Veröffentlicht am 2019-10-17 In Urheiligtum

Schönstatt – pilgern, leben, arbeiten an dem Ort, von dem alle träumen

URHEILIGTUM, Roberto M. González •

Wir alle, die wir die Gnade hatten, den Ort Schönstatt, „Ur-Schönstatt“, wie manche gerne sagen, mit seinen Wäldern, Häusern und Heiligtümern zu besuchen, haben uns in den Ort, seine Ruhe und Schönheit verliebt. Unabhängig von der Jahreszeit, zu der wir Schönstatt besuchen, fühlen wir uns zu Hause, sowohl wegen der familienhaften Gastfreundschaft als auch wegen des Ortes selbst. Es ist ein Traum und ein Segen, in diesem “ Land, so warm und traut“ zu sein.  —

Für viele ist es eine unschätzbare Erfahrung, ein paar Stunden oder Tage als Pilger zu bleiben, denn wir finden einen Ort der Ruhe, an dem wir alles, was wir im Herzen mit uns tragen abladen und das Herz mit dem Segen des Urheiligtums und der Begegnung mit unserem Vater und Gründer neu füllen können.

All diese Eindrücke vervielfachen sich in denen, die das Vertrauen aufbrachten, die Einladung der Gottesmutter anzunehmen, eine Zeitlang im Schatten des Urheiligtums zu bleiben, sei es in einem der Jugendprogramme, für eine Zeit der Ausbildung oder für eine bestimmte Arbeit. Es ist eine Erfahrung, die dich so tiefgründig prägt, dass du nicht mehr derselbe sein wirst, wenn du in dein Land zurückgehst oder an dein nächstes Ziel kommst.

Die „Magie“ des Dortseins lässt sich nicht mit Worten beschreiben, sondern muss erlebt werden. Es klingt wie ein „Klischee“, ist aber eine Aussage, die viele Menschen sicher teilen.

Aus meiner Erfahrung nach dreieinhalb Jahren in Schönstatt, anfangs nur am Wochenende und dann dauerhaft, ist mir eines klar geworden: dass der Wunsch unseres Vaters und Gründers und der ersten Sodalen Wirklichkeit geworden ist, nicht nur wegen der Anzahl der über die ganze Welt verstreuten Heiligtümer, sondern auch wegen der Anzahl der Mensche, die kommen, um die Gottesmutter im Urheiligtum zu besuchen, Menschen, die mit einer Vorstellung kommen und eine andere Realität finden, die sie oft sprachlos macht angesichts der der Fülle von Gnaden, die das ganze Tal durchziehen.

Jetzt, nach der Rückkehr in mein Land und im Rückblick, bleiben mir jedoch drei Anliegen, die mir während meiner Zeit in Schönstatt immer intensiver kamen und die ich in der Hoffnung auf einen aufrichtigen und fruchtbaren Dialog einbringen möchte, um Solidarität in der Betreuung des Pilgers, der zum Urheiligtum kommt, zu wecken.

1 Die Einsamkeit des Pilgers, wenn ganz Schönstatt schlafen geht

Eine der schönsten und regelmäßigstne Unterbrechungen meines Tagesablaufs war es, zum Urheiligtum hinunterzugehen und zu sehen, ob Pilger in ihrer freien Zeit nach den Führungen und Riten allein herumlaufen, um sie zu begleiten und dann sehr oft im Ratskeller des Jugendzentrums zu landen, um entspannter zu erzählen, wenn alle offiziellen Aktivitäten zu Ende, die Bürgersteige hochgeklappt, die Nacht aber noch sehr jung war, besonders im Sommer.

„Der Tag ist vorüber, die Menschen sind müde, doch viele wollen nicht gleich ins Haus. Denn drüben dringt aus einer offnen Türe noch Licht aufs Kapellchen hinaus. Die kleine Kneipe, die fehlt noch in Schönstatt, da wo man abends noch hingehen kann…“
Wenn man mehr als ein paar Wochen in Schönstatt lebt, hat man alle Heiligtümer, Berge, Pfade und Häuser besucht, und dann gibt es viel freie Yeit, besonders wenn der Abendsegen vorbei istund ganz Schönstatt schlafen geht, aber einige noch den Wunsch haben, Zeit und Erfahrungen des Lebens in Schñnstatt zu teilen und tausende von Geschichten aus dem Leben mit der Gottesmutter zu hören und zu erzählen. Deshalb öffnete ich unter „Missbrauch“ meiner Möglichkeiten als „Hausherr“ und mit der Unterstützung meiner Gemeinschaft zu verschiedenen Tageszeiten die Türen des Jugendzentrums für die Pilger, die einfach noch bleiben und reden wollten, und nutzte die Architektur des Jugendzentrums, wo wir uns bis spät in die Nacht treffen konnten, ohne jemanden zu stören, so wie es uns Latinos gefällt.

