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 published: 2004-04-28

Wir- ein Ehepaar, ein starkes Team

Ehe und Familie als Kernzelle bürgerschaftlichen Miteinanders

Inge und Hans Haslinger, Leonding, Österreich

Inge und Hans Haslinger, Leonding, Österreich

 

Foto: POS, Brehm © 2004

 

Liebe Teilnehmer,
liebe Familien, Schwestern und Patres aus Europa und darüber hinaus!

Wir freuen uns, dass Sie der Einladung zum 2. Europäischen Ehe- und Familienkongress in Schönstatt gefolgt sind und wir uns hier wiedersehen oder auch erst kennenlernen dürfen.

Wir sind Inge und Hans Haslinger aus Österreich, genauer gesagt aus Leonding bei Linz an der Donau. Wir haben im Vorjahr mit unserer Familie und vielen Freunden das Fest unserer Silbernen Hochzeit gefeiert. Und es war für uns nach 25 gemeinsamen Jahren – das sind immerhin 9 000 gemeinsame Tage - noch ein Grund zum Feiern.

Wir haben 3 Kinder zwischen 24 und 12 Jahren, die für uns, wie für alle Eltern, eine große Freude, aber auch eine ständige Herausforderung sind.

Eigene europäische Erfahrungen haben wir natürlich im Urlaub gemacht, aber auch beruflich bedingt. Wir sind Lehrer und haben beide in verschiedenen europäischen Schulprojekten gearbeitet. Für uns haben sich daraus sehr bereichernde persönliche Freundschaften, auch Familienfreundschaften ergeben. So bekam für uns "Europa ein Gesicht". Mit Montemor-o-Novo in Portugal, Sassari auf Sardinien, Bremen in Norddeutschland, Antwerpen in Belgien, Halmstad in Schweden, Dziemiany in Polen, und La Spezia in Italien verbindet uns, die Schüler und Lehrer eine mehrjährige Projektgeschichte, die in persönliche Freundschaften übergegangen ist. Solche Projekte verändern, sie erweitern den Horizont aller Beteiligten. Ein Freund von uns, er war mit seiner Frau lange Zeit als Entwicklungshelfer tätig, bringt es so auf den Punkt: "Du kannst mit einem Brunnenfrosch nicht übers weite Meer reden!" Deshalb ist es für das Wachsen einer Gemeinschaft wichtig, über den eigenen Brunnenrand hinaus zu schauen.

Das Thema unseres Kongresses lautet: Familien mit Profil für Europa

Das Motto für den heutigen Tag, um das alle Angebote kreisen, heißt: Wir – ein Ehepaar, ein starkes Team.

Eine Familie und das große Europa – auf den ersten Blick ist da zunächst kein direkter Zusammenhang zu erkennen. Und doch sieht P. Kentenich, der Gründer der internationalen Schönstattbewegung, eine klaren Zusammenhang.

Er sagte: "Wollen wir eine neue Gesellschaftsordnung, eine organische Gesellschaftsordnung wieder herstellen gegenüber der mechanistischen, dann ist es selbstverständlich, dass der Gesellschaftskörper von unten herauf geheilt werden muss. Dann ist es selbstverständlich, dass die Familie Keimzelle der Gesellschaft ist und deswegen gesund sein muss, damit die ganze Gesellschaft gesundet." (Aus: Mengedodt, Pollak, Schmiedl: Wer eine Sendung hat, …S.79)

In seinem Apostolischen Schreiben "Ecclesia in Europa" stellt Papst Johannes Paul II. fest: "Ihr seid das Heiligtum des Lebens. Ihr seid das Fundament der Gesellschaft, da ihr der erste Ort der Humanisierung der Person und des bürgerlichen Lebens seid, ein Vorbild für die Errichtung in Liebe und Solidarität gelebter sozialer Beziehungen." ("Ecclesia in Europa", Johannes Paul II., 2003)

Auch Jellouschek, ein namhafter Paartherapeut, bekennt wie viele andere auch, nach vielen Jahren seiner Erfahrungen: "Wer an der Möglichkeit einer dauerhaften, vielleicht sogar lebenslangen Beziehung festhält, ist nach meiner Überzeugung kein überholter Moralist, sondern Anwalt tiefer, vielleicht der tiefsten Beziehungsbedürfnisse des Menschen, und er engagiert sich für etwas, was unserer seelischen Gesundheit sehr zugute kommt."

