Veröffentlicht am 2016-10-27 In 100 Häuser, Solidarisches Bündnis, Werke der Barmherzigkeit

„Ich möchte dieses Haus jetzt bauen, wegen der Kälte …“ – Die „100 Häuser“ sind schon 175

PARAGUAY, von Maria Fischer und Ani Souberlich •

„Haben wir Spenden für ein weiteres Haus?“, fragte mich Ani Souberlich vor einigen Wochen im kurzen, aber bitterkalten paraguayanischen Winter. „Ich habe das Material schon bestellt. Es ist für eine unserer Familien, denen ich ein Dach versprochen habe, und bei dem Regen der letzten Wochen hatten sie Pech, ihre ganze armselige Behausung ist weggeschwommen und sie leben jetzt praktisch unter einem Baum. Ich möchte ihnen helfen und dieses Haus jetzt bauen, wo es so kalt ist. Später erzähle ich mehr!“ Zwei oder drei Tage vorher kam die erste Spende aus Italien für ein ganzes Haus. Zusammen mit anderen kleinen Spenden aus der Schweiz, Spanien und Deutschland haben sich die Überweisungen in „zwei Häuser der  Solidarität“ verwandelt, gerade, als es so kalt war  … Jetzt im Oktober, während des Frühlings in Paraguay, gibt es zwei weitere Häuser für zwei weitere Familien, die damit so viel mehr als ein Dach erhalten. Sie erhalten Zukunft, Hoffnung und erleben solidarische Verbundenheit.

Rückblick: 3. Mai 2016. „Der erste Besuch in drei der ‚100 Häuser‘ im Jahr 2015 hat mein Leben verändert. Ich war immer solidarisch, dieses verrückte Projekt war immer meins, ich hab mich immer dafür eingesetzt und war fasziniert davon, dass wir etwas machen, was vom Jubiläum, von 100 Jahre Liebesbündnis bleibt. Es ist ein realer und bleibender Ausdruck des solidarischen Bündnisses mit Franziskus, ein Werk, das wirklich zum Schönstatt im Herausgehen passt, zum Schönstatt des zweiten Jahrhunderts“, rede ich Ani die Ohren voll, während wir in ihrem tapferen weißen Auto über die tief ausgefahrenen Wege des Asentamiento Esperanza fahren, wo drei Jahre zuvor diese ganze Verrücktheit der 100 solidarischen Häuser begonnen hat.

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Bau des aus Italien gespendeten Hauses der Solidarität

Wiedersehen mit den Freunden vom letzten Jahr

Mehr als ein Jahr war es her seit dem ersten Besuch der „solidarischen Häuser“, doch als wir zum dem Haus kommen, in dem Porfirio mit seiner Mutter und seinen drei behinderten und bettlägerigen Geschwistern wohnt, scheint das ganze Jahr zu verschwinden. Noch mehr, als nach dem Ankommen und dem Gespräch mit seiner kürzlich erst aus dem Krankenhaus entlassenen Mutter  und einer Nachbarin, die ihr ein wenig hilft, Porfirio mit seinem kleinen Motorrad ankommt, wir uns wie Freude, wie Menschen, die sich seit ewigen Zeiten kennen. Das erste, was Porfirio mir nach der langen Umarmung sagt, ist: „Bitte sag Doña Susanne tausend Dank für den Kühlschrank und die Waschmaschine. Sag ihr, dass ich immer für sie bete.“

Wir reden mit Porfirio über seine Arbeit und seine neue Kreativität, ein kleines zusätzliches Einkommen zu erhalten durch die Verwaltung von ein paar Parzellen in der Nähe des Hauses, die zum Verkauf angeboten sind. Dieser junge Mann von vielleicht mal gerade 20 Jahren ist verantwortlich für den Unterhalt einer ganzen vierköpfigen Familie, und das mit einer Freude und Schlichtheit, die einen umwirft. Sind wir hergekommen, um ihm etwas zu geben? Natürlich, Kleidung, Nahrung und unsere Zeit … Aber wir bekommen so viel mehr. Es wie Exerziten von einer dreiviertel Stunde auf der Bank vor seinem einfachen Haus, eines der „100 Häuser“, unter der Herbstsonne Paraguays und dem Blick auf eine Behausung aus Plastiktüten und Stöcken gegenüber … Könnten wir für die auch ein Haus bauen, frage ich Ani. Sie schüttelt den Kopf. „Alkoholiker, alle. Es tut weh, aber es geht nicht.“

Wir haben diesmal einen ganzen Tag für die Besuche in den Häusern, aber trotzdem müssen wir uns verabschieden. Die Entfernungen sind groß und die Wege ein Abenteuer.