Und nicht nur uns. Freunde aus Deutschland erzählten mir, dass in der Kölner Schönstattfamilie schon vor über 30 Jahren ein Schlager von Peter Alexander kolportiert wurde: „Der Tag ist vorüber, die Menschen sind müde, doch viele wollen nicht gleich ins Haus. Denn drüben dringt aus einer offnen Türe noch Licht aufs Kapellchen hinaus. Die kleine Kneipe, die fehlt noch in Schönstatt, da wo man abends noch hingehen kann…“

Immer wieder einmal sind Pilger im Morge grauen in mein Haus gekommen, um nach einem Schlafplatz zu suchen, nicht weil es in keinem der anderen Häuser einen Platz gibt, sondern weil sie sich in letzter Minute entschieden hatten, Schönstatt zu besuchen, keine Voranmeldung gemacht hatten und nach acht Uhr abends nirgendwo mehr eine offene Tür fanden; andere, die ihren offiziellen Aufenthalt „beendet“ hatten und länger bleiben wollten, aber auf Grund der Nachfrage in den ursprünglichen Häusern dort nicht verlängern konnten.

Die Unterkünfte in Schönstatt sind kein Problem. Es gibt genug und einige sind während des Jahres leer, außer wenn es Pilgerfahrten oder ein Jubiläum gibt; einige sind offen für Gruppen im Allgemeinen und decken so die minimalen Ausgaben und einige Investitionen in das Haus selbst.

Aber für „Last-Minute-Pilger“, und oft auch für Pilger, die kein Deutsch können und noch nie in Schönstatt waren, ist es sehr schwierig, dort eine Unterkunft zu finden oder vorab buchen. Während Heiligtümer wie Aparecida in Brasilien, Fatima in Portugal oder Luján in Argentinien von einem ganz auf Pilger abgestimmten „gastronomischen Gürtel“ umgeben sind, gibt es in Vallendar nur wenige Hotels, und obwohl es in der Nähe des Urheiligtums reichlich Unterkünfte gibt, die für Pilger geöffnet sind, finden sie – wenn sie auf eigene Faust und nicht mit Gruppen kommen – diese nicht, obwohl die meisten Häuser Webseiten haben, oft sehr gute sogar, aber nur auf Deutsch. Und jedes für sich.

Es gibt Informationen über Unterkünfte in Schönstatt auf verschiedenen Seiten (wo niemand diese Informationen erwartet, weil diese Seiten ganz andere Schwerpunkte haben, etwa auf schoenstatt.org ), aber es gibt keine digitale Infrastruktur, die dem Pilger einen Ausgangspunkt für Suche, Reservierung und Unterbringung bietet.

Hinzu kommt, dass das Reservierungsprotokoll für den Pilger der letzten Minute oft sehr langsam ist.

Es gibt manchmal so etwas in Form von Menschen, die anwesend sind, um Pilger „vor den Türen Schönstatts“ zu empfangen, aber nur bis zum Anbruch der Dämmerung, es keine Telefonnummer für Last-Minute-Unterkünfte, mit einer WLAN-Zone, mit der sie sich verbinden und anrufen können.

Dann braucht es auch eine gewisse Logistik, damit der Pilger an den Türen der Häuser ankommt. Einige Pilger gehen verloren, andere verlieren Zeit und Geld, indem sie in nahegelegenen Städten ein Hotel buchen, und für viele scheint „ein Besuch in Schönstatt“ etwas zu sein, das nur bestimmten privilegierten Menschen vorbehalten ist, die sich mit ihren Schönstattverbindungen präsentieren müssen, wenn sie eine Unterkunft im Schatten des Hauses von uns allen, des Hauses unserer Mutter, suchen.

