Schönstatt - Begegnungen


Gerufen, heute heilig zu leben – in und wegen Grenzen und Bruchstellen

"Ich glaube an meine Berufung": Emilie Engel damals, zehn junge Frauen heute

Einkleidung in Schönstatt: 10 Postulantinnen der Schönstätter Marienschwestern auf dem Weg in die Anbetungskirche

Empfang des Kleides, des Schleiers, des Gürtels, der Medaille und der Kerze

Die Anbetungskirche sowie die Aula unter der Kirche waren vollbesetzt
Musikalischer Beitrag: philippinischer Chor "The Loved Flock" aus Bonn
Im neuen Gewand: Endlich Marienschwester
Gratulation von Freunden, Mitschestern und Gästen
weitere Fotos
von der Einkleidung: Fortsetzung
von der Buchpräsentation: Fortsetzung

(mkf) Die erste Biografie über Emilie Engel (1889 – 1955), wurde in Schönstatt der Öffentlichkeit vorgestellt am Vorabend der "Einkleidung", der Aufnahme von zehn jungen Frauen in das Säkularinstitut der Schönstätter Marienschwestern, an dessen Anfang Emilie Engel 1926 stand. Die Beiträge der Autorin und einiger Leser ließen ein überraschendes und befreiendes Heiligkeitsideal deutlich werden – den Ruf, heute Heiligkeit leben zu wollen und zu können in und wegen Bruchstellen und Grenzen. Am Programm rund um die Einkleidungsfeier in Schönstatt nahmen über 1000 Angehörige und Freunde der jungen Schwestern, Jugendliche und Besucher aus der Umgebung teil.

"Ein Buch, auf das viele gewartet haben", so stellte Sr. M. Theres Beermann im Namen der Schönstätter Marienschwestern die Biografie "Mein Ja bleibt" am Abend des 2. September der Öffentlichkeit vor; die Schwesterngemeinschaft tue es mit großer Freude vor ihrem 75jährigen Gründungsjubiläum im kommenden Jahr. Ungefähr 160 Personen waren zu dieser Buchpräsentation ins Pater-Kentenich-Haus gekommen. Die Vallendarer Band "Esperamor" gestaltete den Abend musikalisch mit Instrumental- und Chorsätzen sowie Liedern zum Mitsingen. Eine Ausstellung in der Eingangshalle mit Fotos und Leseproben weckte Interesse. Sr. M. Thomasine Treese, Postulatorin im Seligsprechungsverfahren für Emilie Engel, sprach über die Bedeutung eines Buches über Sr. Emilie; dann erfuhren die Zuhörer von der Autorin, Sr. Gretelmaria Wolff, die an überraschenden Entdeckungen reiche und spannende Entstehungsgeschichte dieses Buches. Dass allein das für diese Biografie verwendete Quellen- und Archivmaterial 15 Aktenordner füllt, hätten wohl die wenigsten vermutet; auch nicht, dass der Briefwechsel Pater Kentenichs mit Emilie Engel aus den ersten Jahren vollständig erhalten ist – wie viele Briefe da hin und her gingen, wurde allerdings nicht verraten, sondern vorerst einer Meinungsumfrage in Form eines Preisrätsels überlassen.

Eine Lebensbeschreibung von Emilie Engel – lohnt sich das? Und: Emilie, bist du eine Heilige? Diese Fragen leiteten die Forschungsarbeit der Autorin und ließen eine Frau entdecken, deren Leben von Krisen und seelischer Not geprägt ist – und die daran nicht zerbricht, sondern unter der Führung Pater Kentenichs emporwächst zum gelassenen, freien Ruhen in sich selbst, zu einer gelösten Verantwortlichkeit für andere und kindlichem Geborgensein in Gott.

