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 published: 2004-07-06

Neustart statt Absturz

Forum zum Thema Krisenbewältigung im Rahmen der Vielfaltttage in Schönstatt am 4. Juli 2004

Los panelistas con la Hna Gertrud-Maria Erhard

The panelists, with Sr. Gertrud-Maria Erhard

Die Forumsteilnehmer mit Schw. Gertrud-Maria Erhard

 
 

La Hna Gertrud-Maria habla sobre el tema del panel: crisis - un desafío

Sr. Gertrud-Maria about the subject of the panel discussion: crisis - a challenge to begin anew

Schw Gertrud-Maria führt ins Thema ein: Krisenbewältigung

 

Panelista: P. Günther Niehüser

Panelist: Fr. Günther Niehüser

Forum: P. Günther Niehüser

 
 

Bastian Etzold: vencer el cancer y vencer el miedo

Bastian Etzold: defeating cancer, and defeating panic

Bastian: den Krebs besiegen und die Angst danach

 

Princesa Gabriela Sayn-Wittgenstein: la muerte de su hija Filippa

Princess Gabriela Sayn-Wittgenstein: the death of her daughter Filippa

Gräfin Gabriela Sayn-Wittgenstein: der Unfalltod der Tochter Filippa

 
 

Audiencia

The audience

Blick ins Publikum

 

Antes del panel, se celebró la Santa Misa

Before the panel discussion, Holy Mass was celebrated

Vor der Forumsveranstaltung zum Abschluss der Vielfalttage wurde ein Gottes im Foyer der Sonnenau gefeiert

 

Durante la Misa

During Mass

Bei der Messe

 

Prédica: P. Günther Niehüser

Sermon: Fr. Günther Niehüser

Predigt: P. Günther Niehüser

 

Escenificación: la oveja perdida

Scenic play: the lost sheep

Spiel der Kinder: Das verlorene Schaf

 

Participaron los niños

The children participated

Die Kinder waren gut integriert

 

Participaron los niños

The children participated

Die Kinder waren gut integriert

 

Música

Music

Musik

 

Durante la Misa

During Mass

Bei der Messe

 

Coreografía

Flower Dance

Blumentanz

 

Fotos: POS, Brehm © 2004

 

SCHÖNSTATT, Claudia Brehm: Im Rahmen der Vielfalttage, einem Wochenende für junge Familien, die sich aus einem vielfältigen Bastel-, Gesprächs-, Feierangebot ihr individuelles Programm zusammenstellen konnten, fand zum Abschluss am Sonntagmorgen das Forum: "Neustart statt Absturz" statt.

"In jeder Biographie gibt es Einschnitte", so führte Schwester Gertrud-Maria Erhard in das Forum ein, "die die Biographie in ein Davor und ein Danach einteilen. Es sind Ereignisse, die plötzlich über einen Menschen hereinbrechen oder auch sich schleichend breit machen. Lebenskrisen seien Zeichen der Wahrheit. Das Innerste des Menschen komme zum Vorschein, er sei nackt und verwundbar. "Wie kann eine derartige Krise als Lern-, bzw. Entwicklungschance begriffen werden, wie kann sie nicht zum Absturz, sondern zum Neustart werden", das sei die Frage, der sich dieses Forum stelle.

Pater Günther Niehüser, Sozialpsychologe und Theologe, Schönstatt-Pater, verstand es, in wenigen, treffenden Worten schwierige psychologische Inhalte an die Zuhörer zu vermitteln. Krise ist immer etwas, das das normale Leben schmerzhaft und abrupt unterbricht, unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, den Menschen an seine äußersten Grenzen bringt und seine bisherigen erfolgreichen Taktiken völlig außer Kraft setzt. Die Krise nimmt einen so gefangen, dass es unmöglich ist, auf die Seite zu treten und die Situation in Ruhe von außen zu betrachten.

Es liegt am Menschen selber, ob Krisen in Wachstum hineinführen oder nicht.

