Veröffentlicht am 2009-08-31 In Urheiligtum

Pater Kentenichs Liebe zur Vielfalt – 90 Jahre Hörde

Vorstellung beim Kongress der Bünde (Foto: Priesterbund) - Foto: Zillekensmkf. Eine intensive Zeit lag hinter den vielen Mitgliedern der Apostlischen Bünde Schönstatts, als Ende letzter Woche die letzten abreisten und in ihre Heimatländer zurückkehrten. Am 20. August 1919 gründeten junge Männer in Dortmund-Hörde den „Apostolischen Bund“. Aus dieser Gründung haben sich im Laufe der Jahre alle Gemeinschaften des Schönstattwerkes entwickelt, nicht nur die sechs Bundesgemeinschaften – der Familien, der Mütter, der Priester, der Frauen , der Männer, der Kranken – , sondern auch die Institute und Ligagliederungen. Im Gedenken an diese Gründung trafen sich die Schönstatt-Bünde zu einem Kongress, der der Besinnung auf ihr Selbstverständnis und der Ausrichtung auf das Jahr 2014 (100 Jahre Schönstatt) diente.

Internationaler Kongress der Apostolischen Bünde - Foto: FischerWas war „Hörde“? Mindestens 180 junge Männer gehör­ten in der Zeit von 1914 bis 1918 zur Schön­stätter Kon­gre­­ga­ti­on und der Außen­­organ­isation als krea­tivem Kern der wer­denden Schön­statt-Be­­we­gung. Sechzehn starben im Krieg, minde­stens vier weitere unmittel­­bar danach an Kriegs­folgen. Nach Kriegs­ende kehrte eine Reihe von Mitgliedern der Schön­stätter Studenten­kon­gre­­­gation nach Schön­statt zurück, um dort ihre Studien fortzusetzen; andere kamen nicht zurück, da sie sich in der Zwischen­zeit entschieden hatten, nicht Priester bzw. nicht Pallotti­ner­pater zu wer­den.

Für diejenigen unter ihnen, die Schön­­­stätter blei­ben wollten, und vor allem für die „Auswärtigen“, die nie zum Studien­heim in Schönstatt ge­hört hatten, stellte sich die Frage, ob und wie es weiter­gehen solle, nach­dem die Außenorganisation ih­ren ur­sprüng­lichen Zweck erfüllt hatte. Pater  Kente­nich weckte Eigen­­initiative und Eigen­verantwortung, indem er sich zunächst ge­genüber den drängenden Anfra­gen der nicht aus dem Studien­heim in Schönstatt stammen­den Mitglieder zurückhaltend verhielt. Auf dem Sodalen­tag in Dort­mund-Hörde voll­zogen dann 24 Teilnehmer – Abiturienten, Gymnasiasten, Theologiestudenten und Se­minaristen, von denen sechzehn aus Schön­statt und acht von außerhalb kamen, die Grün­dung des Apostolischen Bundes, mit der „die Außen­organi­sation, ein Zweig der Schön­stätter Studenten­kon­gre­gation, (…) aus dem bisherigen Rah­men heraus(trat) und (…) Apostolischer Bund“ (MTA 5 (1919/20), Nr. 1-3: 11) wurde.

Ein echter Gründungsvorgang

Vorstellung des Mütterbundes - Foto: Zillekens„Hörde“ ist ein echter Gründungs­vorgang: Seitdem war „Schönstatt“ nicht mehr die Stu­den­ten­kon­gregation im Studienheim – wenn­gleich diese als Teil­gemein­schaft der Schön­statt-Bewe­­gung lange weiterbestand -, sondern der davon unab­hängige „Apostolische Bund“, der das Apostolat zu seinem eigentlichen Ziel erklärte und die Mit­glieder zu Aposteln in allen Berufen und Vereinen formen sollte. Was blieb und sich vertiefte, war die Zentrierung am Ort Schönstatt und im nun nicht mehr „Kongregations­kapelle“, sondern „Bundesheiligtum“ genannten Urheiligtum (vgl. MTA 6 (1920), Nr. 3/4: 25), ebenso der Kon­takt mit und die Führung durch Pater Josef Kente­nich, den die jungen Männer von Hörde als den „Künder des großen Ideals, (den) priesterlich-väterliche(n) Führer in den Kriegsjah­ren, (den) glaubwürdige(n) Zeugen dessen, was uns erfüllte und bewegte“ (so Pfr. Ernst im Jahr 1959) erlebt hatten.

Erster internationaler Kongress: 90 Jahre Apostolischer Bund

Das Vatersymbol, am 8. Juli auf Weltpilgerschaft ausgesandt, ist dabei - Foto: FischerDer 90. Jahrestag dieses Ereignisses war der Anlass, sich erstmals auf internationaler Ebene mit Vertretern aller Bundes­gemein­schaften zu treffen. Schon vor Beginn des Kongresses fand das Generalkapitel des Familienbundes statt; der Frauenbund nutzte die Gelegen­heit zu einer Schulung für Führungs­kräfte, und der Mütter­bund traf sich ab 14. August bereits zu einer intensiven, reichen internationalen Begegnung mit Mütter aus Deutschland, Argentinien, Chile, Paraguay, Südafrika und Portugal. Mit der Bündnisfeier am Abend des 18. August begann dann der internationale Kongress.

