Veröffentlicht am 2018-02-19 In Projekte, Schönstatt im Herausgehen

Geh!

CRUZADA DE MARIA, Juan Pablo Leucke •

Am Montag letzter Woche haben sie ihr Ziel erreicht. Am 20. Januar hatten 120 Jugendliche aus Argentinien, Chile, Brasilien, Paraguay, Mexiko, Spanien, Deutschland und Portugal die „Cruzada de Maria“ begonnen – eine Fußpilgerschaft von 400 Kilometern über die Anden vom Schönstatt-Heiligtum in Mendoza, Argentinien, zum Heiligtum in Bellavista, Chile, ein Abenteuer von insgesamt 17 Tagen.  Wir haben einige von ihnen um ein persönliches Zeugnis gebeten, was diese Erfahrung mit ihnen gemacht hat. Hier das von Juan Pablo Leucke aus Paraguay. —

Wenn es darum geht, von etwas wie dieser Erfahrung zu erzählen, dann gehen einem sofort unwahrscheinlich viele Dinge durch Kopf und Herz. Wenn die Leute mich fragen, dann antworte ich als erstes, dass diese Cruzada in mir Wandel und Wachwerden bewirkt hat, genauso intensiv wie mein Jahr der Mission in Rom. Man muss sich vorstellen, wie intensiv diese 20 Tage waren, verglichen mit einem ganzen Jahr in Rom. Vielleicht denken diejenigen, die mit mir unterwegs waren, ich würde übertreiben, aber ich habe die Gnade, diese Dinge wirklich sehr tief zu erleben. Sie fallen tief in mich hinein, so tief wie reinste, echteste Liebe.

 

Keine Verbindung

Die einfache Tatsache, dass man 20 Tage lang von allem abgeschnitten ist: von Freunden, Familie, Arbeit, Internet, einfach von der Welt mit all ihrem Krach – und dabei geht es nicht diese unechte Abgeschnittenheit, wenn man an einem Wochenende mit Freunden ins Wochenendhaus oder aufs Land fährt, wo man im Prinzip nur den Ort wechselt -, diese echte Abgeschnittenheit bewirkt, dass man auf sehr reale Art und Weise sich selbst begegnet, seinen tiefsten Ängsten, Leidenschaften, Wünschen …

Und es tut mir Leid sagen zu müssen, dass die einzige Möglichkeit, einen echten Fortschritt im Leben zu erreichen, ein Entdecken, ein Lösen, eine solche Abgeschnittenheit ist. Leider bringt jeder Fortschritt und jedes Wachstum im Leben das Risiko mit sich, das zu verlieren, was wir am meisten lieben. Aber so ist die Theorie des Wandels: wir können nicht alles gleichzeitig haben, wir müssen loslassen, um Neues zu ergreifen.

Nicht umsonst musste Jesus sich für seine große Konfrontation mit dem Teufel in die Wüste begeben, doch dies brachte ihn zu seiner größten Stärkung in Gott. Aber wie auch immer, ich will hier nicht endlos über den Segen der Abgeschnittenheit reden, und so komme ich zurück zur Cruzada.

Die Freude der Begegnung mit Gott

Als uns noch etwa 40 Minuten bis zur Ankunft beim Heiligtum von Bellavista fehlten, habe ich mir die Zeit genommen, alles Erlebte von Anfang bis zum Ende per Audio aufzuzeichnen. Schon jetzt sehe ich, wie gut das war! Ohne dieses Audio wäre dieses Zeugnis vermutlich ziemlich langweilig oder leer. Mein erster Wunsch beim Entschluss, diesen Weg über die Anden mitzugehen, war der nach einer neuen tiefen Begegnung mit Gott, um wieder gut mit mir selbst und besser für die Menschen um mich herum zu sein. Das habe ich geschafft dank meiner Entscheidung, es nicht so zu machen, „wie es sein soll“, sondern wie es für mich passt. Was meine ich? Folgendes: Statt mich zu zwingen, den Rosenkranz zu beten (ich verliere immer den Überblick beim Zählen der Ave Maria), habe ich angefangen, Gott meine Sachen zu erzählen und diese Geschichten morgens in der ersten Stunde des Weges, die in Stille gegangen wird, mit 10 Vaterunsern und 5 Ave Maria abgeschlossen. Meiner Art treu, wie ich persönlich mit Gott kommuniziere, bin ich zur Begegnung gekommen. Es so zu machen, „wie es sein soll“, ist nicht gut für uns, nicht gut für freie Menschen. Bequemer ist es zweifelsfrei, aber es ist tut nicht gut. Ohne bestimmte grundlegende Kriterien zu vernachlässigen muss man einfach herausgehen aus dem „wie es sein soll“ und seine eigenen Wege finden. Und das betrifft viele Dinge: Arbeitsleistung, Beziehungen, Freundschaften. Irgendwelche starren Schemata bewirken, dass wir uns nicht zu dem entfalten, was wir wirklich sind.