In diesen Tagen wird unser gemeinsames Haus Europa um 10 neue Mitgliedsländer erweitert. Europa rückt näher zusammen und braucht Einheit in Vielfalt.

In dem föderativen Kräftespiel zwischen den Eigenarten der Länder braucht es einen bestimmten Menschentyp:

  • den entscheidungsfreudigen Menschen
  • den durchsetzungsfähigen Menschen
  • den ergänzungswilligen Menschen
  • den bündnisfähigen Menschen

Darin spiegelt sich die Vision P. Kentenichs vom "Neuen Menschen in der neuen Gemeinschaft": Freiheit so viel wie möglich, Bindung so weit als nötig, Geistpflege in höchstem Maße.

Solche Gemeinschaften lassen sich nicht konstruieren und nicht von oben verordnen. Sie müssen von unten her wachsen. Nur mit bündnisfähigen Menschen lässt sich ein "neues Europa" aufbauen.

Wo wachsen solche Menschen heran? In Familien, wo Eltern diese Fähigkeiten vorleben und vermitteln können.

Europa braucht solche Familien mit Profil. Ein gutes Miteinander braucht unsere Familie und braucht Europa. In der Familie lernen wir im Kleinen, was wir im Großen brauchen.

Wir persönlich haben die Erfahrung gemacht, dass dieses Miteinander und Füreinander im Alltag schon bei uns beiden anfängt. Als Mann und Frau sammeln wir im EheTeam täglich neue Kompetenz .

Das Wort Team kommt ursprünglich aus dem altenglischen Te-àm und meint "Gespann, Karren". Das Ehepaar ist ein solches Team. Wir haben uns in Freiheit aneinander gebunden, ziehen an einem Strick – und das ist immer neu spannend.

In 5 Punkten wollen wir das bebildern.

  1. ICH und WIR sagen können
  2. POLARITÄT UND ERGÄNZUNG nützen
  3. Als Bündnispartner die TREUE leben
  4. Unser EHEIDEAL entdecken
  5. An die SENDUNG glauben

1. ICH und WIR sagen können

Viele Paare beginnen ihren gemeinsamen Weg, ihr Abenteuer zu zweit "im 7. Himmel schwebend".

Doch womit beginnt ein solches Vergnügen? Dass es eines ist, wird der eine oder andere von uns schon selbst erlebt haben. Es beginnt mit einem Wagnis. Der Sprung aus dem Flugzeug erfordert Mut. Die Sehnsucht zum WIR ist aber so groß, dass sie uns vorantreibt. Wir genießen dieses Hochgefühl. Zwangsläufig müssen wir aber irgendwann die Füße wieder auf den Boden bekommen. Das Ja zueinander muss im Alltag täglich neu gelebt werden. Besonders spannend wird es dort, wo sich zwei nach dem Motto gefunden haben: "Gegensätze ziehen sich an." So faszinierend das am Anfang sein kann, so herausfordernd ist das Zusammenfinden im Alltag. Ein starkes WIR setzt auf beiden Seiten ein selbstbewusstes ICH voraus und das nicht nur in der Ehe, sondern auch bei allen Bündnispartnern in einem neuen, vereinten Europa.

Wir achten darauf, dass wir als Team eine ausgewogene Balance zwischen Geben und Nehmen, zwischen Durchsetzen und Nachgeben haben. Wenn dabei einer der Dauersieger ist, wird er zwangsläufig einmal der Langzeitverlierer sein. Der Partner entfernt sich zumindest innerlich vom anderen.

Das Klima entscheidet, was wachsen kann. Im gegenseitigen Wohlwollen - auch wenn der Alltagshimmel gelegentlich von ein paar Wolken getrübt ist - können wir erfahren: Ich werde als Person ernst genommen. Ich bin dem anderen wichtig. Die schönste Botschaft, die wir unseren Kindern mitgeben können, ist: Du bist geliebt und angenommen. Wer auf einer solchen Grunderfahrung aufbauen kann, ist gut gerüstet fürs WIR.

