Veröffentlicht am 2019-12-01 In Schönstatt im Herausgehen, Solidarisches Bündnis

„…gekommen ist die Stunde deiner Liebe“

SPANIEN, Maria Paz Leiva •

Samstag, der 9. November, war ein bewölkter Morgen, was in Madrid nicht sehr häufig vorkommt, wo wir viele Tage lang den intensiven blauen Himmel genießen. Es war der Tag der Almudena, der Schutzpatronin der Stadt. Ein kleines Bild von Maria, die viele Jahre vor dem Fall der Berliner Mauer an einem 9. November auftauchte, als ein Teil der Stadtmauer einstürzte. Es wurde dort von den Gläubigenvon Madrid versteckt, um zu verhindern, dass die Mauren (die 700 Jahre auf der iberischen Halbinsel herrschten) es entweihen. Es wird gesagt, dass das Bild von zwei brennenden Kerzen flankiert wurde. —

Wir hatten noch nicht geplant, wie wir dieses Fest feiern würden, als aus Chile die Nachricht kam: eine verstümmelte Pietá, ein Heiliges Herz in den Händen eines vermummten Mannes, ein Video mit Gelächter desjenigen, der es entwendet, und dann wird ein Bild der Gottesmutter aus der Kirchegeholt, der heilige Josef dahinter, dann ein Bild von der brennenden Gottesmutter von Schönstatt und ein Junge, der einen Gehweg zerstört, um Steine herauszureißen und gegen die Kirche zu schmeißen.

Die Erinnerungen an das, was meine Eltern mir erzählten, wie sie als Kinder den spanischen Bürgerkrieg erlebt hatten, türmten sich in meinem Kopf auf. Wut überfiel mich, eine tiefe Wut. Warum tun sie es? Welchen Schaden haben diese Bilder ihnen zugefügt? Für sie sind sie nichts anderes als Holz oder Gips, Stuck und Farbe, ein einfaches Blatt gerahmtes Papier. Warum greifen sie Christen an?

Das Evangelium sagt uns, wir sollten auch die andere Wange hinhalten, wenn man uns eine Ohrfeige gibt: Was machen wir, wenn wir spüren, dass unsere Seele zertrampelt wird? Ich dachte, was ich tun würde, wenn ich dem Jungen mit der Keule und der Spitzhacke, dem Zerstörer von Bürgersteigen, gegenüber stünde. Mir kam nichts Gutes in den Sinn. Eher eine Menge Schlechtes.

…. und ich beschloss, auf die Straße zu gehen

Ich erinnerte mich: „Dann wruft mein Ringlein aufwärts alle Triebe: Gekommen ist die Stunde deiner Liebe….“ (Himmelwärts, Vers 590) und ich beschloss, auf die Straße zu gehen. Ich beschloss, zur Prozession zu gehen, die im Zentrum stattfand. Es war sehr kalt und windig. Die Prozession war sehr langsam. Unser Kardinal grüßt und gibt allen, die sich nähern, die Hand, uns es sind sehr viele. Die Prozession schreitet nicht voran. Und ich stand da still und fror immer mehr. Es war scheußlich, aber es gab mir Zeit, nicht mehr an die vermummten Männer und den Jungen mit der Keule und der Spitzhacke zu denken. Ich dachte an ihre Eltern, denen die Barbarei ihrer Kinder sicher noch mehr Schmerz bereitete und die sicher von Existenzangst, Unsicherheit und Not umgeben waren, und ich betete für sie. Ich betete für diese Familien.

Ich dachte an das Bild, das in der Prozession ging, und an die, die es in der Wand versteckt hatten. Ich dankte ihnen.

Wieder erinnerte ich mich: „Gekommen ist die Stunde deiner Liebe….“ (Himmelwärts, Vers 590). Es ist schwer, denjenigen zu lieben, der dich verletzt, sehr schwer. Aber als ich nach Hause zurückkehrte und darüber nachdachte, was mein Bündnis in mir auslöst, stellte ich mir vor, dass ich mit ihm sprechen würde, wenn ich mich dem Zerstörer von Bürgersteigen stellen würde. Ich würde versuchen, mich in die Lage seiner Eltern zu versetzen, und ich würde ihm die Menge an schönen Dingen erklären, die er mit dieser Fähigkeit formen konnte, die er mit dem Keule und der Spitzhacke zeigte. Ich kehrte mit einer ruhigeren Seele und mit der Freude nach Hause zurück, die Selige Jungfrau an diesem kalten Morgen durch Madrid begleitet zu haben.

 

Original: Spanisch, 10.11.2019. Übersetzung: Maria Fischer @schoenstatt.org

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