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 published: 2006-08-15

Rückblick auf den Kongress der Kirchlichen Bewegungen und Neuen Gemeinschaften Pfingsten 2006

Marianne Mertke und Maria Luisa Merchant


Maria Luisa Marchand:

Als ich die Einladung bekam, unseren Schönstatt-Frauenbund beim zweiten Weltkongress der kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften zu vertreten, zögerte ich keine Minute, denn ich erkannte, dass es ein Geschenk war und eine große Verantwortung. Bald hatte ich eine große Freude, als ich erfuhr, dass Marianne Mertke mich begleiten und mit mir den Frauenbund repräsentieren würde.

Immer wenn es sich um eine Aufgabe mit einem göttlichen Ziel handelt, gibt es vielfältige widrige Umstände zu bewältigen, und so war meine Vorbereitung: Probleme bei der Arbeit, wirtschaftliche Krise in Puerto Rico. Aber zum Schluss siegte mein Wunsch! Ich konnte nach Schönstatt fahren.

Als ich in Haus Mariengart ankam, erhielten wir eine Einladung von Herrn Pater Walter für ein Treffen im Vaterhaus auf Berg Sion am 29. Mai, und somit konnte ich die Delegation der Schönstattbewegung kennen lernen. Es waren: Pater Michael Marmann, Schwester M. Nurit Stosiek, Herr Juan Enrique Coeymans (Familienbund/Chile). In Rom wollte noch Frau Cecilia Sturla (Institut der Familien/Argentinien) zu uns stoßen. Schwester Kornelia vom PressOffice war wegen der Berichterstattung im Internet dabei. Es wurde beschlossen, dass Herr Coeymans und ich beim Kongress jeweils ein dreiminütiges Statement geben sollten. Er würde von seinen lebendigen Erfahrungen mit Schönstattfamilien sprechen und ich über das Thema: Maria und Jesus in den Ärmsten entdecken. Das ergab sich aus meiner beruflichen Tätigkeit in Puerto Rico. Ich bin Kinderärztin und arbeite mit behinderten Kindern.

Am 30. Mai brachen wir nach Rocca di Papa auf. Nach ca. neun Stunden Fahrt mit Zug, Flugzeug, Metro und Bus kamen wir nach "Mondo Migliore", dem geistlichen Tagungszentrum, das den Oblatenpatres der Jungfrau Maria gehört. Es liegt ungefähr 25 km von Rom entfernt und 500 m über dem Meeresspiegel. Von einer Aussichtsplattform vor dem Haus hat man einen schönen Blick auf den Albaner See und Castel Gandolfo. Auf dem Gelände gab es eine Kirche, vier Kapellen, einen Hörsaal, 420 Zimmer, Konferenzsäle, eine Bar, einen Park... Dort kamen zur Gruppe dazu: Schwester Elisabeth Parodi, Pater Sidney Fones (der die Lateinamerikanische Bischofskonferenz CELAM repräsentierte) und Frau Cecilia Sturla. So waren wir insgesamt acht Schönstätter beim Kongress.

In dem Gang, der von der Eingangshalle zum Wohntrakt führte, waren Tische vorbereitet, um Veröffentlichungen über die Gemeinschaften und anwesenden Bewegungen auszulegen. Dort legten auch wir Material über unseren Bund und Informationen über Gertraud von Bullion in verschiedenen Sprachen aus. Die erste Begegnung mit den übrigen Kongressteilnehmern war dann das Abendessen in einem riesig großen Speisesaal.

Marianne Mertke:

Der II. Weltkongress stand unter dem Leitwort: Die Schönheit, Christ zu sein und die Freude, es anderen mitzuteilen.

Schönheit - ist das nicht ein ungewöhnliches Thema für einen kirchlichen Kongress, zu dem der Päpstliche Rat für die Laien eingeladen hatte? Nicht für Schönstätter, möchte ich nach den Erlebnissen dieser Tage sagen, und nicht für die Teilnehmer so vieler geistgewirkter Aufbrüche der Kirche in unserer Zeit, die wir dort in Rocca di Papa trafen. Wie kam es zu diesem Thema und worum ging es bei diesem Kongress? Er greift ein Anliegen unseres Heiligen Vaters auf, das in seinem bisherigen Pontifikat schon sehr deutlich wurde, ein Anliegen, das uns aus seinen Ansprachen entgegenkommt, das ausstrahlt und viele Menschen anzieht: Christsein ist nicht zuerst Ethik und Moral, Christsein bedeutet zuerst eine große Offenheit für das Wahre, das Gute, das Schöne im Menschen und in der Welt, für Gott, die ewige Wahrheit, Güte, Schönheit. Es ist schön, ein Christ zu sein! Das heißt keineswegs, dass die Fragen von Ethik und Moral unwichtig wären, aber sie müssen herausfließen aus dieser Grundlage des Christseins.