2. POLARITÄT UND ERGÄNZUNG nützen

Natürlich treffen oft verschiedene Bedürfnisse aufeinander. Oft finden ein Stadtmensch und ein Landmensch zusammen. Der eine braucht das volle Leben der Stadt, ihre Infrastruktur, die kulturellen Angebote. Der andere sehnt sich nach einem Häuschen im Grünen, nach Ruhe und Abstand vom Getriebe einer Großstadt. Wo sollen sie gemeinsam wohnen? Wir kennen das aus unserer eigenen Familie.

Oder ER hat ein großes Bedürfnis nach Ruhe und Erholung zuhause. Der Beruf ist ohnedies anstrengend genug. Und SIE?

Sie war die ganze Woche mit den kleinen Kindern zuhause und möchte am Wochenende endlich einmal hinaus und etwas mit IHM unternehmen.

Natürlich sind wir manchmal verleitet, mit dem Mistkäferblick nur die negative Übertreibung einer Eigenschaft oder eines Verhaltens zu sehen. Wer sich gerade ärgert, dass der Partner nicht mit einem neuen Swimmingpool einverstanden ist, der ist zunächst einmal nicht froh über die Sparsamkeit des Partners, sondern der sieht neben sich nur den Geizkragen, der einem einen Strich durch die Rechnung machen will.

(FAB-Buch S. 31: Den Reichtum erkennen – zu einer Einheit werden)

Jede Eigenschaft ist wie eine Münze, sie hat eine Vorderseite und eine Rückseite.

Wenn auf der Rückseite "geizig" steht, was finde ich auf der Vorderseite? Vielleicht die Sparsamkeit oder das Bestreben, mit den Ressourcen dieser Erde verantwortungsbewusst umzugehen? Und wenn einer im Team dieses Anliegen einbringt, ist das für beide wichtig und gut. Nun muss man sich zwar noch immer einigen: Wie macht man das jetzt mit dem Swimmingpool?! Aber man tut es in einem anderen Ton, wenn man den Reichtum des anderen erkannt hat und nicht nur seine – scheinbaren – Mängel fixiert.

Warum das so ist, dass immer verschiedene Persönlichkeiten beisammen sind ?

Weil so unser Wesen ergänzt und bereichert wird: Du bist für mich, mein Denken, für mein Wesen, die Ergänzung. Ich werde erst ganz, wenn ich dich habe. Damit stoßen wir auf das, was Liebe eigentlich ausmacht. Liebe ist ein Vorgang, durch den Menschen vereinigt werden, zu einem Ganzen werden. Wir erleben: Wir brauchen einander! Und das ist eine ganz wichtige Erfahrung. Andernfalls bleibt Partnerschaft ein Nebeneinander, eine reine Zweckgemeinschaft.

"Glücklich ist die Gemeinschaft, die viele Gegensätze hat!" formuliert P. Kentenich. Denn das ist die klassische Erfahrung in einem Team: Je unterschiedlichere Positionen vertreten sind, desto vielseitiger und ausgewogener ist es. Unterschiede machen unser Leben reicher. Wenn wir das Bewusstsein pflegen: Du ergänzt mich, du bereicherst mich – dann sind wir stark als EheTeam. Stark auch als ein neues vereintes Europa.

In einer echten Partnerschaft brauchen wir keine Angst zu haben, unsere Identität zu verlieren.

Ich lasse den anderen teilhaben an meinen Stärken, aber auch an meinen Schwächen. Jeder von uns hat Licht- und Schattenseiten. In einem Klima des Wohlwollens und Vertrauens darf ich mich zeigen, wie ich bin.

Selbstverständlich ist das kein Freibrief. Reflexion des eigenen Verhaltens und lebenslange Selbsterziehung sind unerlässlich, wenn eine Beziehung gelingen soll.

Wenn wir aber offen sind, wird durch die Ergänzung mehr daraus. Ich entdecke neue Seiten, eine andere Art, etwas zu sehen oder zu sein und kann durch den anderen wachsen.

In unseren europäischen Projektteams hatte die Mischung zwischen den eher überlegt und strategisch vorgehenden Nordeuropäern und den spontanen Südländern durchaus ihren Reiz, und so mancher hat, dadurch angeregt, in ihm schlummernde Seiten entdeckt.

Während unseres Kongresses hier haben Sie ja die Möglichkeit, Ihr eigenes Forschungsprojekt dazu zu starten. Nützen Sie die Chance zu spannenden Begegnungen!

