Zum Weiterdenken - Considerations - Para reflexionar
 published: 2005-06-17

Gertraud v. Bullion zum 75. Jahrestag ihres Todes

Predigt von Monsignore Felix Kreutzwald am 11. Juni 2005 in der Dreifaltigkeitskirche, Schönstatt

Sermon: Mons. Felix Kreutzwald

Sermon: Mons. Felix Kreutzwald

Predigt: Mons. Felix Kreutzwald

 

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir begehen den 75. Jahrestag des Heimganges von Gertraud von Bullion. Pater Kentenich, der Gründer der Schönstattbewegung, bekennt von ihr: "Die große Fruchtbarkeit der Frauenbewegung in Schönstatt verdanken wir in erster Linie denen, die sich buchstäblich für sie verzehrt haben. Ich denke da vor allem an Gertraud von Bullion. Ich stehe ehrfürchtig vor ihrer Größe."

Nicht nur der Frauenbund betrachtet sie als erwähltes Werkzeug seines Entstehens. Auch unsere Schwesternfamilie und die Frauen von Schönstatt, die sich aus der Wurzel des ersten Anfangs, also aus dem Frauenbund, entwickelt haben, verdanken sich der vom Gründer bezeugten Größe Gertrauds.

Ihr Sterbetag fällt auf den Festtag des Apostels Barnabas. Über Jahre hat er zusammen mit Paulus für die Verbreitung des Evangeliums gekämpft und gearbeitet. Beide verband das gleiche Drängen, den Auftrag Jesu umzusetzen: "Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern! "

Dadurch wurde der anfänglich noch begrenzte Horizont der Verkündigung von Jesus Christus aufgesprengt und die Weltweite dieses Auftrags in Angriff genommen. Das regt uns an, das Leben von Gertraud als einer Frau von vergleichbarem Zuschnitt zu betrachten.

Es wäre eine durchaus reizvolle Aufgabe, ihren Einsatz für das Evangelium anhand von konkreten Beispielen aus ihrem Leben zum Leuchten zu bringen. Jedoch möchte ich stattdessen in dem uns vorgegebenen begrenzten Rahmen einer Predigt die für Gertraud charakteristische Einstellung ihres apostolischen Einsatzes in unser Blickfeld rücken.

  • Also die Frage: Welche typischen Gesichtszüge können wir in ihrem Apostolat entdecken?'
  • Und weiter die Frage: Aus welcher Quelle hat ihr apostolischer Einsatz sein Profil bekommen?
  • Und schließlich: Was könnte ihr Anliegen sein an uns heute? Wozu möchte sie die Schönstattfamilie und insbesondere unsere Frauenbewegung und darüber hinaus uns alle ermutigen?

Schon als Kind hatte sie den erklärten Wunsch, einmal Missionsschwester zu werden. Als sie als 12 - Jährige die erste heilige. Kommunion empfing, war das eine ausdrückliche Bitte, die sie Jesus anvertraut hat.

Nun wissen wir, dass kindliche Vorstellungen und Träume sich wandeln und je nachdem verlieren können. Ganz anders bei Gertraud. In dem von ihr verfassten Weihegebet, mit dem 1925 die ersten 20 Bundesschwestern ihre Lebensweihe im Kapellchen vollzogen, offenbart sich, dass der Kinderwunsch mit den Jahren zur Lebensaufgabe gereift ist.

Dort heißt es: "Dir, Dreimal Wunderbare Mutter, weihe ich mich zu deiner unumschränkten Verfügung im Einsatz für das Reich deines Sohnes. Darum reiche du mir deine Hand und führe du mich hin zum Kreuze, an dem ich mit meinem Heiland zu sterben begehre, weil ich ihn liebe und weil ich die ganze Welt seiner Liebe erobern möchte. "

Schon zuvor hatte sie in einem Bericht über die 1. Frauentagung in Schönstatt 1921 das Ziel des Apostolischen Bundes formuliert: "Erziehungsgemeinschaft für ein umfassendes Apostolat. Für ein Apostolat des guten Beispiels; für ein Apostolat des Gebetes; für ein Apostolat des Wortes und der Tat; mit allen verfügbaren Mitteln."

In einem Gruppenbrief aus dem Jahre 1922 nimmt sie Bezug auf ein Wort des Apostels Paulus: "Im Namen Jesu sollen sich beugen die Knie aller auf Erden. Dazu dürfen und sollen auch wir helfen. Zwar nicht durch große Bekehrungsreisen; nein, durch treue Kleinarbeit im Wirkungsbereich unseres Berufes."

