Veröffentlicht am 2011-06-28 In Themen - Meinungen

Das hoffnungsvolle „Dadurch“

Dr. Alicja Kostka. Die Entscheidung, den Prozess von Josef Engling vorerst ruhen zu lassen, bringt nicht wenige seiner Verehrer in Verlegenheit. Im Kreis der Verantwortlichen für die Homepage www.engling.pl wurde sogar die Frage gestellt, ob man diese Nachricht überhaupt an die große Glocke hängen soll.

 

 

 

Ohnehin betrachtet man in Polen, der heutigen Heimat Englings, die Chancen dieses Seligsprechungsprozesses eher skeptisch. Die jetzige Entscheidung des zuständigen römischen Dikasteriums scheint diese zurückhaltende Sicht voll zu bestätigen. Aus meiner Verlegenheit heraus weckte mich erst ein Wort von Horst Meyer, einem alten Freund Josef Englings aus dem Familienverband, auf. Er hat mich an den Vers im sogenannten „Führergebet” aus dem Dachau-Gebetbuch „Himmelwärts“ mit der ausdrücklichen Betonung des Wortes: „dadurch“ erinnert.

Pater Kentenich sagt darin:
„Lass bald auch Josef Engling heiligsprechen
und dadurch alle Widerstände brechen,
die ihrer (der „Lieblingsschöpfung“ Schönstatt) Wirksamkeit entgegenstehn’
und Vaters Plan nicht gläubig lassen sehn.“

Die Entscheidung aus Rom mitten im Vaterjahr – eine Einladung an uns?

Warum erreicht uns diese Nachricht ausgerechnet mitten im Vaterjahr? – könnten wir vorsehungsgläubig fragen. Um auf diese Frage antworten zu können, müssen wir das gegenseitige Verhältnis von Pater Kentenich und Josef Engling (Vater-Sohn) erörtern sowie die gläubige Überzeugung Kentenichs von Schönstatt als einem göttlichen Werk und somit Geschenk für die Kirche.

Pater Kentenich zitiert Pater Schulte: „Engling glaubte für seine Person fest an eine besondere Berufung Schönstatts. Dieser Glaube war der Grund für seine bestimmte, siegessichere Sprache und für sein starkes Sendungsbewusstsein. Die feste Überzeugung von dieser besonderen Sendung gab ihm die Kraft, für diese Aufgabe alle Opfer gern zu bringen und der Gottesmutter für die Verwirklichung dieser Idee selbst sein Leben anzubieten …“ („Zwanziger-Brief“ 1954, S. 1–4, JE 47). Die Seligsprechung Josef Englings, die Kentenich immer wieder in „absehbarer Zeit“ (z. B.: MME, S. 82 f., JE 53) erwartet hat, stand in der Meinung unseres Vaters für die Legitimierung Schönstatts als einem göttlichen Werk. „Nur so“, wie Peter Wolf betont, „versteht man auch die zweite Zeile, dass ‚dadurch alle Widerstände‘ gebrochen werden …“ (Gebetsschule Himmelwärts, S. 426).

Josef Engling steht exemplarisch für die Mitarbeit der ganzen Familie mit der neuen göttlichen Initiative und dem neuen göttlichen Gnadeneinbruch in Schönstatt („nichts ohne uns“). Er steht am Anfang der Schönstattgeschichte „gleichsam wie ein gigantischer göttlicher Entwurf, an dem Gott sich in der Folge … ständig bei der Ausgestaltung und Leitung der Familie orientierte“ (vgl. Chroniknotizen fürs Archiv 1957, S. 444 f., JE 58). Verliert dieser Entwurf auch nie an Aktualität, so erinnert er uns in der Zeit der Vorbereitung auf das Jubiläum an die Spielregeln Gottes, mit denen er dieses Werk weiter bauen wird; ja vielleicht sollen sie in dieser Gnadenzeit neu akzentuiert werden.

Das Dritte Wunder der Heiligen Nacht – mit Josef?

