Zum Weiterdenken - Considerations - Para reflexionar

Liebesbündnis - Covenant of Love - Alianza de Amor

 

Gemeinschaft des Glaubens im Liebesbündnis

Predigt von Erzbischof Robert Zollitsch, Freiburg, am 18. Oktober 2003 in der Pilgerkirche

SCHÖNSTATT, Erzbischof Robert Zollitsch

Charla de Mons. Robert Zollitsch: "Comunión en la fe, comunión en la Alianza de Amor."

Sermon of Archbishop Zollitsch: Communion in faith, communion in the Covenant of Love

Predigt von Erzbischof Zollitsch: In der Gemeinschaft des Glaubens, in der Gemeinschaft des Liebesbündnisses

 
 

Oración en el Santuario Original

Prayer in the Original Shrine

Gemeinsames Gebet im Urheiligtum

 

Fotos: POS, Brehm © 2003

 

Es war am 7. September 1964. Wir waren in Milwaukee zum Gelände für das neue Internationale Zentrum hinausgefahren und gingen vom Haus hinüber zum Heiligtum. Es stand im Rohbau. Das Dach war bereits aufgeschlagen, aber noch nicht gedeckt. Eine junge Marienschwester war uns vorausgeeilt und stand im offenen Dachgiebel, als wir ankamen. Herr Pater breitete beide Arme weit aus und rief lachend zur Schwester hinauf : "Springen Sie!". Sie antwortete ganz spontan: "Ja, aber in Vaters Herz."

I. Milwaukee

Diese kleine Episode, die ich als Seminarist vor 39 Jahren mit unserem Vater und Gründer in Milwaukee erlebt habe, begleitet mich seit dieser Zeit. Sie ist für mich wie ein Schlüssel zur Person und zum Charisma unseres Gründers und seiner Gründung. Das gehörte ja zu den großartigen Erfahrungen zahlloser Menschen, die ihm begegneten: Er hat die Menschen angenommen, öffnete sich für sie. Sie waren wichtig für ihn. Sein Herz stand für sie offen. Er nahm sie in sein Herz und konnte so vielen Vater werden und helfen. Denn Liebe sieht mehr.

Als damaliger Vorsitzender der Romkommission unserer Gemeinschaft machte ich auf einer Romreise auch einen Besuch im Generalat der Pallottiner bei meinem Landsmann, dem Pallottinergeneral P. Martin Juritsch. Dabei erzählte er mir von seiner Begegnung, die er als Professor von Untermerzbach im Rahmen eines Verwandtenbesuches in den USA mit Herrn Pater Kentenich hatte. Er fasste zusammen: "Nie in meinem Leben fühlte ich mich von einem Menschen so ernst genommen wie von ihm in diesem Gespräch."

"Herr, gib mir Seelen", Herr, gib mir Menschen! Das war die zentrale Bitte unseres Gründers, nicht die um Macht oder Einfluss. Er hörte zu, nahm die Menschen an und leitete sie an, den Weg ihres Lebens im Licht des Glaubens zu sehen und zu gehen. Mehr noch: Er ging mit den Weg des Glaubens. Sie durften sich in seinem Glauben festmachen, in seinem Glauben mitglauben und darin die Kraft für den Alltag finden. Ich kannte Schönstatt seit Jahren, als ich 1964 zu diesem Besuch des Gründers nach Milwaukee aufbrach; und wir hatten uns als Theologen in unserem Kurs in den Jahren zuvor sehr intensiv, auch theologisch, mit unserer Welt auseinandergesetzt. Was jedoch Gemeinschaft des Glaubens existentiell bedeutet, was Gemeinschaft des Glaubens aus dem Liebesbündnis miteinander im alltäglichen Leben wirklich ist, habe ich in jenen zwei Wochen mit unserem Gründer in Milwaukee erfahren dürfen - in Gesprächen und Diskussionen, und nicht zuletzt bei abendlichen Spaziergängen mit ihm.

Es war sein Charisma, Menschen anzunehmen und ihnen Heimat zu geben - in seinem Glauben, ja in seinem Herzen. So kann ich Sie zum Thema der diesjährigen Oktoberwoche nur beglückwünschen: Sein Charisma ist ein Charisma für den Menschen. Ich habe mich gefreut, als ich auf dem Flyer für die

Oktoberwoche 2003 weiter las: "Ein Charisma, das seine Gründung einbringt in die Situation des Glaubens und in die Communio der Kirche. Ein Charisma, das wirksam werden soll als Lebenshilfe für gelingendes Menschsein heute".

II. Nueva Helvecia

Heute vor 60 Jahren, am 18. Oktober 1943, wurde in Nueva Helvecia in Urugugy das erste Filialheiligtum eingeweiht. Damit wurde ein Anstoß zu einer Entwicklung gegeben, die zu einem weltumspannenden Netz von Filialheiligtümern führte. Ich danke meinem früheren Münchner Mitstudenten, P. Heiner Hug, für sein gelungenes Werk, das alle Filialheiligtümer erfasst und uns die vielen Stütz- und Tankpunkte vor Augen führt.

Die Marianische Kongregation stand in Schönstatt vor dem Heiligtum. Sie gab es früher. Denn für den jungen Spiritual Pater Josef Kentenich war es aufgrund seiner angeborenen Idee und seiner eigenen Lebensgeschichte klar: Die große Erzieherin ist die Gottesmutter. Als der Provinzial der Kongregation das alte Michaelskapellchen als Versammlungsort schenkte und dieses zur Marienkapelle umgewidmet wurde, war klar: Jetzt hatte die angeborene Idee des Gründers, jetzt hatte sein Charisma, jetzt hatte sein Werk: die Marianische Kongregation in Schönstatl Heimat gefunden.

