Schönstatt - Begegnungen


Kirche und Orden in der Kultur der Moderne – Chancen und Herausforderungen

Hochschule der Pallottiner in Vallendar veranstaltete Festakademie

Die Rektoren der Ordenshochschulen mit Erzbischof Zénon Grocholewski, Rom

Erzbischof Grocholewski und die beiden Referenten der Festakademie: Prof. DDr. Ilona Riedel-Spangenberger und Prof. P. Dr. Medard Kehl SJ (1.Reihe v.l.)

Teilnehmer der Festakademie im Vortragssaal des Priesterhauses Marienau

Eucharistiefeier in der Kirche der Hochschule der Pallottiner

Festvortrag "Hochschulen im Wandel - Chancen und Herausforderungen an Ordenshochschulen": Prof. DDr. Ilona Riedel-Spangenberger

Festvortrag "Kirche und Orden in der Kultur der Moderne": Prof. P. Dr. Medard Kehl SJ

P. Herbert Niederschlag SAC, Begrüßung und Moderation

Grußwort: Erzbischof Dr. Dr. h.c. Zénon Grocholewski, Präfekt der Congregatio de Institutione Catholica

Grußwort: Provinzial P. Norbert Hannappel SAC, Limburg

Grußwort: Dr. Eberhard Schulte-Wissermann, Oberbürgermeister Koblenz

Grußwort: Wolfgang Helbach, Bürgermeister, Vallendar

Fotos: PressOffice Schönstatt, hbre © 2000

 

(mkf) Zum Auftakt der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Ordenshochschulen veranstaltete die Hochschule der Pallottiner in Vallendar-Schönstatt am 18. November 2000 eine Festakademie; wegen des verheerendes Brandes am 6. August konnte diese nicht in den Räumen der Hochschule stattfinden, sondern fand in der "Marienau", dem Haus des Schönstatt-Priesterbundes, statt. Der Präfekt der Bildungskongregation, Erzbischof Dr. Zénon Grocholewski, Rom, war Hauptzelebrant des Festgottesdienstes in der vom Brand nicht betroffenen Kapelle der Hochschule. In ihren Festvorträgen gaben Professor Dr. Ilona Spangenberg-Riedel und Prof. Pater Dr. Medard Kehl SJ Impulse, die zum Weiterdenken anregten.

Der Festgottesdienst in der Kapelle der Hochschule wurde mit Orgel- und Trompetenstücken festlich gestaltet; zwei indonesische Lieder gaben der Liturgie einen weltkirchlichen Akzent. Weltkirche repräsentierte auch Erzbischof Dr. Zénon Grocholewski, der Präfekt der Congregatio de Institutione Catholica. In seiner Predigt wies er darauf hin, dass alle christliche Weisheit vom Kreuz her zu verstehen sei. Die Haltung des Theologen gegenüber den Geheimnissen, die er studiere, sei die Haltung des Sich-Kleinmachens vor dem Mysterium. In Demut und Hingabe wachse wahre christliche Weisheit, werde die Bedeutung und Kraft der Heilsbotschaft verstanden.

Ordenshochschulen als Bereicherung der kirchlichen Landschaft

Zum Mittagessen waren alle Festgäste in die Marienau eingeladen. Michael Misterek und Benno Brands, Konzertgitarristen des Vokal- und Instrumentalensembles Mandacura, Koblenz, gestalteten die Festakademie musikalisch. Pater Heribert Niederschlag SAC, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Ordenshochschulen (AGO) und stellvertretender Rektor der Hochschule der Pallottiner, begrüßte die Gäste – Rektoren und Dozenten der Hochschulen Benediktbeuren, St. Georgen, München, Münster, St. Augustin, Vallendar, Friedberg, Einsiedeln und Mödling bei Wien. Herzlich dankte er Erzbischof Grocholowski für seinen Besuch und sein "Wort der Sendung und des Kreuzes". Unter den etwa 100 Teilnehmern der Festakademie waren die Provinziale der Orden, die Träger der Hochschulen sind – Jesuiten, Salesianer, Kapuziner, Steyler Missionare, Pallottiner, Benediktiner, Professoren der Hochschule der Pallottiner und anderer Hochschulen, und zahlreiche weitere Personen aus dem kirchlichen und politischen Leben. Pater Niederschlag erwähnte, dass die seit 1945 in Schönstatt angesiedelte Hochschule der Pallottiner damals auch als "Hochschule unserer weltumspannenden Bewegung" verstanden wurde. Damit war Schönstatt gemeint; dass die Festakademie dieser Hochschule, die aufgrund des Brandes in den Räumen der Marienau stattfinde, auf den Geburtstag des Gründers falle, wertete er als "gutes Omen". Dem Dank für die Gastfreundschaft der Schönstattpriester und die weithin erfahrene Solidarität nach dem Brand betonte auch Provinzial Pater Norbert Hannappel SAC, Limburg.

Chancen und Herausforderungen

Als "Bereicherung der kirchlichen Landschaft" bezeichnete Erzbischof Grocholewski in seinem Grußwort die Ordenshochschulen, die vom Charisma der jeweiligen Ordensgemeinschaft geleitet seien und einen wichtigen Beitrag leisteten für die akademisch-theologische Landschaft. Der Koblenzer Oberbürgermeister Schulte-Wissermann verwies auf den Beginn der Theologischen Hochschule der Pallottiner im heutigen Stadtgebiet von Koblenz, in Ehrenbreitstein; Vallendars Bürgermeister Helbach bedauerte, dass die Festgäste kaum Zeit haben würden, die "schöne Stadt, Vallendar einschließlich Schönstatt", zu besichtigen, und zeigte seine Freude an der Präsenz von über 40 kirchlichen Einrichtungen in Vallendar – dank Schönstatt und Pallottinern.

