Veröffentlicht am 2015-07-10 In Schönstätter, Themen - Meinungen

Engagement ist keine Option

PARAGUAY, von Sebastián Acha, ehemaliger Leiter der Schönstatt-Mannesjugend, Mitgründer von Patria Querida (einer politischen Partei mit Wurzeln in der Schönstatt-Bewegung), Abgeordneter während zwei Wahlperioden •

Seitdem Schönstatt in mein Leben gekommen ist – in mein Leben, das ist Realität, und es war in meiner frühesten Kindheit durch die Erlebnisse meiner Eltern -, haben mich Leben und Erbe Josef Kentenichs fasziniert.

Die pädagogische Empfehlung der Bewegung nahm Form und Gestalt an, während wir unsere Aktivitäten entfalteten, zunächst als Familie und dann persönlich in meiner Lebensgruppe, in denen die Hauptfrage der Beitrag war, den Schönstatt leisten muss zur Formung eines „neuen Menschen für eine neue Gesellschaft“.

Die prophetische Vision unseres Gründers haben weder den Bezug zu übernatürlichen Offenbarungen noch zu abstrakten Gedankengebäuden, wie andere katholische Bewegungen mit besonderem Charisma und großer Frömmigkeit sie hüten und pflegen. Die Empfehlung des Vaters und Gründers geht über die innere Veränderung, über diesen riesigen Innenraum von Betrachtung und Arbeit in der Pflege persönlicher Heiligkeit.

Da wir Sozialwesen sind und unser Handeln ein Beitrag zur Gemeinschaft sein soll, ist es unmöglich, das Ideal Schönstatts losgelöst zu sehen von einem tiefen Einfluss auf unsere Umgebung, und dass logischerweise diese Umgestaltung einen wesentlichen, dauernden, soliden Beitrag auf der Grundlage dessen, was wir „neue Gesellschaftsordnung“ nennen, leisten muss, und dass genau darum unser Handeln auf dem Vorsehungsglauben fußen muss, das heißt schlicht und einfach, dass wir auf die Stimmen der Zeit hören müssen.

1452170_177031099161825_437759848_n-600x402Schon sehr früh hat Schönstatt mich dazu gebracht, mich dem Umfeld der sozialen Ungerechtigkeiten, die Paraguay heimsuchen, zu stellen. Die Verbindung mit dem Heiligtum durch das Liebesbündnis bedeutete für mich eine undiskutierbare Notwendigkeit, Antworten zu suchen auf die Frage nach den Gründen dieser Ungerechtigkeiten, die Grundlagen der „Lieblosigkeit“, des mechanistischen Denken, das alles auf die simple typische Antwort Paraguays reduziert, die da heißt: „So ist das nun mal.“

Dieser Ausdruck der Mittelmäßigkeit umfasst Konformismus, und das war für mich eindeutig der zu bekämpfende Antiwert. Das war für mich die Stimme der Zeit, die mir laut ins Ohr rief, was Pater Kentenich so kategorisch ablehnt und als schlimmste Sünde des Menschen bezeichnet: Entmenschlichung, Kollektivismus, Unterdrückung der eigenen Identität und Unterwerfung unter oberflächliches Diktat der öffentlichen Meinung. Ein Antiwert, auf den Pater Kentenich nicht mit Davonlaufen, mit Fahnenflucht, mit Abschottung oder der so einfachen Kritik geantwortet hat, sondern mit dem „Hier bin ich“, angeregt vom „Hier bin ich“ von Maria als Antwort auf den Ruf des Herrn.

In meiner persönlichen Erfahrung fühlte ich den Ruf, zur Umgestaltung der Politik in unserem Land beizutragen. Ich fühlte mich angesprochen von der riesigen Herausforderung, der Wählerschaft gegen Klientelpolitik und Bestechlichkeit eine Botschaft von Selbsterziehung und Selbstvertrauen zu sagen. Auf die politische Bühne zu steigen und genau das Gegenteil von dem zu sagen, was die Leute gewohnt sind, von ihren „Führern“ zu hören: „Hört her, ich bin nicht euer allgemeiner Problemlöser, sondern ihr selbst seid es, die die Lösung finden müssen, weil ihr es könnt!“ Zehn Jahre meines Lebens zu opfern, meine Ehe, meine Kinder und meine persönliche Sicherheit und die meiner Lieben aufs Spiel zu setzen, hätte keinen Sinn gemacht, wenn all diese Mühe nicht ein Beitrag auf dem Altar unseres Heiligtums gewesen wäre.

Vielleicht ist für viele der Ausgang dieser meiner Erfahrung ein Scheitern. Für mich war es ein überwältigender Sieg. Meine Familie ist noch an meiner Seite, ich habe eine Frau, die mich all diese Jahre hindurch bedingungslos begleitet hat, ich kann erhobenen Hauptes auf die Straße gehen und empfange Anerkennung von Menschen, die mir nahe stehen und von solchen, die ich gar nicht kenne, und ich habe fünf Kinder, von denen die älteren heute schon verstehen können, dass der Stolz ihres Vaters nicht darin besteht, die Schlacht gewonnen zu haben, sondern sie überhaupt gekämpft zu haben. Dass der Ausweg nicht darin besteht, wegzurennen und sich zu verstecken. Dass die üblichen Klagen und Beschwerden vom Sofa aus nichts bewegen, wenn sie nicht von Taten begleitet werden. Dass niemand etwas verändert, indem er einen Artikel schreibt oder Vorträge hält. Sondern dass der wahre Wandel darin besteht, sich voll und ganz einzusetzen, auch wenn sie dir nicht glauben, dich nicht mögen, dich nicht akzeptieren und dich nicht wählen.

Engagement ist keine Option, es ist eine Verpflichtung. Pater Kentenich hat keine Bewegung von bequemen Meinungsäußerern oder Kommentatoren des Lebens gegründet. Er hat eine Bewegung von revolutionären, kritischen und engagierten Männern und Frauen gegründet, die Liebe in die Tat umsetzen. Engagiert für die Wirklichkeit, die sie verändern wollten. Unser Vater und Gründer hat Menschen mit Überzeugungen gesucht, die nicht nach Ausreden suchen, um dem Konzentrationslager zu entgehen, sondern die mitten hindurch gehen, die dem Elend und den Ungerechtigkeiten dort nicht ausweichen, sondern sie kennen und sie verändern, genau weil sie den Schmutz in ihrem Innern wahrnehmen.

Schönstatt ist nicht eine Bewegung von bequemen und konformen Laien. Schönstatt ist eine Bewegung von Männern und Frauen, die sich frei dafür entschieden haben, an der Wirklichkeit, die sie umgibt, teilzuhaben, um die Parameter von Konformismus und Mittelmäßigkeit durch außerordentliche Heiligkeit zu überwinden. Dadurch und dafür sind wir Kirche.

Quelle: Zeitschrift JMU als Beitrag zur „Misión Roma“, Asunción, Paraguay

Original: Spanisch. Übersetzung: Maria Fischer, schoenstatt.org

 

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