Gründlich aufgeräumt mit dem üblichen Heiligenbild

Gerd Freisberg und seine Frau hatten beide abwechselnd das Buch gelesen. Er entdeckte ein überraschendes und befreiendes Heiligkeitskonzept in diesem Buch: "Heiligkeit ist nicht Perfektheit, sondern kindliche Hingabe an Gott. Heiligkeit heißt nicht, mit dem Heiligenschein herumlaufen und keine Fehler mehr machen. Der Wachstumsprozess verläuft nicht geradlinig, er geht auch nicht schnell, sondern in kleinen Schritten – und Rückschläge gehören auch zu diesem Weg der Heiligkeit." Seine Frau nickte. "Ich habe ein völlig neues Bild von Heiligen bekommen, und von Marienschwestern auch! Ich habe immer gemeint, wenn jemand mal Marienschwester ist, ist alles klar und vollkommen. Das Buch hat gründlich aufgeräumt mit meinem Heiligkeitskonzept, dass ich jetzt denke – da habe doch auch ich eine Chance, heilig zu werden!" Emilie Engels Leben gebe ihr als moderner Frau eine starke Unterstützung für einen Weg, auf dem Mütterlichkeit ein Wert sei. "Beim zweiten Lesen von manchen Abschnitten habe ich mir Merker in das Buch getan," meinte Herr Freisberg. "Es ist für mich ein Lexikon, wo ich nachschauen kann für meinen eigenen Lebensweg."

Die zehn jungen Frauen aus Deutschland, Ungarn, Indien und von den Philippinen, die am Sonntag, am Tag der Seligsprechung Johannes XXIII. und Pius IX., in bräutlichem Weiß zur Anbetungskirche zogen, beantworteten den Ruf, heute heilig zu sein, auf ihre Weise mit der Bereitschaft, Schönstätter Marienschwester zu werden. "Berufung ist das entscheidende Moment," sagte Monsignore Zimmerer in seiner Ansprache. Jeden rufe und berufe der dreifaltige Gott, zum Priestertum, zum Leben in einem Orden oder Säkularinstitut, aber auch zur Ehe oder zu einer besonderen Lebensaufgabe. Jede Berufung verwirkliche sich im Bund mit dem Dreifaltigen Gott; alle Schönstattgemeinschaften erfüllten dies auf ihre je eigene Weise.

Geführt von Pater Kentenich – zu Hause in einer Familie und in Gott

Frau Freisberg hatte noch eine überraschende Einsicht erworben bei ihrer Lektüre. Wie Gott damals zur konkreten Umsetzung seiner Pläne und Ideen Maria gebraucht habe, so habe Pater Kentenich eine Emilie Engel gebraucht. "Aber Emilie hat auch Schönstatt und Pater Kentenich gebraucht," ergänzte ihr Mann. Diesen Aspekt griff Gertrud Beilmann, Mitglied des Schönstatt-Frauenbundes, auf. Sie habe besonders der innere Reifungsprozess von Emilie unter der Führung Pater Kentenichs angesprochen. Mit besonderem Interesse habe sie natürlich das Kapitel gelesen über Emilie Engel als Bundesschwester, und ihr sei die Parallele zu Gertraud von Bullion, der ersten Frau, die zu Schönstatt kam und die Mitbegründerin des Frauenbundes wurde, gekommen – und die Erkenntnis, wie diese beiden Frauen in einer je unterschiedlichen Berufung geführt worden seien, den Grundstein für den Frauenbund zu legen als einer Gemeinschaft von Frauen, die in ihrem Beruf hochgradig apostolisch engagiert sind, und für eine sich daraus entwickelnde Gemeinschaft, deren Mitglieder das Schönstattapostolat zu ihrem Beruf machen.

Zeichen für diese Entscheidung war am Sonntag der Ritus der Einkleidung, bei der zehn jungen Frauen ihren neuen, selbstgewählten Namen erhielten und Kleid, Gürtel, Schleier, Medaille und brennende Kerze als Zeichen ihrer Berufung und Sendung. Nachdem die Novizinnen zum Umkleiden aus der Kirche gezogen waren, sangen sechs junge Frauen – aus Puerto Rico, der Dominikanischen Republik, Indien, der Tschechischen Republik und von den Philippinen – ein Lied in Englisch und Tagalog, Ausdruck ihrer Mitfreude und der Dankbarkeit für ihre eigene Berufung, Marienschwester zu werden. Wie Emilie Engel sind auch die an diesem Tag eingekleideten jungen Schwestern daheim in einer Familie – in der Schwesternfamilie wie in der Schönstattfamilie, die an diesem Tag mit ihnen feierte. Viele philippinische Schönstättern und Freunde aus Frankfurt, Rüsselsheim, Bonn, Lohmar und anderen Orten war gekommen, um dieses Familienerlebnis zu teilen. Der philippinische Chor "The Loved Flock" aus Bonn war eigens angereist, um bei dieser Feier zu singen; ihre Lieder vom einzigen Reichtum in Gott wiesen hin auf das eigentliche und letzte Ziel des Weges, den die jungen Frauen an diesem Tag begonnen hatten, das Geheimnis des Lebens von Emilie Engel: den Weg heim zu Gott und in seine barmherzige Liebe zu finden und andere diesen Weg zu führen.

