Veröffentlicht am 2019-12-31 In Leben im Bündnis

Agua Santa: „Immer eine Gründerfamilie“, auch in Krisenzeiten

CHILE, Marita Miranda Bustamante •

Nichts war einfach, als das Heiligtum „Coenaculum der Gründung“, das gerade inmitten der größten sozial-politischen Krise Chiles 50 Jahre alt geworden ist. Im Jahr 1968, mitten in der Bauzeit, gab es ein starkes Erdbeben, das eine Verwerfung auf der linken Seite der Fassade erzeugte. Entweder reparieren und weitermachen, oder abreißen und neu bauen, das war die Alternative. Es wurde beschlossen, die Wand zu reparieren, was die Bauzeit verkürzen und es so möglich machen würde, dass Pater Kentenich das Heiligtum während seines geplanten Besuches in Chile einweihen könnte.—

Erstes öffentlich verehrtes Bild der MTA in Chile, von Pater Klepper in der Pfarrkirche St. Luis Gonzaga in Cerro Alegre in Valparaiso angebracht.

Dies war damals ein sehr starker Wunsch. Tatsächlich endete das Gebet um die Erarbeitung des neuen Heiligtums mit den Worten: „Möge unser Vater und Gründer es segnen, damit von hier aus Schönstatt seine Sendung in unserer Diözesankirche, in ganz Chile, erfüllen kann.“ Doch am Sonntag, 15. September, nach der Messe, erfuhren die Schönstätter von Agua Santa und die ganze Welt, dass Pater Kentenich wenige Stunden zuvor in Deutschland gestorben war.

Auch 1968 befanden die Welt und das Land sich in Veränderungen. Genau wie jetzt, inmitten einer sozialen Explosion. Das betonte Pater Juan Pablo Rovegno, Leiter der Bewegung in Chile und Berufung aus Agua Santa, in der Messe zum 50. Jahrestag: „Dieses Heiligtum entstand auch in einer Zeit tiefgreifender Veränderungen auf der Ebene der Kirche und der Gesellschaft: Das Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils, das Eindringen engagierten christlichen Sozialdenkens, das Aufkommen revolutionärer Lüfte, von Paris bis Havanna, mitten im Kalten Krieg, zwischen Neo-Imperialismen und totalitären Mächte. Eine Zeit großer sozialer Spannungen und großer Transformationen auf weltweiter Ebene. In diesem Szenario entstand das Heiligtum als eine Werkstatt für die Formung des neuen Menschen und der neuen Gemeinschaft, um aus dieser Erfahrung heraus auf die soziale Herausforderung zu antworten, die wir als Kirche und Nation erleben“.

Aus diesem Grund machte er deutlich, dass die gegenwärtige Krise, in die das goldene Jubiläum fiel, eine zweite Bekehrung sein sollte, „die uns zu jener notwendigen persönlichen und gemeinschaftlichen Bekehrung mit sozialen Konsequenzen führt, die die Zeit und die Krise, in der wir leben, erfordern. Und angesichts dieser Krise müssen wir dem Vorbild Mariens folgen, die sich nach der Verkündigung auf den Weg zu ihrer Kusine machte. Aus diesem Grund „spricht unser Vater und Gründer von der Gottesmutter als der ersten Revolutionärin und vom Magnificat als dem Lied der Revolution der Kleinen und Armen gegen die Hochmütigen und Arroganten.“

Ein einfaches Heiligtum

So sah der Altar bis 1972 aus

Als dieses Heiligtum gebaut wurde, gab es in Agua Santa eine kleine Familie, die sich sehr einig und ihrer Geschichte bewusst war, die bis ins Jahr 1935 zurückreicht, als die Pallottiner in die Pfarrei San Luis Gonzaga in Cerro Alegre von Valparaiso kamen und dort die erste Inthronisation der Gottesmutter von Schönstatt auf chilenischem Boden stattfand. Später wurde diese Geschichte mit dem Besuch Pater Kentenichs und der Unterzeichnung der Gründungsurkunde Schönstatts in Chile 1947 bestätigt, zusammen mit einer Gruppe von Frauen, die fünf Jahre zuvor ihr Leben Gott angeboten hatten, um das Leben des Gründers zu retten, der im Konzentrationslager war und kurz davor stand, in die Gaskammer geschickt zu werden.