Eine weitere starke Lernerfahrung hängt zusammen mit dem, was Gott für jeden von uns will. Oft bitten wir Gott um einen beruflichen Erfolg, eine bestimmte Arbeit, eine Beziehung, irgendeinen Erfolg, doch in Wirklichkeit hängen diese Dinge doch oft erst mal von uns selbst ab. Was Gott sucht, ist, dass wir froh sind und in Frieden, egal was wir haben oder nicht haben. Mir ist es passiert, dass ich auf dem Weg oft Sorgen hatte oder Bitterkeit spürte wegen irgendwelcher Dinge in meinem Leben und dabei das Geschenk des Miteinanders nicht genossen und gar nicht gemerkt habe, wie schön die Landschaft war, wie gut es tut, in Frieden zu beten oder ein wunderbares Lied zu singen.  Bis ich endlich sehen konnte, dass jenseits all meiner großen und kleinen Dinge die Liebe Gottes ist, und diese Liebe ist das einzige, das Freude und Frieden im Leben gibt. Als ich das endlich kapiert hatte, meine Güte, da flogen mir die Freuden des Lebens geradezu um die Ohren und ich begann, die Dinge des täglichen Lebens zu schätzen und zu genießen. Ich verstand diese Idee, alles mit Freude anzunehmen, selbst das, was für die Welt schmerzhaft und beängstigend ist. Ich nehme es mit Freude an – aber das geht nur, absolut nur dann, wenn Gott am Ende von allem steht. Und das heißt jetzt nicht, dass eine Trennung von der Freundin, ein Misserfolg auf der Arbeit das Gewicht verlieren würde, es verliert nur seine negative Kraft. Ich weiß nicht, ob ich mit diesem Zeugnis mein Ziel erreicht habe, aber es hieß, ich solle von meiner persönlichen Erfahrung erzählen, und das war sie.

Ein ganz normaler Tag bei der Cruzada

Ein Tag bei der Cruzada beginnt um 4.00 Uhr früh mit einem sehr energischen Seminaristen, der die Gruppe weckt. Ich habe versucht, dem zuvorzukommen. So bin ich dann allein und in aller Ruhe aufgestanden, um dann mit viel Humor und guten Mates die Hektik der anderen zu beobachten beim Versuch, fertig zu werden! Nach einem in der Regel einfachen, leichten Frühstück (Marmeladebrot und Kaffee) beginnt der Weg in Stille – es ist die intensivste Stunde persönlichen Gebetes.

Das ist es wirklich. In diesen Momenten sind echte innere Kämpfe ausgefochten und gewonnen worden.

Danach und nach der ersten Pause geht es weiter wie bei jeder anderen Wallfahrt. Da gibt es welche, die Rosenkranz beten, singen, reden, Musik hören oder wie ich, im Laufen lesen. Alle fünf bis acht Kilometer wird eine Pause eingelegt, wo wir reichlich (sehr reichlich!) Wasser trinken und mit Glück oder Gewitztheit auch etwas zu essen ergattern. Wenn wir am jeweiligen Tagesziel (Schulen, Kasernen, offenes Feld, Ufer eines Baches) angekommen sind, erhalten wir das Mittagessen, das zur Überraschung einiger aus einer Kartoffel, einem Ei und einer Tomate bestand; abends gab es dann aber einen leckeren Eintopf oder Nudeln mit Fleischsoße. Nach dem Mittagessen war es unmöglich, keine Siesta von ein oder zwei Stunden zu machen, denn wenn man nachts wenig schläft und dann täglich 25 – 35 Kilometer läuft, ist man einfach platt.

Jeden Tag haben wir miteinander heilige Messe gefeiert und den Tag mit einem Abendgebet beendet. Die größte Herausforderung des Weges, noch mehr als Muskelkater, Kratzer und Blasen, ist die Sonne, die ab 11.00 Uhr morgens unbarmherzig brennt und vor vier, fünf Uhr nachmittags nicht an Kraft verliert.

Und das ist die Cruzada, ein geistliches Geschenk, um auf wunderbare Weise Christus zu begegnen und das einzigartige Erlebnis, auf 3000 Metern Höhe unter freiem Himmel zu schlafen, mitten in den Anden, nach einem erfrischenden Bad in einem kristallklaren Bach, bedeckt von diesem unbeschreiblichen Sternenhimmel. Das ist unübertrefflich, zumindest in diesem Leben.

 

Original: Spanisch. Übersetzung: Maria Fischer, schoenstatt.org

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