In der Zeit des Exils war Josef Engling eine Brücke zum Vater – die Vaterströmung entwickelte sich und blieb wesentlich durch „den Sohn“ lebendig erhalten. Die Heimkehr aus Milwaukee geschah – nach den Worten von Pater Kentenich – durch Cambrai: Am 12.9.1965 wurde das Heiligtum der Einheit an der Todestelle Josef Englings bei Cambrai eingeweiht; einen Tag danach erhielt Kentenich das Telegramm, das ihn von Milwaukee nach Rom rief. Als er aus Milwaukee kommend über Frankreich flog, hat er bewusst auf der Höhe von Cambrai Josef Engling „gewunken“. Das „Zweite Wunder der Heiligen Nacht“ geschah durch die Mitwirkung der gesamten Familie, die in kindlich-sieghafter Treue zum Vater stand. Wenn Josef immer beim Vater war, soll er dann nicht auch bei dem „Dritten Wunder der Heiligen Nacht“ wesentlich mit einbezogen werden und dem Vater den Weg in die Kirche bahnen? Jetzt, wenn ein neues „Cor unum in Patre“ erwartet wird, soll dann nicht sein Sohn stärker in den Vordergrund treten? Macht die plötzliche Stilllegung des Prozesses nicht aufmerksam auf ihn – zwar rätselhaft und entmutigend, aber gerade dadurch einladend?

„Sprecht ihr ihn heilig!“

Auf die Bitte der Schönstattfamilie um Seligsprechung Kentenichs im Umkreis des 100. Geburtstags des Gründers antwortete Papst Johannes Paul II. den Bittenden auf dem Petersplatz: „Sprecht ihr ihn heilig!“ Können wir heute – im Blick auf Josef Engling und den aktuellen Stand des Prozesses mutatis mutandis nicht auch sagen: „Bringt ihr den Prozess wieder ins Rollen!“ – durch den gelebten Engling-Geist? Ist das nicht eine Einladung, den Engling-Geist neu zu entdecken, ihn in unser Denken, Leben und Lieben stärker zu integrieren? Ihm vielleicht eine neue, diesem Zeitpunkt angepasste, schöpferisch entwickelte Form zu geben?

Was heißt Engling-Geist heute? Ich versuche, ihn auf vier Punkte zu straffen:
1. Realität des Liebesbündnisses mit Maria. Sie ernsthaft in den Alltag einladen, mit ihr leben und alles teilen.
2. Kindliche Verbundenheit mit dem Vater und Gründer – auf dem Weg der persönlichen Heiligkeit.
3. Ernstes Ringen um sich selbst und um die Mitmenschen/Anvertrauten im Geist des PI – wie Gott mich/uns haben will.
4. Identifizierung mit der Sendung Schönstatts und die Bereitschaft, wie Josef Engling dafür „alles“, selbst das Leben zu geben. Dieses Sieges- und Sendungsbewusstsein sind ein wesentlicher Beitrag zur Neugeburt Schönstatts an der Schwelle zum Jubiläum 2014.

Pater Kentenich würde dafür sagen: „Lebe deine erste Liebe!“ (JK-JE, S. 50). Viele von uns haben eine echte Freundschaft mit Josef Engling erlebt; nun gilt es, diese Freundschaft aufzufrischen, sie neu zu entdecken, fruchtbar zu machen für den Kairos 2014. Der bewährte Freund wird uns überraschen und beschenken.

2012 sind es hundert Jahre, dass Josef aus Prositten nach Schönstatt kam. Soll er nicht – durch unsere gesteigert gelebte Kindlichkeit dem Vater gegenüber – neu nach Schönstatt kommen?

Dieses Kommen ist einem Frühling gleichzusetzen, wie Pater Kentenich es formulierte: „Im ersten Frühling der Familiengeschichte blühte in ihm in wundersamer Pracht die Welt auf, die in der Folge andere nach ihm und mit ihm im Frühling ihres Lebens langsam wachsend in sich aufgenommen und verlebendigt haben“ („Zwanziger Brief“ 1954, S. 1 – 4, JE 47). Ist das Triennium nicht eine optimal geeignete Zeit, einen Frühling mit Josef und wie er mit dem Vater vorzubereiten? Wie Josef das Werk des Vaters zu unserem zu machen und ihn in die Kirche zu tragen und ihn so in unseren kleinen Kreisen „seligzusprechen“?