Diese Familie zog 1965 nach Viña, und im folgenden Jahr wurde das Grundstück von Agua Santa 777 erworben. Als das Heiligtum eingeweiht wurde, war es innen kahl. Es gab nur das Bild der Gottesmutter von Schönstatt und den an der Wand befestigten Tabernakel. Für die damalige Jugend war das nicht nur wegen der Kosten für den Kauf der Ausstattung, die jede Nachbildung des Urheiligtums haben sollte, so, sondern es war vor allem ein Zeichen der Sparsamkeit inmitten einer Welt und eines Landes, das wie heute nach mehr sozialer Gerechtigkeit schrie. Deshalb verteidigte die Jugend die Idee eines Heiligtums ohne Dekoration mit großer Entschiedenheit.

Doch 1972, am 25. Jahrestag der Unterzeichnung der Gründungsurkunde Schönstatts in Chile, schenkte Maria Elisabeth Schmäh aus dem Institut der Frauen von Schönstatt nach dem Verkauf einer wertvollen Briefmarkensammlung den Altar, das Altarbild und alle üblichen Symbole der Filialheiligtümer für das Heiligtum in Agua Santa. Seitdem wurde ein Bündnis des Heiligtums mit den Mitgliedern des Instituts der Frauen geschlossen, das sich damals in vier Berufungen aus Viña für das Institut konkretisierte, so Felipe Young, Koordinator der Geschichtskommission des Jubiläumsteams.

Feiern inmitten der Krise?

Es war gerade der Reichtum der Geschichte dieses Heiligtums, der die Familie von Agua Santa motivierte, sich mit großer Vorfreude auf das Jubiläum vorzubereiten. Unter dem Motto „Immer eine Gründerfamilie“ leitete das Jubiläumsteam eine immense Gruppe von Kommissionen und Freiwilligen, die sich mit der Feier, der inneren Vorbereitung, den Recherchen und Interviews sowie der Finanzierung beschäftigten. Es gab eine umfassende historische Zusammenstellung, die in einer großen Zeitleiste materialisiert wurde, die von 1935 bis in die Gegenwart reicht. Es wurde eine Hymne komponiert und das Album „50 Jahre Musik“ aufgenommen. Es gab Wachestunden in den Hausheiligtümern und auch Spiritualitätsworkshops, bei denen alle – Patres, Schwestern, Ehepaare, Berufstätige und Kinder – am Ende ihre Schuhe (buchstäblich) auszogen, um diesem Jubiläum ihren Stempel aufzudrücken. Dem Jubiläum war auch eine städtische Sportveranstaltung gewidmet, die uns die Gelegenheit gab, das T-Shirt unseres Heiligtums zu tragen und dieses Fest in der ganzen Stadt Vina del Mar anzukündigen.

Am 18. Oktober hatten wir die Bündnismesse und dann gab es eine Vigil in verschiedenen Hausheiligtümern, um persönliche Erfahrungen rund um das Heiligtum auszutauschen, weniger als einen Monat vor der großen Feier. Als wir fertig waren und alle nach Hause zurückkehrten und wieder auf ihre Handys schauten, wurde uns klar, dass das Land nicht mehr dasselbe war. Sollten wir unter diesen Umständen wirklich feiern?

Einige Tage später trafen sich das Jubiläumsteam und der Familienrat, um zu versuchen, Gottes Stimme in unserer Zeit zu hören. „Unser Jubiläumsmotto lautet: „Immer Gründerfamilie“. Von diesem Satz erleuchtet, dachten wir nach viel Reden und Unterscheiden, dass wir unserer Geschichte treu sein müssen, denn von diesem Land aus haben die Gründer ihr Leben auf dem Altar geopfert, um das Leben von Pater Kentenich zu retten. So wurde unsere Mission als Gründer besiegelt und jetzt ist es an der Zeit, uns zur Verfügung zu stellen, um bei der Gründung und dem Aufbau eines Chiles mit echtem Frieden zu helfen“, erklärte Guillermo Novoa, Leiter des Jubiläumsteams.

Wir machten also weiter und beteten diesmal, dass niemand der Feier aus Angst fernbleiben würde und dass der Schmerz unseres Landes besänftigt werden würde. Der Grund dafür, dass wir aufjeden Fall feiern wollten, war, dass wir viel zu danken und eine immense Mission zu erfüllen hatten.

Unter Sonne und Asche

Am Tag vor der Feier gab es einen Tag der Anbetung. Als Zeichen der Hoffnung schlossen am Abend vier junge Männer aus der Studentenjugend ihr Liebesbündnis.