"Das waren Emilie Engels Widerstandsressourcen, durch die sie an ihrer schweren TB-Erkankung körperlich und seelisch nicht zerbrochen ist," hatte Birgit Brömmel, Lehrerin an einer Krankenpflegeschule, am Abend zuvor deutlich gemacht. In ihrer Abschlussarbeit, so erklärte sie, werde sie im Rahmen der personenzentrierten Gesundheitsförderung am Modell der Salutogenese das Buch über Emilie Engel verarbeiten. "Nicht nur, weil neue Literatur bei so einer Arbeit gut ankommt," sagte sie, sondern weil sich die sozialen, kognitiven und spirituellen Widerstandsressourcen, von denen dieses Modell ausgehe, in faszinierender Weise im Leben von Emilie Engel fänden. "Emilie Engel war in der Familie zu Hause, Pater Kentenich gab ihr intellektuelle Sicherheit über den Sinn ihres Krankseins durch seine Worte und die Aufgaben, die er ihr gab, so dass sie nicht im lähmenden 'Warum ich?' hängen bleiben, sondern sich intensiv mit dem 'Wie mache ich das hier und jetzt'' beschäftigen musste. Und sie hatte Schönstatt, um allem den Sinn zu geben."

"Danke für dein Ja!"

Nach den Statements und Murmelpausen zog Sr. Gretelmaria abschließend einige Linien durch die Biografie und schloss mit einem direkten Wort an Emilie Engel: "Danke für dein Ja!" Während die Band "Esperamor" Lieder sang und spielte, fanden sich die Teilnehmer des Abends in kleinen Gesprächsgruppen bei Saft und Gebäck. Elaine, die jüngste Teilnehmerin, zog die Namen der Gewinner des Preisrätsels. Die meisten hatten die Zahl der Briefe Emilies an Pater Kentenich richtig geraten, die Zahl seiner Antwortbriefe jedoch gründlich unterschätzt. Die richtige Antwort hatten 44 Teilnehmer. Pater Barmettler, der Gewinner des ersten Preises – eines Gutscheins für den Quellenband "Emilie Engel. Zeugnisse – Briefe – Tagebuchnotizen" – verkündete die richtige Lösung: 38 Briefe von Emilie, 27 Briefe von Pater Kentenich bis zum 1. Oktober 1926! "Ich wäre ja schon über einen einzigen überglücklich," meinte eine Jugendliche. Eine Marienschwester und eine Jugendliche aus Weißrussland erhielten den zweiten und dritten Preis, je eine Biografie. Helena wird nun Deutsch lernen müssen, um ihr Buch lesen zu können

Danke für dein Ja – das wurde auch von den Teilnehmern der Einkleidungsfeier in Blick auf die jungen Schwestern gesagt. Besonders dankbar zeigten sich die Mädchen und jungen Frauen aus der Mädchenjugend, denen der Einkleidungstermin ein willkommenes 'Nachtreffen' wenige Woche nach ihrem Internationalen Treffen beschert hatte. Nach Angeboten und Projekten am Samstagnachmittag hatten sie am Abend in der Sonnenau ein Video über ihr Treffen angeschaut und Lieder von Susanne Leibrecht gehört, die in der Atmosphäre des Treffens und der Krönung mit der lebendigen Krone entstanden waren. Am Sonntag führte eine Dankandacht in der alle Teilnehmer zusammen – zum Dank für den Ruf, heute Heiligkeit zu leben in und wegen Grenzen und Bruchstellen.

 



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Letzte Aktualisierung: 07.09.2000 0:41 Mail: Redaktion / Webmaster
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