Luján

Veröffentlicht am 2023-06-02 In Themen - Meinungen

Manuel und das andere “ Wunder der Heiligen Nacht“

Von Pfr. Martín José Clavijo, Buenos Aires, Argentinien (auf www.schoenstatt.org.ar) •

In Schönstatt ist der Monat Mai der Monat des „Gnadenkapitals“, der Monat der „Maienblüten“ für Maria. Wie schon in der Gründungsurkunde sagt sie uns vom Heiligtum aus: „Bringt mir fleißig Beiträge zum Gnadenkapital: Erwerbt euch nur durch treue und treueste Pflichterfüllung und eifriges Gebetsleben recht viele Verdienste und stellt sie mir zur Verfügung. Dann werde ich mich gerne unter euch niederlassen und reichlich Gaben und Gnaden austeilen. Dann will ich künftig von hier aus die jugendlichen Herzen an mich ziehen, sie erziehen zu
brauchbaren Werkzeugen in meiner Hand.“ —

Hier in Argentinien ist es der Monat der Jungfrau von Luján, denn am 8. Mai wird daran gedacht, dass „ein bescheidenes Bild ihrer reinen Empfängnis auf wundersame Weise am Fluss Luján geblieben ist, als Zeichen des mütterlichen Schutzes über dein Volk, das in Argentinien auf Pilgerfahrt ist“ (Präfation vom Festtag). Pater Kentenich wollte Luján von sich aus kennen lernen und besuchte den Gnadenort zweimal: am 9. Juni 1947 und am 1. Februar 1952. Nach seiner ersten Wallfahrt sagte er zu den Schwestern: „Unsere Heiligtümer sollen die Nationalheiligtümer der verschiedenen Länder beleben.“

Der wundersame Ursprung des Gnadenbildes der Muttergottes von Luján im Jahr 1630

Der wundersame Ursprung des Gnadenbildes der Muttergottes von Luján im Jahr 1630

Luján und Valle di Pompeji

Ich bin überzeugt, dass er, sobald er nach dem Ursprung des Heiligtums fragte, die uns allen bekannte Geschichte gehört haben muss: das Wunder der kleinen Kisten auf dem Ochsenkarren und die zärtliche Hingabe, mit der sich der „Negro Manuel“, der schwarze Manuel, ein Sklave, in den Dienst des Bildes stellte, der Gottesmutter den ersten Kaplan verschaffte und dafür sorgte, dass sie von mehr und mehr Pilgern verehrt wurde. Wenn das so war, musste in Pater Kentenichs Herzen das Echo jener katholischen Wochenzeitung widerhallen, die ihm im Juli 1914 – kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs – in die Hände fiel. Darin wurde die Geschichte eines zum Katholizismus konvertierten Anwalts, Bartolo Longo, erzählt, der sein ganzes Leben dem Rosenkranzgebet unter den bescheidenen Bewohnern des Tals von Pompeji widmete, woraus das berühmte Heiligtum Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz entstand. Laut Pater Kentenich war dieser Artikel das Zeichen der göttlichen Vorsehung, das ihm am 18. Oktober desselben Jahres einen gewagten Sprung ins Ungewisse tun ließ: Könnten er und seine Jungen nicht auch durch aufopferungsvolle menschliche Mitarbeit die Gottesmutter in die kleine Kapelle im Schönstatt-Tal „herunterholen“?

Der Gründer der Schönstatt-Bewegung liebte diesen einfachen, gläubigen Instinkt, der das Wirken Gottes in kleinen, gewöhnlichen Ereignissen entdeckt, die mit einem gläubigen Blick interpretiert werden, der in der Lage ist, die andere Seite der Dinge zu sehen wie durch den Spalt einer kaum geöffneten Tür. Der Ursprung des Heiligtums von Luján war nicht mehr – oder weniger – außergewöhnlich als das. Die Geschichte von dem Karren, den Ochsen und den zwei kleinen Kisten mit zwei Marienbildern wäre vielleicht in den frommen Legenden eines kleinen Dorfes geblieben, wenn das Bild nicht von Anfang an auf den aufopferungsvollen Dienst des Negro Manuel, ihres treuen Sklaven, gezählt hätte, der ihr sein ganzes Leben widmen würde. Wenn es ein wahres Wunder gab, dann das, dass im Argentinien des Jahres 1600, an einem praktisch unbewohnten Ort in der Provinz Buenos Aires, ein schwarzer Sklave der Ursprung eines sehr wichtigen Pilgerzentrums sein konnte und seine Geschichte und die des Bildes untrennbar miteinander verbunden wurden. „Wie oft war in der Weltgeschichte“, so Pater Kentenich, “ das Kleine und Unbedeutende die Quelle des Großen und Größten?“

Der Kaufbrief, der Manuel zum alleinigen Eigentum des Heiligen Bildes von Luján machte

LujánLeider gibt es etwas, was Pater Kentenich bei seinen Besuchen im Heiligtum von Luján nicht wissen konnte und was ihn sicher tief bewegt hätte. Die historische Forschung über den Negro Manuel war bis 1974 nicht auf eine unschätzbare Quelle gestoßen: den Kaufbrief vom 24. Dezember 1674, der Manuel zum alleinigen Eigentum des Gnadenbildes von Luján machte. Ein wahres „Wunder der Heiligen Nacht“.