Studien in Israel an langjährigen Gefangenen in Konzentrationslagern ergaben, dass bei 30% dieser Menschen im Nachhinein keinerlei psychologische Belastungen festzustellen waren. Warum konnten sie so gut damit leben? Es waren Menschen, die einen ausgesprochen ausgeprägten Glauben an sich selbst hatten: "ich schaffe das, ich traue es mir zu", deren religiöser Glaube tragfähig war und die sich von anderen Menschen gehalten wussten. Chinesen haben das selbe Schriftzeichen für Krise und Chance. Wie sie es lesen, passiert rein in ihrem eigenen Kopf.

"Du schaust jetzt vorwärts und übergibst deine Angst an Gott"

Bastian Etzold, 25 Jahre, Chemieingenieurstudent aus Nürnberg erzählte aus dem Jahre 2000 als er in eine tiefe Krise geriet.

Völlig unvorbereitet in einer Hoch-Zeit - erfolgreicher Studienbeginn, Liebesbündnis-schluss, gute Zeit in der Schönstatt-Mannesjugend mit der Erarbeitung der fünf Säulen (Statuten) der Schönstatt-Mannesjugend - traf ihn eine Blinddarm-Notoperation, anschließende Komplikationen und nochmalige Operation durch die fehlerhafte Entfernung des Drainageschlauches. Kurz vor der Entlassung dann der Bescheid des Arztes, bei der Routineuntersuchung des entfernten Blinddarms wurde ein Krebsgeschwür festgestellt. Bei einer sofortigen vierstündigen Operation wurden dann Teile des Dickdarms, des Dünndarms und der Lymphe entfernt. "Vor der Operation war ich ganz ruhig", so Bastian Etzold, " ich versuchte sogar, meine Eltern zu beruhigen. Ich dachte nicht darüber nach, warum und warum gerade ich, sondern: ich mach’s einfach, ich geh da durch!" Die lange Krankenhauszeit, die viel zu langsame Erholung nach der Operation, die tierischen Schmerzen, das immense Schwächegefühl wären dann zur echten Prüfung geworden. Geschafft habe er das nur durch die treue Begleitung seiner Eltern und seines Studienfreundes, die täglich nach ihm geschaut hätten.

Das Eintreffen des Bescheids: keine Tumorzellen mehr gefunden, habe ihm viel neuen Mut gegeben. Er hätte wieder nach vorne geschaut, in kurzer Zeit den Prüfungsstoff fürs Studium mit seinem Freund zusammen erarbeitet und die Chemie-Prüfungen auch geschafft. Ein ganzes Jahr habe er sich immer wieder gefragt, kommen die Krebszellen wieder neu? Bei der ersten Untersuchung nach einem Jahr erhielt er das Ergebnis: Keine Krebszellen! "Da hab ich beschlossen, du schaust jetzt vorwärts und übergibst deine Angst an Gott. Irgend wann einmal muss dieser Schritt kommen, um frei weiterleben zu können." Besonders freute er sich, dass er am Weltjugendtag 2000 als Vertreter der Schönstatt-Mannesjugend dem Papst die neu erarbeiteten Statuten der Schönstatt-Mannesjugend überreichen durfte. Das Leben geht weiter.

"Ohne Familie wären wir untergegangen"

Gräfin Gabriela Sayn-Wittgenstein, 53 Jahre, 7 Kinder, sagte, sie müsse das Thema für sich modifizieren. Nicht Neustart statt Absturz, sondern Neustart trotz Absturz.

"Wir waren eine glückliche Familie, aber das merkt man erst, wenn man das Glück nicht mehr hat."

Ihr viertes Kind, Filippa, ging nach dem Abitur nach Florenz, Italien, um eine Ausbildung als Photographin zu machen. Dort lernte sie ihren Traummann kennen. Im Juni 2000 heirateten die beiden. Das Hochzeitsevangelium, so wollte der Pfarrer, sollte das Tagesevangelium sein, es hieß: Ich kann euch noch nicht die ganze Wahrheit sagen, weil ihr sie jetzt noch nicht vertragt. "Für uns war es ein völlig unverständlicher Text", so die Fürstin. Im September des gleichen Jahre flog Filippa beruflich nach England, um mit einem Fotographenteam Landschaftsaufnahmen zu machen. Am letzten Tag der Reise wollten sie nachts zu ihrem Ausgangsquartier zurück, Filippa wechselte noch den Platz mit einer Kollegin im Auto. "Warum der Wagen von der Straße abkam, wissen wir bis heute nicht, er stieß auf ein Baustellenfahrzeug, Fillipa war sofort tot."

