Bischöfe zu besuchen, um ein Vertrauensverhältnis zu ihnen herzustellen, und dadurch den aufgeregten Wellengang wieder zu beruhigen. Meine Reaktion war entweder Schweigen oder Ablehnung. Ruhig verließ ich die Heimat, blieb im Auslande auch dann, als ich mehrfach um Rückkehr gebeten wurde. Meine Mitarbeiter waren in großer Verlegenheit. Sie glaubten, meine Zustimmung voraussetzen zu dürfen, und besuchten - wenigstens im allerletzten Augenblick - vor der Konferenz noch den einen oder anderen Bischof. Meine Antwort war, sie hätten meine Pläne gestört und den Triumph der Gottesmutter gehindert. .... Ich wollte erst volle dogmatische Klarheit und deswegen eine gründliche Diskussion, um nachher ein solches Vertrauensverhältnis fruchtbar pflegen zu können."

1.6. 5.06.1949 Brief an P. Hoffmann

"Ich glaube, die Zeit ist gekommen, stärker in kirchliche Kreise vorzustoßen, und halte den beschrittenen Weg - wenn er auch gefährlich ist - für den geeignetsten. Möchte gleichzeitig auch erreichen, daß man drüben mit Schönstatt mehr rechnet, als das bisher geschehen. Wenn wir auch nur dienen wollen, so ist es doch notwendig, daß wir von der kirchlichen Behörde aus - mehr als bisher - ernst genommen werden."

1.7. 20.08.1949 Brief an die Artusrunde und die Schwestern

"Was zur Aufknotung zu sagen ist, lernen wir wiederum vom 20.1.1942: Ernstmachen mit unserem Weiheakt, d.h. nachdem der Akt die Gefolgschaftstreue und das gegenseitige Verantwortlichkeitsbewußtsein so stark in den Vordergrund stellt, Ernstmachen mit der Anwendung der pädagogischen Prinzipien auf unsere eigene Gemeinschaft. Genauer gesagt: kraftvolles und erleuchtetes Ringen um den Idealstaat. Dadurch erreichen wir ein Doppeltes: Wir erfüllen die von der Gottesmutter verlangte Bedingung. Wir zeigen der Öffentlichkeit die Fruchtbarkeit und Brauchbarkeit unserer pädagogischen Prinzipien."

1.8. 20.08.1949 Brief an die Schwestern

"Achten Sie darauf, daß es mir nirgends zu tun ist um Rechtfertigung Schönstatts, wenigstens nicht direkt, sondern immer nur um Herausarbeitung der pädagogischen Prinzipien und um einen unverkennbar klaren Angriff gegen pädagogische Ideen und Gepflogenheiten in führenden Kreisen Deutschlands...

Eine von unseren Schwestern aus der Leitung meint, wenn ich herüber gekommen wäre, um mit Trier zu verhandeln, wäre der Sieg ein vollkommener gewesen. Sie hat offenbar den Zusammenhang nicht verstanden. Den Sieg Schönstatts muß die Gottesmutter selber verursachen. Ich ringe unmittelbar um Verkündigung unserer pädagogischen Prinzipien in den Raum der deutschen Kirche und um deren Anerkennung. Das ist mein Kampffeld. Nicht unmittelbar Schönstatt. ... Nur so erklärt sich mein weites Ausholen bei der Antwort auf den offiziellen Bericht. Hätte ich eine Rechtfertigung Schönstatts vor Augen gehabt, so wäre diese Methode durchaus unverständlich. ...

Ob und wieweit Sie insgesamt oder wenigstens einzelne aus unserem Kreise sich hineinwagen wollen und sollen in die Arena der unmittelbaren pädagogischen Auseinandersetzungen, muß Gott durch die Verhältnisse zeigen. Ich meinerseits habe jedenfalls die Absicht, den Kampf weiter zu führen, bis der liebe Gott durch das Gesetz der geöffneten Tür mir etwas anderes zeigt."

1.9. 02.04.1952 Brief an den Generalobern P. Turowski

"Ein gleiches gilt vom Einbau der Resultate psychotherapeutischer Forschung ins katholische Lehr- und Lebensgebäude. Was bei uns nach dieser doppelten Seite langsam aber sicher geworden, braucht das Urteil der Öffentlichkeit nicht zu fürchten und die Kritik der Zukunft nicht scheuen. Es hält in allem Zucht und Maß, kennt genügende Sicherungen vor Mißbrauch und trifft den Kern der heutigen Seele und Situation. Die Zeit arbeitet mit wachsender Schnelligkeit zu unseren Gunsten. Wenn ich mich nicht täusche, zwingt sie einfach die Kirche zu einer mehrfachen Umstellung in Theorie und Praxis. Wir - so dünkt mich - werden diese Wandlung noch erleben: so eindeutig ist Gottes Sprache durch Zeitgeschehen und Not der Seelen."