Die Lebensgeschichte vieler führt es uns vor Augen und lässt es uns ganz persönlich erfahren: Als Heiligtum der Gottesmutter ist dieses ehemalige Michaelskapellchen für viele, wie es in der Gründungsurkunde heißt, zur "Wiege der Heiligkeit" geworden, zur Heimat bei der Gottessmutter, der Mutter der Glaubenden: zur Heimat im Glauben. Wenn wir von der "Gnade der Beheimatung" sprechen, dann benennen wir ein ausgesprochenes Charisma unseres Heiligtums. Der Wunsch der Gründungsurkunde, dass die Gottesmutter von hier aus viele junge Herzen an sich ziehen möge, ist Wirklichkeit geworden. Im weltumspannenden Netz der Filialheiligtümer ist es für zahllose Menschen zur Heimat des Glaubens geworden. Die Gemeinschaft des Glaubens, die Gemeinschaft des Glaubens im Liebesbündnis lebt von der Communio der Schwestern und Brüder im Glauben. Und sie verortet sich und findet Heimat im Heiligtum der Gottesmutter, der Mutter der Glaubenden.

Ich habe diese Gemeinschaft des Glaubens im Liebesbündnis anlässlich meiner Wahl und Weihe zum Erzbischof von Freiburg ganz dicht und in vielfältiger Weise erfahren dürfen. Die Glückwünsche und E-Mails aus der Schönstattfamilie kamen aus der ganzen Welt. Kein Kontinent fehlte; ich habe die Länder gar nicht gezählt. Ich nehme die Gelegenheit heute gerne wahr, um allen dafür von Herzen zu danken. Die guten Wünsche und das Gebet lassen mich erfahren, dass ich nicht allein bin, sondern in der Gemeinschaft des Glaubens im Liebesbündnis von vielen mit getragen werde. Dies gibt Kraft, Mut und Zuversicht.

III. Rom

Die Gemeinschaft des Glaubens im Liebesbündnis ist weltweit; sie will anstecken und lädt ein, sich auf das Wagnis des Glaubens einzulassen. Das Liebesbündnis wurde uns geschenkt; doch wir haben es nicht für uns allein. Mein junger Freiburger Mitbruder Subdirektor Michael Gerber hat vorgestern den zweiten Vortrag dieser Oktoberwoche gehalten. Er lenkte unseren Blick auf die Kirche. Das "Matri-Ecclesia-Heiligtum" in Rom, das im kommenden Jahr eingeweiht wird, soll ein "Heiligtum für die Kirche" sein - im Zentrum, im Herzen der Kirche.

Die Gemeinschaft des Glaubens lebt Kirche und lebt von der Kirche. Die Kirche ist der Anfang des Reiches Gottes in dieser Welt. Sie ist unsere Mutter, auch wenn sie manche Runzeln und Schrammen trägt und heute in der Öffentlichkeit so oft geschmäht und als altmodisch abgelehnt wird, weil sie treu zu ihrem Herrn und der Herausforderung des Evangeliums steht. Wir haben vorgestern den fünfundzwanzigsten Jahrestag der Wahl Papst Johannes Pauls II. begangen. Unser Heiliger Vater Papst Johannes Paul II. hat viel bewegt und entscheidend zur Wende in Europa beigetragen. Er geht seinen Weg in uneingeschränktem Vertrauen auf die Gottesmutter: "Totus Tuus": Er hat sich ihr ganz anvertraut, ihr der Mutter und dem Urbild der Kirche, so wie es unser Gründer Pater Josef Kentenich getan hatte. Beide führen uns zur Gottesmutter, zur Mutter der Kirche und damit in ihr Herz. Dafür steht das Heiligtum der Dreimal wunderbaren Mutter in Rom.

Rom lenkt unseren Blick auf die ganze Kirche und damit auf die ganze Welt. Gemeinschaft des Glaubens, Gemeinschaft des Glaubens im Liebesbündnis bedeutet nicht nur Glauben gemeinsam zu leben und sich darin gegenseitig zu bestärken. Die Gemeinschaft des Glaubens ist nicht nur offen für die anderen. Sie will geradezu ansteckend wirken, missionarisch sein, ja sie will mit geradezu unternehmerischem Engagement das Evangelium des Lebens verkünden, den Glauben weiter geben. Daher ist der Bau des "Matri-Ecclesiae-Heiligtum" in Rom nicht nur das Symbol für unsere Heimat im Herzen der Kirche. Es ist eine Herausforderung für die ganze internationale Schönstattfamilie zum Einsatz für unseren christlichen Glauben und das Liebesbündnis. Machen wir uns auf den Weg zu den Menschen wie die Pilgermadonna und mit ihr! Helfen wir, dass sie einen Platz in vielen Häusern, ja in vielen Herzen bekommt!

Wir werden zum Schluss dieses Gottesdienstes hinüber zum Urheiligtum ziehen und dort unser Liebesbündnis mit der Gottesmutter erneuern. Wir werden die Krüge aus den Heiligtümern mitnehmen mit unseren Beiträgen und unserem Bemühen, im Glauben Gott immer neu im Alltag zu entdecken. Tun wir dies als Gemeinschaft des Glaubens im Liebesbündnis mit der Bereitschaft, das uns Mögliche dazu beizutragen, dass wir im Herzen der Kirche beheimatet sind und möglichst viele Heimat in diesem Herzen, im Herzen der Gottesmutter finden. Amen.


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Last Update: 19.10.2003 Mail: Editor /Webmaster
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