Veröffentlicht am 2018-04-08 In Misiones

Lasst uns noch zu einem weiteren Haus gehen

PARAGUAY, Diego Lugo Osorio •

Am letzten Tag der katholischen Studenten-Misiones (MUC) sollte ich zusammen mit meiner Gruppe etwas weiter heraus auf Mission gehen, wohin wir bis dahin noch nicht gekommen waren, denn wir wollten so viele Familien und Häuser wie nur möglich besuchen. Es war schon fast Zeit, um zurückzugehen, als wir in das Haus gingen, das wir als „letztes“ ansahen. Und weil es das letzte war, hielten wir uns dort etwas länger auf als üblich. Als wir herauskamen und uns auf die Rückkehr vorbereiteten, sagte ein Misionero aus San José Obrero, der uns begleitete: „Lasst uns noch zu einem weiteren Haus gehen“ Und wir alle sagten, ohne zu zweifeln und auch wenn das hieß, dass wir vermutlich zu spät zurückkommen würden: „Gehen wir.“—


Als wir dort ankamen, trafen wir Frau Olegaria, die dort im Schatten eines Baumes saß und die wir gleich als „Oma“ adoptierten. Sie begrüßte uns freundlich in ihrem Haus und klammerte sich an das Bild der Pilgernden Gottesmutter, das wir dabei hatten. Wie in jedem Haus, das wir besuchten, begannen wir mit einer Lesung aus dem Evangelium. Da merkte eine der Missionarinnen, dass ein Bein der alten Dame ganz voller Mücken war. Als sie sie wegscheuchte, entdeckte sie eine infizierte Wunde voller Eiter und verfaultem Fleisch.

Der Rucksack, der Wunden heilen konnte

Genau an diesem Tag hatte ich gedacht, dass ich mein Erste-Hilfe-Kit, das ich immer bei den Misiones mitnehme, nicht brauchen würde – doch als wir schon aus der Schule, in der wir untergebracht, herausgegangen waren, sagte mir eine innere Stimme, ich solle es doch mitnehmen. Also drehte ich um, nur um meinen Rucksack mit dem Verbandszeug zu schnappen, ohne auch nur zu ahnen, dass wenige Stunden später Frau Olegaria es brauchen würde.

Wer mich kennt, weiß, dass ich seit Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr bin. In dieser Zeit  habe ich im Einsatz viele Situationen erlebt, die mich vor Situationen, die andere erschüttern und überwältigen, abgehärtet haben.
In diesem Augenblick, in diesem Haus, brach meine gesamte Abhärtung binnen Sekunden zusammen. Ich versuchte, gefasst zu bleiben, während ich die Wunden reinigte, und als ich aufschaute, sah ich die Leute aus meiner Gruppe, die um mich einen Kreis gebildet hatten und sich umarmten, und Frau Olegaria betete – da spürte ich die Gegenwart Gottes so stark und wie die Mutter Jesu uns begleitet, dass mir die Tränen in die Augen schossen.

Werkzeuge Gottes für die Verlassenen

Es war klar, dass Frau Olegaria große Schmerzen hatte, aber sie zeigte es nicht.

Später brachten wir sie in die Medizinstation, damit sie Medikamente bekäme. Auf dem Weg erzählte ihre Enkelin uns, dass unsere Oma Mutter von 16 Kindern ist, die sie verlassen und vergessen haben.

Weil einer uns sagte: „Gehen wir noch in ein weiteres Haus und dann drehen wir um“, hat Frau Olegaria den Segen unserer Mutter und medizinische Versorgung erhalten; wir haben erlebt, dass wir bei den Misiones nur Werkzeuge Gottes sind.
Wenn einer mich fragt, was die Studenten-Misiones sind, dann antworte ich: Frau Olegaria.

 

Webseite der Katholischen Studenten-Misiones (spanisch)

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