Klar ist, dass Schönstatt in Deutschland liegt und als solches die Zeiten und Rhythmen des Landes übernimmt, aber wenn wir uns an einem wichtigen Wallfahrtsort wie dem Urheiligtum befinden, müssen wir vor allem auf diejenigen achten, die ohne Voranmeldung ankommen, um so die Unterbringung für die Verwalter der Häuser sowie für die Pilger, die eine Übernachtungsmöglichkeit suchen, zu erleichtern.

2 – Eine große Investition in Instandhaltung vieler Gebäude und Infrastrukturen.

Am Ort Schönstatt gibt es viele Gebäude und Infrastrukturen, die sich heute nicht mehr selbst tragen können, erst recht nicht nur über die immer wenigeren Menschen, die immer darin wohnen. Außerdem müssen sie mit allen anderen Zentren im übrigen Deutschland um die verschiedenen Aktivitäten konkurrieren. Wir sind alle sehr stolz und eifersüchtig besorgt um das, was in der Vergangenheit erbaut wurde, wegen seines historischen Wertes, was nicht verkehrt ist, aber wir müssen uns fragen: Ist es langfristig zu unterhalten?

Wenn man bedenkt, dass die Aufrechterhaltung eines Pilgerzentrums in Bezug auf Kosten, Sicherheit und Komfort in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern ungleich höher ist, ist es auch nicht die Lösung, dass wir aus dem Rest der Welt Geld in die Erhaltung einer ganzen Gebäudestruktur investieren, die keine Vision hat, die im Dienste unserer ganzen Schönstattfamilie steht, so dass unsere pastoralen Projekte auf nationaler Ebene ohne diesen Beitrag bleiben.

Als Mitglieder dieser Familie müssen wir verantwortungsbewusst sein und uns bewusst machen, was es bedeutet, unsere verschiedenen Projekte und Zentren sowohl in unseren Ländern als auch in Schönstatt zu unterstützen, und dort spielt unsere institutionelle Föderativität eine wichtige Rolle. Jedes Land, jede Diözese und jede Gemeinschaft muss sich um ihre Häuser und die Entwicklung ihres Lebens kümmern.

3 – Wem gehört das Urheiligtum?

Gilt diese Frage auch für das Urheiligtum? Mit anderen Worten, wem gehört das Urheiligtum ? Allen? Ohne dieses „von allen“ zu konkretisieren, gehört es „niemandem“.

Es ist eine Frage, der wir uns stellen müssen. Von der Seite des Unterhaltes her braucht es viel weniger als ein einziges der Häuser in Schönstatt, doch als Wallfahrtort ist es Herz und Mitte allen Lebens. Ich denke, wir müssen es  mit allem Einsatz bewahren – nicht für uns, nicht für die, die am Ort leben, sondern für die Pilger aus aller Welt.

Wirtschaftlicher Unterhalt ist nur ein Aspekt. Ein anderer ist: Wie machen wir unser Urheiligtum wirklich zu einem Wallfahrtsort, dem Ziel, für das Josef Engling und viele andere wie er ihr Leben angeboten haben, einem für alle offenen Wallfahrtsort, an dem der Pilger die Möglichkeit findet zu beten, zur Beichte zu gehen, die heilige Messe mitzufeiern, vielleicht sogar in seiner Muttersprache, aber vor allem zu der Zeit am Tag, in der er  an diesem heiligen Ort ist?

 

 

Diese Reflexion ergibt sich aus dem, was mich die Pilger, mit denen ich zusammengetroffen bin, immer wieder gefragt haben, und auch aus dem Einblick in das Innenleben der Häuser und all dessen, was Unterhalt in Bezug auf Geld, Personal und Instandhaltung bedeutet, aber auch aus der emotionalen und spirituellen Belastung, alles für den Pilger in Ordnung zu halten.

Meine letzte Frage lautet also: Sind wir eine Bewegung der geistlichen Erneuerung für die Kirche oder eine Bewegung, die Bildungszentren für Pilger unterhält?

Beide Antworten sind gültig, aber ist es das, was unser Vater und Gründer wollte?

 

Original: Spanisch, 16.10.2019. Übersetzung: Maria Fischer @schoenstatt.org

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