Es geschah folgendermaßen. Im Jahre 1671 (40 Jahre nach dem Wunder des Karrens auf der Estancia von Don Rosendo) wurde das Bildnis von Frau Ana de Matos erworben, um auf ihrer Estancia, die näher bei Buenos Aires und an einem viel belebteren Ort lag, eine kleine Kapelle zu errichten. Der treue Diener wurde zusammen mit dem Bildnis versetzt, obwohl die Erben Rosendos den Sklaven als ihr Eigentum beanspruchten. Doch damit war die Sache nicht erledigt, sondern eskalierte, so dass in Buenos Aires ein Gerichtsverfahren eingeleitet wurde. Der Rechtsstreit begann. Die Chroniken berichten, dass sich der schwarze Manuel dort mit den Worten verteidigte: „Ich gehöre nur der Jungfrau“. Es ist bewegend, die tiefe innere Freiheit zu entdecken, die diese Worte in diesem Zusammenhang offenbaren. Es ist das Recht, Kind Gottes zu sein, in dem Maria ihn zärtlich erzogen hat. Das geltende Recht gab Manuel jedoch keine Rechte, auf die er sich zu Gunsten seiner vermeintlichen Freiheit berufen konnte. Er würde von seinen früheren Besitzern behalten werden. Es muss ein dunkler Augenblick gewesen sein. Aber ein Diener Mariens geht nie zugrunde, sie sorgt.

Ein echtes Gnadenkapital

Die Solidarität, die die Gottesmutter inmitten ihrer Kinder wirkt, wurde in Gang gesetzt. Frau Ana de Matos beschloss, eine Summe von hundert Pesos an den Verwalter der alten Estancia zu zahlen, um die durch den Streit verursachten Schulden zu begleichen und so die Situation zu entschärfen. Schließlich wurde der Sklave im Dezember 1674 im Namen des Marienbildes gekauft, dank der Intervention „vieler Leute, die dem besagten Bildnis ergeben sind“, die 250 Pesos an „Almosen für diesen Zweck“ sammelten: ein wahres Kapital von Gnadenkapital!

Durch dieses „Wunder“ des 24. Dezember, so heißt es im Kaufvertrag, kauft die Jungfrau selbst durch einen Agenten den besagten Negro Manuel für sich selbst, um „darüber zu verfügen, wie sie es für richtig hält“, als „etwas, das sie selbst besitzt und erworben hat“, als treue Antwort auf das geheime Liebesbündnis, das ihr Sohn mit ihr geschlossen hatte: „Ich gehöre allein der Jungfrau“.

Ich bin mir sicher, dass Pater Kentenich dem Heiligtum von Luján viel mehr als nur zwei Zeilen gewidmet hätte, wenn er auf diese „Urkunde“ gestoßen wäre, die „als Zeichen des Besitzes“ verliehen wurde – so steht es im Kaufbrief des Negro Manuel. Es ist eine perfekte, lebensnahe, plastische Darstellung dessen, was wir tun, wenn wir die Kleine Weihe beten: Wir erneuern unser Liebesbündnis mit unserer MTA, und sie gibt uns den Beweis, dass wir ihr gehören….

O meine Gebieterin, o meine Mutter!
Dir bringe ich mich ganz dar.
Und um dir meine Hingabe zu bezeigen,
weihe ich dir heute:
meine Augen, meine Ohren, meinen Mund,
mein Herz, mich selber ganz und gar.
Weil ich also dir gehöre, o gute Mutter,
bewahre mich, beschütze mich, benütze mich
als dein Gut und dein Eigentum.
Amen.
Basilica de Luján

Basilika von Luján – Foto: Wikipedia


BIBLIOGRAFISCHE QUELLEN

  • Durán, Juan Guillermo. Manuel «Costa de los Ríos». Fiel esclavo de la Virgen de Luján. Buenos Aires: Agape Libros, 2020.
  • Gómez Tey, Sergio. El Espíritu de Manuel de la Virgen de Luján. Argentina: Didajé, 2022.
  • Niehaus, Jonathan. Héroes de fuego (Original: New Vision and Life). Córdoba – Argentina: Patris Argentina, 2007.

Original: Spanisch. Übersetzung: Maria Fischer @schoenstatt.org

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