Am Morgen des 19. August stellten sich die verschiedenen Bundesgemeinschaften in ihrer originellen Sendung in der Aula der Anbetungskirche auf Berg Schönstatt vor. Vielfalt pur!

„Einheit und Vielfalt. Die Spannung, die in diesen beiden Worten liegt, löst in den meisten Menschen die Frage aus: Wie gelingt es uns, die Einheit zu schaffen? Mir scheint jedoch, dass für unseren Gründer von Anfang an die andere Frage mindestens genauso interessant war: Wie gelingt es, die Vielfalt zu schaffen? Ist nicht das Schönstattwerk selbst mit seinen zahlreichen Gemeinschaften und Projekt- und Interessengruppen ein Beleg dafür, dass seine Sehnsucht nach lebendiger Vielfalt sogar größer war als seine Sehnsucht nach Einheit?“ (…)“In einer Zeit, in der er den Zug zur Einheitskultur, zur Nivellierung, Vermassung, zur Entpersönlichung gesehen hat, hat unser Gründer von Anfang an größte Sorge darauf verwandt, das Originelle, Persönliche, Vielfältige zu wecken, zu fördern und zu pflegen. Umgekehrt hat er dafür gesorgt, dass alles, was die Einheit in Blick nimmt, nicht das Originelle vorschnell unterdrückt.“ Gottesdienst am 19. AugustSo Pfarrer Ulrich Schäfer bei  der Predigt im folgenden Gottesdienst in der Anbetungskirche. Aufeinander hören, sich für einander interessieren, miteinander sprechen, vertrauensvoll auf das schauen, was in den Seelen lebt und wächst – so zeichnete Pfr. Schäfer den Weg einer „Einheit, die nicht Masse wird“ (J. Kentenich).

Was ist das Entscheidende beim Bund?

Der Nachmittag bietet ein Intensivprogramm: Pater Rudolf Mosbach gibt in seinem Referat einen Überblick über die Bedeutung von Hörde als organisatorisch gesehenem einzigen Gründungsakt des Schönstattwerkes, aus dem alle Teilgemeinschaften hervorgegangen sind, und beleuchtet die beiden Grundbedingungen für alle bedeutenden Handlungen des Gründers: die eigene reflexive Klarheit und das klare Zeichen der göttlichen Vorsehung durch die richtige Situation und die Personen, die als Mit-Wirkende zur Verfügung standen.

Mathilde ThoméIn Blick auf Erneuerung im Geiste von Hörde, gelte es, in die Gründungsgeschichte der eigenen Bundesgemeinschaften zu schauen und sich der Rolle und Bedeutung als „Elitegemeinschaft“ und „Führergemeinschaft“ bewusst zu werden, letzteres im Sinne der Verantwortung als Gemeinschaft verbindlichen Lebens für die weite Bewegung und eines tatkräftigen Mittuns im gemeinsamen Apostolat.

Mathilde Thomé aus dem Schönstatt-Frauenbund ließ die Anwesenden Anteil nehmen an Gesprächen mit Pater Kentenich über verschiedene Fragen zu Sendung und Struktur des Bundes und zur Zusammenarbeit untereinander – ein Geschenk!

Ramón und Marité MariniEhepaar Ramón und Marité Marini, die neugewählten internationalen Leiter des Familienbundes, rundeten den Nachmittag ab mit einer Präsentation zu einem Detail der Bundesmedaille – der Inschrift „Regnum Mariae“, Königreich Mariens. Maria als Königin, das, so Ehepaar Marini, gehört zum Urgut des Bundes. Die Medaille, so führten sie, ausgehend von einem Artikel in der Zeitschrift MTA vom Februar 1920, aus, verbinde den paulinischen Gedanken vom Apostelsein (Caritas Christi urget nos) mit dem Werkzeugsgedanken gegenüber der „himmlischen Mutter und Königin“ und der Bitte, sie möge sich im „Schönstattkapellchen“ niederlassen, „um uns von dort aus als lebendige Werkzeuge zur Verwirklichung ihrer Aufgaben in dieser Zeit“ an sich zu ziehen.

Der Abend versammelte alle zu einem Mega-Grillabend auf dem Kentenich-Hof, der Vormittag des 20. August bot dann die Möglichkeit, die Fülle des Aufgenommenen in den eigenen Gemeinschaften zu reflektieren und wichtige Erkenntnisse ins Plenum einzubringen – ein wenig mühsam wegen der Übersetzungen nacheinander jeweils in zwei weitere Sprachen, doch wichtig für das gemeinsame Erleben und als Vorbereitung auf den Festakt am Nachmittag.

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