In seiner Botschaft an den II. Weltkongress, die zu Beginn unserer ersten Zusammenkunft am Mittwochmorgen im großen Auditorium verlesen wurde, bekräftigt der Heilige Vater dieses sein Herzensanliegen und dankt den Bewegungen und Gemeinschaften für ihr Wirken als "leuchtende Zeichen für die Schönheit Christi und der Kirche, seiner Braut". Das Wort bei der Übernahme seines Petrusamtes am 24. April 2005 begleitete uns in diesen Tagen; wir fanden es auf dem Titelblatt unseres Kongressprogramms: "Es gibt nichts Schöneres, als vom Evangelium, von Christus gefunden zu werden. Es gibt nichts Schöneres, als ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken." Christsein ist für unseren Heiligen Vater also zuerst ein Zu-Christus-Gehören und durch ihn ein Hineingezogenwerden in das Schönste, das es gibt: in die Liebe des dreifaltigen Gottes. "In Christus treffen die Schönheit der Wahrheit und die Schönheit der Liebe aufeinander." Benedikt XVI. spricht von der "Ordo Amoris", der Ordnung der Liebe und einem Leben und einer Welt, die dieser Ordnung der Liebe entspricht. Und am Schluss seiner Botschaft weist er auf den Menschen hin, der dieses Ideal der Schönheit Christi und seiner Kirche vollkommen darstellt: Maria, die Frau von der Sonne umkleidet.

Kommt uns da nicht die ganze Welt unseres Vaters und Gründers, das, was er "Weltgrundgesetz der Liebe" nennt, seine ganzheitliche marianische Sicht, geradezu entgegen? Ich habe das Empfinden, dass wir das als Schönstätter und als Mitglieder des Fraunbundes noch viel mehr auswerten und uns fragen sollten: Was will uns Gott dadurch sagen?

Maria Luisa Marchand:

Am Mittwoch begann der Kongress offiziell mit der hl. Messe (Fest Mariä Heimsuchung, das in der Weltkirche, außer im deutschen Sprachraum, am 31. Mai begangen wird). Die Messe wurde von Erzbischof Stanislaw Rylko, dem Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Laien, gefeiert.

Danach begaben wir uns in den großen Hörsaal, wo eine Simultanübersetzung in Englisch, Spanisch, Italienisch und Französisch angeboten wurde. An diesem II. Weltkongress nahm die doppelte Anzahl von Bewegungen und neuen Gemeinschaften teil wie im Jahr 1998, evangelische und orthodoxe Vertreter eingeschlossen.

Marianne Mertke:

Nach der Begrüßung aller Teilnehmer durch Herrn Guzmán Carriquiry, Untersekretär des Päpstlichen Rates, und der Botschaft des Hl. Vaters gab Erzbischof Rylko eine Einführung in den Kongress. Er sprach von einem "Klima von Pfingsten", in dem das Treffen stattfindet, und erinnerte an den ersten Kongress dieser Art auf Initiative von Papst Johannes Paul II. 1998. Bei dieser Gelegenheit hatte der jetzige Hl. Vater, noch als Kardinal Ratzinger, einen grundlegenden Vortrag über den theologischen Ort der Bewegungen gehalten. Der Kongress soll, so der Wunsch des Präsidenten, wie ein Coenaculum sein, mit Maria im Gebet versammelt, damit der Heilige Geist das Angesicht der Erde erneuert. Der Säkularisierungsprozess, in dem sich unsere Gesellschaften befinden, verweist auf die grundlegenden Fragen der christlichen Existenz. Dabei haben die Bewegungen und neuen Gemeinschaften eine unersetzliche Aufgabe. Sie sind die charismatische Dimension der Kirche, die zusammen mit der amtlich verfassten im Heiligen Geist den einen Organismus der Kirche bildet. In diesem Verständnis bedeutet Einheit nicht Monotonie, und Vielfalt fällt nicht dem Zerfall und der Zerstörung anheim. Die Verbundenheit der Bewegungen mit den Nachfolgern der Apostel ist Zeichen ihrer kirchlichen Identität.

