Veröffentlicht am 2009-11-24 In Leben im Bündnis

Eine Präsentation der besonderen Art

Petrus Ceelen im GesprächP. Rudolf Amman. Die Präsentation des Buches „Petrus Ceelen, Die Mitte der Nacht – Warum?, Patris Verlag 2009″ wurde für mich als Verleger zu einem beeindruckenden Ereignis mitten in Stuttgart: Vor vier Wochen hatte Obdachlosenpfarrer Roland Renz das eben von einem Nachbarn geerbte und nun renovierte Haus mit seinen Schützlingen bezogen. Nun wurde in den neu bezogenen Räumen das neue Buch des pensionierten Gefängnis- und Aids-Seelsorgers Petrus Ceelen vorgestellt. Die Widmung im Buch lautet: „Für Roland Renz, den Stuttgarter Obdachlosenseelsorger. Er sieht die im Dunkeln und teilt mit ihnen die Nacht.“


Ceelen: In der Mitte der Nacht. WarumSchon vor 10 Tagen wurde der Titel zusammen mit einem Advents-Kalender von Petrus Ceelen, beim Verlag Katholisches Bibelwerk erschienen, zu Beginn der Stuttgarter Buchwochen vorgestellt. Für den Patris Verlag in Vallendar war Pater Klaus Krenz aus Berlin ins pompöse Stuttgarter „Haus der Wirtschaft“ angereist. Er erinnert sich. „Ja, der Abend war für mich beeindruckend. Éinmal der gewaltige Bau ´Haus der Wirtschaft`. Es war der erste Abend in der Buchwoche. Die Persönlichkeit von Petrus Ceelen finde ich charismatisch.“

Eine glaubende, betende Gemeinde

Weniger pompös ging es nun bei der zweiten Präsentation im Stuttgarter Westen zu: Mit Roland Renz, dem Gastgeber, saßen ärmlich und sauber gekleidete Gäste um einen großen, mit einem bunten Tuch festlich gedeckten Tisch. Auf dem Tisch Brot und Wein, eine rote Rose und zwei brennende Kerzen.

GesichterUnter den Gästen war Daniel aus meiner Heimatstadt Ebingen – wir haben uns sofort gut verstanden. Er war gern bereit, mit meinem Fotoapparat etliche Aufnahmen zu machen. Und auch mit dem Apparat von Pfarrer Gerhard Nisch, der wie Roland Renz aus Ergenzingen bei Rottenburg stammt und in Fellbach bei Stuttgart Dienst tut.

Es wurde still im Raum. Claudia aus Kornwestheim stimmte das Eingangslied zu Beginn der Eucharistiefeier an: „Das ist das Fest, das uns der Herr bereitet.“

Alle hatten ihr Liederbuch vor sich und sangen nach besten Kräften mit. Dann hörten sie miteinander auf die Texte der Lesung und des Evangeliums und teilten sich gegenseitig mit, welches Wort sie besonders angesprochen hat und warum.

Eine glaubende, betende und singende, Zeugnis gebende und feiernde Gemeinde empfing daraufhin Christus im Zeichen des Brotes und Weines in ihrer Mitte.

Die Mitte der Nacht

Eine betende, feiernde GemeindeDas ist nicht nur im Vorwort des Buches zu lesen, es bewegte die Herzen vieler Anwesenden an diesem Vormittag: „´Die Mitte der Nacht ist der Anfang eines neuen Tages`, so heißt es in einem alten Weihnachtshymnus. In der Mitternachtsmesse feiern Christen die Geburt Jesu, ´das Licht in der Finsternis, das alle Menschen erleuchtet.` Aus dem Dunkel geht das Licht hervor. Erst muss es ganz dunkel sein, bevor es licht werden kann. Auch die Sterne sehen wir erst leuchten, wenn es dunkel ist. Auch im Leben ist es so. ´Die Mitte der Not ist der Anfang des Lichts.` Mitten in der Nacht menschlicher Not wird das Licht geboren. Aus den Tränen kommt Trost. Aus dem Warum wird ein Wozu? Ich beginne, manches anders zu sehen. Allmählich gelange ich zu der Einsicht, dass das Kreuz auch ein Pluszeichen ist. Durch Verlust zum Gewinn. Verlieren und Gewinnen gehören zusammen. Mir dämmert langsam, wie unfair die Frage ist: Warum gerade ich? Warum nicht ich?“

Und die Feiernden empfingen im Raum ihres Glaubens das Hoffung stiftende große „Pluszeichen“, den eucharistischen Christus.