(So entsteht ein WIR – FAB-Buch S.53

Extra-Plus -- Kehrseite der Medaille)

Als EheTeam dürfen wir mit einer ganz besonderen Kraft rechnen: Durch meinen Mann, meine Frau spricht auch Gott zu mir! Oft deponiert er Erkenntnisse, die er mir schenken möchte, bei meinem Ehepartner. Das erfahre ich aber erst, wenn ich ihm zuhöre.

So entsteht ein WIR. "Wir – nicht ich", so beschreibt P. Kentenich den Vorgang. So kann ein WIR in einer wichtigen Entscheidung reifen. Wir – nicht ich, damit ist kein Gesetz gemeint, sondern ein Vorgang. Wir kommen einander näher und suchen unseren Weg. Und wir werden erleben: Gemeinsam schaffen wir mehr!

Es kommt eben darauf an, dass ich die Andersartigkeit des Anderen nicht als Bedrohung erlebe, sondern als Bereicherung und Herausforderung, selbst zu wachsen.

Freunde von uns haben selbst diese Erfahrung gemacht und daraus viel profitiert.

Bsp. Er ist ein sehr geordneter, planmäßiger, zielstrebiger Typ, sie ist spontan und flexibel. Da kann es schon vorkommen, dass vereinbart ist, am Wochenende die Kinderzimmer neu zu tapezieren. Dann kommt aber am Vormittag ein Anruf. Eine Bekannte braucht dringend die Hilfe seiner Frau – und fort ist diese. Jetzt könnte er natürlich sauer sein. Er weiß ja, dass in der nächsten Zeit keine Möglichkeit mehr ist, diese Arbeit auf später zu verschieben. Es war ja doch auch seit Tagen ausgemacht. Und schon hängt der Haussegen schief - wenn man da nicht näher hinschaut. Die beiden haben solche Konflikte ganz bewusst als Wachstumsimpuls genommen. Wenn man es genau betrachtet, ist dieses "spontan einen Plan umzustoßen, weil etwas anderes dringender und wichtiger ist" ja die Kehrseite der so geschätzten Eigenschaft. In ihrer Anfangszeit waren sie ja auch deswegen so sehr vom anderen fasziniert. Sie haben die Chance zur Ergänzung gespürt.

Wenn wir als Goldgräber unsere Erfahrungen auswerten, gewinnen wir mehr. Mit dem "Mistkäferblick" schaue ich in Konflikten nur auf das Negative – und das ist immer nur die eine Seite der Wahrheit.

Spannungen und Konflikte bereichern also das Team.

(FAB Buch S. 42/43)

Und Liebe darf auch weh tun. Das steckt ja auch in dem Wort "Ich kann dich gut "leiden" – d.h. ich halte aus, wenn du mich auch manchmal belastest, wenn es mir weh tut, dass es gerade nicht nach meinen Vorstellungen läuft. Ich mag dich, auch wenn ich dich gerade nicht verstehe. Ich entziehe dir meine Zuneigung nicht, auch wenn du mir gerade auf die Nerven gehst.

Bsp. Als wir vor einigen Jahren stärker in der Ehevorbereitung unserer Pfarre gearbeitet haben, hatten wir mit vielen Paaren auch in ihren ersten Ehejahren noch Kontakt. Das war die Phase, wo sie aus dem 7. Himmel wieder auf der Erde landeten. Die Karriere war im Aufbau, was viel Kraft und Zeit kostete, die kleinen Kinder bescherten so manche schlaflose Nacht, die Temperamentsunterschiede kamen im Alltag zum Tragen. Kurzum: Viele jungen Paare finden sich in der ersten tiefen Krise. Und sie sehen oft über längere Zeit kein Licht am Ende des Tunnels. So manche fragen sich: Ist das jetzt der Anfang vom Ende? Gehören wir auch zu den vielen, die dann vor dem Scheidungsrichter enden? Wenn wir dann von uns erzählten, dass es uns einmal genauso ergangen ist (und zwischendurch auch heute mal die Wolken etwas tiefer hängen), konnten sie es fast nicht glauben. Doch es half ihnen, diese Krisen nicht ohne Hoffnung durchzustehen. Uns wurde dadurch deutlich, welchen Vorteil wir durch solche Erfahrungen gewonnen haben. Wenn man es selbst erlebt hat, dass es nach einer Talsohle wieder bergauf gehen kann, dann hat man mehr Gelassenheit beim Durchstehen und auch mehr Geduld mit dem Partner.