Der Erzbischof nannte die Bewegungen eine der großen Früchte des II. Vatikanischen Konzils und stellte die Frage nach deren kirchlicher Reife. In der Schönheit ihrer Charismen spiegele sich nicht "menschliches Verdienst, sondern Geschenke der Gnade". Welches sind die "reifen Früchte", die die Neuaufbrüche auf dem Hintergrund der Situation von Kirche und Welt hervorbringen? Es ist ihre Aufgabe, durch ihr je eigenes Charisma Christus heute neu in die Herzen der Menschen zu tragen. Zu dieser Berufung gehört es auch, Zeichen des Widerspruchs zu sein in der Nachfolge des Herrn, der seinen Jüngern den Auftrag gab, Licht, Salz und Sauerteig zu sein. Diese Erziehung zur christlichen Radikalität muss gepflegt werden. Das erfordert immer wieder eine Bekehrung des Herzens. Kirchliche Reife bedeutet daher, Treue zum eigenen Charisma und Erneuerung der ersten Liebe zu ihm. "Das Vorbild der kirchlichen Reife der Bewegungen findet hier seinen Schlüssel ... und sein Vorbild ... in der Person Christi, dem Schönsten der Menschen." Er ist derjenige, der die Existenz des Menschen radikal verändert. Wir müssen uns die sehr ernste Frage stellen, ob wir nicht nur äußerlich Christen sind, ob wir wirklich das Geheimnis Christi suchen und finden, in seine Nachfolge treten. Die Menschen unserer Zeit sagen: Wir wollen nicht, dass ihr nur von Christus redet, sondern dass ihr uns in eurem Leben die Schönheit Christi, die Schönheit des Glaubens, die Schönheit der Familie usw. zeigt. Das authentische christliche Leben ist das Zeugnis der Bewegungen für die Welt heute. Christentum ist nicht eine Utopie, es ist eine Wirklichkeit, die ausstrahlt.

Dieser gehaltvollen Einführung folgte der Vortrag von Christoph Kardinal Schönborn OP, Erzbischof von Wien: Christus, der Schönste unter den Menschen. Er trug seine Überlegungen in Französisch vor. Dabei ging er von der Anziehungskraft aus, die Ikonen bis heute in der Kirche des Ostens und des Westens auf die Menschen ausüben. In der Ikone spiegelt sich das einzigartige, das göttliche Antlitz Christi, des Sohnes Mariens, wider. Darum geht es bei der Ikone nicht um eine ästhetische oder eine Kunstfrage, sondern um eine Glaubensfrage. Die Ikone verdeutlicht, dass die Menschwerdung Jesu Christi nicht nur das entscheidend verändert, was wir von Gott erkennen können, sondern auch die Frage nach dem Menschen, nach seinem Wirken und Auftrag in der Welt gewandelt hat. Christus selbst ist die einzigartige Ikone Gottes. Der Mensch ist Bild, ist Ikone Gottes, ist Ort seiner Gegenwart. Und durch diese Zweitursachen handelt Gott. Wir erleben heute eine Krise des Menschen, weil der Mensch Gott und sich selbst nicht mehr so sehen kann. Kardinal Schönborn wies auf den Unterschied zwischen dem christlichen und dem islamischen Gottes- und Menschenbild hin: Im Islam wird niemals vom Menschen als Bild Gottes geredet werden. Gott ist einzig. Niemand kann ihn repräsentieren oder symbolisieren. Der jüdisch-christliche Glaube hingegen besagt, dass der Mensch geschaffen ist nach Gottes Bild, ihm ähnlich. Auf der Grundlage dieses Gottes- und Menschenbildes wurde, vor allem in der christlichen Kunst des Westens, vielfach das sehr konkrete Menschsein Christi dargestellt.

Schönheit ist "splendor veritatis" (Widerschein der Wahrheit) und "splendor boni" (Widerschein des Guten). Das gibt uns eine neue Sicht von Schönheit und vom Menschen, der durch die Erbsünde verwundet ist. Auftrag des Christen ist es, diese Schönheit Christi zu entdecken und nachzuahmen. Christus ist Schönheit und führt auf den Weg der göttlichen Schönheit. In ihm ist Schönheit auch Barmherzigkeit. Wir sehen ihn auch in seinem dornengekrönten Antlitz. In unserer Welt der Härte und Unmenschlichkeit lehrt uns Christus diese andere Schönheit. Zum Schluss seines Vortrags sprach Erzbischof Schönborn noch zwei Fragenbereiche an: 1. Wieso empfinden wir heute Kunst manchmal als so wenig schön? Ist diese Kunst nicht auch ein Ausdruck der Krise und Zerrissenheit des heutigen Menschen, einer Krise der Menschheit? 2. Was ist verloren gegangen an der Schönheit der Liturgie? Dient sie dazu, uns in Christus einzuwurzeln, ihn im Glauben als unter uns gegenwärtig zu begreifen?