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Im Garten von Porfirio und seiner Familie

Ein Malbuch, ein Bleistift, eine Umarmung … ein Dach

Wir hinterließen eine WhatsApp-Nachricht für eine Familie, die nicht zu Hause war, als wir an ihrem Haus ankommen und sagten ihnen, wir kämen später, und dann fuhren wir zum Asentamiento Esperanza. Während die ersten 100 Häuser auf Grundstücken gebaut wurden,  die eins nach dem anderen über bestimmte Verbindungen bei der Regierung für Familien erbeten worden waren, werden die neuen (nach dem Versiegen dieser Quelle) in den Asentamientos gebaut, wo die Leute vom Staat ein Stückchen Land bekommen und sonst nichts. Als wir aus dem Auto steigen, sind wir im Nu von mindestens 30 Kindern umringt. Von Kindern mit strahlenden Gesichtchen, mit einem natürlichen, echten Lächeln und leuchtenden Augen… Wir verteilen ein paar Malbücher und Bundstifte und ein Bonbon für jeden, sie jauchzen vor Freude und hören gar nicht mehr, auf uns zu umarmen. „Ich sage den Familien immer ein paar Tage vorher, dass ich komme“, erklärt Ani, „aber ich sage nie genau, an welchem Tag. Ich will sehen, wie die Häuser sind, wie sie sie in Ordnung halten. Weißt du, was wir da machen, das ist mir heilig.“

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Es ist ein ganzes System, eine ganze Welt von Bindungen, von Erziehung, von Motivation, die Ani Souberlich in diesen drei Jahren, seit wir die solidarischen Häuser für die Ärmsten der Armen bauen, entwickelt hat. Jede Familie erhält wenigsten einmal, manchmal zwei- oder dreimal im Jahr, Besuch. Ani bringt ihnen Kleidung, Nahrung, Malbücher, Stifte und Spielzeug für die Kinder. Sie fragt nach ihrer Gesundheit, Schule und Arbeit, und nebenbei sieht sie nach der Ordnung und Sauberkeit der Häuser.

Bei Isabela, der jungen Mutter von vier oder fünf Kindern, entdecken wir ein totales Chaos im Haus. Da gibt es ein paar ernste Worte, ein Lächeln, Ermutigung, ein paar Tipps zum Aufräumen und Putzen, eine Umarmung, ein Foto – vor dem Haus! – mit den Kindern und der Freundin aus Deutschland. „Wir sehen uns bald, Isabela, und kümmre dich um dein kleines Haus.“ Die junge Frau, die im Nachbarhaus die Fenster putzt, winkt zu uns herüber, und wir gehen hin, um sie zu begrüßen. Sie und ihr Mann haben es selbst gebaut, größtenteils aus Material vom Abriss oder Umbau anderer Häuser.  Der Mann studiert Architektur in Asunción und arbeitet nachts. Sie betreibt einen einfachen Kiosk in der Siedlung: Eiswürfel, Süßigkeiten, Mineralwasser … Sie haben Pläne, Hoffnung und eine Zukunft … Wir trinken Mate, plaudern, lassen eine Tüte mit Lebensmitteln da.

Dann geht es über ein paar Stationen in Asentamiento Esperanza zurück zu dem Haus, wo wir vor ein paar Stunden niemanden angetroffen hatten. Yasmin und ihre Tochter warteten jetzt auf uns. Ihre Freude an dem Haus ist deutlich zu spüren, sie pflegen es liebevoll und haben sogar einen Kübel mit Blumen vor der Haustür stehen.

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Die kleine Familie von Luz

Die Tour endete mit einem Besuch bei meiner kleinen Freundin Luz, diesem schüchternen kleinen Mädchen mit den verkürzten Sehnen in Armen und Beinen und so vielen Operationen und Physiotherapien. Alles möglich gemacht mit so viel Solidarität … dieses  kleine Mädchen mit einem Lächeln, das Gold wert ist. Sie zeigte uns stolz ihren Welpen, den sie sorgfältig und liebevoll hütet. „Wie geht es in der Schule?“, fragt Ani. „Gut, ich gehe gern hin.“ Sie kommt gut voran, bemerkt ihre Mutter. Sie ist schwanger. Ihr Spanisch ist dürftig und mein Guarani gleich Null, aber Augen und Hände wissen zu sprechen. „Wir werden bald ein Baby haben“, erzählt mir Luz. Ihr Gesicht ist reine Freude. Ani gibt ihr ein paar Kleidungsstücke, pink, wie es alle kleinen Mädchen in der ganzen Welt schick finden. Was für eine Freude!

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Ich danke der kleinen Luz für die schöne Moosgummi-Blume und den kleinen Brief mit Grüßen, den sie mir durch Ani geschickt hat. „Ich habe sie bei mir zu Hause, und jeden Tag sehe ich sie und denke an dich“, sage ich ihr. Ihre Antwort ist ein strahlendes Lächeln und ein schüchterner Händedruck, ein leises: „Du bist lieb.“

Wir machen das letzte Fotos dieses Tages von dieser kleinen dreiköpfigen Familie, die bald vier sein werden, vor dem Haus der Solidarität, das so schön hell angestrichen ist.

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Inzwischen sind weitere  Häuser gebaut worden. Unser Werk der Barmherzigkeit hat konkrete Namen und Gesichter. Doch zurück zur ursprünglichen Idee – es gibt noch viele Schönstatt-Heiligtümer ohne ein Haus der Solidarität.

Im August hat Ani mir ein Foto geschickt, das sagt alles, was wir wünschen – ein Mann, der glücklich die Mauer seines künftigen Hauses oder das Haus seiner Zukunft baut. …
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Die Spende für ein Haus beträgt 200 € /250 US$.

Überweisung:

Ana Souberlich/M. Fischer

IBAN DE08400602650062268615
BIC GENODEM1DKM

Verwendungszweck: Techo Paraguay (und ggf. Widmung auf den Namen eines Heiligtums)

Spendenbescheinigungen (Deutschland) sind möglich.

Information: Mail: donar@schoenstatt.org, Tel: +49 (0)2241 1276608

Original: Spanisch. Übersetzung: Ursula Sundarp, Dinslaken, Deutschland/mf

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