Mit der eigenen Geschichte aussöhnen

Nach dem Gottesdienst füllte sich der Raum noch mehr. Alle Plätze waren nun besetzt, als Ehrenamtliche das frisch und köstlich gekochte Drei-Gänge-Menü auftischten. Ein Espresso rundete das kostenlose Mittagessen ab, von unbekannten guten Händen gesponsert.

Petrus Ceeln stellt sein Buch vorDann erzählte Petrus Ceelen, sein Buch durch die Luft wedelnd, „einfach so, aus dem Bauch“, was ihm beim Schreiben wichtig gewesen sei. Im Buch selbst hat er es so formuliert: „Wie ein Fels in der Brandung steht vor allen anderen Worten ein Wort. Sämtliche Antworten, Erklärungen, Deutungen zu allen Zeiten sind an diesen fünf Buchstaben abgeprallt. Warum? Die Frage ist nicht zu beantworten. Und dennoch hören wir Menschen nicht auf nach dem Warum zu fragen. Warum gibt es die Welt und warum nicht nichts? Warum leben wir hier auf diesem ´Fliegenschiss` im Universum, ganz allein im All? Warum gibt es uns? Warum bin ich ich? Warum bringt die Geschichte immer wieder Männer hervor, die ihren Mitmenschen unsägliches Leid zufügen? Milosevic, Saddam Hussein, Hitler, Stalin, Mao… ´Gottes unerforschlicher Ratschluss`?…

Roland Renz (rechts) und Rudolf Ammann (Verleger) im GesprächBrüche, Versagen, Scheitern gehören zu einem jeden Menschenleben. Trotzdem fällt es uns oft schwer, uns mit unserer eigenen Geschichte auszusöhnen. Wenn aber in unserem Leben alles schön geradeaus gegangen wäre, wären wir dann da, wo wir heute sind? Manchmal braucht es Umwege, um weiter zu kommen. Durch die schmerzhaften Erfahrungen sind wir reifer geworden. Scheitern und wachsen ist kein Gegensatz.

´Erfolg ist keiner der Namen Gottes.` Jesus ist gescheitert, kläglich gescheitert. Er, der das Reich Gottes errichten wollte, wurde hingerichtet. Mit einem Schrei ging er in den Tod: Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Aus tiefer Not rufen, schreien auch wir manchmal zum Himmel, gegen den Himmel: Gott, wo warst du? Wo bist du? Wie kannst du das zulassen? Warum denn ich? Klagen, weinen, zweifeln, anklagen, fluchen, ringen, verzweifeln, heulen, hoffen, bangen… die Nacht des Glaubens.“

Wie gehen wir um mit dem Scheitern?

Mit Gesang begann der GottesdienstUnd wie oft, fragte Ceelen am Schluss kritisch, tun sich unsere Kirchen schwer, mit dem Scheitern, dem Dunkeln, dem Gebrochenen liebevoll, barmherzig und erlösend umzugehen, wie es ihr Gründer sein Leben lang getan habe und ständig tut?

Viele der Zuhörerinnen und Zuhörer wollten das präsentierte Buch haben. Alle, die es wollten, bekamen eines. Und wer etwas bezahlen konnte, hat es auch getan. Aber was können Harz-IV-Empfänger schon bezahlen? Es war beeindruckend, wie sich die Anwesenden im Wahrnehmen der Fragen von Petrus verstanden und eins fühlten. Und man spürte wohlwollende Zuneigung und liebevolle Wärme zwischen dem Gastgeber Roland, dem Autor Petrus, den Helferinnen und Helfern und Gästen in diesem neu bezogenen Haus in Stuttgart-Heslach.

Petrus Ceelen: Die Mitte der Nacht. Warum?
Verlag: Patris Verlag GmbH
ISBN: 978-3-87620-340-9

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert