Veröffentlicht am 2010-01-18 In Leben im Bündnis

Philosophische Grundlagen Josef Kentenichs

Zwei Teilnehmer beim StudiumBernd Biberger. Mit den philosophischen Grundlagen Josef Kentenichs beschäftigten sich acht Teilnehmer der vom Josef-Kentenich-Institut durchgeführten Kentenich-Akademien 2006/7 und 2008/9 in einem Nachtreffen vom 08.-10. Januar 2010 im Priester- und Bildungshaus Berg Moriah, Simmern. Den Anstoß zu diesem Thema gab ein früheres Nachtreffen, das sich mit dem zweiten großen Ziel der Schönstatt-Bewegung, die Rettung der heilsgeschichtlichen Sendung des Abendlandes, auseinandersetzte.


Bei dem Nachtreffen im November 2008 wurde deutlich, wie wichtig es ist, die philosophischen Grundlagen des Gründers der Schönstatt-Bewegung zu kennen, um dessen Anliegen in ihrer ganzen Tiefe zu verstehen. Referent der Tagung im Januar 2010 war Prof. Dr. Joachim Söder, Professor für Philosophie an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Aachen und Präsidiumsmitglied des Josef-Kentenich-Instituts.

Die Teilnehmer vom Vortag mit Prof. Dr. Söder und PD Dr. Biberger, dem Leiter der AkademieZum Einstieg in das Thema am Freitagabend verwies Prof. Söder auf einen Vortrag vor den Sodalen des Missionsvereins vom Juni 1914, also noch vor der Gründung Schönstatts, in dem Josef Kentenich Friedrich Wilhelm Nietzsche aus dessen Werk „Also sprach Zarathustra“ zitierte, was zu dieser Zeit katholischerseits noch verpönt war. Kentenich und Nietzsche vereint die Suche nach der Wahrheit, die beide in eine tiefe Sinnkrise stürzte, die sie aber auf sehr unterschiedliche Weise meisterten.

Am Samstag legte Prof. Söder zunächst einmal dar, was Philosophie überhaupt ist. Danach zeichnete er wichtige Grundlinien im philosophischen Denken Kentenichs nach, beginnend mit seiner Orientierung an der Wirklichkeitsstruktur („ordo essendi est ordo agendi“) über die Hervorhebung der (relativen) Autonomie der Welt („gratia praesupponit naturam“) bis hin zur Bedeutung der Freiheit, grundgelegt in der Zweitursachenlehre („deus operatur per causas secundas liberas“). In diesen Grundlinien ist Kentenich von der damals vorherrschenden Neuscholastik geprägt, wendet diese Grundsätze aber eigenständig an.

Organisches Denken, Leben und Lieben

Beim Kamingespräch mit P. Patricio MooreZu den zentralen philosophischen Grundpositionen gehört auch sein Eintreten für ein ganzheitliches, organisches Denken, Leben und Lieben in Abgrenzung vom mechanistischen Denken, das das Leben in Segmente spaltet. Hier könnte man die eigenständige philosophische Leistung Kentenichs sehen, was sich zum einen darin zeigt, dass er hier keinen neuscholastischen Grundsatz zitiert. Zum anderen ist gerade diese Auffassung eines der zentralen Themen, über die es zur Auseinandersetzung in den kirchlichen Visitationen gekommen ist.

Am Sonntagvormittag zeigte Prof. Söder die Aktualität der philosophischen Denkform Kentenichs anhand der gegenwärtigen Anthropologie-Debatte auf. Am Beispiel von Ernst Tugendhat und Giorgio Agamben machte der Referent deutlich, wo Kentenich zustimmen und welche Einwände er bringen würde.

Eine liebgewordene Tradition der Kentenich-Akademie ist es, am Samstagabend einen Gast zum Kamingespräch einzuladen. Dieses Mal war P. Patricio Moore aus der Generalleitung der Schönstatt-Patres zum Gespräch gekommen. P. Moore, der aus Chile stammt und viele Jahre in Spanien tätig war, weitete den Blick der Teilnehmer für die internationale Dimension Schönstatts. Seine Erfahrungen in Indien, die er als Mitglied der Generalleitung der Patres sammeln konnte, machten auch deutlich, wie sehr das philosophische Denken Kentenichs und Schönstatts von der abendländischen Philosophie geprägt ist und in anderen Kulturen ganz andere Ansätze braucht.

Mit der Feier des Gottesdienstes am späten Sonntagvormittag endete die Kentenich-Akademie.

 

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