published: 2006-04-11 |
Das "neunte Sakrament"Volksfrömmigkeit pur am Palmsonntag beim Heiligtum in Ciudad del Este |
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PARAGUAY, Javier Cabral. In Paraguay heißt der Palmsonntag "das neunte Sakrament", weil es niemanden gibt, der nicht dabei sein will. In der Zahl der Gottesdienstbesucher wird er nur noch vom Aschermittwoch getoppt, der "achtes Sakrament" heißt. Wie jedes Jahr war an diesem Sonntag das große Fest der Familia Gottes, die Palmweihe; einige der Palmzweige sind wahre Kunstwerke mit Blättern von verschiedenen Palmen, vor allem von der Caranday-Palme, deren Blätter sehr biegsam sind und erlauben, kunstvolle Flechtarbeiten zu machen, in die danach Rosmarinblätter, Heiligenbildchen, Immergrün, Bänder, Rosenkränze, Kreuze, Streichholzschachteln...eingeflochten werden, ganz nach individuellem Geschmack! In diesem Jahr sind Kombinationen mit Blättern von anderen Bäumen oder Sträuchern in Mode, wie mir scheint. Jede Karwoche erscheinen neue Modelle von Palmzweigen. Dieses Jahr waren einige rautenförmig geflochtene dabei, sehr originell und ganz anders. Als ich einen kaufen wollte, um up to date zu sein, waren sie gerade ausgegangen. So sagte ich mir: Wichtig ist die innere Freiheit, sei unabhängig von dem, was die anderen tun. Außerdem waren sie ja auch wirklich sehr grün... Niemand blieb trockenDie Palmweihe vor der Hauptmesse der Pfarrei, deren Pfarrkirche drei Blocks vom Heiligtum enfernt ist, war auf dem Gelände der Gottesmutter. Um viertel vor acht frühmorgens nahm das gläubige Volk die abgesteckten Wege in Besitz. Das wird hier immer so gemacht, damit es für den Priester leichter ist, alle Palmzweige ... und alle Leute zu segnen. Am Himmel sah man einige dunkle Wolken und dazwischen weiße, durch die noch eine Menge Sonne durchbrach, die auch immer noch ihre sommerliche Kraft hat. Einige hatten wohlweislich ihre Hüte dabei, andere ... Nun ja. Punkt acht waren die Wege voller Leute, die alle so nah wie möglich an der Absperrung sein sollten, damit ihre Palmzweige auch ja Weihwassser abnekämen. Und da er seine Gläubigen kannte – die nicht zufrieden sind, bis sie die Tropfen des Weihwassers auf sich spüren und dem Priester hinterherlaufen, bis sie nass sind -, ging Pfarrer Gerardo Morales mit einem riesigen Palmwedel als Aspergil durch die Reiben... Und niemand blieb trocken. Da der Leute so viele waren, beschloss nämlich Sankt Petrus, mitzuhelfen, und so ergoss sich ein dreiminütiger Platzregen über das gläubige Volk, der alle ohne Ausnahme bis auf die Haut durchnässte; dann kam die Sonne wieder hervor, als sei nichts geschehen. Es war, als habe jemand einen Kübel ausgeschüttet... So nutzten die Hüte wiederum, um sich außer vor der Sonne, auch vor dem Regen zu schützen. Apostel und Esel hatten verschlafen... und Jesus auchDann zog die ganze große Menge pilgernd zur Pfarrkirche zur heiligen Messe. Einen Häuserblock weiter traf die Pilgerschar auf einige als Apostel gekleidete Jugendliche und einen Jesus auf einem Esel. Offensichtlich hatten die Jugendlichen am Abend zuvor zu lange gefeiert und nun verschlafen, doch halb so schlimm, die Leute waren glücklich mit ihren gesegneten Palmzweigen! In gewöhnlichen Prozessionen gehen die Leute im bekannten Prozessionsschritt, langsam und ohne Eile, doch an Palmsonntag laufen alle so schnell wie möglich zur Pfarrkirche. Solche Sehnsucht nach der Heiligen Messe! Denken manche. Vielleicht ist es so. Aber auf jeden Fall ist es so, dass es an diesem Tag viermal so viele Leute gibt wie Sitzplätze. Am Jüngsten Tag werden die Letzten die Ersten sein, doch am Palmsonntag sind die Letzten... die ganze Messe lang auf den Füßen! Was hat der Pfarrer in der Predigt gesagt? Ich weiß es nicht mehr, aber eines weiß ich, ich werde meinen gewöhnlichen Palmzweig jetzt hinter der Eingangstür aufhängen. Das wird gut sein gegen den Neid der Nachbarn. |
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Last Update: 11.04.2006
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