In Medienberichten hören wir auch immer wieder von Konflikten im Haus Europa, die bewältigt werden wollen. Oft werden nach vielen Gesprächen, nach langem Ringen Kompromisse und Konsens erzielt, manche Punkte bleiben vorläufig ungelöst. Geduld und Durchhaltevermögen sind auch da gefragt.

3. Als Bündnispartner die Treue leben

Im Jänner dieses Jahres wurde eine Umfrage in Österreich veröffentlicht, wo 1000 für die Gesamtbevölkerung repräsentativ ausgewählte Personen anhand einer Liste gefragt wurden, was ihnen besonders wichtig ist. 76% erklärten, dass ihnen die Familie und die Kinder "heilig" seien. Die Bedeutung der Familie hat im Vergleich zu einer Untersuchung von 1995 um 15 Prozentpunkte zugenommen und verdrängte jene der persönlichen Freiheit vom ersten Platz. Treue ist ein Wert, der bei der Jugend wieder mehr gefragt ist.

Treue, Solidarität, Verlässlichkeit, Stabilität sind Werte, die auch Europa braucht, wenn es mehr als eine Zweckgemeinschaft sein will.

Dies gilt auch für uns im Kleinen als EheTeam.

Im Ehesakrament mit Gott als Drittem im Bunde und im Liebesbündnis mit der Gottesmutter sind wir nicht allein unterwegs.

Wir haben in unserem Ehebund einander die Treue versprochen. Umso mehr dürfen wir uns auf die Bündnistreue Gottes und der Gottesmutter verlassen.

Der Prophet Hosea beschreibt im Alten Testament den neuen Bund, die Treue Gottes zu seinem Volk in ehelichen Bildern:

Ich traue dich mir an auf ewig;
Ich traue dich mir an
um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht,
von Liebe und Erbarmen,
ich traue dich mir an
um den Brautpreis meiner Treue.

Wir sagen immer wieder neu Ja zueinander, auch wo es schwer fällt, wo uns die Bewältigung des Alltags Kraft abverlangt.

Dieses Paar, das wir persönlich kennen, ist doppelt so lang unterwegs wie wir und feierte im Vorjahr mit uns in der Pfarre seine Goldene Hochzeit. Für uns sind sie ein Vorbild der Treue.

Natürlich hören wir auch von anderen Beispielen: Ein Krankenhausseelsorger in einer Klinik für Multiple Sklerose-Patienten erzählte von einer weinenden Frau, die er dort traf. Auf seine Frage erzählte sie ihm: "Mein Mann hat mich gerade hierher gebracht. Das Schlimme ist aber nicht die Diagnose, sondern dass er mir zum Abschied gesagt hat: Du kannst nicht erwarten, dass ich mit einer kranken Frau verheiratet bleibe."

Wie anders haben wir es auch in unserer Nachbarschaft erlebt. Für uns als damals noch jüngeres Ehepaar war es eine sehr prägende Erfahrung, dass ein 85-jähriger Nachbar sich über Jahre hinweg rührend um seine Frau, die altersbedingt intensive Pflege brauchte, kümmerte. Wenn man ihn darauf bewundernd ansprach, meinte er nur bescheiden: Jetzt kann ich ihr beweisen, dass ich sie wirklich liebe.

Manche Paare sind heute beruflich durch Auslandsprojekte über längere Zeit getrennt. Das löst im Umfeld solcher Paare oft ungläubiges Staunen aus: "Wieso lässt du ihn gehen? Das würde ich nicht tun. Da hätte ich zu viel Angst, dass er sich eine andere findet."

Wenn wir beide unseren Bund ernst nehmen, trägt uns das Vertrauen auch über schwierige Zeiten - und danach sind wir stärker als zuvor.

Wir gönnen uns gegenseitig den nötigen Freiraum, den wir zur eigenen Weiterentwicklung brauchen. Die Verlässlichkeit unserer Treue gibt uns den nötigen Rückhalt.

Eine Kultur der Treue, der Verlässlichkeit – das ist Lebensqualität.