Professor Dr. Ilona Riedel-Spangenberger sprach in ihrem Festvortrag die Auswirkungen des Hochschulrahmengesetzes gerade auch im Bereich der theologischen Fakultäten an, die oft in ihrem Bestand und ihrer Wirksamkeit gefährdet seien, da Zeit und Mittel für die Forschung deutlich verringert seien. Das "Proprium der Orden", die im Mittelalter Träger von Bildung und Wissenschaft waren, zeichnete sie im Blick auf Ordenshochschulen in der Möglichkeit von Schwerpunktstudiengängen, die ganzheitlich und interdisziplinär ausgerichtet sein könnten. Je stärker sich das Profil der Hochschulen aus dem Apostolat und der Spiritualität der sie tragenden Orden auspräge, desto fruchtbarer sei ihr Beitrag für die Studierenden und die theologische Landschaft.

Kulturelle Diakonie der Kirche – Kristallisationspunkte gelebten und geteilten Glaubens

Den Aufweis einer Korrelation zwischen dem gegenwärtigen kulturell bedingten Kirchenverständnis und der Bedeutung der Orden im Sinne einer ecclesiologischen Ortsbestimmung der Orden sowie mögliche Perspektiven für die nähere Zukunft der Kirchen und Orden zeigte Professor Pater Dr. Medard Kehl im zweiten Teil der Festakademie auf. Kirche werde heute als Dienstleistungsgesellschaft verstanden, die allen Bürgern zur Erfüllung traditioneller kultureller und sinnstiftender Bedürfnisse diene.. Aus ihrem reichen Angebot wähle der Einzelne nach Beliebten aus und nehme dafür eine passive Kirchenmitgliedschaft billigend in Kauf. Den 10-15% aktiven Kirchenmitgliedern, den Verbänden und Orden obliege dabei die Gewährleistung und Bereitstellung dieser Grundversorgung. Diese Funktion der Kirche könne man umschreiben als "kulturelle Diakonie". Darin lägen Gefahren für das Selbstverständnis vom Glauben her, sicher auch die Perspektive der Ermüdung und Überforderung sowie die Versuchung zum Rückzug aus der Kulturverantwortung in die Pflege innerkirchlicher Gemeinschaft. Doch die Chancen zur Glaubensverkündigung und zum Wirken im "Außen" sollten nicht übersehen werden. Der Kirche werde sakrale, diakonische und eschatologischeKompetenz zugeschrieben: besonders angesichts von besonderen Krisen- und Höhepunkten des Lebens vermuteten die Menschen immer noch, dass die Kirche dafür einsteht, dass es so etwas wie Geborgenheit gebe; sie sei der Garant für Menschlichkeit und Verlässlichkeit und frage die reine Immanenz der Sinnfrage an. Die pastorale Herausforderung der kulturellen Diakonie könne nur mit Phantasie und Sympathie für die konkreten Menschen angegangen werden. In den Orden vermuteten die Menschen "kirchliche Vollprofis" die profiliert – das heißt kompetent und gekonnt – die kulturelle Diakonie ausübten. Dabei erwarteten sie ein hohes Maß christlicher Werte und Flexibilität im Eingehen auf ihre Erwartungen.

Wichtig sei in dieser sozio-kulturellen Situation die Ausprägung einer kirchlichen Eigenkultur als Korrektiv, jedoch nicht als Gegenkultur. Diese brauche nicht mehr geschaffen werden, denn neben den traditionellen Ortsgemeinden sei bereits ein Netzwerk von spirituell hochgelagerten Bewegungen herangewachsen, seien kommunikative Glaubensmilieus entstanden als neue Kristallisationspunkte gelebter und geteilter Glaubenserfahrung, wie es etwa in der Schönstattbewegung ausgeprägt sei.

Vernetzung, Spiritualitätsfamilien, Kultur der Absichtslosigkeit

Weniger im Bereich der traditionellen sozialen, pädagogischen oder kulturellen Werke, so Professor Kehl, liege nun die Funktion der Orden, da die personellen Möglichkeiten nicht ausreichten, um darin prägend und nicht nur verwaltend zu wirken. Stattdessen sehe er ihre Chance und Aufgabe, in einer bewusst gesuchten Vernetzung mit den geistlichen Bewegungen, in der Stärkung der kirchlichen Eigenkultur. In Spiritualitätsfamilien, wie sie etwa die Schönstattbewegung darstelle, wo verschiedene Lebensformen nebeneinander möglich seinen in füreinander durchlässigen Strukturen – so dass nicht immer gleich Alles oder Nichts auf dem Spiel stehe – , sehe er, so Kehl, die Zukunft der Kirche. Die Orden könnten in dieser Kirche der Zukunft das lebendige, abfragbare spirituelle Gedächtnis sein, die besondere christologische Dimension des Zeichenseins. Der schleichenden Entchristologisierung in der neuen Religiosität, die Gott als "bergende Macht", aber nicht die rettende und erlösende Person Jesu Christi sehe, setzte ein gemeinschaftliches Leben nach den evangelischen Räten den heutigen Christen das Leben und die Lebensform Jesu anschaulich vor Augen. Im 'liebenden Umsonst', wie es die Jerusalem-Gemeinschaft ausdrückt, in einer Kultur der Absichtslosigkeit, könnten die Orden auch für die Menschen der modernen Kultur "ein Segen sein".



Zurück: [Seitenanfang] [letzte Seite] [Homepage]

Letzte Aktualisierung: 24.07.2000 12:19 Mail: Redaktion / Webmaster
© 2000 Schönstatt-Bewegung in Deutschland, PressOffice Schönstatt, hbre, All rights reserved