Die nun anbrechende Zeit war entsetzlich. Viele Fragen: warum, warum? die schmerzliche Lücke, die Zusammenbrüche der einzelnen Familienmitglieder. "Ohne Familie wären wir untergegangen. Wir rückten sehr zusammen, jeder zeigte sich von seiner besten Seite. Wenn der eine zusammenbrach, war immer gerade einer da, dem es besser ging und der helfen konnte. Eine Großfamilie macht viel aus."

Auch der Glaube wurde zur großen Stütze. Ein Glaube, der sich an Gott klammert und trotzdem voller Zweifel ist: Werden wir Fillipa wieder sehen, stimmt das mit der Auferstehung der Toten?

Vater unser

"Irgendwann hatte ich das Gefühl, Filippa möchte von mir, dass ich viele ‚Vater unser’ bete. Warum? Aber wenn sie es will, werde ich es versuchen. Und ich bemühte mich, so oft ich konnte, Vater unser zu beten. Und ich fand viele Möglichkeiten, weil sie es doch wollte. Eines Tages wurde mir bewusst: Filippa will nicht, dass ich für sie die Vater unser bete, sondern für mich. Mami, kapier es doch, es gibt viele Dinge, die du beeinflussen kannst, aber manche eben nicht: Ich als Unternehmerin, die viele Menschen und Vorgänge beeinflussen kann, muss das lernen. Nach diesem Tag war mir klar: Unser Glaube ist unsere Hoffnung und unsere Stärke und unsere Lebensaufgabe ist es, dieses:'dein Wille geschehe' aus dem Vater unser zu lernen."

Dann fand die Familie nacheinander die 9 Tagebücher von Filippa. Sie überlegten lange als Familie, ob sie sie veröffentlichen sollten oder nicht. Aber schließlich waren sie überzeugt: es ist nicht Voyeurismus, wenn wir sie veröffentlichen, sondern es sind die Botschaften Filippas, die wir mit anderen teilen müssen. Filippa wollte immer mit ihrem Leben anderen nützen, das sei schon immer ein starker Zug in ihrem Leben gewesen. Vielleicht kann sie es nun auf diese Weise tun. Das Buch wurde veröffenlicht unter dem Titel "Filippas Engel" und erlangte in kurzer Zeit den 6. Platz in der Spiegel-Bestsellerliste. Mit den Geldern wurde eine Stiftung ins Leben gerufen, die junge Menschen unterstützt, die anderen auf außergewöhnliche Art und Weise (auf dem sozialen, künstlerischen oder Umweltsektor) helfen. Ausdrücklich forderte die Gräfin die Zuhörer auf, wenn einem solche jungen Menschen bekannt wären, solle man sich bitte an sie wenden, der Preis werde jedes Jahr verliehen.

Gott bürdet nur so viel auf, wie wir tragen können

Da kaum Fragen aus dem sichtlich betroffenen Publikum kamen, zogen Pater Niehüser, Bastian Etzold und die Gräfin ein gemeinsames Fazit aus dem Forum: Gott bürdet nur so viel auf, wie wir tragen können. Der Schmerz ist ungeheurlich, aber wir dürfen deshalb nicht im Vorhinein mit der Angst leben, etwas Schlimmes könnte passieren. Wir sollen die Freude über das Heute genießen.

Warum Fragen führen nicht weiter. Auf das Warum werden wir niemals eine Antwort finden. es ist besser, nach dem Wozu zu fragen.

Im Rückblick stellen wir fest, es sind Menschen, die uns geholfen haben durch diese tiefen dunklen Tunnels zu finden.



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