Nach einer wohlverdienten Pause gaben Vertreter verschiedener Bewegungen in einem Podiumsgespräch ihre Beiträge zum Thema "Begegnung mit der Schönheit Christi". Es sprachen Vertreter der Fokolarbewegung, von Communione e Liberazione, der Katholischen Charismatischen Erneuerung, der Gemeinschaft "Chemin Neuf" und die Gründer der Gemeinschaften "Neocatechumenaler Weg", Kiko Aguëllo, und "die Arche", Jean Vanier.

Maria Luisa Marchand:

Da die Delegierten ihre Ausführungen sehr ausgedehnt vorgetragen hatten, waren keine Statements aus dem Plenum mehr möglich.

Um 15.15 Uhr trafen sich die Schönstätter in einer der Kapellen zu einer kurzen Gebetszeit in Erinnerung an den 31. Mai 1949.

Der zweite Tag, Donnerstag, 1. Juni, begann ebenfalls mit der hl. Messe, zelebriert von Kardinal Carlo Caffara.

Marianne Mertke:

Am Beginn unseres Arbeitsmorgens stand wieder ein Vortrag. Diesmal sprach, ebenfalls in Französisch, Kardinal Marc Ouellet PSS zu uns, Erzbischof von Quebec und Primas von Kanada. Sein Thema war: Die Schönheit des Christseins. Er ging von einem Wort des Schweizer Theologen Hans Urs von Bathasar aus: Schönheit ist die Manifestation Gottes in der Schöpfung. Was empfinden wir als schön? Ein Kunstwerk, ein geniales Musikstück, eine wunderbare Landschaft, das innige Verhältnis von Mutter und Kind. Gott verherrlicht sich selbst in dem, was er geschaffen hat. Das sind die Zeichen seines Bundes mit der Schöpfung. Wir müssen uns die Gabe des Heiligen Geistes erbitten, die uns das Schöne entdecken lässt. Die Bewegungen sind aufgerufen, den Weg der Schönheit Christi zu beschreiten, dessen Haltung es immer war, den Willen des Vaters anzunehmen. In der Harmonie zwischen göttlicher und menschlicher Liebe liegt Schönheit. Es geht um die Gnade der Heiligkeit durch den Heiligen Geist, wobei unsere menschliche Liebe immer Antwort auf die göttliche Liebe ist. Christsein ist nie nur individuell. Darum betont der Heilige Vater in seiner Enzyklika "Deus Caritas est", dass es die Aufgabe des Christen ist, diese Harmonie von Güte, Freiheit und Liebe auszustrahlen. Christen müssen Seele der Welt sein, also dazu beitragen, dass sich Atmosphäre verändert. Bedingung dafür ist die Auseinandersetzung mit dem Geist der Welt. Der Kardinal formulierte es so: Gott hat Durst. Er ist verlassen von den Menschen. Die Liebe Gottes muss leuchten auf den Gesichtern der Christen als Bild des dreifaltigen Gottes. Dieser "Adel verpflichtet". Maria ist im Geheimnis der Menschwerdung Gottes das Modell dieser Schönheit des Christseins. Wir schauen auf Maria von Nazareth, die Mutter Christi und Mutter der Kirche in ihrer Schönheit. Als die von Gott Geliebte wird sie angesprochen. Das können wir auf uns alle übertragen. Maria ist aktiv; sie ist verfügbar für die Herabkunft des Heiligen Geistes. In ihrer gehorsamen Freiheit ist sie die vollkommene Jüngerin: Hier bin ich! Sie gibt die Antwort der Braut. Als Immakulata, in vollkommener Übereinstimmung mit dem dreifaltigen Gott, gibt sie ihr Fiat. In Maria sehen wir die bräutliche Struktur der Kirche. Die Schönheit der Kirche ist in ihr. Sie lebt in Gemeinschaft mit Christus und begleitet ihn bis unter das Kreuz. Die Kirche ist immer christologisch und marianisch: Jesus und Maria. Darum ist Maria auch die Mutter der Einheit. Die Bewegungen geben als heilige Laien, Eheleute, Familien usw. Zeugnis von der Liebe Christi. Erziehung zu einer ganzheitlichen Menschlichkeit ist ihre Aufgabe.