Du – nur Du - und für immer. Wir stehen zu dem einmal gegebenen Ja. Es ist eine Sicherung gegen die Verabsolutierung des Lustprinzips (so lange es mich freut). Wir sind kein TeilzeitTeam, sondern ein EheTeam für immer. Mit einem Wort: Lebenskünstler – "Zusammenlebens-künstler"

Wir brauchen dazu die Kunst des Verzeihens und Versöhnens, die Kunst des Aufarbeiten –Könnens von Enttäuschungen. Viele Paare wählen bei der Hochzeit das Hohelied der Liebe. Bewähren muss Liebe sich "lebenslang", sonst bleiben es nur schöne Worte.

Im 1. Brief an die Korinther finden wir ein hohes Ideal:
Die Liebe ist langmütig,
die Liebe ist gütig.
… . Sie trägt das Böse nicht nach.
Sie erträgt alles,
glaubt alles,
hofft alles,
hält allem stand.
Die Liebe hört niemals auf.

In vielen Umfragen stehen immer wieder Treue und Verlässlichkeit ganz weit oben in der Werteskala. Viele Menschen spüren: Das persönliche Beziehungsnetz trägt am meisten.

Strukturen allein schaffen kein neues Europa. Es braucht Menschen, die die Garantie geben, dass Strukturen mit Leben gefüllt werden.

Widerstandsfähige Liebe fällt aber keinem in den Schoß. Sie setzt Pflege und Training voraus. Weil wir uns mögen, tun wir etwas füreinander, auch wenn es mal schwer fällt. Wir nehmen uns immer wieder Zeit füreinander, wir ruhen beieinander aus.

Unsere Herzen finden so immer wieder neu zueinander, sie finden den Gleichklang. Das kosten wir aus. Wir gönnen uns einfach solche Zeiten der "Einsamkeit zu zweit" – nur wir beide. Es schenkt uns Kraft für die Zeiten neuer Belastungen.

Und wir verzeihen einander. Wir rechnen damit, dass wir uns gegenseitig verletzen im Trubel des Alltags. Meist ist es nicht mit böser Absicht. Es passiert in der Unaufmerksamkeit der Hektik, durch verschiedene Anforderungen, die oft gleichzeitig an uns gestellt werden. Da werden die Nerven oft bis aufs äußerste strapaziert.

Im Hausheiligtum spüren wir immer wieder dem roten Faden in unserem Leben, der Treue Gottes nach. Es ist eine faszinierende Sache, die Puzzleteile des eigenen Lebens zusammenzubauen. Nach und nach zeichnet sich das Bild, der Weg immer deutlicher ab. Ein Weg, der aus der Rückschau Vertrauen für die Zukunft schenkt.

4. Wir entdecken unser EHEIDEAL

Wenn wir uns Zeit nehmen, immer wieder der Sehnsucht unserer Herzen nachzuspüren, werden wir unseren Weg finden. Gott hat uns als Originale geschaffen. Er möchte, dass wir unsere Originalität als Einzelperson und als Ehepaar entdecken und zur Entfaltung bringen. Wir sind auf der Suche nach dem, wozu es uns beide gibt. Natürlich sind da unsere Kinder. Aber darüber hinaus lassen wir uns auch für eine große Aufgabe begeistern. Gott hat uns eine Aufgabe zugedacht, die andere so nicht können. Wir haben eine Sendung. Wir kennen ein Ehepaar, die nach und nach, als ihre eigenen Kinder schon größer waren, zu einer Anlaufstelle für Jugendliche wurden, die zuhause kein Nest hatten.

Wo ist also eine Aufgabe, die bei uns beiden ein Echo in der Seele weckt? Wo sind unsere Stärken als EheTeam? Wo haben wir für uns die Lösung einer Lebensfrage gefunden, die auch anderen weiterhilft? Um die Stimme unseres Herzens zu hören, braucht es Abstand vom Alltag. Der Blickwinkel wird weiter, Kleinigkeiten verdecken uns nicht mehr den Blick zum Horizont.

So machen wir uns gemeinsam auf den Weg. Wir fangen einfach an mit kleineren Projekten, sammeln Erfahrungen, tauschen uns mit anderen aus, versuchen Neues, lernen mitunter auch durch Versuch und Irrtum, wachsen als Team zusammen. Langsam wächst in uns die Sicherheit: Das ist Unseres!

Wir werden heute Abend Zeugnisse solcher profilierter EheTeams hören, die ihre Aufgabe gefunden haben.