Und in einem weiteren Brief desselben Jahres: "Wir wollen Maria bitten, aus jeder einzelnen von uns einen Apostel zu machen. Wir wollen uns mit neuem Eifer der Königin der Apostel schenken, um als ihr Werkzeug zu arbeiten an der religiös - sittlichen Erneuerung der Welt." Und dann fügt sie an: "Die Welt ist groß und weit, und keine von uns wird sich träumen, dass ihr Arbeitsfeld die ganze Welt ist. Für uns gibt es die kleine Welt, in der wir stehen, die wir kennen, für die wir arbeiten, und dies ist der Wirkungskreis unseres Apostolates. "

Damit sind wir in der Lage, unsere erste Frage nach den typischen Gesichtszügen des Apostolates von Gertraud zu beantworten: es ist ein erklärter Zug zur Weltweite, verbunden mit einem starken inneren Gedrängtsein; wir würden dafür sagen: Sendungsbewusstsein, und eingebunden in die konkrete Welt ihres Wirkungskreises.

Und nun zu unserer 2. Frage: Wodurch ist das Profil der apostolischen Einstellung Gertrauds beeinflusst? Aus welcher Quelle wurde es gespeist?

Auf der Bundestagung 1950 für den Frauenbund stellt Pater Kentenich fest: "Unsere Familiengeschichte kennt zwei wesenhafte Züge: den Zug ins Weltweite und den Zug zur Weltsendung. Was heißt das: ins Weltweite? Die Welt ist unser Feld! Welche Welt? Dürfen wir also sagen, wir fünf, sechs oder sieben wollen uns ein kleines Eiland schaffen und darauf Hütten bauen und uns sagen: Hier ist es gut sein? Dürfen wir damit zufrieden sein? Das ist nicht der Zug ins Weltweite! Die ganze Welt ist unser Feld! Will also heißen: wir haben keine Ruhe, bis Schönstatt in der ganzen Welt verbreitet ist."

Dann kommt Pater Kentenich auf die Quelle dieses Zuges zur Weltweite zu sprechen: auf die Gründungsurkunden. Schon in der sogenannten ersten Gründungsurkunde vom 18. Oktober 1914 sei aus den Erfordernissen der damaligen marianischen Kongregation und aus der Zeitlage der Wunsch der Gottesmutter herausgelesen worden: "Ich möchte diesen Ort zu einem Wallfahrts-, zu einem Gnadenort machen." Wofür? "Zunächst für dieses Haus", jetzt die Steigerung: "sodann für die ganze Provinz, - und vielleicht noch darüber hinaus." Sodann führt Pater Kentenich aus: "Sie merken: da ist schon im Hintergrund der große Gedanke der Weltweite. Aber immer auch die Orientierung an dem, was jetzt im Moment möglich ist. Deshalb: zunächst für dieses Haus."

Sie sehen, das ist genau das apostolische Profil Gertrauds: Weltweite, das große Ziel: die ganze Welt ist unser Feld. Davon ist sie ganz erfasst, davon fühlt sie sich gedrängt. Aber verbunden mit der Entschlusskraft für das Nächstliegende mit dem nüchtern-praktischen Sinn für das, was möglich ist.

Steht noch die Beantwortung der 3. Frage an: Was könnte das Anliegen von Gertraud sein an uns heute?

Muss ich noch viele Worte machen? Ich meine, es ist dies: dass wir doch Menschen einer tiefen Sehnsucht sein möchten. Menschen, die es drängt. Menschen, die sich von dem Geist erfassen lassen, von dem sie beseelt war.

Der Festvortrag heute Abend wird einen Vergleich ziehen zwischen Gertraud v. Bullion und Edith Stein. In ihrer Schrift "Das Gebet der Kirche" kommt Edith Stein auf Therese von Avila zu sprechen und beschreibt sie als einen Menschen der Sehnsucht, indem sie uns mit einem Bekenntnis dieser großen Reformatorin ihres Ordens konfrontiert. Wir können Theresias Worte ohne weiteres Gertraud in den Mund legen:

"Es schien mir, ich hätte gern tausend Leben daran gewagt, damit auch nur ein einziger Mensch gerettet werden möchte. Weil ich aber sah, dass ich eine Frau bin und untauglich, etwas auszurichten, so entschloss ich mich zu tun, was möglich war, nämlich den evangelischen Räten mit aller Vollkommenheit zu folgen und zu trachten, dass die wenigen Nonnen, die hier beisammen sind, auf gleiche Weise handelten. Ich setzte meine Zuversicht auf die unendliche Barmherzigkeit Gottes; und wir alle wollten unserem Herrn helfen, so gut wir könnten, indem wir unablässig beten für die, welche die Kirche leiten, wie für die Prediger und die Gelehrten, welche für sie eintreten.

Ach, liebste Schwestern, helft mir den Herrn bitten; denn zu diesem Zweck hat er euch hier versammelt, dies ist euer Beruf. " Hier spricht die gleiche Sehnsucht, die Gertraud von Pater Kentenich in sich aufgenommen hat.

Hier spricht die gleiche Sehnsucht, die uns, die Schönstattfamilie, zum erneuten Aufbruch nach Rom gedrängt hat; die Sehnsucht: Omnia, omnia Matri Ecclesiae - alles, alles für die Kirche! Gertraud muss und wird sie uns bei Gott erbitten.



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