Im anschließenden Podiumsgespräch ging es darum, wie die Bewegungen und Gemeinschaften in der heutigen Welt Zeugnis von der Schönheit Christi geben. Dabei wurden verschiedene Bereiche der heutigen Welt in den Blick genommen: neue Religiosität, Sekten und New Age, die Beziehung zum Islam, die Jugenderziehung, die Präsenz der Katholiken in der Gesellschaft, Situationen von Armut und Gewalt. Unter anderen sprachen an diesem Morgen Msgr. Fouad Twal, Erzbischof-Koadjutor von Jerusalem, und der Gründer der Gemeinschaft Sant' Egidio, Prof. Andrea Riccardi.

Maria Luisa Marchand:

An diesem zweiten Tag gab es endlich die schon für den Vortag vorgesehene Möglichkeit für einige Statements aus dem Kreis der Teilnehmer. Herr Coeymans konnte in seinem Beitrag von drei Minuten Schönstatt etwas darstellen. Er sprach über die Gottesmutter und seine Erfahrungen mit der Familie.

Nach dem Mittagessen kam ein junger Mann von der Gemeinschaft Emmanuel zu mir und erbat ein Interview über unsere Bewegung und den Bund für den Radiosender Guadalupe (Kalifornien, Vereinigte Staaten). Das wird besonders für die mexikanische Bevölkerung ausgestrahlt. So verbrachte ich dann meine Mittagspause.

Marianne Mertke:

An den beiden Nachmittagen gab es jeweils Arbeitsgruppen in den verschiedenen Kongresssprachen. Als sich herausstellte, dass etliche deutsche bzw. deutschsprachige Teilnehmer da waren, wurde kurzfristig auch eine deutsche Sprachgruppe eingerichtet. Die Arbeitskreise beschäftigten sich mit Fragen der kirchlichen Reife der Bewegungen. Mittwoch: Die Charismen und die Erziehung zu der Schönheit, die Christus ist. Donnerstag: In der Konfrontation mit den Szenarien der gegenwärtigen Welt. Es ging dabei um die Frage, wie die Treue zum eigenen Charisma und die reifen Früchte, die die Bewegungen hervorbringen, konkret aussehen. Maria Luisa nahm an einer spanischen Sprachgruppe teil, ich an der deutschen.

Der Austausch in der deutschen Sprachgruppe war sehr bereichernd. Wir waren 15 Personen aus elf Gemeinschaften und Bewegungen. Eine besondere Freude war es, dass Bischof Clemens an beiden Tagen für eine Zeit zu uns kam. Er wies dankbar darauf hin, dass durch die Bewegungen Menschen überhaupt erstmals oder neu mit dem Glauben in Berührung kommen. Sie begegnen einem entschiedenen Christentum, was ihnen in dieser Form unbekannt war. In kleinen Zellen wird Kirche neu aufgebaut, nicht mehr nur auf den klassischen Wegen, sondern auch am Arbeitsplatz, in der Schule, im Bekanntenkreis. Diese Entschiedenheit strahlt aus und steckt an.

In den Gesprächen konnten wir auch die Situation der Kirche im deutschsprachigen Raum verstärkt in den Blick nehmen. Welche Aufgaben wachsen daraus für die Bewegungen? Es wurde überdeutlich: Der "Hunger" der Menschen ist groß. Sie haben Sehnsucht nach Heimat, Orientierung, Sicherheit in einer globalen Welt. Sie suchen Lebensbewältigung aus dem Glauben. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, müssen wir selbst "voll sein von christlicher Identität", wie es ein Teilnehmer formulierte. Wir müssen die verborgene Schönheit der Seele in jedem Menschen entdecken und Orte der Verbindung von Alltag und gelebtem Glauben anbieten. Dabei hat die Treue zum empfangenen Charisma des Gründers, der Gründung eine besondere Bedeutung.

Maria Luisa Marchand:

Am Abend nahmen wir an einem Konzert teil, klassische Musik (Brahms und Schubert), dargeboten von dem Trio Artemisia (Klavier, Violine und Violincello). Auch das erhob uns zur Schönheit des Christseins.

Der dritte Tag, Freitag, 2. Juni, begann mit der Laudes. Die Gebetszeiten und Messfeiern wurden immer von jungen Leuten aus der Gemeinschaft Emmanuel musikalisch mitgestaltet. Zum Mitsingen und -beten in den verschiedenen Sprachen hatten wir ein dickes Heft erhalten mit dem schönen Namen "Oremus".