Auch für Europa gilt: Es braucht Menschen, die ein Klima der Freude an der Originalität, dem Anderssein der Einzelnen und der Völker schaffen. Voraussetzung ist eine Weite des Herzens, dass ich diese Andersartigkeit schätzen kann.

Wir können hier und jetzt bei diesem Kongress dieses Klima der Freude aneinander genießen. Überall, wo wir dieses Klima schaffen helfen, können wir Modellfall für die Zukunft werden.

Wir nehmen die Herausforderung eines manchmal auch steilen Weges an. Ideale sind große Ziele, die uns voranleuchten, unserem Leben Orientierung und eine Mitte geben, unsere ganzen Kräfte bündeln. Erreichen werden wir sie nie ganz. Unser Weg wird vom Auf und Ab geprägt sein. Wenn wir aber zurückschauen, werden wir merken, es geht aufwärts, wir kommen voran. Manchmal benötigen wir unterwegs Verschnaufpausen, um wieder neue Kräfte zu sammeln. Als EheTeam bilden wir auf besonders steilen Abschnitten eine Seilschaft und geben uns gegenseitig Stütze und Halt. Auf unserem Weg erreichen wir ab und zu auch den einen oder anderen Gipfel, das sind echte Highlights in unserem Alltag. Oben wartet das ersehnte Gipfelglück. Alle Mühen, Anstrengungen und Rückschläge belasten uns nicht mehr. Wenn wir unser Ziel, vielleicht auch ein Teilziel erreicht haben, erfüllt uns Freude. Unsere Sehnsucht ist angekommen – zumindest ein Stück weit, bis es wieder weitergeht.

Und diese gemeinsamen Erlebnisse vertiefen unsere Bindung. Beziehung wächst durch gemeinsame Erlebnisse.

Die Realität des Alltags kann manchmal unser Ideal verdunkeln. Die Schwierigkeiten scheinen manchmal größer als unsere eigenen Kräfte. Wenn wir einen kahlen Baum im Winter sehen, wer würde da an eine neue Blüte oder an reiche Ernte glauben? Diese Gewissheit und Vorfreude auf einen neuen Frühling, wie wir es jetzt gerade wieder erleben dürfen, schenkt uns allein die Erfahrung.

Wir haben es Jahr für Jahr erlebt, dass es möglich ist, dass nach jedem Winter wieder ein neuer Frühling kommt. Das schenkt uns Hoffnung und lässt uns dunkle Zeiten überstehen.

Wir haben es auch erlebt, dass es möglich ist, als EheTeam, als Familie die Welt um uns herum zu verändern, sie zu gestalten.

Ein solches Schlüsselerlebnis hatten wir gerade erst heuer im März. Wir gehören zum Schönstatt Familienbund Österreich und hatten als Kurs heuer unsere Ewigweihe.

Am Vorabend hatten wir acht Kursfamilien, von denen auch einige hier sind, im Kapellchen einen besinnlichen Abend zur Einstimmung, bevor wir am nächsten Tag das Fest mit unseren Kindern und einigen Gästen gefeiert haben.

Unsere Kursleiterfamilie hat zu Beginn der Besinnung nacheinander jeweils das Foto eines Ehepaares nach vorne gebracht und auf den Altar gestellt.

Dabei haben sie sich bei Gott und der Gottesmutter für jedes einzelne Paar in unserer Kursgemeinschaft bedankt - für die Berufung als Bundesfamilie, für die Stärken und Talente, die die Einzelnen in den Kurs einbringen, für das besondere Charisma jedes Ehepaares.

Da wurde uns so richtig bewusst, wie viel auf unserem Weg, den wir bis jetzt gegangen sind, schon geworden ist – zum Teil durch Selbsterziehung, durch unser gemeinsames Streben im Kurs, aber auch durch viel Gnade.

