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 published: 2004-04-28

Grußwort zur Europa-Konferenz der Schönstatt-Bewegung

von Prof. Dr. Maria Böhmer MdB, Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Prof. Dr. Maria Böhmer MdB, Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

 

 

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Mitglieder der Schönstatt-Bewegung,

die Europäische Union und ihre Fundamente – Europa als Wertegemeinschaft, Familien mit Profil, unter diesem Motto veranstalten Sie Ihre Europakonferenz. Aber wie sieht es aus in Europa mit den Themen Familie und Werte? Mit der Osterweiterung wächst Europa immer mehr zusammen. Die Europäische Union mit ihren neuen Grenzen stellt uns aber in Bezug auf unsere Werte und auf die Zukunft der Familien vor neue Herausforderungen. Papst Johannes Paul II fragte im März diesen Jahres bei der Entgegennahme des Karlspreises mit Blick auf ein neues Europa besorgt: „Aber wie kann eine junge Generation erstehen, die empfänglich ist für das Wahre, das Schöne, das Edle, für das, wofür es sich lohnt Opfer zu bringen, wenn in Europa die Familie nicht mehr eine gefestigte Einrichtung darstellt, die offen ist für das Leben und für selbstlose Liebe?“

In der Tat müssen wir angesichts der aktuellen Entwicklung in der Demographie in den Blick nehmen, wie wir Familie in der heutigen Zeit leben wollen und unsere Werte vermitteln können. Immer weniger junge Menschen in Europa entscheiden sich für die Familie. Betrug die durchschnittliche Geburtenrate in Europa im Jahr 1980 noch 2,1, so liegt sie derzeit bei 1,5 Geburten pro Frau. Sollte dieser Trend anhalten, wird sich die europäische Bevölkerung im Jahr 2100 um 88 Millionen verringert haben. Gleichzeitig ist die Zahl der Eheschließungen in der Europäischen Gemeinschaft von 2.247.900 im Jahr 1980 auf 1.926.700 im Jahr 2001 gesunken, während die Zahl der Scheidungen von 503.300 im Jahr 1980 auf 705.600 im Jahr 2001 angestiegen ist.

Diese Zahlen alarmieren. Sind Ehe und Familie also ein Auslaufmodell in Europa? Umfragen haben jedoch ergeben, dass Ehe und Familie für junge Menschen nach wie vor ganz oben auf der Wunschliste stehen. Drei Viertel der Deutschen sind davon überzeugt, dass sie nur in einer Familie mit einem oder mehreren Kindern wirklich glücklich leben werden. Die traditionellen Werte wie Ehe und Familie stehen also immer noch hoch im Kurs. Dennoch sollte uns nachdenklich machen, warum Wunsch und Wirklichkeit auf einem reichen Kontinent wie Europa so weit auseinanderklaffen, in einer Gemeinschaft, die alle Möglichkeiten hat, den Eltern und den Kindern optimale Voraussetzungen für die Entwicklung zu schaffen.

Ehe und Familie sind nach wie vor die zentralen Fundamente unseres demokratischen Staates und unserer Gesellschaft. Die Ehe ist als umfassende Lebensgemeinschaft von Mann und Frau angelegt. Familie ist nach unserem Verständnis nicht nur dort, wo Eltern Verantwortung für ihre Kinder tragen, sondern auch, wo Kinder Verantwortung für ihre Eltern übernehmen. Ehe und Familie gebührt daher der außerordentliche Schutz des Staates. Denn in der Familie erfahren Kinder erstmals Geborgenheit und Angenommensein. Hier lernen sie, wie Übernahme von Verantwortung funktioniert. In der Familie werden die Grundwerte menschlichen Zusammenlebens vorgelebt und eingeübt, hier wird die Haltung junger Menschen zur freiheitlichen Demokratie geprägt.

Was also können und müssen wir tun, um unserem Anspruch, Familie und Ehe besonders zu schützen, gerecht zu werden? Wir brauchen eine Familienoffensive die auf drei Säulen beruht: Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit, finanzielle Gerechtigkeit für Familien und eine Stärkung der Erziehungskompetenz von Eltern. Grundlage für diese Politik ist die Wahlfreiheit. Wir wollen Eltern nicht vorschreiben, wie sie mit ihren Kindern zu leben haben. Jeder soll die Wahl haben, ob er oder sie sich voll der Kindererziehung widmet und in welchem Maße er oder sie Erziehungsarbeit übernehmen kann. Wir unterstützen daher den Ausbau von Betreuungseinrichtungen, gleichzeitig wollen wir den Frauen und Männern Anerkennung zollen, die zu Gunsten der Familie ihre Berufstätigkeit ganz oder teilweise aufgeben. Deshalb setzen wir uns nachdrücklich für die Ausweitung der Anerkennung der Kindererziehungszeiten bei der Rente um zwei Jahre ein. Auch ein Familienbonus bei den Rentenversicherungsbeiträgen in der Erziehungsphase in Höhe von 50 Euro soll die Familien entlasten. Nicht zuletzt sprechen wir uns auch für die Einführung eines Familiengeldes aus. Aber Familienförderung ist nicht nur eine Frage des Geldes. Familien brauchen mehr. Sie brauchen Hilfen im Alltag, sie brauchen ein familienfreundliches Umfeld. Kinder müssen willkommen sein!

Familienpolitik ist also eine Querschnittsaufgabe. Der Familienaspekt muss in allen Politikbereichen mitgedacht werden. Denn nur wenn wir uns jetzt auf die Bedürfnisse von Familien einstellen, können wir die Zukunft unseres Landes gestalten. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für Ihre Tagung, bei der sie ein gutes Miteinander der Familien über die Grenzen der Länder hinweg bereits praktizieren, ein gutes Gelingen.

Ihre Maria Böhmer



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Last Update: 29.04.2004 Mail: Editor /Webmaster
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