Marianne Mertke:

An diesem Morgen sprach Kardinal Angelo Scola, Erzbischof von Venedig. Sein Vortrag in Italienisch hatte zum Thema: Kirchliche Bewegungen und neue Gemeinschaften in der Sendung der Kirche, Prioritäten und Perspektiven. Ausgehend von der Apostelgeschichte legte er dar, was von Anfang an die Grundlinien der christlichen Gemeinschaft waren. Sie war immer überzeugt: Christen haben eine Weltsendung aus der Liebe Christi und diese ist nicht zu trennen vom Leben. Die Kirche ist apostolisch, d. h., sie ist mit einer Sendung ausgestattet. Die Ortskirche ist ein Bild der universalen Kirche. Der Bischof erinnerte an das Wort von Johannes Paul II.: "Die Kirche selbst ist eine Bewegung", und wies auf das Spannungsverhältnis zwischen der institutionellen und der charismatischen Dimension in der Kirche hin. Beide sind wie zwei Pole einer Ellipse bedeutsam für die Existenz und das Leben der Kirche. Sie sind eine "Zwei-Einheit"; beide sind Verwirklichung von Kirche, und wir alle leben von beiden Dimensionen. Gottes Geist wirkt in der sakramentalen Dimension und in der Vielfalt der Charismen. Darum müssen wir besser fragen: Wer ist die Kirche? statt: Was ist die Kirche? Der Kardinal wies auch auf die Problemfelder in diesem Bereich hin. Die Bewegungen müssen vom Charisma ihrer Gründung, vom gnadenhaften Ursprung her ihren Ort in der Kirche finden. Die Hirten der Kirche müssen der Versuchung widerstehen, die Bewegungen als Arme zu missbrauchen, die arbeiten. Der Auftrag der Kirche ist nicht Theorie, sondern Lebensweitergabe. Die Bewegungen geben Zeugnis von Christus durch ihre Gemeinschaft, in welchem menschlichen Umfeld auch immer. Dafür ist dauernde Erziehung im Glauben nötig. Die Schönheit des Christseins muss anderen weitergegeben werden. Durch die Situation des heutigen Menschen, seine Leiden, seine Konfusion, seine existentiellen Fragen werden wir als Christen geradezu gedrängt zur Evangelisierung. Die ganze Welt ist unser Feld! Soweit die Ausführungen des Kardinals. - Ja, wenn da nicht jedem Schönstätter der Apostolische Bund in Hörde einfällt!

Maria Luisa Marchand:

Nach dem Vortrag ging es weiter mit Statements, aber ich wurde wiederum nicht aufgerufen. - Danach wurde eine Dankadresse des Kongresses an den Hl. Vater verlesen. Darin brachten die Delegierten ihr Empfinden über den Kongress als ein Echo auf seine Enzyklika zum Ausdruck.

Marianne Mertke:

Bevor wir den Kongress mit der heiligen Messe, von Bischof Josef Clemens zelebriert, beschlossen, sprach Erzbischof Rylko einige Worte der Zusammenfassung. Er drückte seine Dankbarkeit für die Erfahrung des Kongresses aus, die Erfahrung einer einigen, einer schönen Kirche. Wir waren versammelt in tiefer Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri. Er braucht die Bewegungen. Die Bewegungen brauchen die Person des Heiligen Vaters. Der Kongress ist zu Ende, aber er geht weiter. Wir bitten: Herr, sende uns!

Maria Luisa:

Nach der Abschlussmesse und dem Mittagessen fuhren wir nach Rom zur Pfingstvigil. Vom Päpstlichen Rat für die Laien zur Verfügung gestellte Busse brachten uns in die Ewige Stadt.

Als wir am 2. Juni den Kongress beendeten, dankten wir der göttlichen Vorsehung, dass wir zu einer Schönstattfamilie gehören, wo wir alle die Elemente und Ideale in uns vereinen, die die verschiedenen Gemeinschaften und Bewegungen charakterisieren. Wir haben dort Personen von allen Enden der Erde kennen gelernt, Gründer und Gefolgsleute. Wir haben unsere Schätze miteinander geteilt, und trotz der Vielfalt der Sprachen vermittelten unsere Herzen die Botschaft. Voll von einem lebendigen und gesunden Stolz beginnen wir eine neue Etappe!

Quelle: Internetseite des Schönstatt-Frauenbundes - www.schönstatt-frauenbund.org / www.s-fb.org


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