Jede Familie hat sich ganz originell entwickelt, ihre Aufgabe, ihren Weg Schritt für Schritt gefunden. Eine junge Familie hat sich nach dem Umzug in eine andere Gegend zunächst einmal dort eingelebt. Die mittlerweile fünf Kinder haben Freundschaften geschlossen. Eine Einladung zu einer Faschingsparty in diesem Haus – da kommen 30 Kinder zusammen - ist bei den Kindern im ganzen Ort gefragt. Durch Kindergarten und Schule haben sie Kontakte zu anderen Eltern. Sie wurden um Mitarbeit im Elternverein der Schule gebeten, arbeiten in der Pfarre im Ausschuss für Familiengottesdienste mit, weil die Menschen in ihrer Umgebung gespürt haben: Die sind zwar so normal wie wir. Dennoch hat diese Familie eine besondere Ausstrahlung. Ihre Art, Familie zu leben, ihre Kompetenz und ihre Freude daran, das hat Kreise gezogen – auch ohne große Worte. Heute treffen sich dort andere Familien zu Hausgesprächen, sie organisieren Familienoasen und haben Familienrunden aufgebaut. Ein Netzwerk von christlichen Häusern ist gewachsen.

Das hätten sie sich als junges Paar nie träumen lassen, sie hätten es sich auch nicht zugetraut.

Diese Beispiele könnte man jetzt fortsetzen. Hinter jedem dieser Paare steht eine eigene kleine Welt, die sie mitgeprägt und beseelt haben.

Diese Bilder von profilierten EheTeams auf dem Altar zeigen wir Ihnen, weil sie auch stellvertretend für Sie alle hier im Saal dortstehen.

So haben wir erlebt, dass Ehepaare auch in unserer pluralistischen Gesellschaft, in einer bewegten Zeit zu Leuchttürmen werden können. Sie schenken anderen Orientierung und Halt, in kleinen und großen Bereichen. Freude an Familie steckt an, weckt auch Kräfte bei anderen.

Profil zu entwickeln heißt nicht: Wir müssen perfekt sein. Wir müssen alles können.

Es gibt viel zu tun, und jeder soll das Seine suchen. Wir wären restlos überfordert, wenn wir alle Bereiche des Ehe- und Familienlebens perfekt abdecken müssten.

In einem Orchester spielt ein Geiger auch nicht alle Instrumente! Jeder Musiker soll seinen Part zu einem großen Ganzen beitragen. Erst im harmonischen Zusammenspiel aller Instrumente ergibt sich daraus eine faszinierende Klangwelt. Es würde aber auch etwas fehlen, wenn wir unseren Beitrag nicht einbringen würden.

Dies gilt für unseren Mikrokosmos Ehe und für den Makrokosmos Europa.

Was für uns als Ehepaar Vorbild im Zusammenstehen und Tragen einer gemeinsamen Sendung ist, zeigt diese Statue (der Hl. Familie).

Sie vermittelt den Eindruck von einem innigen Miteinander, Ineinander und Füreinander.

Sie tragen eine große Sendung. Sie sind Aufgabengemeinschaft, aber auch Herzensgemeinschaft. Dieses "Hand in Hand" zeigt die Vertrautheit, die Einheit im gegenseitigen Liebesbündnis: Ich für dich. Du für mich – und gemeinsam für unsere Sendung.

Wo immer Paare sich engagieren, Profil zeigen, werden sie unweigerlich von anderen gefragt: Woher nehmt ihr die Kraft dazu?

Mit vielen anderen Schönstattfamilien möchten wir Zeugnis geben, dass die Begegnung mit dem ganz heilen und beziehungsfähigen Menschen Maria im Hausheiligtum uns immer wieder hilft, die ganz normalen Schwierigkeiten des Ehealltags als Aufgaben und Wachstumschancen zu sehen. Sie ist die, die uns bedingungslos liebt. Wenn uns der Partner oder die Kinder überfordern, nehmen wir uns Zeit und lassen uns von ihr lieben. Daraus schöpfen wir die Kraft, den Partner, die Kinder und uns selbst barmherziger zu lieben als bisher.

Diese Begegnung mit Maria hilft uns außerdem, die vielen Frustrationen, Misserfolge und Rückschläge, die auch zum Apostolat dazugehören, zu verarbeiten, ohne zu verbittern oder zu resignieren.

So wird unser Haus zum schützenden Dach für uns und für viele Suchende, die Orientierung und Ermutigung suchen. Mit der Gottesmutter im EheTeam vermitteln wir unsere Erfahrungen und heben so die Beziehungsqualität unseres Umfelds.

Europa braucht solche schützenden Dächer und weite Herzen, damit es Zukunft hat.

Zum Ausklang hören wir ein Lied von Reinhard Mey, das unsere Hoffnung ausdrückt: Wir können΄s noch immer zusammen – wir!



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