„Wer mich sieht, sieht den Vater“ (Joh 14,9b)

Auf vielen bunten Zetteln, mit vielen bunten Worten haben die Teilnehmer der „Konferenz 2014“ die Gnade des Jubiläumsjahrs 2014 beschrieben. Eine davon wiederholte sich in verschiedenen Sprachen und klang besonders interessant. Sie lautete: „ein kleiner Kentenich werden“. Wenn jeder von uns ein „Kentenichianer“ in seiner Art wird, den Geist des Gründers in sich lebendig macht, ihm die Gelegenheit gibt, mit seinem Charisma durch jeden von uns wirksam zu sein, wird der „Kentenich-Lifestyle“ in verschiedenen Bereichen, in vielen Gesichtern und Formen Realität. In diesem Sinne war Josef der treueste Sohn des Vaters, der von ihm sagt: „Ich persönlich glaube, ihm das ehrliche Zeugnis ausstellen zu dürfen – was ich sonst von niemand zu behaupten wage –, dass er alle wesentlichen Gedanken aus meinen Vorträgen und Besprechungen nicht nur in sich aufgenommen, sondern auch getreulich festgehalten und unentwegt verarbeitet hat“ (Chroniknotizen fürs Archiv 1957, S. 441 f., JE 57). Treue Söhne und Töchter des Vaters, die nicht scheuen, wie Josef „die Edelblüte der Generation“ (J.K.) zu sein, verbreiten das „Kentenich-Aroma“ und weisen auf ihn hin.

Schließt das Evangelium von der Oktav des Barmherzigkeitssonntags dieses Jahres nicht eine Anregung an uns, die Geschwister Englings und die Kinder des Vaters, in sich, eine prophetische Botschaft: „Wer mich sieht, sieht den Vater?“

Über Cambrai (und Prositten) nach Rom!

Dieser Glaube lebt sehr anschaulich in der Symbolik des Bildstockes von Eswars. Für den Schönstatt-Frauenbund drückt er ein Lebensprogramm aus: An den Straßen dieser Welt in geistiger Verbundenheit ein innerliches Leben führen! 1966 direkt an der Straße in Eswars eingepflanzt (heute auf dem Friedhof von Eswars), im Schatten der Hecke, wo Josef wenige Stunden vor seinem Sterben seine geistlichen Aufzeichnungen gemacht und seinen letzten Weg begonnen hat, ist er ein bleibendes Zeichen der Präsenz dieser Gemeinschaft in Cambrai/Eswars. „Über Eswars nach Rom“ drückt die Erwartung an Josef Engling aus, dass er sich wie für die Heimkehr des Vaters aus dem Exil auch für dessen Einzug in die Kirche durch die Seligsprechung einsetzt. Dieses Anliegen ist stark mit dem Bildstock auf Belmonte, dem Vorläufer des Matri-Ecclesiae-Heiligtums, verbunden, seit 1975 in gleicher Form wie der in Eswars. Ein Kurs des Priesterverbandes „entdeckte“ dieses Symbol neu kurz vor der Einweihung des Heiligtums 2004 und hat dadurch sein Kursideal gefunden. Der Weg nach Rom führt über Cambrai/Eswars; durch die Straßen des Lebens, wo sich das gewöhnliche Leben der Schönstätter abspielt. Diese moderne Form der Heiligkeit findet in Josef dauernde Verkörperung und immer neue Impulse.

Aber dieser Weg führt auch durch Prositten. Josef schrieb in seinem Tagebuch:

„Solche Liebe (wie in seiner Familie) muss auch in Schönstatt herrschen“ (Tagebuch). Sein Elternhaus ist trotz aller Wirrungen der Nachkriegsjahre der Schönstattfamilie erhalten geblieben. Auch wenn seine leibliche Familie nicht mehr da ist, so strahlt dieses Haus die Atmosphäre der Familie aus, in der Josef aufgewachsen ist, und es ist zugleich ein schlichtes Symbol für die Vision Pater Kentenichs: Schönstatt (Kirche) – eine Familie, ein Zuhause. In Einfachheit der äußeren Mittel, mit großem Herzen für alle, die da kommen. Bereiten wir mit Josef dem Vater den Weg in das Herz der Kirche, ins Herz Schönstatts, aber auch – und vor allem – in das eigene Kindesherz. Er wird dann Wunder wirken.

Alle Zitate – bis auf die Tagebuchnotiz – sind dem Buch: „P. Joseph Kentenich, Josef Engling, eine Textsammlung“ (JE) entnommen, zusammengestellt von Pater Josef Maria Klein.

Quelle: Josef-Engling-Infobrief
Herausgeber: Josef-Engling-Sekretariat – Redaktion: Lambert M. Schroedter
Bezug: Josef-Engling-Sekretariat, Am Marienberg 4, 56179 Vallendar, Deutschland, 02 61 / 64 09-80 – Mail: l.m.schroedter@schoenstatt.net

Veröffentlicht mit freundlicher Erlaubnis des Herausgebers

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