Veröffentlicht am 2020-02-24 In Schönstätter

Mario Hiriart Pulido – gerade heute Vorbild

Harald M. Knes, Institut der Schönstätter Marienbrüder •

Seit dem 21.02.2020 haben wir es ganz offiziell von der Kirche: Mario Hiriart Pulido hat ein Leben geführt, in dem er mithilfe der Gnade Gottes die christlichen Tugenden in herausragender Weise gelebt hat. Vier Aspekte seines Lebens möchte ich besonders hervorheben. —

Christliche Spiritualität in einer kirchenkritischen Umgebung

Pater Josef Kentenich sah die Kirche auf eine Zeit tiefgreifender Veränderungen und Erneuerungen zugehen. Der Gründer wollte den Mitgliedern der Schönstatt-Bewegung und allen Christen helfen originell ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln, um mutig und freimütig tragfähige Entscheidungen zu treffen. Jeder muss die christliche Spiritualität auch als Minderheit einer anders denkenden Gesellschaft leben können.

Die Geistigkeit, die Marios Familie prägte, war das Freimaurertum. Seine Entscheidung zum Christentum war eine sehr bewusste. Aus einer Art inneren Sportsgeist heraus entschied sich Mario als junger Ingenieur und Christ bewusst für die Corfo, ein staatliches Elite-Ingenieur-Unternehmen, das aus einem Geist der Säkularisation und des Freimaurertums heraus gegründet wurde. Er brachte sich mit seiner professionellen Arbeitseinstellung ein, lebte aber auch unaufdringlich und gleichzeitig forsch seinen christlichen Glauben, organisierte für die Mittagspause Bibeltreffs mit den Angestellten, die das wollten. Damit ist Mario vielen Christen nahe, die bereits heute vor ähnlichen Herausforderungen stehen, wenn es um ihr Christsein in der modernen Gesellschaft geht.

Christ sein in einer Kirche unter Zerreißprobe

Für Mario war das Erlebnis von Kirche vielfältig: Pfarrgemeinden, Eucharistiefeier, die Arbeitsstelle Katholische Universität, Schönstatt. Dabei erlebte er, wie die Schönstatt-Bewegung Chiles sich praktisch in zwei Lager spaltete. Jede Seite glaubte sich im Recht. Mit Pater Humberto Anwandter gelang es ihm mit viel Klarheit in der Sache, Autorität und Einfluss, die Polemik herauszunehmen, Geduld und Opferbereitschaft aufzubringen und die Spaltung zu überwinden.

In vielen Ländern leidet das Christentum unter Polemik und Spaltung. In Deutschland leben die Christen seit 500 Jahren mit den Folgen der Kirchenspaltung. In Chile gab es zwar keine Kirchenspaltung in diesem Sinne, jedoch ging der Vertrauensbruch in Folge des Missbrauchsskandals katholischer Würdenträger wie ein tiefer Riss durch die ganze Kirche und Gesellschaft, dessen Folgen noch gar nicht absehbar sind.

Mario kann hier vielen Menschen Trost spenden. Er hat selbst unter der Spaltung extrem gelitten, er hat viele kleine Ungerechtigkeiten von Schönstättern des anderen Lagers erfahren müssen und hat es der Gottesmutter ins „Gnadenkapital“ geschenkt. Die menschliche Schwäche in ihm und in anderen ließen ihn nie daran zweifeln, dass er den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Dabei war ihm klar, dass er neben seinem Handeln vor allem den Geist Gottes und die Mithilfe der Gottesmutter braucht, um eine solch verfahrene Situation zu überwinden.

Christliche Spiritualität im Kontext fehlender Reputation

Die Kirche Chiles sortiert sich nach dem geistigen Erdbeben und dem Vertrauensbruch neu. Viele Demonstranten haben die sozialen Unruhen Chiles genutzt, um es den Kirchen heimzuzahlen. Laut einer Umfrage 2019 war Chile das Land Lateinamerikas, in dem die Bevölkerung am wenigsten Vertrauen zur Katholischen Kirche hat. Das Pendel ist damit heftig umgeschlagen. Das Kirchenamt allein sorgt nicht mehr für Autorität unter den Mitmenschen, im Gegenteil.

Mit dem Eintritt bei den Marienbrüdern verband sich für Mario damals kein gesellschaftliches Prestige. Dass er Marienbruder war und was er damit verband, das verstanden nur sehr wenige seiner Freunde. Viele sahen darin schlicht eine verpasste Chance, wenn man schon zölibatär leben will, als Priester mehr Autorität und Anerkennung in der Gesellschaft zu bekommen.

Mario kann für viele zölibatär lebende Christen ein Vorbild sein, wenn sie in schwieriger gewordenen Zeiten wenig Anerkennung für ihre Ganzhingabe an Gott seitens der Gesellschaft bekommen. Dahinter darf ja auch die Vorsehung des gütigen Vatergottes gesehen werden: Die Entscheidung für eine Ganzhingabe an Gott muss möglichst frei sein von gesellschaftlicher Anerkennung und dergleichen, vor allem wenn es eine tragfähige, nachhaltige Entscheidung sein soll.

Christ sein in den „Vorhöfen der Kirche“

Die katholische Kirche verliert momentan in vielen traditionell katholisch angestammten Gebieten an Mitgliedern. Das sollte uns Katholiken weder überraschen noch Angst machen. Das Leben der Kirche verlagert sich vermehrt auf die „Vorhöfe des Tempels“. Die Menschen kommen immer weniger von sich aus zu einem Gottesdienst, zu einem Priester, um von den Gnaden der Sakramente zu profitieren. In diesen Zeiten tritt um so stärker die Rolle und die Bedeutung der Laien in der Kirche von heute zum Vorschein, denn diese sind es, welche in den „Vorhöfen des Tempels“ zu Hause sind.

Mario sah darin eine besondere Bestimmung für sein Leben. Er stand in Kontakt mit vielen nichtchristlichen Personen, Orten und Ideen und hinterließ Eindruck ohne selbst an Klarheit und Salz zu verlieren. „Mario war ein besserer Marxist als ich“, meinte ein Anhänger des Kommunismus bei einer Befragung 1967 anerkennend im Hinblick auf Marios schlichten Lebensstil.

Mario war sich bewusst, wie wichtig es zukünftig für die Kirche ist, entsprechende Schulen und Universitäten zu haben, um die katholischen Standpunkte in Kontakt mit den Menschen der Gesellschaft darlegen zu können. Deshalb verzichtete er bewusst auf viele Annehmlichkeiten und entschied sich für ein kleines Büro unter der Treppe, als Dozent in der Katholischen Universität mit geringem Lohn – alles in Liebe und im Dienst für die Kirche.

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