"Hoffentlich kommt bald der Augenblick, wo es möglich ist, das ganze einschlägige Material der Fachwissenschaft zur Begutachtung vorzulegen und von ihr die Gesetze herauslesen zu lassen, die dem vielgestalteten geistigen Gewoge zugrunde liegen und richtunggebend werden könnten für die Pädagogik der Zukunft."

1.10. Patresexerzitien, 4. 8. Nov. 1966, S. 306f

"Ich wehre mich dagegen, und zwar in der ausgesprochenen Absicht: Ich wollte nicht die Visitation, aber eine Studienkommission. Nachdem nun statt der Studienkommission die Visitation kam, wollte ich durch die Visitation die Gelegenheit haben, dem gesamten Episkopat darzustellen, wie ich persönlich den Zustand der Kirche und die Zukunftsgeschichte der Kirche sehe. Darauf kam es mir an. (Mir) hat also nicht genügt, daß gesagt wurde: Doch, doch, es ist recht so; nur weiter, auf das oder jenes muß man klugerweise achten. Deswegen den hingeworfenen Handschuh angenommen und für eine ausgedehnte wissenschaftliche Auseinandersetzung gesorgt. Ich darf erst noch einmal hervorheben, daß das nach großer, langjähriger Überlegung und mit sehr großem Ernste geschehen ist."

2. Entwicklung Schönstatts - ad intra.

2.1. 04.06.1949 Brief an Vikar Engel

"Die Auseinandersetzung darf aber auch noch einen anderen Zweck verfolgen: Wir müssen wieder wach werden in den eigenen Reihen. Freilich muß ich fürchten, daß wir vielfach zu müde geworden sind. Jedenfalls sollte die Leitung sich angelegentlichst damit auseinandersetzen."

2.2. Vortrag im Heiligtum von Bellavista am 31.5.1949

"Es ist eine geschichtliche Tatsache, daß Schönstatt zu uns gekommen ist, Alt-Schönstatt zu Neu-Schönstatt. Von heute ab haben wir - so dünkt mich - die Aufgabe, von hier aus dafür zu sorgen, daß Neu-Schönstatt den Weg nach Alt-Schönstatt zurückfindet. Der Gnadenstrom, der von drüben in der Fülle der Dritten Gründungsurkunde hierher geflutet ist und ständig weiterflutet, möchte wieder zu Quelle zurück und dorthin reichen Segen bringen. Das dürfte der tiefe Sinn der heutigen Feier sein. Sie ist beides gleichzeitig: beglückende Gabe und bedrückende Aufgabe."

3. Profilierung des Propheten

3.1. 31.05.1949 Brief an den Erzbischof von Trier

"Ich bedauere, daß ich dem Hochwürdigsten Herrn Visitator widersprechen muß. Wegen Ihrer persönlichen Verbundenheit mit ihm muß ich fürchten, auch Exzellenz zu verletzen, bitte aber, darin keine Spitze zu erblicken, sondern lediglich den Ausdruck der Liebe zur Kirche."

3.2. 31.5.1949 Vortrag im Heiligtum von Bellavista

"Sie dürfen in Ihrer Art diese Last mittragen und die Aufgabe der Familie teilen. Wir müssen damit rechnen, daß die Arbeit in der Heimat edle Herzen tief verwundet, daß sie helle Empörung weckt und machtvoll ausholende Gegenschläge veranlaßt. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn sie eine starke geschlossene gemeinsame Gegenfront einflußreicher Männer gegen mich und die Familie auf den Plan ruft. Menschlich gesprochen müssen wir endlich damit rechnen, daß der Versuch gänzlich mißglückt. Und trotzdem dürfen wir uns von dem Wagnis nicht dispensiert halten. Wer eine Sendung hat, muß sie erfüllen, auch wenn es in den dunkelsten und tiefsten Abgrund geht, auch wenn Todessprung auf Todessprung verlangt wird! Prophetensendung schließt immer Prophetenlos in sich."




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Letzte Aktualisierung: 04.06.99, 23:59
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