So kam der Samstag, der 16. November, ein heißer Tag, genau wie jener Sonntag vor 50 Jahren, aber diesmal unter einem rötlichen, mit Asche bedeckten Himmel, während 2.000 Hektar Land von einem Feuer, das wieder einmal in Valparaiso wütete, vernichtet wurden.

Schon beim Eintreten erhielten die Pilger die Gedenkzeitschrift, einen Wimpel, eine Karte, einen Keks in Form des Heiligtums mit der Aufschrift „50 Jahre“ und einen Namensaufkleber, der es uns ermöglichte, uns zu unterhalten und einander kennen zu lernen.

Wir begannen mit einem Gebet für Chile und für den wahren Frieden. Dann konnten die Besucher eine audiovisuelle Ausstellung sehen, das Gründungsgedächtnismuseum mit Dokumenten und Reliquien der Geschichte Schönstatts in Chile und des Heiligtums und des neuen „Zeitschiffes“, ein 3D-Erlebnis, bei dem 251 Menschen den Bauprozess und die Einweihung am eigenen Leib erleben konnten, inklusive Sicherheitsgurten.

Während der heiligen Messe, die von mehr als 20 Priestern konzelebriert wurde, wurde das Gnadenkapital des Jahres dargebracht.Das Bild der Gottesmutter wurde wieder im Heiligtum angebracht, während alle ihre Fahnen schwenkten, und der Chor „Ich habe dich auserwählt, diese Fahne sehr weit zu tragen“ sang, ein Lied, das für die Feier des 10-jährigen Jubiläums im Jahr 1979 entstanden war.

Am Nachmittag hatten wir das Aguapalooza, ein Konzert, das mit dem Chile Gospel begann, einer nationalen Gruppe, die dieses Genre der christlichen Musik pflegt. Dann ging es weiter mit der Jugendband der Töchter der Barmherzigkeit, um mit der musikalischen Darbietung von Pater Enrique Da Fonseca, der seine Berufung in Agua Santa entdeckte, und es endete einer Gruppe von Seminaristen aus dem Josef-Kentenich-Kolleg der Schönstatt-Patres.

Nach der Aussendung blieben Freude und Dankbarkeit, aber auch die Aufgabe für die nächsten 50 Jahre. Wie die Leiter des Jubiläums, Guillermo Novoa und Maria de los Angeles Miranda, am Ende der Messe sagten: „Es erwartet uns ein zerbrochenes Land, verletzt durch Ungerechtigkeit, durch Blut, wo der Friede Christi fehlt, der nicht Ruhe, sondern Wahrheit und Gerechtigkeit ist, wo wir uns alle als Brüder und Schwestern betrachten, auch wenn wir nicht das gleiche Ziel haben. Außerhalb dieser sicheren Türen beginnt unsere Mission als Gründer und deshalb feiern wir. Es ist ein Fest der Aussendung von Aposteln, die bereit sind, ihr Leben zu geben, vielleicht nicht als Märtyrer, aber als Kämpfer im täglichen Leben.“

Zeugnisse

„Ich möchte allen Menschen danken, die uns begleitet und diesen Tag mit uns genossen haben, an dem wir sehr stark für den ersehnten Frieden unseres Landes gebetet haben. Es war eine große Freude, so viele unvergessliche Erinnerungen im Licht der Gottesmutter und unseres Heiligtums zu teilen“.

Cristina Farías, Jubiläumsteam

 

„Die Arbeit am Jubiläum war ein Akt tiefer Dankbarkeit gegenüber der Gottesmutter für all ihre Treue zu mir, ihre wunderbare Zuneigung, diese Beziehung zwischen Mutter und Tochter, in der die Mutter nie, nie aufgibt. Dafür war ich dankbar. Alles, was man hätte tun können, alle Sorge, drehte sich um Dankbarkeit“.

Paulina Glatzel, Jubiläumsteam und Leiterin der Mütterbewegung

 

„Für mich war das 50-jährige Jubiläum die Freude, mit der ganzen Familia von Agua Santa zu arbeiten und starke Bindungen zu schaffen, und ich erkannte, wie sehr uns dasselbe Ideal verbinden kann, dieses Ideal der Familie und wie wir während des Jahres gearbeitet haben“.

Gonzalo Pérez, Jubiläumsteam und Leiter der Studentenjugend

 

 

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